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wachsen der römisch-katholischen als der evangelischen Bevölkerung des preussischen Staates durch deren stärkere Vermehrung infolge grösseren Ueberschusses der Geburten über die Sterbefälle sowie durch die Mehreinwanderung katholischer Ausländer und Mehr auswanderung evangelischer Personen. Die Zunahme der Katholiken würde eine noch schnellere sein, wenn denselben nicht viele aus Mischehen stammende Kinder verloren gingen und zahlreiche Uebertritte aus der römisch-katholischen Kirche zu anderen Glaubensgemeinschaften, insbesondere zur evangelischen Landeskirche und zu den Dissidenten stattfänden. Im Deutschen Reiche nimmt die evangelische Bevölkerung schneller als die katholische zu, und innerhalb des gesamten Reichsgebietes vollzieht sich durch innere Wanderungen allmählich eine Ausgleichung in der Zusammensetzung der Bevölkerung aller einzelnen Landesteile nach dem Religionsbekenntnisse.

-e. Zu den Ursachen des Blühens der Schweizerischen Uhrenindustrie. Laut Bericht im »D. H.A.< war das Jahr 1889 von seltener Gunst für die Schweizerische Uhren- und Musikdosenindustrie. »Es ist nicht zu verkennen«, sagt der Bericht, »dass die Schweizerische Uhrenfabrikation, welche während der letzten 15-20 Jahre mit der ausländischen Konkurrenz hart zu ringen hatte, schliesslich siegreich aus dem Kampfe hervorgegangen ist. Sie verfügt jetzt nicht nur über die vollkommensten mechanischen Einrichtungen, worin früher Amerika vielleicht voraus war, sondern hat auch den Vorteil einer seit Generationen in dieser Industrie herangebildeten Bevölkerung, wie sie wahrscheinlich kein anderes Land aufzuweisen hat. Die Konzentration aller Hilfszweige auf einen verhältnismässig kleinen Raum, welche die Fabrikation vollkommen unabhängig vom Auslande macht, ist ein wesentliches Element dieses Erfolges. Weiter hat das Zusammenwirken von Staat, Gemeinde und Fabrikanten die Gründung und Erhaltung von nicht weniger als acht Uhrmacher schulen ermöglicht, welche gründlich gebildete Arbeiter heranziehen, was um so wichtiger ist, als die grössere Zahl der in dieser Industrie Beschäftigten nicht die gesamte Kunst verstehen, sondern nur einen kleinen Teil der Uhr mehr oder weniger mechanisch herzustellen vermögen. Aus diesen Schulen, welche zugleich Theorie und Praxis lehren, und in denen neuerdings auch die mechanische Herstellung behandelt wird, gehen die Männer hervor, welche an dem Fortschritt der Uhrmacherei arbeiten und fortwährend Verbesserungen bringen. Diesen Unterrichtsanstalten schliessen sich an die Schulen für Kunstindustrie und Handel, die besonders in Genf eine sehr erfreuliche Entwickelung erfahren, und die staatlichen Einrichtungen auf den Sternwarten zu Genf und Neuchatel zur Beobachtung der Chronometer, mit denen Preisverteilungen verbunden sind, und welche von den besseren Fabrikanten immer mehr benutzt

