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noch immer in der Lage war, den Nachtheil des Verzugs, in welchen er durch jene Erklärung versetzt worden, durch die Nachlieferung der Waare in angemessener Frist von sich abzuwenden;

J. E., daß wenn man auch nun annehmen will, daß die Anzeige des Verklagten an Wolters vom 23. September 1873 erst am 1. Oktober 1873 in Besitz des Klägers gekommen, wie dieser in seinem Schreiben von letterem Tage andeutet, doch immerhin noch mit Rücksicht auf die nach dem Obigen zwischen dem Verklagten und dem Wolters getroffene Abrede, daß die Bleche, da der Verklagte derselben dringend bedürfe, in fürzester Frist geliefert werden sollten, wogegen auch nach Empfang des Auftrages durch Wolters Seitens des Klägers in keiner Weise reklamirt worden, die erst am 9. Oktober 1873 erfolgte Absendung der Waare als eine Lieferung, welche in einer den vorliegenden Umständen angemessenen Nachfrist erfolgt sei, nicht angesehen werden kann;

J. E., daß diesemnach die Entscheidung des ersten Richters, welcher die von dem Kläger gegen den Verklagten erhobene Klage auf Erfüllung des Kaufvertrages, wenn auch aus andern Gründen, abgewiesen hat, gerechtfertigt erscheint, die Berufung daher zu verwerfen ist;

Aus diesen Gründen

verwirft der Appellationsgerichtshof die Berufung von den Urtheilen des Königl. Handelsgerichts zu Köln vom 10. Dezember 1873 und 18. Juni 1874 mit Strafe und Kosten. III. Senat. Sizung vom 23. März 1876.

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Advokaten: Schmit

Herberg.

Monitur.

Untersuchung der Waare.

Kauf. Wenn die bloße Besichtigung des von dem Fabrikanten gekauften und ihm von einem andern Orte übersendeten Rohstoffes nicht mit Gewißheit erkennen läßt, ob derselbe die ver tragliche Eigenschaft besite, hierzu vielmehr die vorläufige Bearbeitung einer Probe erforderlich ist, so muß der Käufer eine solche sofort nach Empfang der Waare vornehmen, und demnach ebenfalls ohne Verzug dem Ver fäufer anzeigen, ob er die Waare genehmige

oder nicht, und darf hierüber nicht den Ver käufer bis nach der in späterer Zeit statts findenden vollständigen Verarbeitung der selben und Herstellung des Fabrikats in Ungewißheit lassen*).

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J. E., daß nach dem Resultate des Zeugenverhörs und der Expertise allerdings vollständig erwiesen erscheint, daß dem Appellanten im Juli 1874 durch den Agenten der Apellatin reine „mohair waste" verkauft worden, die ihm gelieferte Waare aber nicht diese versprochene Qualität der Reinheit gehabt habe,

Daß insbesondere die Sachverständigen sich dahin aussprechen, daß unter der als mohair waste in den Handel kommenden Waare der in den englischen Kammgarn-Spinnereien von mohair oder Angorawolle gewonnene Spinnabfall verstanden werde, die in Rede stehende Waare aber zum größeren Theile aus Wolle bestehe und daher eine Waare darstelle, welche unter der Bezeichnung mixed mohair waste gehandelt werde, und die einen Minderwerth von 5 bis 6 Pence gegen den fakturirten Preis habe;

J. E., daß jedoch der fernere dem Appellanten nachgelassene Beweis, daß es unmöglich sei, an einem Muster und an dem Rohstoffe zu erkennen und zu unterscheiden, ob die Waare reine Angora oder mit Kantwolle oder einer ähnlichen vermischt sei, vielmehr dieses erst mittelst der Verarbeitung und, wenn die Waare fertig gestellt sei, sich erkennen lasse, daher auch der ganze Handel in diesem Artikel als Vertrauenssache aufgefaßt und behandelt werde, in seinen wesentlichsten Punkten als erbracht nicht angesehen werden kann;

