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Südsee eine wünschenswerthe Bereicherung erfahren; erhebliche Kapitalien beginnen auch hier die Ausbeute intensiver in Angriff zu nehmen.

9. Deutschland arbeitet zur Zeit an seinem ersten überseeischen Kabel nach Amerika.

10. Lassen sich auch die Erhebungen über die überseeischen Kapitalinteressen Deutschlands des Jahres 1897/98, die Anlagewerthe von 71, Milliarden ergaben, nicht bereits in erneuter Form wiedergeben, so steht fest, daß auch hier Vergrößerungen der Interessenkreise stattgefunden haben, namentlich in der Türkei und Kleinasien, in Afrika und Ostasien.

Es ist eine rapide angewachsene Menge von Interessen, welche Deutschland auf der See zu schüßen hat, und schneller mehren sie sich als die Seeinteressen fremder Staaten. Damit steigen auch die Gefahren, welche Angriff oder Bedrohung bringen. Immer verhängnißvoller aber für die deutsche Volkswirthschaft würde es werden, wenn der Versuch eines Angriffs mächtiger anderer Staaten mit der Möglichkeit eines Erfolges auf die Dauer rechnen könnte. In einer Periode ansteigender innerer Entwickelung und des Aufschwunges haben die deutschen Seeinteressen eine raschere Vermehrung erfahren als der äußere Landverkehr mit den Nachbarstaaten. Mehr als je sind sie zu einem integrirenden Bestandtheil der ganzen deutschen Volkswirthschaft geworden. Für die Zukunft wird mit einem noch stärkeren Hervortreten derselben zu rechnen sein.

Dieser ungeahnt rasche Aufschwung aber bringt gesteigerte Verantwortlichkeiten und gesteigerte Anforderungen an die Schußvorkehrungen mit sich, entsprechend dem Umfange der zu schüßenden Interessen und der Angriffskraft etwaiger Widersacher.

I. Theil.

Die Bevölkerungsbewegung.

I. Die Vermehrung der Bevölkerung im Allgemeinen. Die Zunahme der Bevölkerung des Deutschen Reiches hat sich in den letzten Jahren mit steigender Geschwindigkeit vollzogen. Die Einwohnerzahl des Reichs betrug rund:

41 Millionen,

Jahresmitte
1871

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Von 1881/90 hat sich die Bevölkerung um 4 Millionen = 9 Prozent, von 1890/99 aber um 5,8 Millionen 12 Prozent vermehrt; die Gesammt= zunahme seit der Gründung des Reiches beträgt 14 Millionen 34 Prozent. Die jährliche Bevölkerungszunahme betrug im Durchschnitt der Jahre

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1894/98

1898/99

1,4 Prozent,
1,5

Sie war also am weitaus größten im Jahr fünft von 1894/99. Vergleicht man damit die Volksvermehrung in den anderen europäischen Großstaaten, so findet man, daß sich die Einwohnerzahl des europäischen Rußland von 1870 bis 1897 von 73,50 auf 106,16 Millionen, also um 44 Prozent, erhöht hat. Alle übrigen Großstaaten sind dagegen relativ und absolut hinter Deutschland zurückgeblieben. Großbritannien und Irland zählte bei der Volkszählung von 1871 31,63 Millionen, bei der von 1891 37,89 Millionen und nach amtlichen statistischen Berechnungen Mitte 1898 40,19 Millionen Bewohner; die relative Zunahme seit 1871 belief sich danach bis 1891 auf 20, bis 1898 auf 27 Prozent. Desterreich-Ungarn hatte Ende 1869 35,9 Millionen Einwohner, die sich bis zur Zählung von 1890 auf 41,36 Millionen, um 15 Prozent, und bis Ende 1897 auf 44,3 Millionen, also im Ganzen um 23 Prozent, vermehrten. Noch geringer war die Volkszunahme in Italien, wo 1871 26,8, 1890 30, und Ende 1898 31,67 Millionen Bewohner gezählt wurden, was einer Steigerung um 12,5 Prozent (bis 1890) bezw. um 14,4 Prozent (bis 1898) entspricht. An letter Stelle steht Frank reich, das 1872 36,10 Millionen, 1890 38,34, 1896 38,5 und Ende 1898 höchstens 38,8 Millionen Einwohner hatte; die Volkszunahme betrug also zwischen 1872 und 1890 nur 6, zwischen 1872 und 1898 nur 7 Prozent.

