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nischen Mönche den Besiß der heiligen Orte zu reclamiren, welche Artikel 33 der Capitulation von 1740 ihnen gewährleistet hat. Diese heiligen Orte sind: Die große Kirche von Bethlehem, das Heiligthum der Geburt, mit dem Recht dort einen neuen Stern aufzustellen, die Tapeten der Grotte zu ändern, überhaupt daselbst wie die ausschließlichen Besitzer zu verfahren, das Grab der heiligen Jungfrau, der Stein der Salbung, die sieben Gewölbe der heiligen Jungfrau in der Kirche des heiligen Grabes.

Die französische Regierung reclamirt noch für die Franken-Mönche das Recht die Kuppel der Kirche zum heiligen Grabe auszubessern; und endlich verlangt sie, daß in leztgenannter Kirche alles wieder in den Zustand gebracht werde, wie es vor dem Brand von 1808 war. Sie wird mehr als genügend beweisen, daß die Heiligthümer und die aufgezählten Rechte auf dieselben den lateinischen Mönchen 1740 gehörten.

Die Offenheit und der Muth, mit welcher die hohe Pforte die Bahnen der moralischen Verbesserung und der Civilisation eingeschlagen hat; die Zustimmung, welche sie durch ihre weise und gemäßigte Haltung den großen Prinzipien des Europäischen öffentlichen Rechts gegeben hat, gewähren der französischen Regierung die feste Ueberzeugung, daß sie in dieser Angelegenheit nicht umsonst den ehrlichen Sinn und den Geist der Billigkeit der Regierung Sr. kaiserlichen Majestät anrufen wird; und daß sie einen neuen Beweis davon durch ihre Achtung vor den Verbindlichkeiten geben wird, deren Ausführung Frankreich beansprucht.

Sie wird dauernd auf diese Weise immer von Neuem auftauchenden Schwierigkeiten und unaufhörlichen Reclamationen ein Ziel sehen, die es gewiß ihre Absicht nicht ist, verewigen zu wollen.

III.

Capitulationen zwischen der Pforte und Frankreich vom Jahre 1740.

Art. XXXIII. Die französischen Mönche, welche nach alter Gewohnheit, innerhalb und außerhalb von Jerusalem, in der Kirche zum H. Grabe, Kamana genannt, wohnen, sollen im Besiß der Wallfahrtsorte bleiben, die sie haben, in derselben Weise wie sie dieselben früher beseffen haben; niemand soll sie beunruhigen und sollen sie auch nicht durch Forderungen von Abgaben belästigt werden. Und wenn sie einen Prozeß haben sollten, der nicht an Ort und Stelle entschieden werden kann, so soll er an unsere hohe Pforte eingesandt werden.

IV.

Note des Herrn v. Klezl an Aali Pascha.

Konstantinopel, 3. Februar 1851.

Der Unterzeichnete, Geschäftsträger Sr. k. k. apostolischen Majestät bei der hohen Pforte, hat von der kaiserlichen Regierung den Befehl erhalten, bei ihr die Reklamationen der lateinischen Mönche in Palestina zu unterstüßen, welche dahin zielen, die Rechte auf die heiligen Orte und die Privilegien, deren sie nach und nach beraubt worden sind, wieder geltend zu machen.

Nachdem die kaiserliche Regierung mit Sorgfalt die Thatsachen und Materialien geprüft hat, welche geeignet waren Licht über den Gegenstand jener Res clamationen zu verbreiten, hat sie die Überzeugung gewonnen, daß die Latei

nischen Mönche in ihrem guten Rechte waren. Demzufolge hat sie nicht einen Augenblick zögern können, denselben ihren Beistand zu leihen, in ihrer Eigenschaft als eine Macht welche durch ihre Verträge mit der hohen Pforte berufen ist, den katholischen Cultus in dem türkischen Reiche zu schüßen.

Kraft des Artikel XIII des Friedens-Vertrags von Carlowiß und Passarowis, Art. IX des Vertrags von Belgrad und Art. XII des Vertrages von Sistowo, welche, wie der hohen Pforte bekannt ist, besondere Stipulationen zu Gunsten der Mönche des heiligen Landes enthalten, empfiehlt demnach der Unterzeichnete den fraglichen Gegenstand der ganz besonderen Aufmerksamkeit Sr. Ercellenz Aali Paschas, Ministers der auswärtigen Angelegenheiten Sr. Majestät des Sultans, wie es bereits der Gesandte und Bevollmächtigte Minister Frankreichs durch die Note gethan hat, welche er zu demselben Zwecke an die hohe Pforte gerichtet hat und von der er die Güte gehabt hat den Unterzeichneten in Kenntniß zu sehen.

