Page images
PDF
EPUB

ohne vorherige Einholung der Alignements bestimmung Seitens des Bürgermeisters verbietet, kann nicht als ein Reglement im Sinne des Art. 544 des B. G. - B. gelten, welches die Entschädigungspflicht der Gemeinde, in deren Interesse als Eigenthümerin des Weges das Alignement erfolgt, ausschlösse *)

Gemeinde Bardenberg Hammer.

-

III. Senat. Sizung vom 28. Juli 1875.
Advokaten: Widenmann Welter.

Stempel. Vertrag über die Gründung einer

Actiengesellschaft.

Stempelfreiheit.

Der Vertrag, wodurch die Mitglieder einer be stehend en gesellschaftlichen Vereinigung diese in eine Aktiengesellschaft umwandeln und statt baaren Geldes ihre ideellen Antheile an den Vermögensstücken der bisherigen Vereinigung in die neue Gesellschaft einlegen und dagegen entsprechend dem Werthe dieser Einlagen Ak tien der Gesellschaft erhalten, schließt bezüglich solcher Einlagen nicht einen Kauf- oder Tausch vertrag oder eine Hingabe an Zahlungs statt in sich, und unterliegt also auch nicht dem für solche Verträge vorgeschriebenen Werth stempel, sondern dem figirten Vertragsstempel von 15 Silbergros chen.

Der die Stempelfreiheit genießende Contrahent eines zweiseitigen Vertrages haftet nicht für die von legterem zu entrichtende Hälfte des geseglichen Stempels.

Elberfelder Bauverein

Königl. Provinzial-Steuer

Direction zu Köln.

Urtheil:

J. E., daß die von den Parteien vorgelegten Schriftstücke folgendes Thatsächliche ergeben:

*) Vergl. Archiv Bd. 65. I. 104.

daß seit dem Jahre 1825 unter dem Namen,,Elberfelder Bauverein" eine gesellschaftliche Vereinigung bestand, welche sich aus den Bewohnern Elberfelds zum Erbauen einer Anzahl dem Bedürfniß entsprechender Wohnungen zunächst für Fabrikarbeiter und Handwerker gebildet hatte, und, wie es in ihrem sogenannten Statut heißt, auf Aktien, jede Aftie zu einhundert Thaler, gegründet war;

daß in einer Generalversammlung dieses Vereins am 27. Februar 1870 beschlossen wurde, den Verein zu einer Aktiengesellschaft nach den Grundsäten des Gesetzes dom 2. März 1867 über gemeinnützige Baugesellschaften zu constituiren, den Aktien einen Werth von 50 Thaler zu geben und auf diesen Betrag neue Aktien auszugeben, welche gegen die alten einzuziehenden Aktien ausgegeben werden, und auf Namen lauten sollten, wobei die Direction ermächtigt wurde, in Fällen, wenn alte Aktien verloren gegangen seien, nach ihrem Ermeffen gegen geeignete Reverse die neuen Aktiendokumente an Diejenigen auszuhändigen, welche sich nach Ueberzeugung der Direction dazu legitimirten, die Direction auch ersucht wurde, das zur Constituirung der Aktiengesellschaft Erforderliche zu veranlassen; daß eine Aufstellung der damaligen Mitglieder des Vereins eine Anzahl von ungefähr 80 Personen ergab, deren Aktienbesitz zusammen genommen in 963 Aktien bestand;

daß nun ein Statut entworfen wurde, in dessen §. 1 es heißt: die zu Elberfeld seit dem Jahre 1825 unter dem Namen Elberfelder Bauverein bestehende gesellschaftliche Ver= einigung constituire sich in Gemäßheit des Gesetzes vom 11. Juni 1870 als Aktiengesellschaft nach den Grundfäßen des Gesetzes vom 2. März 1867 über gemeinnützige Baugesellschaften, dann in §. 2 erklärt ist: der Gegenstand und Zweck des Unternehmens bleibe wie bisher die Beschaffung gesunder und zweckmäßig eingerichteter Wohnungen zu billigen Preisen für unbemittelte Familien zunächst in den dem Verein gehörenden Häusern am Neuen Teich zu Elberfeld, und in §. 3 gesagt ist: die Höhe des Grundkapitals wird auf 48,150 Thlr. festgesetzt, dasselbe wird in 963 Aktien, jede zu 50 Thlr. getheilt, die Aktien werden auf Namen gestellt, die bisherigen 963 Aktien des Vereins, jede auf 100 Thlr. lautend, worauf jedoch nur 50 Thlr. eingezahlt sind, werden mit Rücksicht darauf, daß das Eigenthum des Vereins mindestens den Werth von 48,150 Thlr. hat, in Aktien auf je 50 Thlr. lautend umge

