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hängigkeit der Arbeiterklasse ist die Ursache des Elends und der Knechtschaft in allen Formen. Die Befreiung der Arbeit erfordert die Verwandlung der Arbeitsmittel in Gemeingut der Gesellschaft und die genossenschaftliche Regelung der Gesamtarbeit mit gemeinnütziger Verwendung und gerechter Verteilung des Arbeitsertrages. Die Befreiung der Arbeit muss das Werk der Arbeiterklasse sein, der gegenüber alle anderen Klassen nur eine reaktionäre Masse sind.

II. Von diesen Grundsätzen ausgehend, erstrebt die sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands mit allen gesetzlichen 1) Mitteln den freien Staat und die sozialistische Gesellschaft, die Zerbrechung des ehernen Lohngesetzes durch Abschaffung des Systems der Lohnarbeit, die Aufhebung der Ausbeutung in jeder Gestalt, die Beseitigung aller sozialen und politischen Ungleichheit. Die sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands, obgleich zunächst im nationalen Rahmen wirkend, ist sich des internationalen Charakters der Arbeiterbewegung bewusst und entschlossen, alle Pflichten, welche derselbe den Arbeitern auferlegt, zu erfüllen, um die Verbrüderung aller Menschen zur Wahrheit zu machen.

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Die Produktiv genossenschaften sind für Industrie und Ackerbau in solchem Umfange ins Leben zu rufen, dass aus ihnen die sozialistische Organisation der Ges a m tarbeit entsteht. Die sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands fordert als Grundlagen des Staates: 1) Allgemeines, gleiches, direktes Wahl- und Stimmrecht, mit geheimer und obligatorischer Stimmabgabe aller Staatsangehörigen vom 20. Lebensjahre an für alle Wahlen und Abstimmungen in Staat und Gemeinde. Der Wahl- oder Abstimmungstag muss ein Sonntag oder Feiertag sein. 2) Direkte Gesetzgebung durch das Volk. Entscheidung über Krieg und Frieden durch das Volk. 3) Allgemeine Wehrhaftigkeit. Volkswehr an Stelle der stehenden Heere etc. etc. 4) Abschaffung aller Ausnahmegesetze, namentlich der Press-, Vereinsund Versammlungsgesetze; überhaupt aller Gesetze, welche die freie Meinungsäusserung, das freie Denken und Forschen beschränken. 5) Rechtsprechung durch das Volk. Unentgeltliche Rechtspflege. 6) Allgemeine und gleiche Volkserziehung durch den Staat. Allgemeine Schulpflicht. Unentgeltlicher Unterricht in allen Bildungsanstalten. Erklärung der Religion zur Privatsache. Die sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands fordert innerhalb der heutigen Gesellschaft *): 1) Möglichste Ausdehnung der politischen Rechte und Freiheiten im Sinne der obigen Forderungen. 2) Eine einzige progressive Einkommensteuer für Staat und Gemeinde, anstatt aller bestehenden

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1) Auf die Einführung des Sozialistengesetzes hat die Partei 1880 mit der Streichung des Wortes „gesetzlich“ geantwortet. Wiederhergestellt ist dieses Wort durch einen Parteibeschluss noch nicht.

2) Demnach als Uebergangsmittel!

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3) Un

5) Ver

insbesondere der das Volk belastenden indirekten Steuern. beschränktes Koalitionsrecht. 4) Einen den Gesellschaftsbedürfnissen entsprechenden Normalarbeitstag. Verbot der Sonntagsarbeit. bot der Kinderarbeit, und aller die Gesundheit und Sittlichkeit schädigenden Frauenarbeit. 6) Schutzgesetze für Leben und Gesundheit der Arbeiter. Sanitätliche Kontrolle der Arbeiterwohnungen. Ueberwachung der Bergwerke, der Fabrik-, Werkstatt- und Hausindustrie durch von den Arbeitern gewählte Beamte. Ein wirksames Haftpflichtgesetz. 7) Regelung der Gefängnisarbeit. 8) Volle Selbstverwaltung für alle Arbeiterhilfs- und Unterstützungskassen.

