Page images
PDF
EPUB

widersette sich der Vernehmung desselben, jedenfalls der eidlichen Vernehmung als Zeugen, weil der Fallit als Partei in dem Prozesse zu betrachten sei, eventuell reprochirte er denselben als Zeugen. Die Kreisgerichts-Commission vernahm den Övermann uneidlich, und die Frage, ob derselbe als Zeuge und namentlich als vereideter Zeuge vernommen werden dürfe, wurde demnächst als Incident zur Verhandlung vor das Landgericht zu Düsseldorf gebracht. Dasselbe erklärte die Vernehmung für zulässig. Auf die Berufung des Verklagten Schmit erkannte der Appellationsgerichtshof reformatorisch durch folgendes

Urtheil:

J. E., daß die Unstatthaftigkeit der eidlichen Vernehmung als Zeuge des zu dem Ende vorgeladenen Falliten Overmann davon abhängt, ob derselbe als Parthei zu betrachten sei, indem gegenwärtig darüber kein Streit mehr ist, daß untergebens nicht die Vorschriften des Preußischen Rechts maßgebend sind, und ebenso feststeht, daß ein bloßes Interesse nicht schon eine Reproche begründet;

3. E., daß durch das Falliment dem Schuldner nicht das Eigenthum an seinem Vermögen entzogen wird, sondern nur die Disposition, und der Syndik während des Falliments in geseßlich bestimmtem Umfang dieses Vermögen vertritt, und nicht bloßer Mandatar der Gläubiger ist, wenn er bei seiner Verwaltung auch in deren Interesse zu handeln hat;

Daß wenn er auch nicht unbedingt in jeder Beziehung die Person des Falliten vertritt, wie der Vertreter eines solchen, der überhaupt seine Rechte nicht wahrnehmen kann, wie eines Minderjährigen, so doch in Beziehung auf das zum Falliment gehörige Vermögen und die dieses betreffenden Prozesse er dieses Vermögen so vertritt, daß diese Vertretung und die ergangenen Urtheile auch dem Falliten gegenüber wirksam, und nicht als Proceduren unter dritten Personen auzusehen sind;

Daß bezüglich dieses Vermögens daher der Fallit, als eigent licher Eigenthümer desselben, auch durch den Syndik vertreten erscheint, und seine Zuziehung zu den Prozessen nicht erforderlich ist;

Daß er hiernach in den dieses Vermögen betreffenden Proceduren als durch den Syndik vertretene Parthei anzusehen ist, wenn ihm auch wegen seiner nicht aufgehobenen persönlichen

Rechtsfähigkeit freistehen mag, nach Lage des Falles, zur Geltendmachung seines persönlichen Interesses, insbesondere soweit dasselbe durch solche Prozeduren auch für die Zeit nach Beendigung des Falliments berührt wird, auch persönlich an dem Prozeß Theil zu nehmen;

J. E., daß diese Stellung des Syndiks auch wesentlich nicht eine andere ist, wenn er frühere Akte des Schuldners wegen doloser Beeinträchtigung der Gläubiger aus Art. 1167 des B. G.-B. angreift, weil auch in diesem Fall es immer nur Vermögensrechte des Falliten sind, die er zur Geltung bringt, und die von ihm erstrittnen Urtheile auch hier von dem Falliten nicht angefochten werden können, sondern bezüglich des Vermögens, dessen Eigenthümer er ist, res judicata bilden, ohne daß es auch in diesem Fall seiner Zuziehung in den Prozeß bedürfte;

J. E., daß wenn hiernach der Fallit als durch den Syndik in Prozessen bezüglich des von dem Falliment bestrickten Vermögens vertreten und mithin infofern als Parthei erscheint, dessen eidliche Vernehmung als Zeuge unstatthaft erscheint;

Aus diesen Gründen

erklärt der Rhein. Appellationsgerichtshof unter Reformation des Urtheils des Königl. Landgerichts zu Düsseldorf vom 3. November 1875 die Seitens des appellatischen Syndik beantragte eidliche Vernehmung des Falliten Karl Overmann als Zeuge in dem zwischen Partheien schwebenden Prozesse für unzulässig, legt die Kosten beider Instanzen dieses Fnzidents dem appellatischen Syndik qual. qua. zur Last und verordnet die Rückgabe der Succumbenzstrafe.

