Page images
PDF
EPUB

Fassung des Anspruches selber vielleicht auch noch Zweifel bleiben möchten, so lasse doch die hinzugefügte Beschreibung klar erkennen, daß als der eigentliche Gegenstand der unter Schuß gestellten Erfindung das Mercerisieren und Färben von ge= mischten, d. h. aus vegetabilischen und animalischen Fasern bestehenden, Geweben im Stück zur Erzielung zweifarbiger Effekte zu gelten habe. Gegenüber dem schon bekannten Mercerisieren und gegenüber dem ebenfalls schon bekannten Färben gemischter Gewebe zu dem bezeichneten Zwecke erscheint als die Neuerung des patentierten Verfahrens, daß die vegeta= bilische Faser des gemischten Gewebes vor dem Färben in stark gespanntem Zustande mercerisiert werde.

Das Kaiserliche Patentamt hat in seiner Entscheidung vom 9. Juni 1898 das Patent für nichtig erklärt, indem es davon ausging, daß als Gegen= stand der geschüßten Erfindung die Spannung der vegetabilischen Faser während der ganzen Dauer des Mercerisierungsverfahrens angeschen werden müsse, daß aber die vollkommenste Übereinstimmung dieser Erfindung mit der durch das erwähnte Englische Patent geschüßten und dadurch bekannt gewordenen Erfindung nicht zu bestreiten sei. Das Verfahren werde auch in der Englischen Patentschrift derartig beschrieben, daß es durch einen Sachkundigen ausgeübt werden könne.

Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt mit dem Antrage, „die Entscheidung der ersten Instanz aufzuheben, das Patent Nr. 85 564 für rechtsgültig zu erklären, eventuell unter schärferer Präzisierung seines Umfanges durch Abänderung des Patentanspruches in der durch die Anlage gekenn zeichneten Weise, und den Nichtigkeitsklägern und Berufungsbeklagten die Kosten beider Instanzen aufzuerlegen." Die Formulierung, die danach eventuell dem Patentanspruche gegeben werden soll, lautet wie folgt: „Verfahren zur Erzeugung von merceri= sierten gemischten (d. h. aus mercerisierbaren und nicht mercerisierbaren Fasern bestehenden) Geweben, gekennzeichnet durch die Anwendung von Spannung beim Mercerisieren."

Zur Begründung ihrer Berufung hat die Beflagte dargelegt, daß nach Maßgabe der Patent beschreibung der Gegenstand ihrer geschüßten Erfindung ganz offensichtlich in einer Verbesserung des bekannten Verfahrens zur Erzeugung von mercerisierbaren gemischten Geweben gefunden werden müsse und zwar in einer Verbesserung, die in der Anwendung der Spannung beim Mercerisieren be stehe. Dieser Bedeutung des Patents widerspreche auch der Verlauf des Erteilungsverfahrens keines

wegs, sofern nämlich von vornherein immer nur von gemischten Geweben die Rede gewesen sei. Die neue, jezt vorgeschlagene Fassung des Anspruches bringe daher recht eigentlich zum Ausdrucke, was sie habe schüßen lassen wollen und was vom Patent= amte geschüßt worden sei. Schlimmsten Falles werde damit eine teilweise Nichtigkeit des bestehen= den Patents herbeigeführt, nicht aber ein neues Patent erteilt. Insoweit stehe dem Anspruche aber auch die Englische Patentschrift nicht im Wege, die sich mit der Mercerisierung gemischter Gewebe im Stück gar nicht beschäftige. Daß ihr Verfahren zu praktisch brauchbaren Ergebnissen führe, sei durchaus nicht selbstverständlich und ohne weiteres sicher gewesen. Ein wesentlicher gewerblicher Fortschritt werde aber um deswillen gewonnen, weil das Zweifarbigfärben, die Erzeugung dunklerer Nuance auf der Baumwolle und hellerer auf der beigemischten tierischen Faser dadurch ermöglicht werde.