und gewürdigt werden. Das Reglement der Genfer Sternwarte, welches die höchsten Anforderungen an die zu beobachtenden Chronometer stellt, soll jetzt auch in Neuchatel und anderen Beobachtungsorten eingeführt werden. Im Bereiche der Uhrenindustrie ist im letzten Jahre auch manches Neue aufgetaucht. So ist eine mechanische Vorrichtung erfunden worden, welche leicht auch an geringen Uhren anzubringen sein soll, und welche der Uhr einen sehr genauen Gang verleiht. Zwölf gewöhnliche Uhren, an welchen der Erfinder im Laufe eines Tages die Verbesserung angebracht hatte, wurden auf der Genfer Sternwarte beobachtet und zeigten in der That einen Gang, wie er sonst nur bei feinen Werken erreichbar ist. Näheres ist über die Erfindung noch nicht bekannt geworden, der Erfinder soll indessen beabsichtigen, dieselbe in grösserem Stile auszubeuten. Weiter schlägt ein Ingenieur eine neue Hemmung für Uhrwerke vor, welche nach Ansicht Sachkundiger grosse Vorteile vor der Zylinderhemmung bieten soll, ohne kostspieliger zu sein. Dass alle diese Verbesserungen mit grosser Vorsicht aufzunehmen sind, bedarf keiner besonderen Erwähnung. So hat z. B. die nicht magnetisch werdende Uhr (non magnetic watch) bis jetzt noch nicht gehalten, was man sich von ihr versprach. Das in Genf von Amerikanern gegründete Haus, welches grosse Massen fabrizieren liess, ist eingegangen, vermutlich aus Mangel an Absatz, und weil die gelieferten Produkte den Erwartungen nicht entsprachen. Die Erfahrung scheint das schon früher von Sachverständigen gefällte Urteil zu bestätigen, dass die unmagnetische Uhr weniger dauerhaft und schwerer zu regulieren ist, und die Beobachtungen auf den Sternwarten beweisen, dass wenn auch einzelne Stücke ein recht gutes Gangresultat liefern, sie im ganzen doch den bisherigen Uhren nachstehen. Dass die Idee, eine nicht magnetisch werdende Uhr herzustellen, bei der immer häufiger werdenden Anwendung der Dynamos eine richtige ist, und besonders die Palladium-Spirale in der Chronometrie gute Dienste leistet, wird indes von sehr kompetenten Fabrikanten anerkannt, und es handelt sich nur darum, eine Metallverbindung zu finden, welche alle Vorteile des Stahles bietet, ohne den Nachteil des Magnetisch werdens zu haben. Es giebt jetzt Maschinen, die das Entmagnetisieren sofort bewirken; eine solche befindet sich in der Uhrmacherschule zu Genf,<< Von den ausgeführten Uhren gingen nach Deutschland:

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Schweizerischen Uhrenindustrie erzeugten Produkte, während es dagegen 12 000 feinere Wanduhren nach der Schweiz lieferte. Kein anderes Land gebraucht annähernd so viel; es gingen im Jahre 1889 nach Oesterreich für etwa 10 Millionen, nach Italien für 6 Millionen, nach Frankreich für 62 Millionen, nach den Vereinigten Staaten von Amerika für 8 und nach Grossbritannien für 13 Millionen Franken. Alle anderen Länder bezogen geringere Mengen. Im Anschluss an die Statistik der Uhrenindustrie ist von Interesse, dass im Jahre 1889 nicht weniger als 2502619 Stück goldene und silberne Uhren von den eidgenössischen Bureaus kontrolliert worden sind. Das Schweizerische wie auch das Deutsche Gesetz über die Kontrolle der Edelmetalle hat sich nach allgemeiner Ansicht der Beteiligten als sehr erfolgreich bewiesen, indem es die unlautere Konkurrenz erschwert, wenn nicht unmöglich macht und die Käufer vor Benachteiligung schützt.<

Hierüber

Die neuere Lage der italienischen Korallenindustrie. berichtet (nach dem D. H. A.«) der Mailänder »Commercio Folgendes: Die Italienische Korallen-Industrie hat an Bedeutung sehr verloren. Während bearbeitete Korallen in den Jahren 1882 und 1883 im Durchschnitt 800 Lire das Kilogramm galten, war der Preis im Jahre 1888 auf 180 Lire gesunken. Diese Entwertung der Korallen ist durch die Auffindung bedeutender Mengen von Rohmaterial bei Sciacca an der Sizilianischen Küste herbeigeführt worden. Nur die ausgesuchtesten und ganz fehlerfreien Stücke von ansehnlicher Grösse erzielen noch immer hohe Preise, namentlich Stücke von der Grösse und Form eines Taubeneies, welche als Turbanagraffen nach den muhamedanischen Ländern ausgeführt werden. Den stärksten Absatz finden Italienische Korallen in Indien, Aegypten, der Türkei, in China, in Algerien, in Frankreich und Russland; auch nach dem Kongo und dem Kaplande hat sich die Italienische Koralle einen Weg gebahnt. Ein jedes dieser Absatzgebiete verlangt seine besondere Qualität je nach der Verwendung, welche die Koralle in dem betreffenden Lande findet. In Europa ist die Benutzung von Korallen als Schmuck in der Abnahme begriffen.

Die Korallenschleiferei pflegt als Hausindustrie und Handarbeit betrieben zu werden; die Arbeiter, vorwiegend Frauen, erhalten eine gewisse Anzahl roh zugesägter Stücke überwiesen, und liefern dann eine entsprechende Menge Perlen etc. ab. Der Arbeitslohn beträgt im Durchschnitt 0,70 bis 1,50 Lire den Tag für laufende Ware.