II. Senat. Sizung vom 31. März 1876.
Advokaten: Schlink — Schilling.

[merged small][merged small][ocr errors][merged small][merged small]

Das Klagerecht des Wechsel-Inhabers gegen den Acceptanten ist nicht durch die vorherige Präsentation des Wechsels zur Zahlung bedingt; jedoch wird die unterlassene Prä sentation je nach der Stellung, welche der Acceptant der Klage gegenüber einnimmt,

auf die Entscheidung über die Prozeßkosten von Einfluß sein.*)

Der Acceptant schuldet in einem solchen Falle Berzugszinsen der Wechselsumme nicht schon vom Verfalltage, sondern von dem Tage wo er durch Präsentation des Wechsels und die Bereitwilligkeit des Inhabers, die Zahlung bei dem Acceptanten gegen Aushändigung des quittirten Wechsels in Empfang zu nehmen, in Verzug gesezt wird. Hat eine solche Inverzugseßung nicht stattgefunden, fo tritt eine Verpflichtung zur Zinszahlung nach Art. 1153 erst vom Tage der Klage ein. *) Oldenburger Spar- und Leihbank — Brasse.

Urtheil:

J. E., daß die Appellantin durch das Indossament gemäß Art. 36 der W.-D. als Eigenthümerin des Wechsels legitimirt ist, und ihrer Wechselklage von den Appellaten kein Einwand auf Grund der Behauptung entgegen gesetzt werden kann, daß das Indossament erst nach Verfall des Wechsels erfolgt sei, da der Wechsel nicht protestirt ist, und gemäß Art. 16 Abs. 1 der W.-D. derjenige, auf welchen ein solcher Wechsel nach Verfall indossirt wird, selbständig die Rechte aus dem Accept gegen den Bezogenen erlangt;

Daß auch der bei dem ersten Richter mit Erfolg vorgebrachte Einwand der Appellaten, daß der Wechsel ihnen nicht vor Anstellung der Klage präsentirt worden sei, nicht als haltbar anerkannt werden kann;

Daß nämlich das Accept zur Zahlung nach Verfall ver. pflichtet, und diese Verpflichtung dadurch, daß die Zahlung von dem Inhaber unter Präsentation des Wechsels und im Ge schäftslokal oder in der Wohnung des Acceptanten einzuholen ist, nicht zu einer bedingten oder betagten Verpflichtung wird,

*) Vergl. Striethorst, Archiv Bd. 21 S. 159, d. 42 . 361 3.43 6.306; Entscheidungen des Obertribunals Bd. 22 S. 410, Bd. 46 S. 260; Central-Organ, neue Folge II. S. 613; Volkmar und Loewy Wechselrecht S. 160. Entscheidung des Desterr. obersten Gerichtshofs vom 7. März 1863 in Siebenhaar's Archiv für Wechselrecht Bd. 16 S. 418.

auch der Art. 44 der W.-D. erklärt, daß es zur Erhaltung des Wechselrechts gegen den Acceptanten bei einem nicht domis cilirten Wechsel weder der Präsentation am Zahlungstag noch des Protestes bedarf;

Daß mithin nach Verfall des Wechsels das Klagerecht (actio nata) gegen den Acceptanten besteht, wobei freilich die in Rede stehende Modalität der Zahlungsverpflichtung des Acceptanten dieselbe bleibt;

Daß sich im Prozeßverfahren entscheidet, welche Stellung der Acceptant zu dem Anspruch des Inhabers einnimmt:

Daß der Acceptant, wenn er alsbald sich bereit erklärt, der Wechselverpflichtung zu genügen, frei von den Kosten ausgehen kann, weil diese Kosten frustratorisch durch den Kläger verursacht sind, wenn er aber, wie im gegenwärtigen Fall von den Appellaten geschehen ist, seine Verpflichtung aus dem Wechsel in Abrede stellt, mit dem hier in Rede stehenden Einwand um so weniger zu hören ist, als gemäß seiner eigenen Einlassung eine vor dieser Klage geschehene Präsentation des Wechsels vergeblich gewesen wäre, und eine spätere Präsentation ebenso vergeblich sein würde, so daß auch nach letterer Präsentation die Parteien sich wieder auf demselben Standpunkt wie jetzt befänden, über das Klagerecht aus dem Wechsel zu streiten;

