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Aktenft üc
Nr. 232.

Nr. 236.

Nr. 229.

1854.

Es beginnt eine völlige Dislocirung des engl.-franz. Heeres von Gallipoli nach Varna und Burgos.

Juni. 8. Zusammenkunft des Kaisers von Österreich mit dem König von Preußen in Teschen. Bereits entstandene Meinungsverschiedenheiten über Handhabung und Auslegung des Aprilvertrages sowie die den Bambergern gegenüber zu beobachtende Haltung Gegenstand der Berathung, die zu gemeinsamen Beschlüssen führt.

8. Die Türken werden von den ruff. Truppen, welche von Sukum Kale und Redut Kale gegen Kutais hin zogen, bei einem versuchten Angriff auf deren verschanzte Stellung unweit Ofurgeti mit großem Verluste zurückgeschlagen.

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9. Die Ruffen unter persönlicher Anführung des Feldmarschalls Fürsten Paskewisch machen einen Angriff, der kein Resultat hat; Fürst Paskewitsch erhält eine Contusion, legt den Befehl nieder und geht nach Jassy, von da zurück nach Warschau.

12. Die preuß. Regierung sendet eine Depesche nach Petersburg, in der fie die österr. Sommation unterstüßt. Die preuß. Regierung hofft, die ruff. Regierung werde den hohen Werth einer unparteiischen Würdigung unterziehen, welchen Preußen darauf legen möchte, daß die ruff. Operationen nicht weiter ausgedehnt und der Occupation der Fürstenthümer ein nicht zu entferntes Ziel gesezt werde. Die preuß. Regierung hofft, Rußland werde durch Versicherungen die Frage auf ein Gebiet bringen, welches practische Ausgangspunkte böte, nm durch Verkürzung und Beschränkung der beiderseitigen Kriegführung eine Lösung anzubahnen.

13. Sehr wichtige kombinirte Unternehmung der Türken. Selim Pafcha von Tuturkan aus, Said Pascha von Rustschuk her, verstärkt durch einen Theil der vor Kalafat früher postirten Truppen, gehen auf dem linken Ufer gegen die Ruffen und halten sie fest; ein anderes türk. Corps bestimmt, die Ruffen im Südosten von Silistria zu beschäftigen. Aus Silistria selbst ein Ausfall mit starker Macht unternommen. Die Ruffen erleiden bei demselben große Verluste. Der Leiter der Belagerung, General Schilder, wird tödlich ver. wundet. Fürst Gortschkoff erhält eine Contusion. Omer Pascha wirft eine bedeutende Verstärkung bei Gelegenheit des Ausfalls in die Stadt.

14. Österreich schließt mit der Pforte einen Vertrag über Besetzung der Donaufürstenthümer. Österreich verpflichtet sich die Räumung der Fürstenthümer Seitens der Ruffen durch alle Mittel im Wege der Unterhandl. und andere zu bewirken, selbst event. Truppen zu stellen. 16. Fürst Andronikoff schlägt die Türken unter Selim Pascha unweit Tschurufsu auf's Haupt. Das türk. Heer wird völlig zersprengt. 16. Österreich und Preußen geben eine gleichlautende Antwort auf die

Erklärung der Bamberger Staaten: Die Forderung wegen des Beitritts am Bunde wird zugestanden, wiewohl das Recht für den zuerst eingeschlagenen Weg gewahrt; was die Beschränkung der beiderseitigen Kriegführung betreffe, so sei fie ganz im Wunsche der beiden Mächte, und soviel es zur Zeit zulässig erscheine, in's Auge gefaßt. In Betreff der Erwartung, daß der Bund bei allen Ver

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handlungen besonders vertreten sein soll, so werden sie so viel es
geht dafür sorgen; doch sei dies nicht von ihnen allein abhängig.
Die Sorge für die Aufrechthaltung Griechenlands werde von Öster-
reich und Preußen getheilt. Wenn keine Aussicht zum Beitritt der
Majorität am Bunde, so würden die beiden Mächte mit den ein-
zelnen Regierungen sich weiter zu verständigen suchen.

Juni. 21. Fürst Gortschakoff hebt auf erhaltenen Befehl die Belagerung von Si-
listria auf. Die Truppen ziehen sich auf das linke Donauufer zurück.

