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dritten Personen gegenüber eine Vorbenußung der Erfindung liege. Endlich bestreitet sie auch diese Vorgänge selbst, soweit sie die Fr.'schen Zeichnung betreffen.

Das Patentamt hat angenommen, daß die beiden dem Patent entgegengehaltenen Einrichtungen den im Patent zur Ausführung gebrachten Erfindungsgedanken nicht wiedergäben und damit die Frage, ob die Vorbenußung jener Einrichtungen eine offenkundige Vorbenuzung der patentierten Erfindung enthalten würde, für erledigt erachtet.!

Der Berufungskläger bekämpft die Ausfüh rungen des Patentamts und sucht darzulegen, daß bei dem Bekanntsein doppelt durchbohrter Hähne, bei denen die Bohrungen für Druckgas und Flüssigkeit gleichzeitig in Wirksamkeit treten, einerseits, und der schon lange üblichen Anwendung allmäh= lich verlaufender Einkerbungen zur Bewirkung des allmählichen Übertritts von Druckmitteln anderer= seits die geschüßte Einrichtung keine Erfindung darstelle, sondern etwas technisch sich von selbst Ergebendes, ohne neue eigenartige Wirkung sei. Falls aber dennoch in der Kombination der allmählich verlaufenden Nut mit dem doppelt durchbohrten Hahn eine Erfindung erblickt werden könnte, so sei dieselbe schon vor der Anmeldung des Patents durch die Fr.'sche Zeichnung verwirklicht worden. Für den gewerblichen Zweckgedanken mache es keinen Unterschied aus, ob der Hahn doppelt durchbohrt, oder ob der einfach durchbohrte Hahn mit einem zweiten starr verbunden sei, da in beiden Fällen dieselbe Beziehung zwischen den Durchtrittsöffnungen für die Flüssigkeit und das Druckgas bestehe, und die beiden gekuppelten Hähne in ihrer Wirkungsweise sich wie ein doppelt durchbohrter Hahn verhielten.

Der Beklagte bestreitet dagegen nach wie vor die Vorbenußung der in dem Anspruch des Patents deutlich gekennzeichneten Erfindung, welche wesent lich auf der zwischen den Durchgangsöffnungen für das Druckgas und für die Flüssigkeit hergestellten Beziehung beruhe. In dieser Beziehung könne das Gebrauchsmuster 52 382 gar nicht in Betracht gar nicht in Betracht kommen, da dessen Bekanntmachung erst nach Anmeldung des Patents erfolgt sei. Aber auch die später von Fr. als Gebrauchsmuster angemeldete Einrichtung sei für das Nichtigkeitsverfahren ohne Belang. Die Anmeldung derselben sei erst im Mai 1896 erfolgt. Bei der gewerblichen Herstellung des Musters werde dasselbe nicht mit zwei gekuppelten Hähnen, sondern mit der Einrichtung nach Patent 88 287 ausgeführt.

Bei der mündlichen Verhandlung vor dem Reichsgericht hat der Berufungskläger die Behaup= tung aufgestellt, daß schon vor der Anmeldung des Patents der Fabrikant P. im Auftrage des Ingenieurs Fr. Siphonapparate nach der mit der Klage vorgelegten Zeichnung in der Art hergestellt habe, daß der Hahn für das Druckgas mit dem Hahn für die Flüssigkeit starr verbunden und beide Hähne in solche Beziehung zu einander geseßt seien, daß bei beginnender Öffnung des Hahnes für die Flüssigkeit auch der Durchtritt des Druckgases durch die flachste Stelle der Einkerbung des Gashahnes eröffnet worden sei. Dies würden Fr. und P. be=

zeugen.

Es ist die Erhebung dieses Beweises beschlossen worden. Die Beweisaufnahme hat stattgefunden. Auf Grund ihres Ergebnisses war so, wie geschehen, zu entscheiden.