Der Ottomanische Minister wird, indem er die Frage unpartheiisch beurtheilt, in der Forderung der lateinischen Mönche, welche jetzt von den katholischen Mächten unterstützt wird, nichts anderes sehen können, als die Wiedergeltendmachung eines Rechts, das ebenso unbestreitbar ist als es lange Zeit völlig unbeachtet geblieben. Es ist offenbar, daß gerade die Natur der Verbindlichkeiten, welche in dieser Beziehung die hohe Pferte eingegangen hat, denjenigen Acten, welche später als jene Verbindlichkeiten erfolgt sind und nicht gemeinschaftliche Zustimmung erhalten haben, den Charakter der Gefeßlichkeit vollständig nimmt.

Noch mehr aber, die lateinischen Mönche haben nicht unterlassen jedesmal förmliche Rechtsverwahrung einzulegen, wenn zu ihrem Nachtheil Usurpationen geübt wurden, wie es sich aus den authentischen Informationen ergiebt, welche sich das kaiserliche Cabinet verschafft hat.

Bei dieser Sachlage meint die kaiserlich Östreichische Regierung, daß das einfachste und zugleich wirksamste Mittel, um zu einer befriedigenden Lösung zu gelangen, das wäre, einer gemischten Commission aufzutragen, daß sie, vor Allem, den Besißstand der Lateiner im Jahre 1740 feststelle, zu welcher Zeit der Genuß der Heiligthümer, welche sich damals in ihren Händen befanden, ihnen durch feierliche Verpflichtungen bestätigt wurde.

Der Unterzeichnete glaubt mit vollem Vertrauen auf die Weisheit und den Geist der Billigkeit der hohen Pforte die Hoffnung aussprechen zu können, daß die für diesen Gegenstand eines allgemeinen Interesses gemachten Anstrengun gen zu einem der Gerechtigkeit entsprechenden Resultat führen werden.

V.

Depesche Sir Stratford Cannings an Viscount Palmerston.
Therapia, den 5. November 1851.

Auszug aus einem Bericht, welcher der Depesche beigefügt ist.

Er (Hr. v. Titoff) fügte ferner hinzu, daß er sehr deutlich die Absicht der Pforte sähe, das Protectorat Frankreichs in dieser Angelegenheit anzunehmen. Auf diese Bemerkung des Hrn. v. Titoff erwiederte Aali Pascha, daß der russische Gesandte im Irthum sei, weil, indem die Mönche, um welche es sich handle, fremde Unterthanen und nicht Rajahs der hohen Pforte wären, das Protectorat Frankreichs eigentlich mehr andere auswärtige Mächte beträfe als die Pforte. Hr. v. Titoff schien zu fühlen, daß seine letzte Bemerkung durchaus nicht am Plaß gewesen war, aber zu spät.

VI.

Note Aali Paschas an Hrn. von Lavalette.

9. Februar 1852.

Die hohe Pforte hat mit größter Sorgfalt und ernstester Aufmerksamkeit die Frage untersucht, welche bezüglich einiger heiligen Stätten, sowohl innerhalb als außerhalb der Stadt Jerusalem, von dem französischen Gouvernement erhoben worden ist.

Die hohe Pforte, indem sie eifrig bemüht ist, ihre Verträge mit den befreundeten Mächten unversehrt aufrecht zu halten, sucht auch natürlicher Weise in ihrem ganzen Umfange die Rechte und Concessionen zu erhalten, welche die alten Sultane den Unterthanen des Reichs gegeben haben; und darum in Vermittelung des einen dieser wesentlichen Momente mit dem andern, werden das Grab welches sich in der Kirche zum heiligen Grabe befindet, die Hadjir el Moughtesis und die Hallen zur Stunde ohne Hinderniß besucht und befinden sich die beiden zu dem fränkischen Kloster gehörigen Gärten, wie es seit alter Zeit festgesetzt ist, unter der Aufsicht beider Parteien. Aber man hat in den Fermanen nicht die mindeste Andeutung von solchen Dingen finden können, wie von einem Platz in dem Innern der Hadjir el Moughtesis, noch einem Play, genannt Tahomel-actique noch von Magazinen, welche sich dort finden sollen, und es ist demnach kein Grund darüber zu streiten.

Die Grotte der heiligen Krippe ist jetzt ein Ort der von den verschiedenen christlichen Nationen besucht wird, und es ist seit sehr alter Zeit festgesetzt, daß ein Schlüssel zur Thür auf der Nordseite der Kirche zu Bethlehem, ein Schlüssel zur Thür auf der Südseite derselben Kirche und ein Schlüssel zur genannten Grotte sich auch in den Händen der lateinischen Geistlichen befinden sollen. Wenn daher diese Schlüssel nicht im Befit der Lateiner sind, so soll ihnen ein Schlüssel zu jeder der drei Thüren gegeben werden, womit sie dieselben wie früher besigen.

