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foll? Bereit wie es ist die Kühnheit seiner Feinde zu strafen, wird es sich wohl vom geheiligten Ziele entfernen, welches ihm durch die göttliche Vorsehung angewiesen wurde? Nein!! Rußland hat Gott nicht vergessen. Es hat nicht in einem weltlichen Intereffe die Waffen ergriffen; es kämpft für den christlichen Glauben und zur Vertheidigung seiner unterdrückten Glaubensgenossen gegen unversöhnliche Feinde. Möge es die ganze Christenheit erfahren, der Gedanke des Czaren ist jener seines ganzen rechtgläubigen Volkes, welches Gott und seinem einzigen Sohn unserm Heiland Jesus Christus treu geblieben ist! „Wir kämpfen für den christlichen Glauben!" ,,Deus nobiscum, quis contra nos?"

CCXXII.

Nicolaus.

Allianz-Tractat zwischen Österreich und Preußen vom 20. April 1854.

Se. Majestät der Kaiser von Österreich und Se. Majestät der König von Preußen, indem sie auf's Tiefste bedauern, daß ihre seitherigen Anstrengungen den Ausbruch eines Krieges zwischen Rußland einerseits und der Türkei, Frankreich und England andrerseits zu hindern, fruchtlos geblieben sind; indem sie die moralischen Verpflichtungen erwägen, die ihnen durch die Unterzeichnung des letzten Wiener Protokolls auferlegt sind; indem sie die stete Zunahme immer ausgedehnterer, von den streitenden Parteien ergriffener militärischer Maßregeln und die daraus für den europäischen Frieden hervorgehenden Gefahren in Betracht ziehen; in der Überzeugung, daß es dem mit ihren Staaten so eng verbundenen Deutschland obliegt, eine hohe Mission im Beginn dieses Krieges zu erfüllen, um einer Zukunft vorzubeugen, welche für das Wohlergehen Europas nur verhängnißvoll sein könnte, haben beschlossen, sich für die ganze Dauer des zwischen Rußland einerseits und der Türkei, Frankreich und England andererfeits ausgebrochenen Krieges durch ein Schuß- und Trußbündniß zu verbinden, und haben zu ihren Bevollmächtigten ernannt, um dieses Bündniß abzuschließen und die Bedingungen desselben zu regeln, Se. Majestät der Kaiser von Österreich seinen wirklichen Geheimrath und General - Quartiermeister der Armee General Heinrich Baron v. Heß, Kommandeur n. s. w., und seinen wirklichen Geheimrath und Kammerherrn, Friedrich Graf v. Thun - Hohenstein, Großkreuz u. f. w., seinen außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister bei dem König von Preußen; und Se. Majestät der König von Preußen seinen Minister, Conseilspräsidenten und Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Otto Theodor Baron v. Manteuffel, Ritter u. f. w., welche nach gegenseitiger Mittheilung und Auswechselung ihrer Vollmachten über folgende Punkte übereingekommen find:

Art. 1. Se. f. k. apostolische Majestät und Se. Majestät der König von Preußen garantiren sich gegenseitig den Besiß ihrer deutschen und nichtdeutschen Territorien, in der Weise, daß jeder gegen das Territorium eines von Beiden gerichtete Angriff, von welcher Seite er auch komme, als eine gegen das Territorium des Andern gerichtete feindliche Unternehmung angesehen wer

den wird.

Art. 2. Zu gleicher Zeit betrachten sich die hohen kontrahirenden Theile als verpflichtet, die Rechte und Interessen Deutschlands gegen jede Art des Eingriffs zu schüßen und erachten sich zu einer gemeinschaftlichen Vertheidigung gegen jeden, auf irgend einen Theil ihres Territoriums gemachten Angriff ver

bunden, selbst in dem Fall, wo einer von beiden fich, zufolge einer Übereinkunft mit dem andern, genöthigt fände, zum Schuß der deutschen Interessen handelnd voranzugehen. In dem oben specificirten Fall, und wenn sich die Veranlassung zur Leistung des versprochenen Beistandes bietet, werden die desfallsigen näheren Bestimmungen mittelst einer Specialkonvention getroffen werden, welche als integrirender Theil des gegenwärtigen Vertrags angesehen werden wird.

Art. 3. Um den Bedingungen des Schuß- und Trußbündnisses jede nöthige Garantie und jede nöthige Kraft zu verleihen, verpflichten sich die beiden Großmächte, nöthigenfalls zu einer näher zu bestimmenden Zeit und auf näher zu bestimmenden Punkten einen Theil ihrer Streitkräfte auf vollständigen Kriegsfuß zu sehen. Man wird sich über die Ausdehnung dieser Kräfte und über den Moment, wo sie in Thätigkeit gesezt werden sollen, so wie über die Art und Weise ihrer Aufstellung an den bestimmten Punkten verständigen.