Das Patent wird von dem Nichtigkeitskläger nach zwei Richtungen angegriffen. Es wird einmal der Erfindungscharakter der geschüßten Vorrichtung bestritten, außerdem aber auch deren Neuheit und vielmehr die offenkundige Benuzung derselben vor Anmeldung des Patents behauptet. Der erstere Angriff ist nicht begründet. Auch wenn vor der Patentanmeldung einerseits doppelt durchbohrte Hähne in allgemeinem Gebrauche waren und andererseits Ventile und Schieber mit allmählich verlaufenden Einkerbungen als Durchtrittsöffnungen für Druckmittel benußt wurden, so ist troßdem in der An= wendung derartiger Einkerbungen bei einem doppelt durchbohrten Hahn in solcher Beziehung zu der Bohrung für die Flüssigkeit, daß die Einkerbung gleichzeitig mit der Öffnung des Flüssigkeitshahnes in Wirksamkeit tritt und umgekehrt, noch eine Erfindung zu erblicken, weil durch diese Anordnung die neue Wirkung einer gleichmäßigen Regulierung des auf die ausströmende Flüssigkeit geübten Druckes erzielt wird. Die größere oder geringere Bedeutung dieser Wirkung ist nicht ausschlaggebend für die Schußfähigkeit der Erfindung, mit deren Hilfe sie erzielt ist.

Die Neuheit der Erfindung ist nach § 2 des Patentgesezes zu verneinen, wenn die Erfindung zur Zeit ihrer Anmeldung in öffentlichen Druckschriften beschrieben oder im Inlande offenkundig benut war. Keine dieser Alternativen ergibt sich aus der am 9. Januar 1896' erfolgten Anmeldung und der am 2. März geschehenen Bekanntmachung des Gebrauchsmusters 52382. Die Bekanntmachung muß ganz außer Betracht bleiben, weil sie erst nach der Anmeldung des Patents (19. Februar 1896) stattgefunden hat. Dasselbe gilt auch von der vor

diesem Zeitpunkt erfolgten Anmeldung des Gebrauchsmusters. Die in § 5 Absatz 2 des Musterschutzgesetzes vom 1. Juni 1891 festgesette Wirkung der Musteranmeldung gegenüber einem später an= gemeldeten Patent steht hier nicht in Frage. Die Anmeldung selbst ist aber weder eine Veröffent lichung des Musters mittelst Druckschrift, noch eine offenkundige Benußung desselben und darum nicht geeignet, die Neuheit der später zum Patent an= gemeldeten Erfindung auszuschließen. Sie steht insofern der früheren Anmeldung eines Patents (§ 10 Ziffer 2 des Patentgeseßes) nicht gleich. Das Gebrauchsmuster 52382 enthält aber auch nicht eine Vorwegnahme der durch das Patent geschüßten Erfindung, denn es beschränkt sich auf die Darstellung eines einzelnen Hahnes mit einer auf dem Umfange des Hahnkükens allmählich verlaufenden Einkerbung, enthält also nichts von der Einrichtung, welche den Gegenstand des Patents bildet, nämlich zweier in eine bestimmte Beziehung zu einander geseßten Hahnbohrungen für Gas und Flüssigkeit.

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Hiernach kann es nur darauf ankommen, ob eine Vorbenutzung der Erfindung in denjenigen Vorgängen zu finden ist, welche bezüglich der später als Gebrauchsmuster angemeldeten Fr.'schen Biertransportflasche" behauptet worden sind. Soweit es sich dabei um vor Anmeldung des Patents hergestellte Modelle und Zeichnungen und deren Mitteilung an eine größere Zahl von Personen handelt, so ist darin eine Vorbennzung der Erfindung im Sinne des Patentgesezes nicht zu finden. Die zeichnerische und modellmäßige Darstellung einer gewerblichen Einrichtung fällt in das Gebiet der Beschreibung, die durch Worte, ebenso aber auch auf jede andere sinnfällige Weise geschehen kann. Die Beschreibung soll aber nach dem Gesetz die Neuheit einer Erfindung nur ausschließen, wenn sie vermittelst öffentlicher Druckschriften erfolgt ist. Von einer derartigen Vervielfältigung und Verbreitung der Darstellung der Fr.'schen Einrichtung ist nach den Behauptungen des Nichtigkeitsklägers nicht die Rede. Die offenkundige Benuzung einer Erfindung seßt aber deren Übertragung in die Praxis, zum mindesten also die erstmalige Herstellung des paten= tierten Gegenstandes, mit der die nußbare Anwen= dung der Erfindung ihren Anfang nimmt, voraus. Die Erläuterung eines fertiggestellten neuen Appa= rats in einer Versammlung oder die öffentliche Ausstellung eines solchen zu dem Zwecke, ihn den Interessenten bekannt zu geben, mag als offenkundige Benutzung der in dem Apparat ver= körperten Erfindung angesehen werden, ohne Ausführung des erfundenen Gegenstandes kann da=

