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Hypothekarforderungen von Kaufmann und der Düsseldorfer Gewerbebant die drei Viertheile Majorität der Forderungen den Concordatsvorschlägen im Termin vom 13. März d. J. beigestimmt haben;

Daß daher in der That ein Concordat zu Stande gekommen ist;

Daß aber die weitere Frage, ob dieses zu Stande gekommene Concordat zu bestätigen sei, dem Handelsgerichte noch nicht vorgelegen hat, demselben daher in dieser Beziehung die nähere Beschlußfassung vorbehalten bleibt;

Aus diesen Gründen

erkennt der Appellationsgerichtshof unter Reformation des Urtheils des Handelsgerichts zu Düsseldorf vom 7. April 1876 und Abänderung des Rathskammerbeschlusses desselben Gerichts vom 15. März ejusd., für Recht, daß das im Termin vom 13. März 1876 abgeschlossene Concordat rite zu Stande gekommen ist, verweist die Parteien zur Entscheidung über die Frage, ob diesem Concordate die Bestätigung zu ertheilen, `vor das Handelsgericht zurück, legt die Kosten beider Instanzen der Fallitmasse zur Last und verordnet die Rückgabe der Succum benzstrafe.

II. Senat. Sigung vom 1. Juli 1876.

Advokaten: Schilling — Effer I. jr.

Ausländer.

Gerichtsstand. Desterreich.
Art. 14 des B. G.-B.

Der Art. 14 des B. G.-B., nach welchem jeder
Ausländer wegen der ihm gegen einen In-
länder obliegenden Verbindlichkeiten vor
die inländischen Gerichte gezogen werden kann,
findet gegen die Angehörigen des Desters
reichischen Staates Anwendung.

Prager Eisen-Industrie-Gesellschaft

Bergwerksverein.

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Eschweiler

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Durch Ladung vom 26. Januar 1875 erhob die zu Pumpe bei Eschweiler bestehende Aktien Gesellschaft Eschweiler Bergwerksverein gegen die Prager Eisen Industrie Gesellschaft zu Wien Klage zum Königlichen Handelsgerichte in Aachen dahin

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gehend, daß die Verklagte verpflichtet erklärt werde, den Rest eines im Jahre 1872 von der Klägerin angekauften Quantums Roheisen von 1,900,320 Pfund sofort abzunehmen, den Kaufpreis mit 51,386 Thlr. 12 Sgr. mit Zinsen sowie einen näher zu liquidirenden Schadensersatz zu bezahlen. Die Verklagte sette der Klage vor Allem die Einrede der Inkompetenz des Handelsgerichts zu Aachen entgegen, welche durch Urtheil vom 16. Juni 1875 aus folgenden Gründen verworfen wurde:

J. E., daß Klägerin die Competenz der hiesigen Stelle, in vorliegender Sache zu erkennen, nicht sowohl auf den Art. 420 der B. Pr.-O. als vielmehr auf Art. 14 des B. G.-B. stüßt, welcher bestimmt, daß der Ausländer wegen der gegen einen Inländer eingegangenen Verbindlichkeiten, diese mögen im Inlande oder Auslande eingegangen worden sein, vor die inländischeu Gerichte gezogen werden kann;

Daß zwar das Gesez vom 2. Mai 1823 verordnet, daß der vorbezogene Art. 14 der Regel nach bei persönlichen Ansprüchen gegen die Unterthanen sämmtlicher Deutschen Bundesstaaten nicht mehr in Anwendung kommen soll;

Daß aber der Deutsche Bund, wie er zur Zeit des Erlasses des bezogenen Gefeßes bestand, aufgelöst ist, so daß die Oesterreichischen Länder Preußen gegenüber in Fragen der vorliegenden Art vollständig als Ausland anzusehen sind;

Daß daher der Art. 14 des B. G.-B. auf den vorliegenden Fall Anwendung finden muß.