Was die Frage des Grabes der Jungfrau Maria betrifft, so ist die Unmöglichkeit, hinsichtlich dieses Punktes ein Urtheil zu fällen, nach den angestellten Untersuchungen klar hervorgetreten. Jedenfalls ist es nicht gestattet, eine Menge Ottomanischer Unterthanen, welche sich zur katholischen Religion bekennen, des Rechts zu berauben, ihre Gebete an einem Orte wie dieser zu verrichten, der von allen Christen als ein heiliger und verehrungswürdiger Ort betrachtet wird. Die hohe Pforte hat folglich entschieden, daß die Lateinischen Geistlichen und die Ottomanischen Unterthanen kathol. Religion auch das Recht haben sollen, dort ihren Gottesdienst zu bestimmten Zeiten am heil. Grabe zu halten, wie diejenigen welche zur Griechischen, Armenischen, Syrischen und Coptischen Confeffion gehören, daselbst den ihrigen begehen; aber unter der Bedingung daß weder in der Verwaltung noch im gegenwärtigen Stand der Dinge irgend eine Aenderung vorgenommen werde. Ich beeile mich alles dieses nach dem Befehl Sr. Kaiserl. Majestät zur Ew. Exellenz Kenntniß zu bringen.

Ich brauche bei Er. Excellenz Weisheit nicht erst noch zu sagen, daß die hohe Pforte die gegründete Hoffnung hegt, daß die französische Regierung eine Entscheidung würdigen und annehmen wird, welche das Resultat des Wunsches der hohen Pforte ist, die freundschaftlichen Beziehungen mit Frankreich zu befestigen, sowie aller der Beachtung und Aufmerksamkeit, welche diese gewichtige Frage forderte. Ich ergreife 2c. 2c.

VII.

Auszug aus einer Depesche des Oberst Rose an Graf Malmesbury.
Therapia, den 20. November 1852.

-Die Lage der Pforte ist sehr ungünstig. Gegen alle ihre Wünsche und Interessen ist sie in einen sehr gefährlichen und schwierigen Streit zwischen den beiden Mächten hineingezogen worden, welche ihre Forderungen auf widersprechende Dokumente gründen, die aus alter und dunkler Zeit datiren. Die Pforte, eine Mohamedanische Macht, wird aufgerufen, einen Streit zu entscheiden, der scheinbar durch die religiösen Gefühle der christl. Confeffionen hervorgerufen, der aber in seinem Wesen ein Lebenskampf zwischen Rußland und Frankreich um politi schen Einfluß in dem Gebiet der Pforte, auf Kosten dieser selbst, ist.

Der Sultan foll Richter sein und diesen Streit entscheiden, aber weit ent fernt, richterliche Unabhängigkeit und Freiheit zu besißen, wird der Sultan gedrängt, vor seinen Unterthanen durch Drohungen herabgefeßt, gezwungen widersprechende und ehrwidrige Entscheidungen zu geben und dann der Perfidie von denen beschuldigt, die ihn dazu getrieben haben.

In dieser peinlichen Lage lud mich Fuad Effendi zu einer Besprechung ein über die, wie er sagte, sehr ernste Wendung, welche die Angelegenheit der heiligen Stätten genommen hatte.“

Sr. Excellenz erging sich ausführlich über alle Schwierigkeiten der Lage der Pforte. Er sagte:,,Frankreich, seinen Vertrag mit der Pforte in der Hand, forderte die Rechte auf die heiligen Stätten als durch den Vertrag den Lateinern bewilligt; d. i. eine völlige Aenderung des status quo. Die Pforte stand auf dem Punkt ihm Zugeständnisse zu machen, als der Kaiser von Rußland, vergangenes Jahr, in einem Briefe an den Sultan, von der Pforte das unbe dingte Festhalten am status quo forderte, indem er sagte, daß,,die Frage der heil. Stätten klar und bestimmt durch feierliche Verordnungen und souveräne Hatti-Scherifs entschieden sei". Hr. v. Titoff erklärte auch der Pforte, daß er mit seiner ganzen Gesandschaft Konstantinopel verlassen würde, wenn sie die geringste Abweichung vom status quo zuließe. Hr. v. Lavalette drohte die Dardanellen mit einer französischen Flotte zu blockiren, wenn die Pforte am status quo festhielte.