gegen eine Benußung der Erfindung nicht statt= finden.

Der Nichtigkeitskläger hat aber schließlich auch die Behauptung aufgestellt, daß die Fr.'sche VierTransportflasche vor der Anmeldung des Patents wirklich hergestellt worden sei, und Beweis hierfür erboten. Dieser Beweisantritt war als erheblich anzusehen, da nach der weiteren Behauptung des Klägers an den damals hergestellten Apparaten die beiden Hähne für das Druckgas und die Flüssigkeit starr verbunden gewesen und in solcher Beziehung zu einander gestanden haben sollen, daß mit beginnender Öffnung des Flüssigkeitshahnes auch die flachste Stelle der Einkerbung in den Gashahn dem Druckgas den Durchtritt verstattete. Eine solche Einrichtung würde allerdings den wesentlichsten Teil der durch das Patent geschüßten Erfindung vorweggenommen haben. Der noch verbleibende Unterschied, daß die patentierte Ventilvorrichtung einen doppelt durchbohrten Hahn aufweist, die Fr.'sche Vorrichtung aber zwei starr verbundene Hähne, würde die Neuheit der patentierten Erfindung nicht wahren, da doppelt durchbohrte Hähne bereits bekannt waren und die Übertragung der zweiten Bohrung auf einen der Hähne keine Schwierigkeit darbot, zu deren Überwindung es eines besonderen Erfindungsgedankens bedurft hätte. gedankens bedurft hätte. Es hätte sich vielmehr bei dieser Übertragung nur um eine geringe Vereinfachung ohne veränderte Wirkung gehandelt. Nun hat jedoch die Zeugenvernehmung den dem Nichtigkeitskläger obliegenden Beweis für die Herstellung eines Apparats mit der behaupteten Einrichtung vor dem 19. Februar 1896, dem Tage der Anmeldung des Patents, nicht erbracht. . . . . Folgt Darstellung des Beweisergebnisses.

Wenn nun auch bei diesem Beweisergebnis die Möglichkeit, daß eine der patentierten Ventileinrichtung wesentlich gleiche Konstruktion in der P.'schen Fabrik versuchsweise schon vor dem 19. Februar 1896 probiert worden sein kann, nicht völlig ausgeschlossen ist, so ist damit eine Grundlage für die Nichtig= erklärung des Patents noch nicht gewonnen. Um die Neuheit der patentierten Einrichtung zu beseitigen, hat der Kläger den Beweis zu liefern, daß die Erfindung zur Zeit ihrer Anmeldung bereits offenkundig benußt war. Dazu gehört aber, wie oben ausgeführt ist, die Herstellung eines Apparats, an dem sie in Wirksamkeit trat. Die Herstellung eines solchen bis zum 19. Februar ist aber nicht bewiesen.

Fehlt es aber hiernach an dem Beweise für die offenkundige Vorbenuzung der Erfindung, so versagt der Angriff des Nichtigkeitsklägers gegen das

Patent. Die Entscheidung des Patentamts war deshalb zu bestätigen, was zur Folge hat, daß der Berufungskläger die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels tragen muß. I. 132/99.

V. Gebrauchsmußterschuk.

9. Reichsgericht, I. Civilsenat, 24. Sept. 1898. Inwiefern kann die Billigkeit des Modells eine Förderung des Gebrauchszwecks darstellen?