Art. 4. Die hohen kontrahirenden Theile werden alle Bundesstaaten auffordern, dem gegenwärtigen Vertrage beizutreten, indem sie ihnen bemerklich machen, daß die von der Wiener Schlußakte vorgesehenen Bundespflichten fich für die Beitretenden auf die Stipulationen des gegenwärtigen Vertrags erstrecken werden.

Art. 5. Während der Dauer des gegenwärtigen Vertrags darf weder der eine noch der andere der beiden hohen kontrahirenden Theile mit irgend einer Macht ein Bündniß abschließen, das nicht in vollständiger Übereinstimmung mit den in gegenwärtigem Vertrage aufgestellten Grundlagen wäre.

Art. 6. Der gegenwärtige Vertrag soll sobald wie möglich gegenseitig mitgetheilt werden, um die Ratifikation der beiden Souveräne zu erhalten.

Busagartikel zu dem Schuß- und Trußbündniß zwischen Preußen und Österreich vom 20. April 1854.

Nach der Bestimmung des Art II. des am heutigen Tage zwischen Sr. Majestät dem Könige von Preußen und Sr. Majestät dem Kaiser von Österreich abgeschlossenen Vertrages wegen Errichtung eines Schuß- und Trußbündnisses soll die nähere Verständigung über den Eintritt des Falles, in welchem ein actives Vorgehen des Einen der hohen contrahirenden Theile für den Andern die Verpflichtung zu gemeinsamer Vertheidigung des beiderseitigen Gebiets begründen wird, den Gegenstand einer besonderen, als integrirender Theil des Hauptvertrages zu betrachtenden Vereinbarung bilden. Ihre Majestäten haben sich der Erwägung nicht entziehen können, daß die unbestimmte Fortdauer der Beseßung der unter der Hoheit der ottomanischen Pforte stehenden Länder an der untern Donau durch kaiserlich russische Truppen die politischen, moralischen und materiellen Intereffen des gesammten deutschen Bundes, und also auch ihrer eigenen Staaten, und zwar in einem um so höhern Grade gefährden würde, je weiter Rußland seine Kriegsoperationen auf türkischem Gebiete ausdehnt. Die Allerhöch sten Höfe von Preußen und Österreich sind in dem Wunsche einig, jede Betheiligung an dem zwischen Rußland einerseits, der Türkei, Frankreich und Großbritannien andererseits ausgebrochenen Kriege wo möglich vermeiden und zugleich zur allgemeinen Wiederherstellung des Friedens beitragen zu können. Insbesondere betrachten Sie die neuerlich von dem Hofe von St. Petersburg in Berlin gegebenen Erklärungen, wonach Rußland die ursprüngliche Ursache zur Besetzung der Fürstenthümer durch die nunmehr den christlichen Unterthanen der Pforte gemachten

und in nahe Aussicht gestellten Zugeständnisse als beseitigt anzusehen scheint, als ein wichtiges Element der Pacifikation, welchem Sie einen weitern praktischen Einfluß nur mit Bedauern versagt sehen könnten. Sie hoffen daher, daß die zu erwartende Rückäußerungen des Petersburger Cabinets auf die unter dem 8. d. dorthin abgegangenen preußischen Vorschläge Ihnen die erforderliche Gewähr für ein baldiges Zurückziehen der russischen Truppen vom türkischen Gebiete darbieten werden. Für den Fall, daß diese Hoffnung getäuscht werden sollte, haben die ernannten Bevollmächtigten, nämlich: von Seite Sr. Majestät des Königs von Preußen: Allerhöchst Ihr Ministerpräsident und Minister der auswärtigen Angel. Otto Theodor Freiherr v. Manteuffel 2c. 2c., von Seite Sr. Majestät des Kaisers von Österreich: Allerhöchst Ihr Wirklicher Geheimer Rath, Feldzeugmeister und General - Quartiermeister der Armee 2c. Heinrich Freiherr v. Heß c. und Allerhöchst Ihr Wirklicher Geheimer Rath und Kämmerer, außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister am königlich preußischen Hofe, Friedrich Graf v. Thun-Hohenstein 2c. 2c. 2c., die folgende nähere Verabredung über den Eintritt des im vorerwähnten Art. II. des Allianzvertrages vom heutigen Tage bezeichneten Falles getroffen:

Einziger Artikel.