Der status quo wird mit russischen Drohungen vertheidigt und mit franzö fischen angegriffen. Diese beiden Mächte haben damals und später die Pforte in eine Kette von Täuschungen hineingetrieben, zum Nachtheil für die Freiheit ihres Entschlusses und für ihr Ansehn- und sie wird nun mit ihrer Rache bedroht, wenn sie nicht den Streit zur Erledigung bringt, welche sie selbst, durch ihre gegenseitigen Anfeindungen, unmöglich machen. Wenn Frankreich und Rußland auf diesem Wege beharren, jo liegt die einzige Aussicht der Rettung für uns darin, England anzurufen, daß es in unserem Interesse zwischen diesen beiden Mäch ten intervenirt und sie dazu bewegt einem ausführbaren Project zur Erledigung ihres Streits beizustimmen"".

VIII.

Auszug einer Depesche des Oberst Nose an Graf Malmesbury.

Pera, den 4. Dezember 1852. Mylord. Die Frage der heiligen Stätten scheint im ganzen sich günstiger zu gestalten, als zur Zeit, wo ich das lezte Mal die Ehre hatte an Ew. Lordschaft zu berichten.

Die Gegenstände der Discussion: die Veröffentlichung oder Vorlesung des Firmans und der Schlüssel zur großen Thür der Kirche zu Bethlehem, sind dieselben; aber die Vertreter Frankreichs und Rußlands haben den Ton in ihren Verhandlungen mit der Pforte über diese Sachen gemäßigt.

Ich schreibe diesen günstigen Erfolg zum guten Theil dem Rath bei, welchen ich an Fuad Effendi gegeben habe, als er mich um Rath fragte, was er thun sollte, wenn die Pforte von beiden Vertretern beschuldigt würde, mit Perfidie gehandelt zu haben.

Beide, sowohl Hr. v. Lavalette als Hr. v. Ozeroff, haben sich nicht gescheut diesen schweren Vorwurf in den stärksten Ausdrücken gegen die Pforte zu erheben.

Ich sah, daß ihre Anklagen nicht nur für das Ansehen und den Einfluß der Pforte von größtem Nachtheil wären, sondern daß die Consequenz und Schroffheit, mit der sie wiederholt wurden, von schlimmer Vorbedeutung erschienen und der Möglichkeit Raum gaben, daß einmal weitere Forderungen auf Genugthuung gestellt werden möchten, wegen fortgesetter,,Treulosigkeit und Verrätherei." Ich erklärte daher ebenso höflich als bestimmt, sowohl Hrn. v. Lavalette als Hrn. v. Ozeroff, daß ich die Gerechtigkeit dieser Beschuldigungen nicht anerkennen fönnte, weil der drängende Charakter der russischen und französischen Forderungen die Pforte gezwungen hätte, wider ihren Willen, wider ihr Interesse und wider ihre Überzeugung, widersprechende Entscheidungen zu fällen; daß die Pforte erst genöthigt worden sei den Richter in einer äußerst schwierigen und für sie unangenehmen Sache zu spielen, und dann ihr doch die richterliche Freiheit und Unabhängigkeit völlig entzogen worden sei.

Fuad Effendi hat sich in gleichem Sinne gegen die beiden Vertreter ausgesprochen.

IX.

Depesche des Oberst Nose an Graf Malmesbury.

Pera, den 5. Dezember 1852.

Herr s. Ozeroff hat seiner Stellung in diesem wichtigen Augenblick sehr dadurch prejudicirt, daß er dem französischen Ambassadeur in offizieller Weise erklärt hat, daß Rußland, Kraft des Vertrages von Kainardji, ein Schußrecht über die orthodore, d. i. die griechische Kirche in der Türkei habe. Herr v. Lavalette nimmt dies um so schwerer, als er selbst vor Kurzem förmlich erklärt hat, daß Frankreich keinen Anspruch auf ein Protectorat über die römischkatholischen Unterthanen der Pforte macht. Er hat die Erklärung des Baron v. Ozeroff seinen Collegen und der Pforte mitgetheilt. Die Pforte hat diejen Anspruch eines russischen Protectorats der religiösen Intereffen von 10 oder 11 Millionen ihrer Unterthanen mit ungetheiltem Mißfallen aufgenommen.

Ich habe die Ehre eine Abschrift der beiden Artikel des Vertrages von Kutschuk-Kainardji beizufügen, welche sich auf das Verhältniß Rußlands zu den griechischen Christen der Türkei beziehen. Herr v. Ozeroff gründet seinen Anspruch auf Artikel VII; aber ich glaube annehmen zu können, daß Ew. Lordschaft mit mir darin übereinstimmen werden, daß das Versprechen der Pforte die christliche Religion und ihre Kirchen zu schüßen, dem russischen Vertreter in keiner Weise berechtigen, zu sagen, daß Rußland ein Schußrecht über die griechische Kirche in der Türkei hat, zumal der Artikel VII ausdrücklich das Recht des russischen Schußes über die griechische Kirche auf die Kapelle der russischen Ge

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