Für den Beklagten war auf Anmeldung vom 15. Mai 1892 unter Nr. 5777 eine Häckselmaschine als Modell in die Gebrauchsmusterrolle eingetragen worden. In der Anmeldungsschrift waren vier bestimmte Vorrichtungen daran als neu angegeben und im Eingange bemerkt worden, daß die Maschine, um dem Kleinbetriebe eine billige Maschine zu liefern, so vereinfacht sei, daß an eine Herstellung mit noch weniger Kosten kaum zu denken sei. Die Klägerin beantragte die Löschung des Modells und stüßte die Klage u. a. auf die Behauptung, daß das Modell nicht mehr neu gewesen sei. In 2. Instanz wurde der Beklagte zur Löschung verurteilt, seine Revision ist zurückgewiesen worden.

In dem Revisionsurtheil wird zunächst ausgeführt, daß die zweifelhafte Frage, ob das ange= fochtene Modell in der That eine Arbeitsgerätschaft und nicht vielmehr eine Maschine sei, keiner Entscheidung bedürfe, weil das Berufungsurteil auch abgesehen davon begründet erscheine. Der Berufungsrichter habe unanfechtbar festgestellt, daß jede der in der Anmeldungsschrift angegebenen vier Vorrichtungen schon vor der Anmeldung bekannt gewesen sei. Dann wird fortgefahren:

„Dadurch wird freilich die Neuheit der eingetragenen Häckselmaschine noch nicht ausgeschlossen, weil auch durch die bis dahin unbekannt gewesene Kombination bekannter Teile ein neues, schuß fähiges Muster entstehen kann. Allein die Neuheit dieser Kombination allein genügt zu deren Schußfähigkeit nicht, vielmehr muß wie das Berufungsgericht im Anschluß an das Urteil des Reichsgerichtes vom 8. Mai 1897 (Entscheidung Band 39 Seite 120, in Seuffert Archiv Band 53 Nr. 42) richtig ausführt, die Kombination, um des Musterschußes fähig zu werden, dem Arbeits- oder Gebrauchszweck besser dienen als die bisher bekannten Vorrichtungen. Die bloße Zusammenstellung bekannter Teile ohne jeden besonderen Erfolg für die Förderung des Arbeits- oder Gebrauchszwecks schafft kein neues Modell im Sinne des Gesezes. Es ist

Sache des Musterinhabers, diese förderliche Eigen= schaft seines Modells anzugeben, wenn sich dieselbe nicht von selbst ergiebt. Erst dieser Angabe gegen= über ist der Gegner in der Lage, das Nichtvor= handensein der behaupteten Eigenschaft zu beweisen. Der Beklagte war aber, wie das Berufungsgericht mit Recht hervorhebt, um so mehr veranlaßt, mit bestimmten Angaben nach dieser Richtung hervor= zutreten, nachdem die Sachverständigen in seiner Kombination etwas Neues nicht gefunden hatten. In dieser Beziehung hat sich der Beklagte darauf beschränkt, die Billigkeit der von ihm angemeldeten Häckselmaschine geltend zu machen, welche Eigenschaft an sich auch von dem Sachverständigen S. bestätigt worden ist. Es ist anzuerkennen, daß ein technischer und gewerblicher Fortschritt vorliegt, wenn es gelingt, einen Apparat wesentlich billiger herzustellen, ohne daß derselbe an Leistungsfähigkeit und Dauerhaftigkeit gegenüber den bis dahin bekannten Appa= raten gleicher Art zurücksteht. Die Billigkeit allein reicht aber der Regel nach nicht hin, um die Schußfähigkeit eines im übrigen nichts Neues darbieten= den Modells zu begründen, weil sie, wenn sie auf Kosten andrer wichtiger Eigenschaften des Apparats erreicht wird, meist sogar als eine Verschlechterung desselben erscheint. Nun hat aber der Beklagte es unterlassen, im einzelnen näher darzulegen, worauf die angebliche Billigkeit seiner Häckselmaschine beruhe und daß diese troß ihrer Billigkeit die gleiche Leistungsfähigkeit und Dauer besize wie die vorher bekannten Häckselmaschinen. Seine Anmeldungsschrift enthält darüber nichts und auch der Eingang der ihr beigefügten Beschreibung erwähnt die Billigkeit der Häckselmaschine nur in ganz allgemeiner, lediglich als Anpreisung erscheinender Weise. Wollte man aus dem an das Patentamt gerichteten Schreiben des Beklagten vom 22. Juni 1892, in welchem er erklärt, daß das Eigentümliche seiner Häckselmaschine der Hauptsache nach der Holzkasten ohne Anwen= dung eines besonderen eisernen Kopfes sei, herleiten, daß auch die Billigkeit seiner Maschine sich wesentlich auf die Anwendung des Holzkastens gründe, so würde, da festgestellt ist, daß auch diese nichts Neues ist, sich daraus ergeben, daß auch die Billigkeit der Maschine ihrem Grunde nach der Neuheit entbehrt. Unter diesen Umständen hatte das Berufungsgericht keine Veranlassung, zu untersuchen, ob die von dem Beklagten behauptete Billigkeit seiner Häckselmaschine geeignet sei, deren Schußfähigkeit zu begründen, und es liegt keine Rechtsverlegung darin, daß das Berufungsgericht sich auf die Prüfung beschränkt hat, ob das angemeldete Modell in seiner Zusammenseßung für neu zu er=

