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benachbarten Grundbesizer, unter denen offenbar auch die nicht zur Expropriation herangezogenen zu verstehen sind, gegen Gefahren und Nachtheile in Benutzung ihrer Grundstücke gesichert · werden;

Daß somit der Ersaganspruch nach Inhalt der Klagebegründung gerechtfertigt sein würde.

Nachdem die Ortsbesichtigung stattgefunden, erkannte das Landgericht durch Urtheil vom 16. Mai 1874 auf die von den Parteien durch Zeugen und Sachverständige darüber erbotenen Beweise, ob und wann nach Sperrung des fraglichen Weges eine ausreichende Verbindung zwischen dem Gehöfte der Kläger und deren Grundstücke hergestellt gewesen, und eventuell ob in dieser Beziehung der Eisenbahn-Gesellschaft oder der Bürgermeisterei Mintard ein Versäumniß gemäß den Stipulationen des oben bezogenen Vertrages zur Last falle.

Auf die von der verklagten Eisenbahn-Gesellschaft gegen das letztgedachte Urtheil eingelegte Berufung erließ der Appellationsgerichtshof das folgende reformatorische

Urtheil:

J. E. zur Hauptsache, daß die Klage der Appellaten, wie sie sich gegenwärtig gestaltet hat, den Ersaß des Schadens zum Gegenstande hat, welcher jenen angeblich dadurch entstanden ist, daß die appellantische Eisenbahn-Gesellschaft bei Anlage der unteren Ruhrthalbahn im Herbste 1869 den von Kettwig vor der Brücke nach Höfel führenden Weg durchschnitten und durch Aufschütten des Bahndammes gesperrt, und erst nach mehreren Jahren einen brauchbaren Ersatzweg hergestellt habe, in Folge dessen während dieser Zeit eine an dem gedachten Wege in der Gemeinde Laupendahl gelegenes Grundstück der Appellaten so von ihrem Gehöfte abgeschnitten gewesen, daß dasselbe nicht hätte bewirthschaftet, namentlich nicht mit Dünger befahren und bestellt werden können;

J. E., daß der fragliche Weg unbestritten ein öffentlicher Gemeindeweg ist, und Appellaten ihre Berechtigung zu dessen Benutzung einzig aus ihrer Eigenschaft als Gemeindemitglieder herleiten, nicht aber ein besonderes Privatrecht an demselben in Anspruch nehmen;

Daß es ebenso unbestritten ist, sich aber auch aus den vorliegenden, zwischen der Appellantin und der zu ihrer Vertretung beigeladenen Bürgermeisterei Mintard gepflogenen Verhandlungen insbesondere aus dem Vertrage vom 21. Dezember 1868 und

dem Beschluß des Bürgermeistereiraths von Mintard vom 26. Juli 1869 ergibt, daß die Appellantin mit ausdrücklicher Bewilligung der genannten Bürgermeisterei und auf Grund eines mit derselben über die Anlage und die Richtung neuer Wege getroffenen Uebereinkommens die Durchschneidung und Sperrung des Weges in der angegebenen Weise vorgenommen hat;

J. E., daß hiernach die Sache grade so zu beurtheilen ist, als wenn die von der appellantischen Eisenbahn-Gesellschaft gemachte Anlage von der Bürgermeisterei Mintard selbst ausge= gangen wäre, und es in dieser Beziehung auch ohne rechtliche Bedeutung sein würde, wenn, wie Appellaten behaupten, der Eisenbahn-Gesellschaft einzig in ihrem Interesse und zu ihrem Vortheil die fragliche Aenderung an dem Wege gestattet worden, zudem aber auch eine solche Behauptung gegenüber den Verpflichtungen, welche die Eisenbahn-Gesellschaft bezüglich des Ausbaues der Chaussee von Laupendahl nach Heiligenhaus gemäß den oben bezogenen Verhandlungen übernommen hat, sich nicht aufrecht erhalten läßt;

J. E., daß mag man nun auch den einzelnen Gemeindemitgliedern zum Schuße des ihnen an den öffentlichen Gemeindewegen zustehenden Rechtes der Benutzung die Berechtigung einräumen, wegen unbefugter Eingriffe Dritter in dieses Recht flagbar zu werden und Schadensersatz zu verlangen, eine solche Berechtigung denselben doch keinesfalls den Gemeinden gegenüber zuerkannt werden kann, wenn diese von der ihnen Kraft ihres Eigenthums an den Communalwegen zustehenden Befugniß Gebrauch machen, mit Genehmigung der Königl. Regierung Aenderungen daran vorzunehmen oder dieselben zu unterdrücken;