Auf die hiergegen von der Verklagten eingelegte Berufung erkannte der Appellationsgerichtshof konfirmatorisch durch folgendes

Urtheil:

J. E., daß der Art. 14. des B. G. B., nach welchem jeder Ausländer wegen der ihm gegen einen Inländer obliegenden Verbindlichkeiten vor die inländischen Gerichte gezogen werden kann, in dem hiesigen Bezirke noch gesetzliche Geltung hat, das Gesetz vom 2. Mai 1823 aber, indem es diese Regel in ihrer Allgemeinheit dem Verhältnisse der Deutschen Bundesstaaten zu einander nicht für angemessen erklärte, verfügt hat, daß kein Unterthan eines Deutschen Bundesstaates aus Klagen solcher Art, einzelne bestimmte Fälle ausgenommen, vor die Rheinischen Gerichte gezogen werden solle;

Daß diesemnach das letztere Gesetz die Bestimmung enthält, daß ein hier belangter Ausländer, um nicht von der Regel des

Art. 14 des B. G.-B. getroffen zu werden, darthun müsse, daß er im Zeitpunkt der Klageanstellung Unterthan eines deutschen Bundesstaates war;

Daß für ihn also diese Eigenschaft das in dem Gesetz vom 2. Mai 1823 vorgeschriebene Erforderniß zur Ablehnung des inländischen Gerichtsstandes ist, und im Falle dem Erforderniß nicht genügt werden kann, die Regel des Art. 14 Play greift;

Daß dieser Fall hier vorliegt, da die Appellantin als dem Desterreichischen Staate angehörig Ausländerin ist, und in Folge der Auflösung des ehemaligen deutschen Bundes es keine Unterthanen eines deutschen Bundesstaates im Sinne des Geseges vom 2. Mai 1823 mehr gibt;

J. E., daß sich hiergegen nicht einwenden läßt, daß der deutsche Bund als historischer Begriff noch bestehe, und daß es Angehörige deutscher Bundesstaaten immer noch geben, insofern hierunter eine in einem gewissen historischen Zeitpunkt bestandene Staatenbildung verstanden werde;

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Daß nämlich ein solches Verständniß sachwidrig ist;

Daß das Gesetz vom 2. Mai 1823 sich des Ausdrucks : deutsche Bundesstaaten, keineswegs bedient, um mit diesem Collectivnamen der Kürze wegen eine Anzahl von einzelnen deutschen Staaten zu bezeichnen, so daß die Fortdauer dieser Staaten in Betracht käme, weil dieselben damals zu den Staaten des deutschen Bundes gehörten; vielmehr in jenem Gesetze, welches sogar ausdrücklich im Eingang das Bundesverhältniß als Gesichtspunkt angibt, offenbar von den deutschen Bundesstaaten als solchen gesprochen ist, so daß die Fortdauer dieser Eigenschaft zur Zeit des Rechtsstreits das Criterium ist, und das leştere nicht etwa durch den Zeitpunkt des 2. Mai 1823 oder durch einen der Vergangenheit angehörigen Begriff fixirt wird;

Daß wenn nach dem Jahr 1823 ein damals zum deutschen Bunde gehöriger Staat aus demselben ausgeschieden wäre, oder wenn nach 1823 ein Staat erst neu in den deutschen Bund aufgenommen worden wäre, kein Zweifel dagegen aufgekommen sein würde, daß im leztern Falle die Unterthanen dieses Staats wegen der Eigenschaft desselben als deutschen Bundesstaates bei einer gegen sie erhobenen Klage kraft des Gesetzes vom 2. Mai 1823 von dem Art. 14 des B. G. - B. nicht betroffen würden, und daß im ersteren Falle die Unterthanen des aus dem Bunde ausgeschiedenen Staates wegen des eingetretenen Mangels dieser Eigenschaft den Art. 14 des

B. G.-B. gegen sich hätten, in beiden Fällen aber kein Gericht auf historische Verhältnisse des Jahres 1823 zurückgehen würde;

Daß dasselbe gelten muß in dem Falle, nachdem der ehe malige deutsche Bund ganz aufgelöst worden, also kein Staat mehr deutscher Bundesstaat ist, und es Willkür wäre, wenn in diesem Falle der Richter einen Ausländer in der Gegenwart von der Regel des Art. 14 des B. G.-B. ausnehmen wollte, weil der Staat, welchem er angehört, im Jahre 1823 oder überhaupt ehemals in der Vergangenheit die Eigenschaft eines deutschen Bundesstaates hatte;

Daß die Einwendung der Appellantin, daß das Gesetz vom 2. Mai 1823 noch in Kraft sei, weil es durch keinen legislatorischen Akt aufgehoben worden, und daß der durch dies Gesetz aufgehobene Art. 14 des B. G.-B. nicht von selbst wieder in Kraft treten könne, nicht zutreffend ist, da der Art. 14 feineswegs aufgehoben ist, insbesondere auch nach Obigem die Behauptung unrichtig ist, daß der Artikel für die Unterthanen des Staates Desterreich durch das Gesetz von 1823 aufgehoben worden wäre, und da das Gesetz von 1823, ohne aufgehoben zu sein, von selbst außer Kraft tritt, wenn das maßgebende Criterium, das Erforderniß oder die Bedingung, an welche es seine Anwendung knüpft, nicht vorhanden ist oder nicht mehr vorhanden sein kann;

