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bücher, und auf ältere wie neuere Landkarten. Selbst im Interesse der Schifffahrt, welchem Bedürfniß doch sonst in ähnlichen Fällen durch Englands Fürsorge gewöhnlich bald abgeholfen worden, fehlte es bis auf die neueste Zeit an genauen Aufnahmen und Vermessungen eines großen Theils der ausgedehnten Küsten CentralAmerika's an beiden Meeren. Einzelne weite Bezirke im Innern sind noch jezt vollkommene terra incognita, und warten erweislich seit der Entdeckung des Welttheils noch auf ihren ersten europäischen Erforscher. Die Bewohner des Landes aber gestehen selbst, daß fie noch weniger von ihrem eigenen Lande wissen als die Fremden. Dem Forschungstriebe weniger einzelner nordamerikanischer und englischer Reisenden, und einigen früheren verunglückten europäischen Ansiedelungsversuchen an den atlantischen Küsten, verdankt man eigentlich alle neueren sicheren Nachrichten über Central Amerika.

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Giebt es nun freilich auch noch manche andere, ähnlichen Bedingungen unterliegende, eben so unbekannte Länder, sowohl in Amerika als auf den übrigen Theilen der Erde, so besteht das eigenthümliche des vorliegenden Falles darin, daß Central-Amerika, auch ganz abgesehen von den sogleich zu erwähnenden besonderen Tagesund Civilisations-Fragen, keineswegs etwa ein dem gebildeten Reisenden wenig Interessantes der Naturerscheinung bietendes, schwer zugängliches Land ist, sondern grade im Gegentheil, von der Natur auf das reichste ausgestattet, vom schönsten Klima begünstigt, leicht zugänglich erscheint. Es möchte schwerlich ein Land zu nennen sein, das in so mäßigen Grenzen eingeschloffen eine solche Mannigfaltigkeit von Naturschönheiten aufweisen kann, als die fünf Staaten Centro-Amerika's in ihren Gebirgen, Hochebenen und Thälern, mit den zahlreichen Flüssen und Seen, an der einen Küste mit einer Reihe von einigen dreißig, bis 15000 Fuß hohen Vulkanen, an der andern Küste bis dicht an das Meer mit Wiesengründen und waldbewachsenen Anhöhen. Bietet das Land aber für den gewöhnlichen Touristen die reichsten Naturgenüsse, so ist für den wissenschaftlichen

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Reisenden eine noch reichere Ausbeute hier zu finden. Der Geognoft, der Botaniker, der Zoologe findet hier fast überall einen noch jungfräulichen, nie vor ihm betretenen und erforschten Boden für seine Untersuchungen; und selbst auf den Archäologen und Kunstkenner warten in verlassenen Bergen und Thälern noch interessante Monumente verschiedener Zeiten und untergegangener Civilisationen. Auch für den Ethnologen bietet die jezige Bevölkerung des Landes durch eine wohl nirgends sonst vorkommende Fusion der verschiedenen Racen ein Feld der Beobachtung dar. Neben dieser gemischten Bevölkerung der Städte und deren näherer Umgebung findet man zugleich in den Bergen und Wäldern noch zahlreiche Indianerstämme, die sich völlig unvermischt erhalten haben; wahrscheinlich auch noch ein, seit der spanischen Eroberung des Landes noch nie mit europäischer Civilisation in Berührung gekommenes Volk. Alles dieses findet man endlich, nicht etwa wie in den noch unzugänglicheren Theilen Südamerika's über unermeßlich scheinende Entfernungen verbreitet, sondern in einer mäßigen räumlichen Ausdehnung des Landes, und oft in unmittelbarster Nähe der Meeresfüfte der wohnlichen Städte und einzelner cultivirter Bezirke.

Die zulässigen Entschuldigungsgründe für die bisher stattgefundene Nichtbeachtung sind aber in dem Mangel der geregelten Handels- und Verkehrs - Verbindungen mit Europa, in den, mit kurzen Unterbrechungen fortwährend unsicheren, die Fremden gefährdenden politischen Zuständen, und in den mehr eingebildeten als wirklichen Gefahren des Klimas zu suchen.

Die aus der ungesunden Beschaffenheit der meisten verwilderten Küstengegenden, namentlich der atlantischen, während eines Theils des Jahrs für Reisende allerdings noch vorhandenen Gefahren fallen jedoch mehr dem, an diesen wahrhaft unwirthbaren Küsten stattfindenden Mangel an allen gewohnten Nahrungsmitteln und Bequemlichkeiten des Lebens zur Last als dem Klima selbst; auch haben die ersten schwachen und vereinzelten Versuche schon erwiesen,

Centro-Amerika.

Nach

den gegenwärtigen Zuständen des Landes und Volkes, in Beziehung auf die Verbindung der beiden Oceane, und im Interesse der deutschen Auswanderung bearbeitet

von

C. F. Reichardt.

Mit 1 General- und 3 Special-Karten.

Braunschweig,

Druck und Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn.

1 8 5 1.

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