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LITERATUR-ZEITUNG

VOM JAHRE

1 8 0 8

ERSTER BAN D.

(MIT EINEM TITELKUPFER.)

JANUAR bis APRIL.

HALLE,

in der Expedition diefer Zeitung,

und LEIPZIG,

in der Königl. Sächf. privil. Zeitungs. Expeditiou.

MUTA

Die nähere Befchreibung des Titelkupfers fehe man Intell. Bl. 1807. Nr. 98. und A. L. Z. 1808. Nr. 48.~

BODI

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ALLGEMEINE

LITERATUR-ZEITUNG

Montags, den 4. Januar 1808.

WISSENSCHAFTLICHE WERKE.

REISEBESCHREIBUNGEN.

PARIS, b. Thurneyfen Sohn: Voyage dans les dépar. temens du midi de la France, par A. L. Millin. 1807. 2 Tomes. XII. 548 u. 600 S. 8. m. Kpfrn. in einem befondern Atlas in gr. 4.

W

enn ein des Alterthums fo kundiger und in jeglicher Hinficht gelehrter und achtungswerther Mann, wie Hr. Millin, feine Gefundheit durch eine gelehrte Entdeckungsreife herftellen will, wenn er, der gerade noch vor den heftigften Ausbrüchen des Revolutions-Vandalismus durch fein treffliches Werk: Antiquités nationales, in 5 Quartbänden die köftlichften Ueberreste altfranzöfifcher Kunft, die bald darauf gröfstentheils zerstört wurde, wenigftens noch in treuer Abbildung erhielt, nun auch diefe Reife vorzüglich auf Unterfuchung und Erhaltung altrömischer und gallifcher Alterthümer im füdlichen und öftlichen Frankreich berechnet, und in allem diefem den ihm von Amts wegen zukommenden schönen Titel: Confervateur, in einem noch ausgedehnterem Sinn zu verdienen fuchte, und uns die gewonnenen Schätze edel und uneigennützig mittheilt: fo mufs es ihm der ganze Gelehrtenftaat aufrichtig danken, und eins feiner Glieder mit diefem Sinne das Wichtigste des Buches ausheben, damit zu allgemeiner Wiffenfchaft gelange, was nach des Werkes Umfang oder Koftbarkeit nicht von jedem durch fich felbft in Erfahrung gebracht werden kann. Wir überlaffen einer andern Anzeige von der Fülle neuerer ftatistischen Kenntniffe, und fo vielen fchönen Beyträgen zur Länder und Städtekunde Proben zu geben; hier foll blofs auf das Antiquarifche Rücklicht genommen werden, welches überdiefs Millin's erfter Zweck war, und von ihm mit unendlicher Sorgfalt, unermüdlich, fleifsig, gelehrt und fcharffinnig behandelt wor

den ift.

Corbeil. Diefer Ort lag dem grofsen RevolutionsVulkan noch zu nahe. Da find alle wichtige, oft befchriebene (S. 21. Not. 2.) Alterthüner zerstört. Zu Sens fehenswerth: eine antike Grab-Urne von Marmor (Taf. 1. f. 1.) und ein Diptychon mit der Litur gie des Narrenfeftes (Taf. 2. u. 3.), und zwar ein Blatt mit den Triumphe des indifchen Bacchus nach Hn. Millins Erklärung, der hier als Sonne (warum? f. S. 65.) aus dem Waffer fährt, das andere von regelloferer Erfindung mit der Diana, wie fie als Mond

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aus den Wellen fteigt, beide aber felten wegen ihrer mythologischen Darftellung. Hr. M. hatte diefe zwey Diptychen - Blätter auch im letzten Cahier feiner No. numens inédits T.11. pl. 50. 51. abgebildet und erklärt. Es wundert uns, dafs er die natürliche Idee nicht auffafste, dafs der Erfinder oder vielmehr Zusammenftoppler diefer mythologischen Vorftellungen auf zwey Tafein, auf der einen das Reich des Tages, auf der andern das der Nacht, beiderfeits fo vorftellt, dafs er in drey Planen zeigte, was bey Tag und bey Nacht im Himmel, auf der Erde und auf dem Meere vorgehe. In der Mitte beider Tafeln ift der Himmel. Da fährt der bärtige (aber keineswegs der indifche, der erfcheint nie nackend) Bacchus, von feinem geliebten Knaben, dem Ampelus, unterstützt (an Pan ift wohl fchwerlich zu denken), von Centauren gezogen im himmlifchen Triumph. Diefe Luftregion wird auf der einen Seite vom Lande eingefchloffen. Das ift der oberfte Plan der Tafel, wo eben Weinlefe gehalten wird. Auf der andern Seite ift das Meer. Da fährt Neptun mit feiner Amphitrite fpazieren. Aber der Triumphwagen des Bacchus fteigt keineswegs aus dem Meer empor, und fo fällt auch die Allegorie, wo Bacchus die aus dem Meer aufgehende Sonne feyn foll, hier wenigftens weg. Man mufs fich nur nicht durch die auf fo engen Raum in einander gefchobenen Figuren irre machen laffen. Noch deutlicher wird das auf der zweyten Tafel, das Reich der Nacht vorstellend. Da fährt Diana - Luna auf ihrem Stiergespann (alfo Taugoróλos, diefs foll wohl das verftümmelte Wort Tauropus S. 68. bedeuten) am Himmel auf den mittelften Plan. Oben ift die Erde. Da waltet Venus in ihrer Mufchel über zwey gaftlich liegende, zum Genuffe gerüftete Mädchen, wie das in der Nacht zu gefchehn pflegt. Unten ift wieder das perfonificirte Meer, mit Meergefchöpfen umwimmelt. Die zwey Genien vorn am Wagen der Diana Owocos ift der Traumgott (Phantafus) und der Schlafgott mit feinem Horn voll Mohnfaft, wovon Döring de imagine Somni p. 20. alle Stellen gefammelt hat. Dann vier Basreliefs am Grabe des Kanzlers Duprat (Taf. 5-8.) von unbekannter Hand, 1) wie er in der Kanzley fitzt, 2) wie er als Kardinal und Legat Clemens VII. in Paris einzieht, 3) wie er im J. 1532. fein Concilium hält, das in den Sammlungen übergangen, 4) wie er nach feinem Tod feyerlich als Erzbischof zu Sens eingebracht wird. Ferner ein Madonnenbild, merkwürdig durch feine Basreliefs (Taf. 1. f. 2.; eine Infchrift aus dem Mittelalter (S. 86.); ein Kiftchen von

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