Die kaiserlich österreichische Regierung wird auch Ihrerseits an den kaiserlich russischen Hof eine Eröffnung zu dem Zwecke richten, um von Sr. Majestät dem Kaiser von Rußland die nöthigen Befehle zu erwirken, damit fofort jedem weiteren Vorrücken Seiner Armee auf türkischem Gebiet Einhalt geschehe, so wie um vollgültige Zusicherungen wegen baldiger Räumung der Donaufürstenthümer von Sr. Majestät zu begehren, und die preußische Regierung wird diese Eröffnungen mit Rücksicht auf Ihre bereits nach St. Petersburg gegangenen Vorschläge wiederholt auf das Nachdrücklichste unterstüßen. Ist die auf diese Schritte der Cabinete von Berlin und Wien erfolgende Antwort des kaiserlich russischen Hofes wider Verhoffen von der Art, daß sie Ihnen nicht volle Beruhigung über die erwähnten beiden Punkte gewährt, so werden die von Einem der kontrahirenden Theile zur Erreichung derselben zu ergreifenden Maßregeln unter die Bestimmung des Artikel II. des am heutigen Tage abgeschloffenen Schuß- und Trugbündnisses mit der Maßgabe fallen, daß jeder feindliche Angriff auf das Gebiet Einer der beiden hohen kontrahirenden Mächte von der Andern mit allen dieser zu Gebote stehenden militairischen Kräften abgewehrt wird. Ein offensives beiderseitiges Vorgehen aber würde erst durch eine Inkorporation der Fürstenthümer, so wie durch einen Angriff oder Übergang des Balkans von Seiten Rußlands bedingt. Die gegenwärtige übereinkunft soll der Ratifikation der Allerhöchsten Souveraine gleichzeitig mit dem oben erwähnten Vertrage unterzogen werden.

CCXXIII.

Militair - Convention zum österreichisch-preußischen Vertrage.

Vom 20. April. Art. 1. Österreich verpflichtet sich, den 150,000 Mann, welche es in Ungarn, an der Donau und an der Save stehen hat, noch 100,000 Mann beizufügen, welche die zweite Armee bilden, und zwar soll dies geschehen, sobald sich die Nothwendigkeit davon fühlbar macht, und in gemeinschaftlich mit Preußen festgestellten Zeitpunkten. Die als Armeecorps oder als abgesonderte Corps in Ga

lizien, Siebenbürgen und Mähren mobil gemachten und in Galizien zusammengezogenen Truppen werden in inniger Beziehung zu den preußischen Truppen bleiben.

Art. 2. Preußen seinerseits verpflichtet sich, unter Umständen 100,000 Mann in Zeit von 36 Tagen zu concentriren, nämlich ein Drittel in Ostpreußen und die beiden andern Drittel zu Posen oder zu Breslau. Es verpflichtet sich ferner, sein Heer, wenn die Umstände es erheischen, auf 200,000 Mann zu bringen, und wird sich Behufs alles deffen mit Österreich verständigen.

Art. 3. Die Militairconvention des deutschen Bundes behält in Bezug auf Österreich und Preußen ihre volle Geltung.

Art. 4. Der preußische Kriegsminister und der Oberbefehlshaber des k. k. Heeres verpflichten sich gegenseitig, sich alle Mittheilungen zu machen, die nöthig sind, um die Aufrechthaltung der Armeen in der oben festgesezten Zahl zu sichern und ihre Organisirung und Aufstellung zur verabredeten Zeit und am verabredeten Ortr zu bewerkstelligen.

Art. 5. Österreich und Preußen werden gegenseitig, sobald Preußen sein Heer auf den Kriegsfuß gesezt hat, höhere Officiere bei einander accreditiren um sich vollständig über die zu ergreifenden Maaßregeln zu vereinbaren.

Art. 6. Die Richtung, welche den beiden Heeren gegeben werden soll, sox bald sie beisammen sind, wird nach dem Grundsaße festgestellt werden, daß die Unterstügung, welche sich die beiden Mächte leihen, einfach den Zweck hat, einen Angriff zurückzuweisen.

CCXXIV.

Passus der ministeriellen Schlußrede der Seffion der preußischen Kammern. Den 29. April 1854.