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—e. Zum sozialpolitischen Einwanderungsrechte der Ver. Staaten in neuester Zeit. Die grosse Republik hat von 1880 bis 1890 laut dem 11. Census (1890) abermals um 24,57 Proz. an Bevölkerung zugenommen. Sie besitzt jetzt 62 480 540 Einw. Den amerikanischen Statistikern ist dies nicht genug; denn sie suchen die grössere Zunahme um 30,08 Proz. während des vor letzten Jahrzehntes als eine teilweise scheinbare (unvollständige Zählung von 1870!) zu erweisen. An dem neuen grossen Wachstum hat die Einwanderung hervorragenden Anteil. Um so bemerkenswerter ist es, dass sich ein steigender Widerstand gegen die freie Einwanderung erhebt. Ueber diesen Widerstand spricht sich in Bd. V der trefflichen Revue d'écon. politique«, welche den Franzosen die national- und sozial-ökonomische Bewegung der Geister ausserhalb Frankreichs vermittelt, ein Amerikaner, Professor Richmond Mayo Smith am Columbia Koll., Newyork, in bemerkenswerter Weise aus. Danach war das erste Bundesgesetz (1882) ein reines Polizeigesetz, welches armenpolizeilich der Stadt Newyork durch eine Abgabe von 50 Cents von jedem Eingewanderten Entschädigung für ihre Kosten geben und sonst wohlfahrtspolizeilich die Zurückweisung von Geisteskranken, Erwerbsunfähigen und Sträflingen sichern wollte. Die Folge dieses Gesetzes war, dass von den 2 525 175 Personen, welche 1883/89 in Newyork landeten, 8108 zurückgeschickt wurden. Das Gesetz ist offenbar wirklich nur als Polizeigesetz (inspection law) gehandhabt worden. Einen anderen Geist atmet schon das Gesetz vom J. 1885 über die Einwanderung unter Arbeitskontrakten (contract-labor-act). Die Heranziehung auswärtiger Arbeitskräfte mit Unterstützung amerikanischer Arbeitgeber, denen sie sich verdungen, wird bekämpft. Die Kontrakte werden für rechtsungültig erklärt und auf Zuwiderhandlung wird eine Strafe von je 500 Doll. für den Anwerber und für den Kapitän der Auswandererschiffe gesetzt. Nur die Schauspieler, Vortraghalter, Künstler, Sänger, Domestiken, auch die Arbeitskräfte für in den Ver. St. noch nicht betriebene Industrieen wurden vom Verbot der Arbeitskontrakt-Einwanderung freigelassen. Ein Gesetz von 1887 gestattete die Untersuchung landender Einwanderer auf Ein

wanderung unter Kontrakt, was freilich wenig Erfolg hatte. Schon das Gesetz von 1885 ist nicht mehr bloss Polizeigesetz. Allerdings auch nicht ein Gesetz im Sinne des früheren Nativismus, welcher den Amerikanismus » der Väter gegen unreine Blutzumischung schützen wollte. Das Gesetz war entschieden ein sozialpolitischer Akt; es entstand unter dem Druck der Lohnarbeiter, welche das Verbot der Kontraktzuwanderung als Schutz gegen Lohnermässigung und als Stärkung der Stellung der Lohnarbeiter bei Streiks forderten. Die Beeinflussung des Arbeitsmarkts zu Gunsten der amerikanischen Lohnarbeiter ist der leitende Beweggrund, ähnlich wie bei der von Ruhland im vorigen Hefte d. Z. geschilderten Arbeitsgesetzgebung der australischen Kolonien. Daneben wirkte der Widerstand gegen Zuschiebung unfähiger Subjekte aller Art fort. Diese sozialpolitische Richtung hat sich seitdem verschärft. Man verlangt eine strengere Ausführung der Gesetze von 1885 und 1887 und die Aufnahme neuer Artikel. Der Kongress liess die Frage durch das » Ford-Committee (1888) studieren. Der Bericht des letzteren fordert die Zurückweisung auch der Anarchisten und Sozialisten, definiert genauer die unterstützte Zuwanderung, erstrebt mittelbar die Erhöhung der Ueberfahrtskosten durch Beschränkung der Auswanderungszufuhr auf 1 Auswanderer für 5 Tonnen Schiffsgehalt, empfahl eine Einwanderungstaxe von 5 Dollars pro Kopf und schlug vor, dass jeder Einwanderer 3 Monate vor Abgang sich beim amerik. Konsulat seines Heimatsbezirks zu melden und einen Einwanderungsschein zu lösen habe, der verweigert werden darf, wenn der Auswanderungslustige nicht beweist, dass seiner Einwanderung in Amerika kein amerikanisches Gesetz im Wege stehe; ohne Einwanderungsschein solle kein Auswanderer gelandet werden dürfen. Der Bericht kam 1889 nicht mehr zur Beratung. Aber im J. 1890 pflog ein neuer Ausschuss Beratungen und aus letzteren droht ein strenges Gesetz hervorzugehen, welches vielleicht schon im nächsten Heft dieser Zeitschrift näher wird bezeichnet werden können. Der sozialpolitischen Rücksichtnahme auf die heimische Lohnarbeit leisten zwei Umstände bei der öffentlichen Meinung Vorschub: einmal die Agitation der Armenpflege-Vereine gegen die durch Einwanderung nach Amerika übertragene Armenlast; sodann die Abneigung gegen die gewerbsmässige Schraubung der Einwanderung seitens der Dampfschiffahrtsgesellschaften und ihrer Agenten. Die nationale oder religiöse Abneigung gegen die Einwanderer im Sinne des Nativismus vor 30 Jahren hat keinen Anteil an den Beschränkungsgesetzen. Die Frage der Beschränkung der Einwanderung, sagt Smith, hat eine fast vollständig soziale armen- und sozialpolitische Bedeutung. Nur desto interessanter ist diese Hemmung der Ackerbaukolonialstaaten, Amerikas und Australiens, gegenüber einer Forderung von so ungeheurer Tragweite, wie es der allgemeine internationale achtstündige Arbeitstag ist. Hoffentlich steigert sich der