Die Kläger haben diesen Ausführungen widersprochen. Sie halten dafür, daß das Patentamt den Inhalt und Umfang des angefochtenen Patents richtig bestimmt habe und daß danach die Vorwegnahme der Erfindung durch das Englische Patent unmöglich in Abrede gestellt werden könne. Es handle sich einzig und allein um die Spannung der vegetabilischen Faser beim Mercerisieren, ohne Unterschied, ob dieses vor oder nach der Verwebung mit der animalischen Faser vorgenommen werde. Gerade dasselbe sei aber auch Gegenstand des Englischen Patents und in der Englischen Patentschrift näher beschrieben. Der Hinweis auf die Erzielung verschiedener Farbeneffekte erscheine verfehlt. Denn einerseits sei sie auch in der Englischen Patentschrift als eine Folge des Mercerisierens hervorgehoben, und andererseits beziehe sich z. B. schon das seiner Nichtneuheit willen später wieder vernichtete Deutsche Patent Nr. 41089 vom Jahre 1886 auf ein Verfahren zur Herstellung von zweifarbigen, im Stück gefärbten Möbelplüschen. Sie bäten deshalb, die Berufung zurückzuweisen.

beschrieben.

um

Demnächst hat die Beklagte zur Anzeige gebracht, daß ihr Patent Nr. 85 564 inzwischen durch Cession auf die Aktiengesellschaft J. P. Bemberg, Baumwollindustrie-Gesellschaft zu Dehde bei BarmenRittershausen, übergegangen sei. Diese hat erklärt, daß sie an Stelle der ursprünglichen Beklagten in den Prozeß eintrete. Die Kläger haben solcher Prozeßübernahme sowohl als auch der Erhebung einer Hauptintervention widersprochen. Die gegen= wärtige Patentinhaberin ist deshalb der Beklagten als Nebenintervenientin beigetreten, wogegen die Kläger keine Einwendungen erhoben haben.

Die Berufung muß zurückgewiesen werden. Es ist nicht mehr streitig und kann füglich auch nicht bestritten werden, daß das Englische Patent von 1890, auf das sich die Kläger berufen, u. a. auch die Spannung beim Mercerisieren der vegetabilischen Faser zum Gegenstand hat. Sein erster Anspruch lautet: «The process of treating cellulosic fibrous material which consists in subjecting it to a strong solution of an alkaline hydrate preferably sodium hydrate and stretching the alkalized fibre during or subsequent thereto before the fibres set rigid to prevent or recover shrinkage substantially as and for the purpose described. Und in der provisional wie in der complete specification wird wiederholt hervor gehoben, daß das schädliche Einlaufen des gesponnenen oder gewebten Fabrikates verhindert oder wieder ausgeglichen werde «by streeping the material mechanically stretched whilst subjected to the treatment or by subjecting it to a stretching operation immediately after the treatment and during the subsequent operation of dissipating the combination of the caustic soda with the cellulose». Wenn sich daher das Patent der Beklagten lediglich darauf bezieht, daß die Pflanzenfaser bei ihrer Behandlung mit alkalischen Laugen oder starken Säuren zur Verhütung des Einschrumpfens mechanisch gestreckt wird, so hätte nach § 1, 2 des Patentgeseßes ein Patent aller= dings nicht erteilt werden dürfen. Nach Anspruch und Beschreibung besteht nun aber diejenige Erfindung, für die Schuß gewährt worden ist, in der That in der Spannung der vegetabilischen Faser während des Mercerisierungsprozesses. Das wird von der Beklagten auch nicht eigentlich mehr verkannt. Sie hält aber dafür, daß das Spannungsverfahren in einer einzelnen bestimmten Richtung, in seiner Verwendung beim Mercerisieren gemischter Gewebe, d. h. solcher Gewebe, die aus animalischen und vegetabilischen Faseru zusammengesetzt sind, den Gegenstand ihres Patents bilde. Und sie bezeichnet die Übertragung des Spannungsverfahrens auf das gemischte Gewebe für patentierbar, weil es dadurch erst möglich geworden sei, beim nachfolgenden Färbeprozeß verschiedenartige Farbennuancen nicht wie bisher auf Kreppartikeln, sondern auf glatten Stoffen zu erzielen. Aus dem Patentanspruch selber wird nun jedenfalls solche Spezialisierung so wenig wie der Effekt, den es angeblich gilt, ersehen werden können. Er thut des gemischten Gewebes überhaupt nicht Erwähnung, sondern beschäftigt sich so allgemein wie ausschließlich mit der Spannung der vegetabilischen Faser in Strang- oder Gewebe