Die politischen Verwicklungen der Gegenwart haben der Regierung Sr. Majestät die unabweisliche Pflicht auferlegt, zu den außerordentlichen Ausgaben, zu welchen Preußen zur Aufrechthaltung seiner Stellung in Europa genöthigt sein könnte, einen mit einer neuen Belastung des Landes verbundenen ausgedehnten Credit von Ihnen in Anspruch zu nehmen. Sie haben meine Herren, diesen Credit mit Hingebung und Vertrauen bewilligt. Der Regierung sind dadurch die Mittel gewährt, auf dem bisher von ihr verfolgten Weg in voller Einigkeit mit Österreich und ganz Deutschland und im Einvernehmen mit den andern europäischen Großmächten fortzuschreiten, und in allen Wechselfällen der Zukunft Preußens König und seinem treuen, jederzeit kampfbereiten Volk die Stellung zu wahren, die ihnen bei der Lösung der großen europäischen Frage der Gegenwart gebührt. Die Wiederherstellung des gestörten Friedens und deffen möglichste Sicherstellung wird bei allen Entschließungen, zu welchen Se. Majestät unser allergnädigster Herr sich bewogen finden möchten, das unverrückbare Ziel seiner Bestrebungen bleiben. Möge ihm dazu der König der Könige seinen Segen verleihen !

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CCXXV.

Handschreiben des Kaisers von Österreich an den Minister von Bach. Wien, 15. Mai 1854. Lieber Freiherr von Bach. Die bedrohliche Gestaltung der politischen Verhältnisse im Allgemeinen, die starken Truppenkörper, welche in Folge der orien

talischen Wirren an den Grenzen Meines Reiches in Bewegung gesetzt werden, und insbesondere der Umstand, daß an den östlichen und nördlichen Grenzen deffelben bedeutende Truppenaufstellungen stattfinden, machen Vorsichtsmaßregeln nothwendig, welche geeignet sind, die Monarchie gegenüber allen Eventualitäten gehörig zu sichern und zugleich die Mittel bieten, um die durch diesen bedauerlichen Conflict schwer bedrohten Interessen Meines Reiches und die ihm gebührende europäische Machtstellung im vollen Umfange wirksam zu wahren.

In Erwägung deffen habe Ich die Verstärkung der militairischen Kräfte in den südöstlichen und nordöstlichen Ländern des Reiches verfügt und zu dem Ende für nothwendig befunden, eine neue Refruten-Aushebung von 95,000 Mann zu verordnen.

Indem Ich Sie beauftrage, dieserwegen im Einvernehmen mit Meinem Armee-Oberkommando ungesäumt das Erforderliche zu veranlassen, ist es Mir ein Bedürfniß auszusprechen, wie Ich die Überzeugung hege, daß Meine treuen Unterthanen bei der Ausführung dieser Maßregel, so wie in Allem, was von Mir zur Sicherung Meines Reiches und zur nachhaltigen Wahrung seiner Ehre und seiner Interessen angeordnet werden wird, die zu allen Zeiten bewährte aufopfernde Bereitwilligkeit und treue vaterländische Gesinnung neuerlich bethätigen werden.

CCXXVI.

Protocoll der Wiener Conferenz vom 23. Mai 1854.

Anwesend: Die Vertreter Österreichs, Frankreichs, Großbritanniens und Preußens. Die unterzeichneten Bevollmächtigten haben es den im Protocoll vom 9. April enthaltenen Bestimmungen gemäß erachtet, sich zur Conferenz zu vereinigen, um die zwischen Frankreich und England einerseits und zwischen Österreich und Preußen andererseits den 10. und 20. April d. I. abgeschloffenen Bündnisse gegenseitig sich mitzutheilen und in einem gemeinsamen Acte niederzulegen.

Nach reiflicher Prüfung der besagten Verträge haben die Unterzeichneten einstimmig festgestellt:

Daß der zwischen Frankreich und England abgeschloffene Vertrag, sowie der vom 20. April unterzeichnete zwischen Österreich und Preußen, beide, nach den betreffenden Lagen, auf welche sie sich beziehen, darauf hinzielen, die Aufrechthaltung der durch die Reihe der Wiener Conferenzprotocolle festgestellten Grundsäße zu sichern.

Daß die Integrität des ottomanischen Reiches und die Räumung des von den russischen Truppen beseßten Theils seines Territoriums das beständige und unveränderliche Ziel der Übereinstimmung der vier Mächte sind und bleiben werden.

Daß die mitgetheilten und dem gegenwärtigen Protokoll beigefügten Urkunden der Verpflichtung entsprechen, welche die Mächte den 9. April unter sich eingegangen, über die geeignetsten Mittel zur Verwirklichung des Ziels ihrer Übereinstimmung gemeinsam zu berathen und sich zu verständigen, und auf das Neue den festen Willen der in der Wiener Conferenz vertretenen vier Mächte sanctioniren, alle ihre Bemühungen und Willensmeinungen zu vereinigen um das Ziel zu verwirklichen, welches die Grundlage ihrer Vereinigung bildet. Unterz. BuolSchauenstein, Bourqueney, Westmorland, Arnim.

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