Widerstand gegen die Einwanderung nicht weiter; die Abschliessung der neuen Kontinente wäre für diese wie für die alten Staaten ein Unglück. Die erste Mitteilung über die neueste Auswanderungspolitik der Verein. Staaten ging der Redaktion dieser Zeitschrift im J. 1889 durch einen deutschen Landsmann zu, welcher der deutschen Staatswissenschaft immerfort mit Aufmerksamkeit folgt, seit er in den Ver. St. sich längst niedergelassen hat. Es ist Karl Rümelin (geb. Württemberger). Derselbe hielt in Cincinnati 1889 einen überaus gediegenen und fein durchdachten Vortrag für die Freiheit der Einwanderung. Darin gemahnt er seine neuen Landsleute an das, was sie der Einwanderung verdanken, durch das folgende Schlusswort: >Amerikanische Unabhängigkeit hat Bedeutung nur insofern, als sie ganz Nordamerika allen fremden Einflüssen eröffnete und es frei machte von dem über ihm hängenden Schicksal, dass es auf die Einwirkung in seinem Geschicke von nur einer (englischen) europäischen Kolonisation beschränkt werden solle. Man vergleiche einmal die Schicksale der verschiedenen Länder in Amerika, welche frei geworden sind. Unsere Geschichte ist die mächtigste und reichste gewesen, weil sie infolge von vielfach en, sich gegenseitig kompletierenden Einflüssen durch freie Einwanderung sich vollzog, während Mexiko, Cuba und Südamerika ausschliesslich spanischer, brasilianischer und sonstiger Zivilisation anheimfielen, und Canada in zwei, nie recht vereinbarte, Volkselemente geteilt blieb. Derselbe Unterschied bestand schon im Altertum, denn auch da erreichte immer die nationale Gewalt den Zenith von Ruhm und Wohlfahrt, welche verstand, sich zum Nadir und Einheitsverband zu machen und diesen normalen Zustand in sich bewahrte.<<