Daß der erste Richter bei der von ihm hervorgehobenen Rücksicht darauf, daß der Acceptant durch eine unvorgesehene von einem ihm nicht bekannten Inhaber des Wechsels gegen ihn erhobene Klage in seinem Credit beschädigt werde, zu viel behauptet, auch die Rechtsfrage nicht trifft und außer Acht läßt, daß der Art. 40 der W.-O., wenn die Zahlung des Wechsels zur Ver fallzeit nicht gefordert wird, dem Acceptanten eben deshalb, weil er den Inhaber nicht kennt, das Mittel an die Hand gibt, sich jeder Mißlichkeit durch einfache Deposition der Wechselsumme zu entziehen;

J. E., daß dem angegriffenen Urtheil auch die Rechtsprechung der deutschen Gerichte, insbesondere auch des preußischen Ober-Tribunals entgegen steht, und es nicht zutreffend ist, wenn die Appellaten die Bezugnahme auf diese, namentlich auf die Art. 77 und 100 und den Art. 40 der W.-D. sich stüßende Jurisprudenz mit der Verschiedenheit der Prozeßverfahren zu beseitigen versuchen, da die entwickelten Gründe materieller Natur find, nicht dem Verfahren angehören, und da auch nach dem

1

hiesigen Prozeßverfahren das Original des Wechsels dem Beflagten im Termin zur gerichtlichen Verhandlung nicht weniger vorgelegt werden muß, als es im besonderen deutschen Wechselprozeß geschieht;

J. E., daß diesemnach die Klage mit Unrecht als voreilig abgewiesen ist, und es auf Prüfung der dem Anspruch der Appellantin sonst noch entgegengesetzten Einreden ankommt;

Daß die von den Appellaten in erster Instanz vorgebrachte Behauptung: die Appellantin habe den Wechsel nach Verfall indoffirt erhalten und damals gewußt, daß nicht die Appellaten sondern die Aussteller Linden & Rabien felbft den Wechsel zu decken gehabt hätten, auch unter Hinzufügung des in dieser Instanz noch gemachten Zusages: bei dem Indossament sei dies der Appellantin mitgetheilt worden, der Appellantin gegenüber eine völlig irrelevante Behauptung ist, da das zwischen dem Zieher und dem bezogenen Acceptanten bestehende Verhältniß den Indossatar nicht berührt, sofern nicht etwa der Indossatar lediglich als Ceffionar des Ziehers zu betrachten wäre, was gemäß Art. 16 Abs. 1 im Gegensatz zu Abs. 2 vorliegend nicht der Fall ist, und da ferner aus einer Wissenschaft des Indossatars davon, wer von beiden, ob der Zieher oder der Acceptant, die Deckung für den Wechsel zu beschaffen habe, nichts weniger folgt als eine Befreiung des einen oder des andern von der Wechselverbindlichkeit, welche für beide dem Inhaber gegenüber besteht, und deren Erfüllung mittelst der zu beschaffenden Deckung dem Inhaber eben dadurch gesichert sein soll, daß ihm beide wechselmäßig haften;

J. E., daß es aus denselben Gründen der Appellantin gegenüber ohne Bedeutung ist, ob die Appellaten aus Gefälligkeit für Linden & Rabien acceptirt haben;

J. E., daß endlich die zuletzt noch in dieser Instanz von den Appellaten eingebrachte Eidesdelation im vorliegenden Falle, ohne die viel besprochene Frage, in wie fern dem klagenden Inhaber eines unquittirten Wechsels die Zahlung des Ausstellers von Seiten des Acceptanten entgegengesetzt werden könne, näher zu erörtern, unberücksichtigt zurückzuweisen ist, weil aus der wegen ganz allgemeinen Normirung des Eides und aus dem Inhalt der von dem Appellaten selbst producirten Schreiben, welche die Adcitaten Linden & Rabien noch während des Projeffes an sie gerichtet haben, sich zur Ueberzeugung ergibt, daß diese Eidesvelation den Appellaten nicht als ein Beweismittel

« PreviousContinue »