form, während sie der Einwirkung der Basen oder Säuren ausgesezt ist. Und auch in der Beschreibung wird das Neue des angemeldeten Verfahrens darin gefunden, daß „die vegetabilische Faser — in Strangform oder schon gewebt oder endlich lose vor dem Verspinnen Verspinnen in stark gespanntem Zustande“ zur Zeit der mercerisierenden Behandlung erhalten wird. Auf der anderen Seite muß anerkannt werden, daß das gemischte Gewebe zum Ausgangspunkte der Darstellung gewählt worden ist und daß der Vorteil, infolge des Mercerisierens der mit animalischer Faser verbundenen gespannten vegetabilischen Faser zweifarbige Effekte erreichen zu können, eine besondere Erörterung erfahren hat. Es könnte daher in Frage kommen, ob, wenn die Spannung beim Mercerisieren durch das Englische Patent schon vorweggenommen war, die Spannung beim Merceri= sieren gemischter Gewebe aber einen neuen schußfähigen Erfindungsgedanken enthielt, anstatt einer Vernichtung des angefochtenen Patents nicht vielmehr nur eine Einschränkung des in seiner allge= meinen Fassung unzutreffenden, partiell aber doch gerechtfertigten Patentanspruches Plaß greifen müßte. Das ist hier aber doch nicht der Fall. Es genügt nicht, daß der Erfinder zu einer gewissen Erkenntnis

die Beklagte also zur Erkenntnis der Möglichkeit, das Spannungsverfahren mit einem besonderen Erfolge auch beim gemischten Gewebe zur Anwendung zu bringen. gelangt ist. Er muß auch den Patentschuß für seinen Gedanken nachgesucht und erhalten haben. Und eben daran fehlt es, wie

[ocr errors]

abgesehen ganz vom Patentanspruche selber der Inhalt der Erteilungsakten ergibt. Die Antragstellerin wollte anfangs das Mercerisierungsverfahren als Vorbereitung des Färbens unter Schuß gestellt wissen. Der angemeldete Anspruch ging auf ein besonderes Verfahren, gemischte Ge= webe ein oder mehrfarbig zu färben, durch Behandeln der vegetabilischen Stoffe vor dem Färben mit starken Laugen oder Säuren“. Vom Patentamte auf das Unzureichende der Anmeldung und das Bekanntsein des Mercerisierens aufmerksam gemacht, wurde eine veränderte Beschreibung eingereicht, mit der Begleitbemerkung, daß sie „auf die

Vermeidung des Einlaufens der mit starken Basen oder Säuren behandelten Fasern eingeschränkt wor= den" sei. Da das Patentamt lediglich in der ihm bis dahin unbekannten ihm bis dahin unbekannten Spannung der Faser das Neue des Verfahrens erblickte, brachte es unter besonderem Hinweis auf diesen Umstand diejenige Fassung in Vorschlag, die der Patentanspruch demnächst erhalten hat. Die Antragstellerin erklärte sich aber ausdrücklich damit einverstanden. Hiernach

erstreckt sich der Schuß des Patents gemäß der Absicht der Beteiligten, der Behörde sowohl wie der Patentsucherin, auf die Spannung der vegetabilischen Faser während des Mercerisierungsverfahrens, ohne daß der momentane Zustand, in der sich diese Faser gerade befindet, oder die Verbindung, die sie mit andersgearteten Fasern eingegangen sein möchte, von besonderer Erheblichkeit wäre. Gerade das bildet aber auch den Gegenstand des Englischen Patents Nr. 4452.

Die Aufrechterhaltung des angefochtenen Patents würde übrigens auch dann nicht berechtigt sein, wenn die Auffassung der Beklagten über dessen Inhalt Billigung finden könnte. Das Patent des H. A. Lowe lautet ganz allgemein. Es heißt in der ihm beigegebenen Beschreibung: «The material may by treated either in form of cloth, yarn, or as may be desired«; und an einer anderen Stelle: «The material may be treated by this process in the form of woven lengths of cloth or as yarn in the hank or cop or after being warped. Es umfaßt also nicht bloß die Spannung in einer bestimmten Phase des Fabrikationsprozesses und nicht bloß die Spannung der für sich alleinstehenden vegetabilischen Faser, sondern die Span= nung schlechthin, ohne Unterschied, in welcher Verfassung sich der zu mercerisierende Gespinnststoff gerade befinden möchte. Wenn der Möglichkeit, die Spannung auch bei einer auf die Verwebung fol genden Behandlung der vegetabilischen Faser anzu= wenden, ausdrücklich und ohne Einschränkung gedacht wird, so ist nicht wohl einzusehen, warum dabei die überaus gebräuchliche Verwebung mit animalischen Fasern ausgeschlossen sein sollte. Nun ist freilich in der Englischen Patentschrift davon nicht besonders die Rede, daß beim Färben eines gemischten