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Für die Beklagten ist auf Grund einer Anmeldung vom 28. Februar 1895 in die Musterrolle des Kaiserlichen Patentamts ein Gebrauchsmuster eingetragen worden unter Nr. 41 648. Die Überschrift der Anmeldung lautet: Schüßenschlagvorrichtung für mechanische Drahtwebstühle mit an beiden Enden der Schüßenbahn abwechselnd ge= spannten und ausgelösten Schlagfedern." Am Schluß der Anmeldung ist ein Schußanspruch formuliert, der folgenden Wortlaut hat: „Eine Schüßenschlagvorrichtung für mechanische Drahtwebstühle, gekennzeichnet durch die Anordnung des Spannmechanismus (Winkelzüge k, l, 11 und Kurbeln m) und des Auslösungsmechanismus (Schieber o, Hebel P, Daumen r) für die auf beiden Seiten der Lade an= geordneten Schüßenschlagfedern (i) in der Weise, daß die genannten Schlagfedern (i) beim Auf- bezw. Vorwärtsgang der Lade abwechselnd gespannt und ebenso abwechselnd ausgelöst werden.“

Die erhobene Klage geht darauf, die Beklagten zu verurteilen, in Löschung des für sie eingetragenen Gebrauchsmusters zu willigen. In zweiter Linie hat der Kläger beantragt, zu erkennen, daß die Beflagten nicht befugt seien, das ihnen infolge der Gebrauchsmustereintragung zustehende Recht ohne Erlaubnis des Klägers als Patentinhaber sauszuüben. Von den Beklagten ist Abweisung der Klage verlangt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers sind dagegen vom Oberlandesgericht die Beklagten verurteilt worden, in die Löschung des für sie eingetragenen Gebrauchsmusters zu willigen. Die Berufungsverhandlung hatte sich auf die Frage beschränkt, ob das für die Beklagten eingetragene Gebrauchsmuster ein Modell im Sinne des Gebrauchsmustergeseßes sei, und diese Frage ist vom Oberlandesgericht verneint worden.

Die Beklagten haben Revision eingelegt und beantragt, unter Aufhebung des oberlandesgerichtlichen Urteils die Berufung des Klägers zurückzu

weisen. Der Kläger hat beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Das Sach- und Streitverhältnis ist im Anschluß an die Urteile erster und zweiter Instanz vorgetragen worden.

Entscheidungsgründe.

Die Annahme des Berufungsgerichts, daß die streitige Vorrichtung dem Gebrauchsmusterschuß nicht zugänglich sei, muß ungeachtet der dagegen gerich= teten Revisionsangriffe für zutreffend erachtet werden.