21. Die engl.-franz. Flotte greift Bomarsund an; der erste Angriff wird
aber abgeschlagen.

29. Graf Neffelrode jendet die Erwiderung auf die österreich. Sommation Aktenstück
vom 3. Juni ab. Es erklärt die Stellung in den Fürstenthümern Nr. 237.
nur noch für eine militärische Position. Solle es diese räumen, so
müsse es Sicherheiten haben, daß die Feindseligkeiten andererseits
nicht fortgesetzt würden. Könne ihm Österreich solche Garantien
bieten? Rußland will den drei Grundsäßen des Protocolls vom
9. April beistimmen. 1. Integrität der Türkei. Rußland habe nie
Absichten dagegen gehabt, werde sie nicht bedrohen, so lange sie von
den Westmächten respectirt werde. 2. Räumung der Fürstenthümer
gegen Garantie zuzugestehen bereit. 3. Confolidirung der Rechte der
Christen in der Türkei. Wenn die Garantie der Mächte die gegen-
wärtigen religiösen und bürgerlichen Rechte der Christen für immer
feststellt, so ist Rußland bereit ihr beizustimmen. - Der Punkt
über die Garantieen im Protocolle v. 9. April ist ganz übergangen.
30. Graf Neffelrode erwiedert die preuß. Depesche vom 12. Juni. Auf Nr. 239.
die Antwort von Österreich verwiesen. Wenn Rußland Garantie
für die Räumung der Fürstenthümer fordere, so werde dies Preu-
Ben gewiß nur billig finden, da, indem es den Wunsch ausspreche,
daß die Feindseligkeiten von beiden Seiten abgekürzt und beschränkt
werden, es im Voraus anerkenne, daß dies von beiden Seiten zu
geschehen habe. Indem Rußland dem Protocoll beitrete, gebe es
Preußen und Österreich die Mittel an die Hand ihre Verpflichtun-
gen abzulösen.

Juli. Anfang Juli befinden sich ungefähr 50000 engl.-franz. Truppen bei
Varna; 15-16000 Mann von Adrianopel nach Burgas dirigirt.
Die ruff. Colonnen ziehen sich von der Donau allmälig nordwärts zur
Räumung der Walachei. Zur Deckung des Rückmarsches und zur
Beobachtung von Rustschuk bleibt General Soimonoff mit einem
Corps zurück.

Omer Pascha verlegt sein Hauptquartier von Schumla nach Rustschuk.
Die Türken suchen sich in Besiz der Inseln zwischen Rustschuk und
Giurgewo zu setzen.

7. Die Inseln Mokan und Radovan werden von den Türken genommen;
Omer Pascha geht unterhalb Giurgewo über die Donau. General
Soimonoff wird mit seinem Corps abgeschnitten. Sehr blutiger
Kampf. General Soimonoff, dem General Chruleff zu Hülfe
kommt, schlägt sich mit großer Bravour durch. Giurgewo wird von
den Türken besetzt.

9. Das Wiener Cabinet erkennt die versöhnlichen Tendenzen, welche sich Nr. 239.

D*

Aftenstück
Nr. 240.

Nr. 242.

Nr. 243.

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Juli.
9.-21.

in der ruff. Depesche vom 29. Juni kundgeben, an, und wird ihre Berücksichtigung den Westmächten empfohlen. Die Forderung einer Garantie aber für Rußland muß es abweisen und beharrt im ganzen Umfang auf seiner Forderung, daß die Russen die Fürstenthümer räumen.

Nach Eintreffen der ruff. Antwort vom 29ten beruft Graf Buol die Conferenz zur Prüfung der ruff. Antwort. Der preuß. Gesandte weigert sich zu erscheinen. Es wird bei der preuß. Regierung telegraphisch und durch besondere Sendungen angefragt, ob sie nicht bei der Conferenz sich vertreten laffen wolle. Die preuß. Regierung weigert sich. Darauf tritt der besondere Depeschenwechsel zwischen Österreich und den Westmächten ein.

17. Die preuß. Regierung würdigt den Geist der Mäßigung und Versöhnung in der ruff. Depesche vom 30ten und den aufrichtigen Wunsch des Kaiser Nicolaus, so viel als möglich den Interessen Deutschlands Rechnung zu tragen. Daraüf gestüßt wird Preußen sie zur Grundlage von Vermittlungsversuchen in London und Paris machen. In sehr unbestimmten Ausdrücken das Verlangen auf Räumuug der Fürstenthümer wiederholt, indem die preuß. Reg. auf die Loyalität und die Weisheit des Kaiser Nicolaus ihr Vertrauen seßt. 20. Der Aprilvertr. wird von Österreich und Preußen dem Bunde vorgelegt. 21. Das österr. Cabinet befürwortet die Berücksichtigung der ruff. Anerbietungen bei den Westmächten. Die Westmächte müßten entscheiden, ob dieselben Grundlagen zu Friedensverhandlungen bieten könnten, jedenfalls sei es Pflicht genau zu prüfen und sich darüber auszusprechen. Die Frage der Operationen sei von Rußland nicht berührt; ein vollkommenes Annehmen der drei andern Punkte schon ein großer Schritt zur Lösung auch dieser Frage. Österreich glaubt mit den Westmächten darüber einer Ansicht zu sein, daß die Räumung der Fürstenthümer zuerst erfolgen und der Vorläufer jeder Verständigung sein müsse.