Die Italienische Korallenausfuhr gestaltete sich während der Jahre 1883 bis 1888 beiläufig wie folgt:

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Zur amerikanischen Ehestatistik. (Carrot D. Wright, Commissioner of labor: A Report on marriage and Divorce in the United States 1867-1886 Wash. 1889 p. 1074.) - Die neuerliche Bewegung für einheitlichere Gestaltung des Eherechtes in den Verein. Staaten hat zu der Wright'schen Arbeit geführt. Für diese Arbeit hat das >Amt für Arbeitsstatistik< die Akten sämtlicher Ehegerichtshöfe benutzen können, und das Material von mehr als 25 Millionen Eheschliessungen und beinahe 329 000 Ehescheidungen sich verschafft. Auf anderem Wege war Material nicht zu erreichen und soweit es erreicht ist, findet es sich (auch nach dem Urteil der »Stat. Monatsschr. der k. k. österr. Zentralk. vom Oktober 1890) trefflich verwertet. Die Verhältniszahl der Ehescheidungen zu der der Ehen hat sich nach den Ergebnissen der Erhebung während der letzten 20 Jabre erheblich gesteigert, ähnlich wie nach Bertillon (étude demographique de divorce Paris 1883) in Europa. Die Ursachen der Ehelösung in der 20 jährigen Periode verhalten sich wie folgt:

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Die Ehelösungen sind schon im ersten Jahre der Dauer der Ehe häufig: 15 622 auf 32 846 Ehelösungen überhaupt, 21 525 Fälle im 2., 27 769 im 4., 23 082 im 6, 20 227 im 7., 17 630 im 8., 10 608 im 12. 3933 im 20. Jahr der Ehe, wobei allerdings nicht vergessen werden darf, dass die Ehen von kürzerer Dauer die weit zahlreicheren sind. — Für 39,4 Prozent der Ehelösungsfälle ist das Vorhandensein von Kindern nachgewiesen. Diese Thatsache hindert jedoch den Antrag der Frauen auf Scheidung nicht; denn während im allgemeinen die Scheidungsklage doppelt so oft von der Frau als vom Manne ausgeht, treten Frauen mit Kindern viermal so oft in Scheidungsklage auf als Männer mit Kindern.

III. Litteratur.

Wieser, Friedrich von, Professor an der deutschen Universität in Prag, Der natürliche Wert«. Wien 1889, A. Hölder. 8°. XVI und 239 S.S.

Seit einigen Jahren ist die Litteratur über die Wertteorie mächtig angewachsen. Die österreichische Schule Menger, Böhm-Bawerk, Sax, Wieser hat dazu wesentlich beigetragen; sie macht auch den Anspruch, anschliessend an die Arbeiten von Gossen, Jevons und Léon Walras, eine ganz neue Theorie des Wertes ausgebildet zu haben, die Theorie vom Grenznutzen. Hiernach wird der Wert eines einzelnen Gutes aus einem Vorrat durch das Interesse an derjenigen Nutzleistung bestimmt, welche unter den, durch den ganzen Vorrat gedeckten Nutzleistungen die mindest wichtige ist.« Diese mindest wichtige Nutzleistung, das ist der Grenznutzen. Ein Gut aus einem Vorrat gleicher Güter hat also immer den Wert des jeweiligen Grenznutzens. Je grösser der Vorrat bei unverändertem Bedarf, um so kleiner, je kleiner der Vorrat, um so grösser ist Grenznutzen und Wert. Der Name »Grenznutzen wurde von Wieser in seinem früheren Werke > Ueber den Ursprung und die Hauptgesetze des wirtschaftlichen Wertes<, Wien 1884, vorgeschlagen und ist seitdem von beteiligter Seite fast allgemein angenommen worden.

Diese Theorie, welche als Quelle des Wertes erstens »den Nutzen< und dann das »Quantitätsverhältnis zwischen Bedarf und Vorrat‹ anerkennt, ist nun von vielen Seiten angefochten worden. So von Scharling (Conrads Jahrb.), Neumann (»Grundlagen«), Dietzel (Conrads Jahrb. 1890 und 91). Letzterer bestreitet ihr einmal die Neuheit, weil sie auf die alte Lehre von »Angebot und Nachfrage« zurückkomme, dann auch die Allgemeingültigkeit, da sie nur auf die nicht reproduzierbaren Güter Anwendung finde, während für die anderen der Kostenwert das Ausschlaggebende sei.

Im Rahmen dieser Anzeige ist selbstverständlich ein näheres Eingehen auf diesen wissenschaftlichen Streit über die neue Werttheorie nicht möglich, und wir begnügen uns damit, festzustellen, dass das vor

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