Daß die Appellantin sich hier ebenso wenig auf den Grundsat berufen kann, daß ein Gesetz nicht dadurch aufgehoben werde, daß seine Veranlassung oder seine ratio ceffire, weil es sich hier bezüglich des Gesetzes vom 2. Mai 1823 nicht um eine Aufhebung des Gesetzes oder um die gedachte Motivirung einer Aufhebung desselben handelt, sondern die Verfügung dieses Gesezes nicht in Anwendung kommt, da es an dem in dieser Ver fügung zu ihrer Anwendung vorgeschriebenen Erforderniß mangelt;

J. E., daß die Appellantin aus dem Prager Frieden nichts für sich herleiten kann, indem das Gesetz vom 2. Mai 1823 ein Preußisches Landesgesetz, keineswegs ein Vertrag zwischen Preußen und Desterreich oder auch nur ein Beschluß des ehe. maligen deutschen Bundes ist, daher weder von dem Krieg noch von dem Frieden berührt wurde, und daher der Art. 13 des Friedensvertrags von Prag, nach welchem alle vor dem Krieg abgeschlossenen Verträge und Uebereinkünfte neuerdings in Kraft gesetzt worden sind, in keiner Weise auf dies Geset bezogen werden kann;

Daß es den Gerichten, welche an die Geseze und ihren

Inhalt gebunden sind, nicht zusteht, das Landesgesetz von 1823 nach einer bei dem Friedensschluß von 1866 obwaltenden Tendenz analog zu behandeln, oder internationale Freundlichkeit zu beweisen, und zwar um so weniger als der wesentliche Unterschied zwischen Vertrag und Landesgesetz die Analogie ausschließt, und als auch die Annahme einer Tendenz von der hier in Rede stehenden Tragweite nur auf vager Voraussetzung beruht, und die fragliche Tendenz, wenn sie beim Friedensschluß sich auf Landesgesetze über den Gerichtsstand erstreckt hätte, auf das Gebiet des Jurisdiktionsverträge über wechselseitige Gerichtsstände und Rechtshülfe geführt hätte, welche aber bis dahin zwischen Preußen und Oesterreich nicht zu Stande gekommen sind; 3. E., daß endlich die Ungunst, mit welcher der Art. 14. des B. G. B. nach den legislatorischen Grundsäßen unserer Zeit in Deutschland mit Recht angesehen wird, es unmöglich rechtfertigen könnte, daß der Richter sich diesem Artikel gegenüber von den für die Rechtsprechung und Gesetzesanwendung maßgebenden Regeln lossagen und über diesen Artikel mittels Anwendung eines Gesetzes hinwegsetzen sollte, bei welchem die Erfordernisse zu seiner Anwendung nicht mehr vorhanden sind;

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3. E., daß im Uebrigen die hiernach begründete Competenz des ersten Richters sich im vorliegenden Falle nicht auch durch Art. 420 der B. Pr.-O. begründen läßt, da die Correspondenz der Bartheien darthut, daß die Verträge zwischen ihnen sämmtlich in Prag durch den Agenten der Appellatin abgeschlossen und jedenfalls durch die von Seiten der Appellantin geschehene Annahme der von der Appellatin ausgegangenen Offerten zu Stande gekommen sind, und die darauf erfolgten Bestätigungen in Briefen der Appellatin nur die ordnungsmäßige Constatirung der bereits abgeschlossenen Verträge zum Gegenstand hatten, und da auch in keiner Weise dargethan ist, daß die Appellantin in Eschweiler zu zahlen gehabt hätte, vielmehr unbestritten sogar von der Appellatin auf ihren Fakturen die Bedingung „zahlbar hier" durchstrichen war;

Aus diesen Gründen

verwirft der Appellationsgerichtshof die gegen das Urtheil des Königl. Landgerichts zu Aachen vom 9. Juli 1875 eingelegte Berufung und verurtheilt die Appellantin in die Kosten dieser Instanz sowie zur Succumbenzstrafe.

I. Senat. Sitzung vom 5. Juli 1876.

Advokaten: Drewcke Buhx.

Archiv 67. Bd. I. Abth.

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