22. Die franz. Regierung kritisirt sehr scharf die ruff. Anerbietungen und findet sie werthlos. Was die Garantien betrifft, welche das Protokoll v. 9. April gefunden wissen will, so stellt die franz. Regierung als das niedrigste Maaß, unter Reservation weiterer Forderungen je nach dem Fortgang des Krieges, folgende vier Punkte auf: 1) europäische Garantie für die Rechte der Donaufürstenthümer. 2) Sicherung der freien Schifffahrt an der Donaumündung. 3) Revision des Vertrages v. 1841 im Intereffe des europäischen Gleichgewichtes und im Sinne einer Beschränkung der ruff. Macht auf dem schwarzen Meer. 4) Gemeinsame Förderung der Emancipation der Christen, aber nur in einer mit den Souveränetätsrechten des Sultans vereinbaren Weise.

22. Die engl. Regierung spricht sich in eben der Weise wie die franz. Regierung aus. Bei Punkt 3 fehlt der Saß von der Beschränkung der ruff. Macht.

Die Cholera tritt im Lager der Verbündeten bei Varna auf und richtet große Verheerung an.

Die russischen Truppen verlassen mehr und mehr die Walachei.

1854.

Juli.

Gleichzeitig ziehen sich auch die ruff. Truppen aus der Dobrudscha
zurück.

23.-24. Die Russen überfallen ein türkisches Corps bei Tschernawoda und brin-
gen ihm eine schwere Niederlage bei.

Ein franz. Corps, unter General Espinasse bei Kustendsche stehend,
will dafür gegen die Russen einen Zug unternehmen, geräth aber
ohne den Feind zu treffen in den Sümpfen in trostlose Lage und
muß sich endlich halb aufgerieben zurückziehen.

24. Die Bundesversammlung tritt dem Aprilvertrag bei. (16 gegen 1 Aftenstück
Stimme, die der beiden Mecklenburg.)

Nr. 230.

24. Die preuß. Regierung befürwortet die ruff. Anerbietungen bei den Nr. 242.
Westmächten. Durchdrungen von dem Ensemble der von Rußland
gebotenen friedfertigen Gesinnungen hält das preuß. Cabinet sich
für verpflichtet, die Verständigungselemente geltend zu machen,
welche die russische Antwort umschließen und die unabhängig von
dem, was es von Rußland begehrt, einen practischen Werth zu er-
langen verdienen. Rußland verzichte auf den Ausnahmecharakter
für die Besetzung der Fürstenthümer. Die Forderung der Garantie
militairischer Sicherheiten habe den Beifall Preußens, da sie von
militairischer Ehre und Klugheit eingegeben sei. Rußland trete den
drei Grundsäßen des Protokolles v. 9. April bei, damit sei auch die
Substanz der Garantieen gegeben.

28. Die österr. Regierung sucht die Unterstüßung der deutschen Staaten
nach für einen demnächst von Preußen und Österreich am Bundes-
tag zu stellenden Antrag auf Mobilmachung der Bundeskontingente.
29. Die österr. Regierung fordert die Westmächte auf, von einer reizenden Nr. 244.
Kritik der russ. Vorschläge absehend, ihre Bedingungen in einer
Form und Weise aufzustellen, daß sie zur Grundlage eines von den
vier Mächten gemeinsam zu zeichnenden protokollarischen Aktes dienen
könnten.

29. General Baron Wrangel vernichtet ein türkisches Corps unter Selim
Pascha bei Bajazid; die Stadt unterwirft sich am 30ften und wird
d. 31sten v. Baron Wrangel in Besitz genommen. Sehr wichtige
Stellung damit durch die Beherrschung des Caravanenwegs und
Handelsdepots gewonnen.

29. 30. Fürst Gortschakoff hat sein Hauptquartier zu Schaljava;
31. zu Ürsitscheni.