wandelt, und die neuen Aktien gegen Aushändigung der alten Aktiendokumente verabfolgt;

daß hierauf der Notarialakt vom 1. Juni 1871, um dessen Bestempelung es sich gegenwärtig handelt, zu Stande gekommen ist;

daß in diesem Akte zunächst fünf Comparenten angeben: als Mitglieder der Direction des Elberfelder Bauvereins und als Inhaber der ihrem Namen beigesetzten Anzahl von Aktien dieses Vereins hätten sie statutgemäß auf diesen Tag die Mitglieder des Vereins durch Briefe und die Zeitung eingeladen, um in Gemäßheit des Generalversammlungs-Beschlusses vom 27. Februar 1870 den bisherigen Verein als Aktiengesellschaft nach den Gesetzen vom 11. Juni 1870 und 2. März 1867 zu constituiren, es werde von ihnen hierbei das Statut der neuen Gesellschaft als Anlage zu diesem Akt übergeben, (der hier in Betracht kommende Inhalt dieses Statuts ist oben vollständig dargelegt) und sie erklärten: daß sie sowohl in eigenem Namen, als auch kraft des bezogenen Beschlusses vom 27. Februar 1870 Namens der damals er= schienenen Mitglieder des Bauvereins und Namens der durch den Generalversammlungsbeschluß zufolge §. 12 des früheren Statuts gebundenen, damals ausgebliebenen Mitglieder des Vereins hierdurch den Elberfelder Bauverein als Aktiengesellschaft auf Grund des hierbei übergebenen Statuts constituiren, wobei von ihnen noch hinzugefügt wird: die bisherigen Mitglieder des Vereins und die Zahl ihrer Aktien seien in dem hierbei übergebenen Verzeichniß enthalten, und ergebe sich daraus, daß die sämmtlichen 963 Aktien der neuen Gesellschaft begeben seien. Durch die den früheren, jest umgewandelten Aktien gegebene Werthbestimmung von je 50 Thlr. und durch das Borhandensein des Immobilars des Vereins im Werth von mehr als 48,150 Thlr. sei das ganze Aktienkapital auch eingezahlt;

daß gemäß dem Akt noch eine Anzahl von Aktionären des früheren Bauvereins erschienen mit der Erklärung, daß sie den Ausführungen der Direction beiträten und sich mit ihren Aktien bei der neuen Gesellschaft_betheiligten;

daß endlich in dem Akt noch gesagt ist, daß die sämmt lichen Erschienenen zugleich wiederholt einstimmig in Gemäßheit des Statuts des Bauvereins vom Jahr 1825 die Umwandlung desselben in eine Aktiengesellschaft und die Verbindlichkeit

dieses Beschlusses für die heute nicht erschienenen Betheiligten beschlössen;

J. E., daß in diesem Akte nach seinem Inhalt, sowie nach der darin ausdrücklich erklärten Absicht der Parteien lediglich ein Gesellschaftsvertrag vorliegt, in welchem eine Aktiengesellschaft unmittelbar mit dem Vermögen des bisherigen Bauvereins gegründet wird, oder da der frühere Bauverein nicht in gesetzlicher Weise als Aktiengesellschaft errichtet war, und deshalb ein selbstständiges Vermögen nicht hatte, genauer ausgedrückt ein Gesellschaftsvertrag, gemäß welchem sich sämmtliche Mitglieder des früheren Bauvereins zu einer Aktiengesellschaft vereinigen, deren Einlagen nur in den einem jeden von ihnen zugehörigen ideellen Antheilen an den gemeinschaftlichen Vermögensobjekten der bisherigen gesellschaftlichen Vereinigung bestehen, wobei zugleich die ebenfalls rein gesellschaftliche Uebereinkunft getroffen ist, daß der aus diesen Einlagen bestehende Gesellschaftsfond, zu dem Werthe von mindestens 48,150 Thlr. ge= schägt, in Aktien von je 50 Thlr. Nominalwerth zerlegt wird, so daß sich die Betheiligung der einzelnen Aktionaire in einer ihrem bisherigen Aktienbesig entsprechenden Zahl von neuen Attien ausdrückt;

