Page images
PDF
EPUB

der Wirtschaft 1). Karl erzielte diese grossartige Umwandlung durch die ihm eigenen glänzenden Eigenschaften, durch einen klaren Blick in politischen und wirtschaftlichen Dingen, durch seine Bildung, die hoch über der Durchschnittsbildung seiner Zeit stand, durch die Gabe, überall die geeigneten Leute an den geeigneten Platz zu stellen und immer weitere Kreise seines Volkes für die Durchführung seiner Ideen zu erwärmen und zu gewinnen 2). Karl war nicht bloss ein grosser Kriegsfürst und Staatenbildner, er war ein ebenso ausgezeichneter Administrator wie seiner Güter so auch seiner Reichsgebiete; die Verwaltung seiner Lande, die Herstellung von Ordnung, Sicherheit und Stetigkeit im ganzen Kreise des wirtschaftlichen Lebens gewährte ihm tiefe innere Befriedigung. Und so kam es, dass, während am Beginne seiner Regierung die Bewohner der rechtsrheinischen Lande nur eine unorganisierte Masse von bäuerlich-arbeitenden Menschen war, er am Schlusse derselben auf ein vorzüglich ackerbautreibendes, aber doch in den Anfängen von Gewerbe und Handel begriffenes gut gegliedertes Volk blicken konnte.

Die Folgen dieser grossartigen Bemühungen Karls für den Wohlstand seiner Länder und Völker lassen sich nicht nur in dem urkundlich nachweisbaren Steigen desselben, sondern auch in der Volksvermehrung der von ihm beherrschten Gebiete nachweisen. Schon unter den Merowingern, noch mehr aber unter den ersten Karolingern hatte sich das wirtschaftliche Leben in den linksrheinischen Reichsteilen so sehr gehoben, dass eine bedeutende Volksvermehrung angenommen werden darf, so dass in der Zeit Karls des Grossen die Bevölkerung auf 8 bis 9 Millionen sich belaufen haben mag. Auch das Rheinland und Westfalen, die schwäbischen und bairischen Gaue müssen schon ziemlich dicht bevölkert gewesen sein, wie das aus der verhältnismässig grossen Anzahl der bereits urkundlich erscheinenden Ortschaften und aus der Beteiligung dieser Gebiete an der Kolonisation der östlichen, südlichen und nördlichen Landschaften sich ergibt 3).

[ocr errors]

1) Schmoller, l. c. S. 371. 378. 2) Nitzsch a. a. O. I, 210-224. 3) Handwörterbuch der Staatswissenschaften II, 434. 440.

Wir können diese Studie nicht besser schliessen als mit den Worten, in welchen Nitzsch 1) das Ergebnis der Regierung Karls des Grossen zusammenfasst: »Ich finde überhaupt das Grosse bei Karl nicht in dem vollendeten Organismus seiner Verwaltung, sondern in der Produktivität neuer Gedanken: er wirkte durch den Eindruck eines Mannes, der sich grossen Aufgaben ganz hingegeben hat und immer neue zu erreichen sucht. Wie wenig unmittelbare Resulta te seine Regierung auch geliefert hat, er hat einen ungeheuren moralischen Eindruck gemacht und das grösste Resultat war, dass er den deutschen Stämmen das Bild eines grossen Staatsmannes wiedergewonnen und in der Erinnerung fixiert hat.<

1) A. a. O. I, 225.

Die wirtschaftliche Erschliessung der im Deutschen Reiche belegenen Moorflächen 1).

Von August Pflug.

Seit etwa anderthalb Jahrzehnten wird in Deutschland auf dem Gebiete der Landeskultur eine energische, weit umfassende und planmässig eingeleitete Thätigkeit entfaltet, deren Ziel darauf gerichtet ist, auch die ausgedehnten, unzugänglichen, wüsten Moorflächen durch Anlage von Verkehrswegen zugänglich und durch geeignete Kulturanlagen ertragfähig zu machen, um dadurch den Nationalreichtum des Landes zu vermehren und neue Nahrungsquellen für die fortgesetzt wachsende Bevölkerung zu gewinnen.

In Preussen namentlich sind in den vorzugsweise in Betracht kommenden Landesteilen zu jenem Zweck in letzter Zeit langgestreckte, kostspielige Kanäle zur Ausführung gebracht, ferner ist eine besondere, zweckmässig organisierte Moorverwaltung mit Untersuchungen über die Beschaffenheit des Moorbodens, mit der Anlage von Moorversuchsfeldern sowie mit

1) Die hier zur Veröffentlichung gelangende Arbeit ist als eine Fortsetzung derjenigen Publikation zu betrachten, welche im vergangenen Jahr mit einer Studie über Die wirtschaftliche Erschliessung der Lüneburger Heide (vgl. den Jahrgang 46 dieser Zeitschrift, Seite 288) von dem Verfasser begonnen ist, und welche sich nach und nach über unsere gesamte nationale Landeskultur verbreiten soll. Die vorliegende Arbeit gründet sich teils auf ein eingehenderes Studium der Litteratur über die einschlägigen vielverzweigten Verhältnisse, teils aber auch auf eigene Anschauungen, welche der Verfasser auf einer im Jahre 1885 unternommenen Studienreise durch die in moorwirtschaftlicher Beziehung berühmte Provinz Hannover gewonnen hat.