Aug. 3. Die preuß. Regierung erklärt durch ihre Gesandten in Deutschland,
daß sie mit Österreich noch keinerlei Verabredung über einen am
Bundestag zu stellenden Antrag auf Mobilifirung der Bundeskon-
tingente getroffen habe, wie es die österr. Depesche v. 28. Juli
glauben laffe.

5. Die preuß. Regierung will nicht statuiren, daß sie an den Conferenzen Nr. 246.
feruer Theil zu nehmen sich geweigert habe. Sie habe nur fürerst
mit Österreich sich verständigen wollen, da die Hauptfrage die beiden
deutschen Mächte als Contrahenten des Aprilbündnisses ganz beson-
ders anginge. Sobald die preuß. Regierung den Moment für ein
Protokoll gekommen geglaubt hätte, habe sie den Gesandten in Wien
zur Theilnahme bevollmächtigt. Es beständen allerdings wesentliche

Aftenstüc Nr. 247. 248.

Nr. 249.

Nr. 250.

1854.

Differenzen der Ansichten zwischen Preußen und den Westmächten, aber wenn die Westmächte ihrerseits ihre Grundlagen für den Frieden aufgestellt haben würden, werde die preuß. Regierung diese mit dem Wunsch der Befestigung der vertraulichen Beziehungen zu den Westmächten prüfen.

Die Westmächte erklären, nach ihren Depeschen vom 22. Juli sei nunmehr die Wiedereröffnung der Conferenz rein lächerlich uud völlig unthunlich.

Aug. 7. Fürst Bebutoff schlägt das türkische Corps unter Zarif Pascha aufs Haupt bei Kurukdere. Die Türken verloren an Todten und Verwundeten über 3000 Mann.

8.

7. Fürst Gortschakoff erklärt dem Grafen Buol, daß die Donaufürstenthümer völlig von den russischen Truppen geräumt werden würden. Noten-Austausch zwischen Graf Buol, Graf Westmorland und Baron Bourqueney, durch welchen die vier Garantiepunkte, wie sie in den englischen und französischen Depeschen von 22. Juli zuerst aufgestellt waren, als festzuhaltendes Minimum für den Frieden bezeichnet werden. Die Noten enthalten den Zusaß zu Punkt 3 von der Schwächung der russischen Macht nicht.

8. Halim Pascha zieht mit einem türkischen Corps in Bukarest ein. 10. 11. Fürst Gortschakoff verlegt sein Hauptquartier von Buseo nach Fokschani. 10. Die österreichische Regierung theilt der russischen die aufgestellten vier Garantien mit. Die Depesche giebt ein Resume der von Österreich unter dem 21. und den Westmächten unter dem 22. dargelegten Absichten und Auffassungen; nur auf dringendes Ansuchen Österreichs hätten sich die Westmächte schon jetzt zur Formulirung bindender Erklärungen herbeigelaffen. Das österreichische Cabinet erklärt, daß die 4 Punkte aus dem Protokoll vom 9. April hervorgingen, daß die österreich. Regierung damit übereinstimme und daran festhalte als nothwendigen Bedingungen des Friedens. Wenn Rußland die vier Punkte annehme, werde Österreich aufs ernsteste in die Westmächte dringen, die Feindseligkeiten einzustellen und die VerhandLungen zu eröffnen.

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13. Die preußische Regierung empfiehlt die Annahme der vier Punkte in St. Petersburg. Indem sie sich von dem Ensemble der in den Noten vom 8. August enthaltenen vier Punkten durchdrungen und sie mit dem Geist der letzten russischen Erklärungen verglichen hat, vermag fie darin nichts Unvereinbarliches mit dem zu finden, was der Kaiser von Rußland schon als Ausgangspunkt bezeichnet hat. Die preuß. Depesche sucht dann im Einzelnen zu beweisen, daß die vier Punkte den Absichten des Kaisers wie den Intereffen Rußlands nur entsprechen. Die preuß. Depesche führt dem russischen Kaiser die fiegende Wirkung vor Augen, welche die Annahme der vier Punkte auf die Lästerer der russischen Politik hervorbringen müßte, wenn sie ihren erklärtesten Widersachern bewiese, auf welcher Seite wahrhaft friedfertige Gesinnungen wären.

16. Die engl. und die franz. Landungstruppen, lettere uuter General Baraguay d'Hilliers, erobern, von der Flotte unterstüßt, Bomarfund. Die Festungswerke werden zerstört.

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