Daß dieser Vertrag keine Vereinbarung enthält, welche einen Kauf, einen Tausch oder eine Hingabe an Zahlungsstatt darstellt;

J. E., daß die Gründe für das Gegentheil, welche das Landgericht zu Cöln in dem gegenwärtig durch Berufung angegriffenen Urtheil, sowie in der in diesem Urtheil bezogenen Reihe von anderen ausführlicher motivirten Urtheilen aufgestellt hat, sich in den Erkenntnissen hiesiger Stelle vom 14. März 1874*), welche den hier streitenden Parteien bekannt und von ihnen bei Verhandlung dieser Sache besprochen sind, eingehend widerlegt finden;

Daß diese Widerlegung sich auch auf die Ausführungen der damals von der Appellatin bei hiesiger Stelle produzirten, für sie günstig lautenden Erkenntnisse anderer Gerichte erstreckt, deren geltend gemachte Anzahl um so weniger geeignet ist, ihr Gewicht zu verstärken, als bei ihnen auffällig ist, daß die Gründe des einen Theils dieser Urtheile mit den Gründen des andern Theils nicht vereinbar sind, indem beispielsweise das

*) Archiv Bd. 65. I. 234.

eine Gericht die Werthstempelpflichtigkeit darauf baut, daß die Aktiengesellschaft den Aktionären ihre Einlage mit den Aktien bezahle, während das andere Gericht sich darauf stüßt, daß die Aktionäre an die Aktiengesellschaft die Aktien mit ihren Einlagen bezahle;

Daß, wenn man aus den bei Verhandlung gegenwärtiger Sache von der Appellatin produzirten neuerlichen Erkenntnissen anderer Gerichtshöfe schließen darf, die Deductionen, in welchen bei dieser Frage mit der Aktie als einem Preise operirt wird, nachgerade aufgegeben zu werden scheinen, indem in der That dabei das Wesen der Aktie, wie der Einlage verkannt ist und außerdem auch noch das Stempelgesetz selbst bei Seite gesezt ist, dessen Tarif: v. Aktie besagt: Aktien werden mit 1/12 Prozent desjenigen Betrages bestempelt, bis auf welchen die Aktien-Inhaber durch die ihm ertheilte Aktie zur Theilnahme an den Einlagen und Zubußen verpflichtet werde, wonach also die Uebereinkunft und Verpflichtung, welche das Ertheilen und das Empfangen der Aktien zum Gegenstand hat, in der Urkunde der Aktie bestempelt wird und daher nicht auch noch als Kauf oder Tausch oder Hingabe an Zahlungsstatt dar gestellt werden kann, um nochmals als solche bestempelt zu werden, und wobei denn beiläufig noch recht evident erhellt, wie hinfällig es ist, wenn das oft citirte Rescript vom 12. August 1871, auf dem Wort: gewähren der Aktie basirt, dessen sich das Handelsgesetzbuch statt des in dem Stempelgesetz gebrauchten Wortes: Ertheilen der Aktie bedient hat, und welcher in dem Handelsgesetzbuch offenbar als ein anscheinend eleganterer Ausdruck gewählt ist;

J. E., daß hier noch auf die Begründung der von der Appellatin jetzt producirten Erkenntnisse aus neuester Zeit, welche den Gesichtspunkt der Hingabe an Zahlungsstatt ver folgen, näher eingegangen werden soll, wenn sich auch dabei die Ausführungen der hiesigen Urtheile vom 14. März 1874 theilweise wiederholen möchten;

J. E., daß die Cabinetsordre vom 13. November 1828, indem sie die Verträge über Hingabe an Zahlungsstatt in Berücksichtigung des Gesezes, (§. 242 Tit. 16 Theil I. des Landrechts) der Stempelsteuer vom Kaufwerth unterwirft, darunter offenbar das Geschäft der Hingabe an Zahlungsstatt in seinem bestimmten landrechtlichen Rechtsbegriff versteht und verstanden wissen will;

« PreviousContinue »