Daß wenn auch in Städten und Dörfern den Besitzern von Gebäuden, die an die Straße grenzen, in der Unterstellung eines zwischen denselben und dem Staate oder den Gemeinden bestehenden stillschweigenden Vertrages das Recht der Benutzung der Straße in gewissen Beziehungen als ein erworbenes Recht zuzugestehen ist, so daß Veränderungen, welche an der Straße vorgenommen werden, Schadensersatzansprüche für die Adjacenten begründen können, es doch für die Unterstellung eines solchen stillschweigenden Vertrages zwischen den Gemeinden und ihren Mitgliedern in der Ausdehnung, daß gemäß demselben die Gemeinden nicht berechtigt seien, solche Veränderungen in Beziehung auf die außerhalb Stadt und Dorf vorhandenen Gemeindewege vorzunehmen, in Folge deren die bis dahin durch dieselben

vermittelte Communikation erschwert oder aufgehoben werde, ohne daß den betreffenden Gemeindemitgliedern für den ihren dadurch entzogenen Vortheil Entschädigung geleistet werde, an jedem gesetzlichen Anhaltspunkte fehlt, auch die realen Verhältnisse in keiner Weise ein solches Recht der einzelnen Mitglieder den Gemeinden gegenüber nothwendig erscheinen lassen, wohl aber dadurch das Recht und die Pflicht der Gemeinden, jedem innerhalb ihrer Kreise durch veränderte Verhältnisse herbeigeführten Bedürfnisse des Verkehrs durch Veränderung und Verlegung bestehender Verkehrswege zu genügen, in hohem Maaße verkümmert werden würde;

3. E., daß nach allem dem angenommen werden muß, daß die Appellantin die Durchschneidung und Sperrung des fraglichen Weges in berechtigter Weise vorgenommen und sich dadurch feines widerrechtlichen Eingriffs in die Rechte der Appellaten schuldig gemacht hat, welcher sie zum Ersage des denselben durch jene Handlung etwa entstandenen Nachtheils auf Grund des Art. 1382 des B. G.-B. verpflichtete;

Daß die Appellaten ihre Klage aber auch nicht dadurch zu begründen vermögen, daß, wie sie behaupten, Appellantin ihrer durch den Vertrag mit der Bürgermeisterei Mintard übernommenen Verpflichtung betreffs Herstellung eines Ersagweges nicht nachgekommen sei, da die Appellaten zur Geltendmachung der der gedachten Bürgermeisterei gegen die Appellantin zustehenden vertraglichen Rechte nicht berechtigt erscheinen, dieselben auch aus dem gedachten Vertrage für sich keinen privatrechtlichen Anspruch gegen die Appellantin erworben haben;

J. E., daß diesemnach die Entscheidung des ersten Richters, welcher in der Sperrung des Weges ohne gleichzeitige Eröffnung eines für die Appellaten brauchbaren Ersaßweges einen widerrechtlichen Eingriff in die Rechte der letztern erblickt, und demgemäß auf die in letzterer Beziehung beiderseits erbotenen Beweise erkannt hat, zu reformiren, und statt dessen die Klage der Appellaten als unbegründet abzuweisen ist;

J. E. zur Adcitation,

Daß durch diese Entscheidung zur Hauptklage die von der Appellantin gegen die Bürgermeisterei Mintard erhobene Garantieflage ihre Erledigung findet;

Daß aber da zu deren Anstellung sowohl, als zur Zuziehung der Adcitatin in die gegenwärtige Instanz für die Appellantin hinreichende rechtliche Veranlassung vorlag, die dadurch veran

laßten Kosten beider Instanzen den Hauptklägern und Appellaten zur Last fallen müssen;

Aus diesen Gründen

nimmt der Appellationsgerichtshof die wider das Urtheil des Königl. Landgerichts zu Düsseldorf vom 16. Mai 1874 eingelegte Berufung als begründet an, und weist unter Reformation dieses Urtheils die von den Appellaten Horstmann durch Ladung von 22. Januar 1870 erhobene Klage ab, unter Verurtheilung der genannten Appellaten in die Kosten beider Instanzen, erklärt hierdurch die Adcitation und die in dieser Beziehung ergriffene Berufung für erledigt, und legt die dadurch veranlaßten Kosten beider Instanzen gegenüber der Adcitatin und Appellatin der Adcitantin und Appellantin zur Last, verurtheilt aber die Appellaten Horstmann zum Ersaß dieser Kosten an die Adcitantin und Appellantin und verordnet die Rückgabe der Succumbenzgelder.