Gewebes nach dessen unter Spannung vollzogener Mercerisierung zweifarbige Effekte erzielt werden, und daß sich über die eingewebte vegetabilische Faser ein seidenartiger Glanz verbreitet. Diese von der Beklagten in der Berufungsinstanz namentlich her= vorgehobenen Thatsachen vermögen aber die Entscheidung nicht zu ihren Gunsten zu wenden. Denn wenn der englische Erfinder die angedeuteten Wirkungen in der That nicht erkannt hat, und wenn mit Rücksicht auf die solcher Erkenntnis anscheinend zukommende wirtschaftliche Bedeutung ihre Patent= fähigkeit in der einen oder anderen Richtung an= genommen werden müßte: so würde doch die Beklagte dafür feinen gesetzlichen Schuß gewonnen haben. Nicht ein Färbeverfahren, sondern ausschließlich das Spannungsverfahren, das während des das Färben vorbereitenden Mercerisierungsver

fahrens vor sich geht, bildet den Gegenstand ihres Patents. Die Umwandlung des Patents in ihrem Sinne würde daher der Erteilung eines neuen Patentes gleichkommen. Hiernach mußte die Entschei= dung des Kaiserlichen Patentamtes bestätigt und die Beklagte in die Kosten des Berufungsverfahrens verurteilt werden.

2. Reichsgericht, 29. Dezember 1898. Auch die nur teilweise unerlaubte Benutzung einer Erfindung macht straffällig. Gründe. 1)

Der Revision kann zugegeben werden, daß die Gründe des angefochtenen Urteils sich mehrfach ungenau darüber auslassen, was als Gegenstand der durch das Patent geschüßten Erfindung der Firma Stute & Blumenthal angesehen wird. Denn da dort anerkannt wird, daß es früher schon Waschmaschinen alten Systems gegeben hat, so ist es bedenklich, wenn als Gegenstand der Erfindung eine Waschmaschine schlechthin, nicht eine bestimmte Neuerung an einer solchen bezeichnet wird. Aber die abgegebene Entscheidung wird von diesem Mangel nicht beeinflußt. Sie wird getragen durch die Feststellung, daß zu der geschüßten Erfindung als wesentlicher Teil die nach außen Hohlräume bildenden Röhren gehören, welche die an den ersehen, und daß der Angeklagte diese Neuerung Waschmaschinen alten Systems vorhandenen Stäbe für die auf seine Bestellung angefertigten, von ihm in seinem Gewerbebetriebe benußten Maschinen verwendet hat. Denn das Recht des Patentinhabers zur ausschließlichen Verwendung seiner Erfindung macht auch schon deren teilweise Benußung durch einen unberechtigten Dritten unzulässig, es ist da= Aufschluß darüber geben, woraus die Erfindung, rum unerheblich, wenn die Urteilsgründe keinen abgesehen von den Röhren, besteht. Die Revision irrt, wenn sie für den Angeklagten glaubt geltend machen zu können, daß diese Röhren nicht die ein= zige Neuerung und Abweichung von der früheren Gestalt der Waschtrommeln bildeten. Dieser Umstand konnte nur Bedeutung erlangen für die Entscheidung der Frage, ob der Angeklagte mit der Benutzung der Röhren wissentlich das fremde Patentrecht verlegt hat. Denn es ist richtig, was die Revision ausführt, daß der Angeklagte gewußt haben muß, daß gerade die Röhren einen wesent= lichen Teil der geschüßten Erfindung ausmachen. Aber dieses Wissen ist auch mit ausreichender

1) Es handelt sich um die Patente Nr. 70 391 und 78239.