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Im lezten Dezennium (1890/99) steht also das Deutsche Reich mit einer relativen Zunahme von 12 Prozent an der Spize. An zweiter Stelle steht Rußland, das sich von 1890/97 um 8,5 Prozent vergrößert hat, mit einer wahrscheinlichen Zunahme von 11 Prozent im gedachten Zeitraum. Alsdann folgen:

Großbritannien
Oesterreich-Ungarn

Italien
Frankreich

mit 7 Prozent,

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II. Die natürliche Volksvermehrung.

Die große Zunahme der Bevölkerung im Deutschen Reich geht in erster Linie auf die natürliche Bevölkerungsvermehrung, den schnell steigenden Ueberschuß der Geburten über die Sterbefälle, in zweiter Linie auf die bedeutende Abnahme der Auswanderung zurück.

Der wachsende Geburtenüberschuß ist das Resultat eines ständigen Rückgangs der Sterbeziffer, nicht etwa einer Steigerung der Geburtenziffer, die im Gegentheil von 39,, pro Mille1) im Durchschnitt 1871/80 auf 36,2 in 1891/98 gesunken ist; für 1894/98 stellt sie sich auf 36,,. Wesentlich schneller aber ist die Sterbeziffer gesunken; sie betrug in 1871/80; 27,2 pro Mille, 1891/98: 22,4, 1894/98: 21,5. Der Geburtenüberschuß belief sich demnach für 1871/80 auf 11,, pro Mille, für 1891/98 auf 13,8, und für die lezten fünf Jahre im Einzelnen auf:

1894: 13,6

1895: 13,9

1896: 15,4 14,6-
1897: 14,7

1898:

15,6

1) Nach Abzug der Todtgeburten.

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Das Deutsche Reich hat also in den 5 Jahren 1894/98 einen Geburtenüberschuß von beinahe 4 Millionen gehabt. Der durchschnittliche jährliche Ueberschuß im gedachten Zeitraum war um 50 Prozent höher als im Dezennium 1871/80, in den Jahren 1896/98 sogar um beinahe 60 Prozent.

Vergleicht man damit die Bevölkerungsbewegung in den anderen Großstaaten, so kommt man zu folgenden Ergebnissen :

Der jährliche Geburtenüberschuß betrug im Durchschnitt der Jahre

pro Mille
14,6

1894/98

absolute Zahlen

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1,2

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Für das europäische Rußland, einschließlich Polens, ergab sich für die 5 Jahre 1889/93 ein durchschnittlicher Geburtenüberschuß von 12 pro Mille. Neuere zuverlässige Zahlen liegen nicht vor.

Deutschland hat also unter den aufgeführten Groß staaten den größten Geburtenüberschuß aufzuweisen. Auch unter den kleineren europäischen Staaten ist es, wie die folgende Tabelle zeigt, nur Holland, das im fünfjährigen Zeitraum von 1894/98 mit 14,, pro Mille eine etwas stärkere natürliche Volksvermehrung erfahren hat als das Deutsche Reich, hinter dem alle übrigen Staaten weit zurückstehen.

Geburten und Sterbefälle in einer Reihe wichtigerer Länder.

Großbritannien

Oesterreich-Ungarn

Italien.