Daß wenn nämlich die Sachverständigen bei Beantwortung der ihnen bezüglich der Beschaffenheit der in Streit befangenen Waare gestellten Frage sich wörtlich dahin aussprechen: „Die in Rede stehende Waare besteht zum größeren Theile aus Wolle, nicht aber aus mohair, was sich uns noch um so eklatanter zeigte, nachdem wir eine Probe von 3 Pfund etwas geöffnet hatten," und dieses Deffnen in ihrem Schreiben an den Anwalt des Appellanten vom 27. Dezember 1875 dahin erläutern, daß sie die Probe durch eine der 3 oder mehreren, zur Verarbeitung

*) Vergl. Entscheidungen des Reichs-Oberhandelsgerichts Bș. VIII. S. 174, Bd. IX. S. 404, Bd. XIV. S. 265.

respektive zum Spinnen der Waare dienenden Maschinen hätten gehen lassen, diefelben damit offenbar die fernere Hauptfrage, ob die Qualität der fraglichen Waare sich nicht schon am Roh stoffe, sondern erst bei der Bearbeitung und, nachdem das Fabrikat fertig gestellt gewesen, habe erkennen lassen, schon unbedingt verneint haben; alsdann aber die weitere Erklärung der Sachverständigen, daß bei der Schwierigkeit, an einem Muster durch die blose Besichtigung die Qualität der fraglichen Waare zu erkennen, beim Ankauf derselben, die Versicherung des Verkäufers, daß die Waare pure mohair waste sei, mit in Betracht gezogen werde, und deßhalb auch nach ihrer Ansicht ein auf Grund einer solchen Versicherung des Verkäufers zu Stande gekommenes Geschäft als eine Vertrauenssache angesehen werden dürfe und müsse, für die Entscheidung der Sache nicht von Erheblichkeit ist, abgesehen davon, daß die Anschauung der Sachverständigen, was das in Rede stehende Kaufgeschäft betrifft, in der Aussage des Zeugen Agenten Hoesch, der dasselbe für die Appellatin abgeschlossen hat, keineswegs ihre Bestätigung findet;

Daß wenn nämlich nach dem Gutachten der Sachverständigen den Appellanten als Fabrikanten in dem von denselben in Anwendung gebrachten Oeffnen einer Probe ein Mittel gegeben war, die Beschaffenheit der fraglichen Waare bereits vor deren Verarbeitung festzustellen, der ordnungsmäßige kaufmännische Geschätsgang auch dem Appellanten zur Pflicht machte, gemäß der Vorschrift des Art. 347 des H.-G.-B. sofort nach Empfang der Waare Ende Juli 1874 deren Untersuchung mittelst Anwendung des gedachten Mittels vorzunehmen, und je nach dem Resultate dieser Untersuchung ebenfalls ohne Verzug der Appellatin anzuzeigen, ob er die Waare genehmige oder nicht;

Daß, da aber Appellant eine solche rechtzeitige Untersuchung und Anzeige unterlassen, und erst mittelst Schreiben vom 14. September 1874 die Waare wegen mangelhafter Beschaffenheit der Appellatin zur Disposition gestellt hat, es nunmehr auf die Untersuchung der Frage, ob, wenn die Anzeige rechtzeitig erfolgt sei, Appellatin fich mit Recht darauf berufen könne, daß die gelieferte Waare dem beim Verkaufe vorgelegenen Muster entsprochen habe, oder ob sie nicht trotzdem, der obigen Ansicht der Sachverständigen gemäß, für die reine Qualität der Waare, wie sie beim Verkaufe ausdrücklich versprochen worden, einzu= stehen habe, nicht weiter ankommen kann, Appellant vielmehr Mangels rechtzeitiger Anzeige jedes Reklamationsrecht verloren hat;