Ausarbeitung und Begutachtung von Moorkultur- und Kolonisationsplänen beschäftigt.

Ein im Jahre 1883 begründeter »Verein zur Förderung der Moorkultur vereinigt in sich alle auf die Moorkultur gerichteten Bestrebungen und sind von dieser Stelle aus Belehrungen durch Wort und Schrift, sowie namentlich auch durch Veranstaltung von Moorkultur-Ausstellungen gegeben worden.

Veranlassung und Anregung zu dieser vielseitigen und regen Thätigkeit, durch welche eine der grössten und erfolgversprechendsten Landeskulturarbeiten nach und nach zur Ausführung gebracht werden soll, haben verschiedene Umstände und Verhältnisse gegeben.

Eine der erfolgreichsten Anregungen dürfte von dem im Jahre 1870 begründeten » Verein gegen das Moorbrennen< ausgegangensein, der sich zur Aufgabe gestellt hatte, die Besitzer und Pächter von Moorländereien von der althergebrachten einfachen, unsicheren und unwirtschaftlichen Moorbrandkultur, durch welche im Frühling und Herbst die Atmosphäre weithin mit dem ungesunden, belästigenden Moorrauch erfüllt wurde, abzubringen und dieselben zur Einführung anderer Moorkulturarten zu bewegen. Die Erreichung dieses Zweckes war aber mit Schwierigkeiten verbunden, denn es hing dieses unter anderem wesentlich von der Vorbedingung ab, dass die Moorbrenner von dem Nutzen und der höheren Ergiebigkeit anderer Moorkulturen durch Beispiel belehrt und überzeugt wurden. In diesem Bestreben wurde der Verein unterstützt erstens durch die erfolgreichen Versuche, welche der Rittergutsbesitzer, jetzige Amtsrat Hermann Rimpau auf seinem Gute Gunrau in der Altmark mit einer eigenartigen, von ihm erfundenen Kulturmethode, der sogenannten »Moordammkultur gemacht hatte, und zweitens durch die im Jahre 1876 errichtete Moor-Versuchsstation in Bremen, deren vornehmste Aufgabe darin besteht, überall im Lande Moorversuchsfelder und Musteranlagen zu schaffen und für jede Moorfläche nach vorausgegangener Untersuchung der Eigenschaften des Moorbodens die erfolgversprechendste Kulturmethode festzusetzen.

Insbesondere hatte auch die preussische Staatsregierung

an diesen Moorkultur-Bestrebungen ein grosses Interesse, da der Staat selbst weite Moorflächen besitzt, welche bisher noch wenig oder gar keinen Ertrag lieferten. Bei der preussischen Regierung als hervorragendstem Mit-Interessenten mussten daher alle die bezüglichen Bestrebungen und Vorschläge thatkräftige Förderung finden.

Ein dritter Umstand, der dahin drängte, den Verhältnissen der bereits vorhandenen Moorkolonien und des Moorkulturwesens grössere Beachtung zu schenken, war darin gegeben, dass die älteren Moorkolonien anfingen durch den infolge der Konkurrenz der mineralischen Kohlen verminderten Wert ihres wichtigsten Artikels, des Brenntorfs, in wirtschaftliche Bedrängnis zu geraten. Die Existenz der älteren Moorkolonien war nämlich hauptsächlich auf einen lohnenden Absatz des Brenntorfs begründet, aus welchem die Moorkolonisten ihre wesentlichsten Einnahmen beziehen. Es stellte sich somit das Bedürfnis heraus, Versuche zu machen, diese alten Kolonien auf eine andere wirtschaftliche Grundlage zu stellen und sie nicht ausschliesslich abhängig sein zu lassen von den unsicheren Erträgen der mit der Zeit unlohnend gewordenen Torfgräberei.

Der Torfgräberei der Moorkolonisten ist zudem noch eine andere bedeutende Konkurrenz geboten worden durch die neuerdings aufgekommene fabrikmässige Herstellung des Presstorfes, welche im grossen und unabhängig von den Moorkolonaten betrieben wird. Der auf solchem Wege hergestellte Torf ist wertvoller als der gewöhnliche Stichtorf der Kolonisten und macht dem letzteren daher den Markt streitig.

Aber auch allgemeine nationalwirtschaftliche und sozialpolitische Rücksichten drängten, nachdem durch die epochemachenden Rimpau'schen Moorkulturen überzeugend festgestellt worden war, dass den Moorflächen durch geeignete Kulturmethoden auch hohe landwirtschaftliche Erträge abgewonnen werden können, dazu die Kultivierung der Moorflächen energisch in Angriff zu nehmen und dadurch die nationale landwirtschaftliche Produktion zu erweitern. Deutschland führt von Jahr zu Jahr grössere Mengen landwirtschaftlicher Produkte ein, von welchen ein erheblicher Teil im Inlande selbst

« PreviousContinue »