III. Senat. Sizung vom 28. April 1876.

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Das dem Verkäufer von beweglichen Sachen an denselben zustehende Privilegium für den rückständigen Kaufpreis erstreckt sich nicht auf die Versicherungsgelder, welche im Falle der Zerstörung der Sachen durch Feuer gezahlt werden. Es ändert hieran der Umstand nichts, daß die Sachen nach Ausbruch des Falliments des Ankäufers verbrannt sind.

Obrig Falliment Günther.

Der Kaufmann Obrig zu Elberfeld hatte dem RiemenDreherei-Besitzer Günther daselbst Riementische und Riemengänge geliefert und deren Kaufpreis mit 2448 Thlr. 4 Sgr. 5 Pfg. noch zu fordern, als Günther in Fallitzustand gerieth, und nachdem die gedachten Gegenstände, welche bei der Feuer-Versicherungs-Gesellschaft „Adler" zu Berlin versichert waren, durch Brand zerstört wurden. Obrig meldete seine Kaufpreisforderung beim Fallimente an und verlangte vorzugsweise Befrie

digung aus den vom Syndik empfangenen BrandentschädigungsGeldern, weil nach seiner Behauptung das Privilegium, welches ihm für den Kaufpreis an den verkauften Gegenständen zugestanden, auf die an deren Stelle getretenen Gelder übergegangen sei.

Durch Urtheil vom 2. Dezember 1874 hat das Handelsgericht zu Elberfeld diesen Anspruch des Obrig als nicht begründet abgewiesen, und wurde die Berufung dagegen verworfen durch folgendes

Urtheil:

J. E., daß das angegriffene Urtheil auf richtigen, durch die Ausführung des Appellanten nicht widerlegten Gründen beruht;

Daß der Saß, daß die Brandentschädigungsgelder an die Stelle der versicherten Sache treten, und den Realgläubigern zukommen, sowohl dem Wesen des Versicherungsvertrags an sich, als auch dem geltenden Rheinischen Rechte fremd ist, und die Anwendung eines solchen Sates noch viel weniger auf die Vorzugsrechte des Art. 2102 des B. G.-B. statt finden kann;

Daß das Vorzugsrecht, welches der Art. 2102 Nr. 4. dem Verkäufer für seine Kaufpreisforderung an dem Preise der Sache zuschreibt, nach dem Sinne des Ausdrucks „Preis“ in diesem Artikel das aus dem Zwangsverkauf der Sache erlöste Kaufgeld betrifft, und nicht auf eine durch einen Versicherer gezahlte Versicherungssumme ausgedehnt werden kann, selbst dann nicht, wenn man der Ansicht beitreten könnte, daß im Falle die Sache von dem Käufer vor Ausbruch seines Falliments weiter verkauft worden wäre, der aus diesem Verkauf noch ausstehende Kaufpreis, also die Kaufpreisforderung des Falliten, unter den Preis, von welchem der Art. 2102 Nr. 4 spricht, sich subsumiren ließe,' und dem Vorzugsrechte des ursprünglichen Verkäufers unterläge, da nämlich die Versicherung einer Sache und die Versicherungssumme keine Verwerthung der Sache und kein Entgeld für eine Entäußerung, kein Erlös oder Preis der Sache ist, sondern der Versicherte von Ursprung an neben seinem Eigenthum an der Sache mittelst Aufwendung einer Prämie oder sonstiger Leistung ein eventuelles Forderungsrecht auf Schadensersatz gegen den Versicherer erworben hat, welches sich nach den Bedingungen des Versicherungsvertrages richtet, und offenbar dadurch nicht zu einem Kaufpreise wird, daß die Versicherungssumme gemäß bestehenden Rechtsgrundsäßen

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