-e. Ueber Goldkonsumtion and Goldproduktion nach E. Suess. Der Kampf um die Währunge druckt eine Rede des Genannten ab, welche folgende thatsächliche Mitteilungen enthält: Nicht ein einziger Staat hat die Goldwährung mit Erfolg durchgeführt. In Italien ist es 2, 3 Jahre gut gegangen, dann ist das Gold abgeflossen; man hatte gegenüber den Bedürfnissen der kaufmännischen und industriellen Kreise nicht den Mut, den Diskont zu erhöhen, dass das Gold festgehalten worden wäre. Heute steht Italien wieder vor dem Zwangskurse, die Zinsen der Anleihen sind zurückgeblieben, aber man findet in Italien kein Goldstück im Umlauf. Soetbeer berechnete im Jahre 1883 den Goldbedarf der Industrie mit 90 000 kg, die Gesamtproduktion im Jahre 1884 mit 140 000 kg. Dieser Konsum steigert sich mit dem Fortschreiten des Wohlstandes in ganz unglaublicher Weise. Vor einigen Wochen habe ich an die Société anonyme d'affinage in Genf die Anfrage gerichtet, wie viel sie im abgelaufenen Jahre an Gold für Uhren, Ketten a. dgl. benötigt habe, und man hat mir geantwortet: 10 200 kg! Die Handelskammer in Birmingham hat mir mitgeteilt, dass man dort

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Zeitschr. f. Staatsw. 1891. II. Heft.

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im Jahre 1889 für den Export von Goldwaren, Uhrendeckeln u. s. w. 12 400 kg Feingold gebraucht habe. Diese beide Orte brauchen also zusammen 22 600 kg. Ein Teil davon ist allerdings Bruchgold; aber die Société d'affinage in Genf hat mir auch mitgeteilt: Das ist das Gold, welches wir raffinieren; eine sehr bedeutende Menge geht stets von den Wechselstuben in Form von Napoleonsd'ors, Sovereigns u. s. w., welche die Reisenden in die Schweiz gebracht haben, direkt in die Werkstätte, und dieses Quantum können wir nicht übersehen. Soetbeer schätzte nun damals den Bedarf der Industrie auf 90 000 kg. Heute schätze ich den Bedarf der Künste an Gold auf 100 000 bis 120 000 kg, und nun stelle man diesen Bedarf neben die 140 000 Produktion und frage sich dann, wie viel übrig bleibt. Dabei darf man nicht übersehen, dass der Konsum in der Industrie von Jahr zu Jahr steigt, wäh rend die Produktion in den Bergwerken und Alluvien stagniert und in den nächsten Jahren sehr wesentlich zurückgehen wird. - Während aber die Industrie von der Goldproduktion so viel verzehrt, was nie in die Münze hineinkommt, so ist doch und das ist ein sehr sonderbares Kapitel die Ausmünzung, wie die Gold- und Silberkommission in London gezeigt hat, um / höher, sie beträgt nämlich 180 000 kg. Wie ist das nun möglich? Ein Teil wird gemünzt, um das eigentliche Zahlmittel zu erhalten, ein Teil wird in Ländern ausgemünzt, die sich neu kultivieren, ein Teil sind Umprägungen amerikanischer in englische Münzen und (engl. Münzen in amerik.; sehr viel wird endlich geprägt, um verarbeitet zu werden, namentlich in Orten, wo keine guten Raffinieranstalten sind. Auch bei uns lässt der Goldarbeiter Dukaten prägen, um sicher zu sein, dass er Gold von einem bestimmten Gehalt hat. Nun noch einige Worte über die Gold produktion. Als im Jahre 1877 der Aufschwung der Silberproduktion und der Niedergang der Goldproduktion vorausgesagt wurde, der dann eingetreten ist, hat man sich es waren nur zwei Fachmänner in Australien anderer Ansicht auf die steigende Produktion in Viktoria berufen. In Viktoria ist aber die Goldproduktion so zurückgegangen, dass in diesem Jahre das dortige Parlament eine Staatshilfe von 80 000 Pfund votierte, um irgendwelche Hoffnungsbauten zu machen. Der grosse Gold- und Silbergang Comstock, der grösste, den die Welt je gekannt hat, ist abgebaut und liefert nur 1–2 Millionen im Jahre. Die Amerikaner sind bei ihrer grossen Energie in unglaublich kurzer Zeit bis zu einer Tiefe von 3000 Fuss vorgedrungen, wo die Temperatur so hoch ist, dass kein Mensch mehr arbeiten kann, obwohl man bis zu 40 kg Eis per Kopf hinuntergeführt hat. In Amerika hat sich die Produktion ziemlich auf dem bisherigen Niveau 33 Millionen Dollars - erhalten, nicht durch Mehrerzeugung, sondern durch verbesserte metallurgische Prozesse. In Südamerika hat sie sich ein wenig gehoben. Brasilien ist wie früher tot geblieben. Australien ist sehr zurück

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