Frankreich

Ge

Geburten

burten (ausschließlich der Todtgeborenen)

18

94
98

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1893 1894 1895 1896 1897 1898 bez. 1893 1894 1895 1896 1897 1898

über

schuß

1894-98
bezw.
1893-97

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11,5

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10,8

40,5 39,3 37,8 39,6 39,2

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39,8
35,0
22,1

28,9

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༄།།།།ཅི||

32,7 32,8 32,7 32,5 31,7 32,5 30,7 29,8 30,630,430,0

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18,5 18,6 17,2 16, 16, 17, 16,9 15,7 15,, 15,4 159 17,5 16,9 15,7 16,6 16,0 16,5 32,7 28,5 29,930,4 27,329,$ 16,8 16,4 15,2 15,6 15,s 15,9 20,8 18,6 19,5 17,5 17,1 18,

30,3 16,8
30,2 30,2 30,5 29,9 31,1 30,4
42,0 43,5 41,8 44,0 37,8 41,8
11,2
27,4 27,1 27,5 27,2 26,5
10,4 29,5 29,0 28,5 29,0 28,9
9,8

27,1

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29,0

|29,2 |28,0 29,0 29,229,5 || 28,8

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| 20,7|| 19,7 | 18,4 | 18,s | 18,9|19,

Troß der hohen deutschen Geburtsziffer und der dadurch bedingten größeren Kindersterblichkeit ist die deutsche Sterbeziffer von 1894/98 (21,, pro Mille) nur wenig über die französische Sterbeziffer (20,, pro Mille) hinausgegangen. Im Jahre 1898 hatte das Deutsche Reich mit 20, pro Mille sogar eine geringere relative Sterblichkeit als Frankreich (21,2 pro Mille). Im selben Jahre war in Deutschland der Geburtenüberschuß (846 871) zum ersten Mal größer als in Frankreich die Zahl der Geburten überhaupt (843 933).

Nichts ist ein besserer Gradmesser der Entfaltung der deutschen Volkskraft als diese auf durchaus gesunder Basis beruhende starke Volksvermehrung. Die Zahl der Geburten auf je 1000 Einwohner ist nur unerheblich zurückgegangen und wird nur von wenigen Staaten übertroffen. Gleichzeitig ist die Sterblichkeitsziffer rapid gesunken, was unzweifelhaft der Hebung der allgemeinen Lebenshaltung und der Einwirkung der sozialpolitischen Gesetzgebung zu danken ist.

III. Auswanderung und Einwanderung.

Eine nicht minder beachtenswerthe Erscheinung als der zunehmende Geburtenüberschuß ist die ständig abnehmende überseeische Auswanderung, die ihr Maximum im Jahrfünft 1881/85 mit durchschnittlich jährlich 171 368 Personen erreicht hatte, während sie sich für 1894/96 nur auf jährlich 37 425 Personen stellte; 1897 wanderten nur 24,631, 1898 sogar nur 20 837 Deutsche1) über See aus.

Während die Auswanderung im Zeitraum von 1881/90 24 Prozent des Geburtenüberschusses fortführte, betrug dieser Verlust in den fünf Jahren 1894/98 nur 4 Prozent, in den Jahren 1896/98 sogar nur 3 Prozent. Von je 1000 Deutschen wanderten 1881/85 4,3, 1891/95 1,8, 1896/98 aber nur 0,5 in überseeische Länder aus. Soweit sich die nicht statistisch festgestellte europä= ische Wanderung übersehen läßt, muß es als wahrscheinlich bezeichnet werden, daß Deutschland in den letzten Jahren mehr Einwanderer aus europäischen Staaten empfangen, als an andere europäische Länder Auswanderer abgegeben hat, sodaß die Wanderbewegung die aus dem Geburtenüberschuß entspringende Bevölkerungszunahme kaum verringert haben dürfte.

Was das Reiseziel der überseeischen Auswanderer betrifft, so geht noch immer der größte Theil der Auswanderer nach den Vereinigten Staaten; doch hat die früher konstatirte Tendenz eines stärkeren Hervortretens der Auswanderung nach Südamerika und nach anderen Erdtheilen auch in den beiden Jahren 1897 und 1898 angehalten.