Die Revision verweist zunächst auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils, in denen die Ansicht vertreten wird, daß unterschiedslos alle Maschinen und Betriebsvorrichtungen den „Arbeitsgerätschaften oder Gebrauchsgegenständen“ zuzurechnen seien. Demgegenüber ist aber an dem vom erkennenden Senat bereits mehrfach ausgesprochenen Grundsay festzuhalten, daß nach dem allgemeinen Sprachgebrauch und im Sinne des Gesezes vom 1. Juni 1891 unter Arbeitsgerätschaften und Gebrauchsgegenständen nur relativ einfache Werkzeuge und Vorrichtungen zu verstehen sind, nicht aber künstliche, aus vielen ineinander greifenden Arbeitsmitteln zusammengesezte, zur Bewegung durch Naturkräfte bestimmte Maschinen oder die Gesamtheit einer Reihe selbständiger, zum Zwecke eines auf einer Mehrheit von Arbeitsvorgängen aufgebauten Betriebes zusammengefügter Vorrichtungen.

Vergleiche die in den Entscheidungen des Reichsgerichts in Civilsachen abgedruckten Urteile vom 23. Oktober 1895 und 8. Mai 1897.

Die Anwendung dieses Grundsaßes auf den vorliegenden Fall führt zur Bestätigung der an= gefochtenen Entscheidung. Allerdings wurde in dem zweiten der beiden angezogenen Urteile anerkannt, daß ein Gegenstand, der als Teil eines zusammengesezten Apparats zu dienen bestimmt sei, auch dann, wenn letterer selbst der Musterschußfähigkeit ent= behren sollte, ein Arbeitsgerät oder Gebrauchsgegen= stand sein könne, und auf Grund dessen angenommen, daß dem Modell einer neu und zweckmäßiger gestalteten Filterplatte für Filterpressen der Musterschuß nicht zu versagen sei. Der Revision ist aber nicht zuzugeben, daß es sich darnach rechtfertigt, der hier in Frage stehenden Vorrichtung die gleiche Behandlung zu Teil werden zu lassen.

Für das Urteil vom 8. Mai 1897 handelte es sich um einen einfachen Gegenstand, der lediglich vermöge der ihm selbst beiwohnenden Beschaffenheit eine beschränkte Aufgabe bei der Arbeitsverrichtung des Apparats erfüllt, von welchem er einen Teil bildet. Ganz anders liegt die Sache im gegen= wärtigen Fall. In Anspruch genommen wird der

erachtet haben. Eine derartige Vorrichtung ist als
ein Arbeitsgerät oder Gebrauchsgegenstand, wofür
der Gebrauchsmusterschuß erworben werden könnte,
nicht anzusehen.
I. 64/1898.

VI. Warenzeichenschuk.

11. Reichsgericht, II. Civilsenat, 1. April 1898. Welche Wirkung hat die Eintragung eines Wortzeichens, wenn andere dieses Wort in Verbindung mit anderen Worten zur Bezeichnung gleichartiger Waren benutzen. Lanolin und Boroglycerinlanolin.

Thatbestand.