Daß für das Bestehen eines Handelsgebrauchs, wonach der ganze Handel in dem fraglichen Artikel in dem Sinne als Vertrauenssache aufgefaßt und behandelt werde, daß eine Untersuchung der Waare bis zur Bearbeitung derselben aufgeschoben werde dürfe, nicht der mindeste Beweis erbracht ist; endlich auch die Behauptung des Appellanten, daß die ihm gelieferte Waare eine ganz andere Waare als mohair waste sei, nach dem Gutachten der Sachverständigen nicht als begründet angenommen werden kann, aus demselben vielmehr zu entnehmen ist, daß auch eine Waare, welche, wie die in Rede stehende, nicht bloß aus dem Abfall der Angora Wolle besteht, sondern mit anderer Wolle gemischt ist, im Handel noch immer zu der Gattung von mohair waste gerechnet wird, und sich als mixed mohair waste nur durch ihre geringere Qualität von der pure mohair waste unterscheidet;

J. E., daß nach allem dem die Entscheidung des ersten Richters, insofern er die Reklamation des Appellanten für verspätet erachtet und deßhalb die Klage der Appellatin auf Zahlung des Kaufpreises zugesprochen hat, gerechtfertigt erscheint, die Berufung also zu verwerfen ist;

Aus diesen Gründen

verwirft der A.-G.-H. die Berufung von dem Urtheile des K. Handelsgerichts zu Aachen vom 27. Januar 1875 mit Strafe und Kosten.

III. Senat. Sitzung vom 19. April 1876.

Advokaten: Widenmann

Nacken.

Auctionskommissar. -Handelsmann. Commissionshandel. — Competenz des Handelsgerichts. Wer unter dem Titel „Auctions commissar" ge werbsmäßig Waaren für fremde Rechnung in eigenem Namen an Dritte verkauft, sei es im Wege der öffentlichen Versteigerung, sei es unter der Hand, betreibt Commissionshandel im Sinne des Art. 360 des H. G.-B., und ist aus diesen Geschäften beim Handelsgerichte zu belangen.

Zur Linden - Hülbrock.
Urtheil:

J. E., daß die Competenz nach Inhalt der Klage, wie sie angebracht worden, zu beurtheilen ist;

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Daß nun zwar der hier vorliegenden Klage in soweit eine mangelhafte oder zweideutige Fassung vorzuwerfen ist, als in derselben dem Appellanten der Titel Auctionscommissar" ge= geben wird, welcher, wie es scheint, von ihm geführt wird, um damit eine besondere, dem Betrieb eines Handelsgewerbes fremdartige Eigenschaft zu bezeichnen, und als ferner in der Klage gesagt wird, die eingeklagte Summe werde für geliefert erhaltene zu Handelszwecken verwendete Waaren gefordert, was über das Rechtsgeschäft, auf dessen Grund die Lieferung der Waaren stattgefunden, sowie über das Geschäft der Verwendung im Unklaren läßt;

Daß indessen die Klage den Appellanten neben jenem im hiesigen Rechtsgebiet bedeutungslosen Titel auch als Handelsmann bezeichnet, und der Rechnungsauszug, welcher mit der Klage zugestellt ist, eine Menge von Waarenposten mit dafür angesetzten Geldbeträgen aufführt, was die Auffassung nahe legt, daß die eingeklagte Forderung den Preis von Waaren zum Gegenstande habe, welche der Appellant von dem Appellaten für sich gekauft habe, um sie dann wieder zu veräußern, wie das denn auch in den Verhandlungen von dem Appellaten behauptet worden ist;

Daß bei dieser Auffassung der Klage schon mit Rücksicht auf die aus der Menge der Posten zu entnehmende Gewerbemäßigkeit der Käufe die Competenz des Handelsgerichts unbe denklich begründet ist;

J. E., daß aber auch dann, wenn man bei Auslegung der Klage auf das thatsächliche Verhältniß, welches der Appellant behauptet, Gewicht legt, das Handelsgericht competent sein würde;

Daß nämlich wenn der Appellant behauptet und zu beweisen erbietet, er betreibe sein Geschäft ausschließlich in der Weise, daß er für fremde Rechnung fremde Waaren auf Jahrmärkten verauctionire, hieraus die Eigenschaft eines Handelsmannes keineswegs abgewendet, vielmehr bestätigt wird, indem der Appellant nicht etwa auch behauptet, daß er seine Auctionen auf den Namen seiner Anftraggeber abhalte, und diese von den Ansteigerern die Kaufpreise zu fordern hätten, was er auch nach

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