Für andere europäische Staaten liegen folgende Zahlen über die Auswanderung vor: Die Zahl der Auswanderer aus Großbritannien und Irlandstellt sich von 1894/98 im Jahresdurchschnitt auf 12 Prozent, aus DesterreichUngarn von 1893/97 auf 11 Prozent des Geburtenüberschusses, während die Zahl der Auswanderer aus Italien 1894/98 ungefähr die Hälfte der natürlichen Volksvermehrung erreichte.

Unter den kleineren europäischen Staaten standen ebenfalls die romanischen Länder, Spanien und Portugal, obenan; Portugal verlor von 1892/96

Jedoch ohne die Auswanderung über Havre und andere französische Häfen, die vermuthlich aber nur 2 bis 3000 Personen umfaßte. - 1899 ist die Auswanderung übrigens wieder um einige Tausend Köpfe gestiegen.

70 Prozent des Geburtenüberschusses durch Auswanderung, während in Spanien die Zahl der Auswanderer den Geburtenüberschuß noch überstieg. Schweden und Norwegen andererseits gaben von 1893/97 24 bezw. 28 Prozent, die Schweiz (1894/98) 9,5 Prozent, die Niederlande aber nur 2,, Prozent an das Ausland ab, während bei Belgien die Einwanderung größer war als die Auswanderung.

Abgesehen von Holland und Belgien hatten also alle aufgeführten europäischen Staaten in den letzten Jahren im Verhältniß zur natürlichen Volksvermehrung eine wesentlich größere Auswanderung als Deutschland.

Für die weiter unten mit zahlreichen anderen Materialien belegte fortgesezte günstige Entwickelung des Wohlstandes im Deutschen Reich, sowohl absolut als im Vergleich mit anderen Ländern, bieten die vorstehenden Daten einen besonders bedeutungsvollen Beweis.

II. Theil.

Der Außenhandel, speziell der Seehandel.

I. Die Entwickelung des deutschen Außenhandels im
Allgemeinen.

Die Denkschrift über die Seeinteressen des Deutschen Reichs" hat die Entwickelung des deutschen Handels und die Eigenarten der deutschen Handelsstatistik bis zum Jahre 1896 eingehend dargestellt. Zum Verständniß der seitherigen Entwickelung ist jedoch ein Zurückgreifen auf einen Theil der früher beigebrachten Materialien erforderlich. Da aber eine vergleichende statistische Darstellung sich unmöglich für zwei Jahre geben läßt, so ist als Ausgangspunkt der Betrachtung das Jahr 1894 gewählt worden, zumal da die Handelsentwickelung in dem Zeitraum von 1894/98 einen durchaus einheitlichen Charakter trägt eine schnelle ununterbrochene Steigerung, deren Tempo sich von Jahr zu Jahr beschleunigt hat.

Auf frühere Jahre ist nur gelegentlich, namentlich bei dem Vergleich mit dem Handel anderer Länder, zurückgegriffen worden; die Zahlen für 1899, die noch nicht endgültig festgestellt sind, werden nur zur Ergänzung mitgetheilt.

Besonders wichtig vom allgemeinen wirthschaftlichen Standpunkte ist die Entwickelung des Spezialhandels, der im Wesentlichen die Einfuhr der zum Konsum in Deutschland bestimmten Waaren und die Ausfuhr der in Deutschland selbst hergestellten Produkte umfaßt. Der Begriff des Spezialhandels ist seit 1897 etwas erweitert worden, da seitdem auch der Veredlungsverkehr, soweit er auf inländische Rechnung erfolgt, zum Spezialhandel gezogen worden ist. während er früher nur zum Gesammteigenhandel gerechnet wurde. Dadurch sind die Zahlen des Spezialhandels seit 1897 um etwa 40-50 Millionen erhöht worden; für die Gesammtzahlen des deutschen Handels ist diese Aenderung irrelevant, wenn sie auch für einzelne Artikel, namentlich für Reis, einen direkten Vergleich mit den Vorjahren unmöglich macht.

Von 1894/98 hat sich der Spezialhandel dem Gewicht und dem Werth nach folgendermaßen entwickelt:

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