Gebrauchsmusterschutz für eine Schüßenschlagvor- verschiedenen Buchstabenbezeichnungen für nötig richtung für mechanische Drahtwebstühle. Aus der in der Modellanmeldung gegebenen Beschreibung ist Folgendes hervorzuheben. Auf jeder Seite des Drahtwebstuhls sind zwei Hebelmechanismen, ein Spann- und ein Auslösungsmechanismus, angebracht. Die Spannmechanismen dienen zum Spannen, die Auslösungsmechanismen zur Auslösung der an beiden Enden der Schüßenbahn angeordneten Schlagfedern, welche leyteren, wenn sie nach der Auslösung vorschnellen, den Schüßen durch das Fach schießen. Jeder der beiden Spannmechanismen wird gebildet durch einen in einem Lager der Schüßenkasten Grundplatte drehbaren Winkelhebel, dessen nach oben gerichteter, durch eine Feder nach innen gezogener Arm hinter eine in Längsschlißen der Grundplatte gleitende Nase des Schlagbolzens greift, und dessen anderer Arm durch eine eingelenkte Stange mit einem zweiten, in einem Bock lagernden und in einer Führungsgabel gleitenden Hebel in Verbindung steht. Jeder der beiden Auslösungsmechanismen besteht aus einem in einem Gestell drehbar gelagerten Winkelhebel, dessen oberer Arm mit Gabeln hinter die Rolle eines noch zu erwähnenden Schiebers greift. In Thätigkeit gesezt wird der Spannmechanismus durch den Aufwärtsgang, der Auslösungsmechanismus durch den Abwärtsgang der Lade, indem diejenige Welle, welche vermittelst Kurbeln und Pleuelstangen die Lade auf- und abbewegt, durch Zahnräderübersetzung eine zweite Welle antreibt und diese bei ihrer Drehung durch Kurbeln und Daumen auf die genannten Mechanismen einwirkt. Erforderlich ist sodann noch auf jeder der beiden Seiten des Drahtwebstuhls eine Feststellvorrichtung: Ein in einer Führung der Schüßenkasten Grundplatte gleitender Schieber wird durch eine Feder gegen den Schlagbolzen gezogen und schnappt in einen Einschnitt des letzteren ein, sobald die Schlagfeder gespannt ist; das Auslösen des Schlagbolzens und damit der Schlagfeder erfolgt durch Zurückziehen des Schiebers.

Hiermit ist angedeutet, worin das Wesen der Schüßens hlagvorrichtung der Beklagten besteht. Wie ersichtlich, auf einer Kombination im einzelnen bekannter mechanischer Mittel beruhend, ist sie dazu bestimmt, dem Drahtwebstuhl in Bezug auf den wesentlichsten Teil seiner Arbeit, die Inbetriebseßung des Schüßens, eine angeblich neue Einrichtung zu geben, und sie ist in dem Maße kompliziert, daß zur Klarstellung ihrer Zusammensetzung und Wirkungsweise die Anmelder des Modells, und zwar mit Grund, eine mehr als fünf Seiten umfassende Beschreibung und vier Abbildungen mit sechsunddreißig

Für die Klägerin ist in der Zeichenrolle des Patentamtes seit 6. März 1896 das Warenzeichen Lanolin und Lanolinum für gereinigtes Wollfett und mit demselben hergestellte Produkte und Präparate eingetragen.1) Die Beklagte stellt ein Präparat aus Borsäure, Glycerin und Wollfett her und hat dasselbe mit Licenz der Klägerin, deren Lanolin sie dabei verwenden sollte, vom 6. März 1896 an unter der Bezeichnung Boroglycerinlanolin in den Verkehr gebracht. Nach ihrer Behauptung hat die Beklagte die lettere Bezeichnung bereits vor diesem Zeitpunkte bei ihren Präparaten angewendet und zwar ohne Unterschied, ob sie dabei das Wollfett der Klägerin oder anderes Wollfett benußte; nach dem 6. März will sie für leßteres Präparat die Bezeichnung Boroglycerin gebraucht haben. Infolge ent= standener Differenzen entzog die Klägerin der Beklagten vom 1. Oktober 1896 an die Licenz, das Wort Lanolin als Warenbezeichnung zu benußen. Die Beklagte ließ hierauf als Zeichen ihres Präparats, zu dessen Herstellung sie das klägerische Lanolin nicht mehr verwendet, das Wort Byrolin in die Zeichenrolle eintragen. In Zirkularen, Zei= tungsannoncen, Plakaten 2c. kündigt sie seitdem an Dr. Graf's Boroglycerinlanolin (Byrolin), weist auf Atteste über die Wirkung des Dr. Graf'schen Boroglycerinlanolin hin und macht bekannt, daß sie, um Verwechselungen vorzubeugen, in Zukunft ihr Präparat Dr. Graf's Boroglycerin oder wie es auch unparfümiert geheißen habe, Dr. Graf's Boroglycerin= lanolin nur noch mit dem geschüßten Namen Byrolin bezeichnen werde. Diese Bezeichnungen sind hierbei in start hervortretenden Buchstaben gedruckt.

1) Das Zeichen ist inzwischen gelöscht; Reichsanzeiger vom 27. März 1900.

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