Begründung festgestellt. Die Straffammer hat sich nicht, wie die Revision behauptet, darauf beschränkt, als erwiesen hinzustellen, der Angeklagte habe ge= wußt, die Maschine der Firma Stute & Blumenthal sei geschüßt, sondern hinzugesezt, daß der Angeklagte aus dem Prospekt ersehen hat, daß die Röhren der Waschtrommel den wesentlichsten Teil der Erfindung bilden. Aus dieser Thatsache hat ohne Rechtsirrtum gefolgert werden können, daß die aus anderen Beweisthatsachen entnommene Absicht des Angeklagten, die patentierte Erfindung der Firma Stute & Blumenthal nachzumachen, sich zugleich mit Bewußtsein auf die Nachbildung der Röhren der Waschtrommel gerichtet hat. Auf Grund dieser Würdigung des Beweisergebnisses ist dann mit Recht die Verteidigung des Angeklagten zurückgewiesen, er sei in dem guten Glauben gewesen, daß die an seiner Maschine von ihm angebrachten Änderungen die Übereinstimmung mit der Erfindung der Firma Stute & Blumenthal thatsächlich ausgeschlossen hätten.

Da die Begründung des angefochtenen Urteils auch sonst zu rechtlichen Bedenken nicht Anlaß gibt, so war die Revision zu verwerfen.

3. Patentamt, 18. Januar und 15. November 1899. Die von einem Dritten,unter Inanspruchnahme jedes gesetzlichen Vorbehalts“ an das Patentamt geleistete Zahlung einer Jahresgebühr schließt die Löschung wegen Nichtzahlung aus. Eine Rück

zahlung findet nicht statt.

Der Beschwerdeführer war an der Ausnußung eines Patents beteiligt und führte mit dessen Inhaberin einen Rechtsstreit. Er zahlte unterm 5. Oktober 1898 die 11. Jahresgebühr „unter Inanspruchnahme jedes gesetzlichen Vorbehalts" und erläuterte dies auf Rückfrage dahin, daß er je nach Ausfall des Rechtsstreites das Geld von dem Patent= amt zurückverlangen wolle.

Die Anmeldeabteilung I beschloß die Löschung des Patents und Rückzahlung der Gebühr, da diese nicht vorbehaltlos gezahlt worden und das Patent= gesetz eine bedingte Zahlung nicht kenne.

Auf Beschwerde wurde dieser Beschluß am 18. Januar 1899 aufgehoben.

Gründe:

Innerhalb der gesetzlichen Frist ist die elfte Jahresgebühr für das Patent 46731 am 6. Oktober 1898 von dem Beschwerdeführer gezahlt worden. Diese Thatsache genügt nach Lage der Akten, um die von der Anmeldeabteilung I angeordnete Löschung des Patents als ungerechtfertigt erscheinen zu lassen.

Wenn der Beschwerdeführer an die Zahlungserklärung den Zusaß geknüpft hat er nehme jeden gefeßlichen Vorbehalt in Anspruch", so kommt einer solchen allgemeinen Bemerkung für die Frage der rechtsgültigen Gebührenzahlung eine maßgebende Bedeutung überhaupt nicht zu. Sofern er nach allgemeinen Rechtsgrundsäßen in Zukunft einen Anspruch auf Rückzahlung der Gebühren oder einen sonstigen Anspruch auf Erstattung der Gebühren, z. B. gegen den Patentinhaber, haben sollte, so steht ihm dessen Geltendmachung ohnehin, auch ohne jenen Vorbehalt, frei. Die Absicht des Zahlenden, die fällige Gebühr zu entrichten, ist in dem innerhalb der geseßlichen Zahlungszeit bei dem Patentamt eingegangenen und deshalb in erster Linie maßgebenden Schreiben vom 5./6. Oktober 1898 unzweideutig erklärt, damit ist dem Geseze Genüge gethan. Was sodann die Frage anlangt, welche Bedeutung die sonstigen Erklärungen des Beschwerdeführers haben, so steht ihm das Recht, durch seine Erklärungen irgendwie über den Bestand des Patents zu verfügen, nicht zu, weil er nicht Inhaber des Patents ist. Nur der in die Rolle Eingetragene kann durch seine Erklärung das Ende des Patent= rechts herbeiführen (§ 19 des Patentgeseßes). Daß im vorliegenden Falle der Beschwerdeführer von bevollmächtigt ist, ist nicht nachgewiesen. Hiernach dem Patentinhaber zu Erklärungen solcher Art durfte die Anmeldeabteilung I jenen Vorbehalt und die Frage der Löschung des Patents nicht allein mit dem Beschwerdeführer erörtern, und wenn sie nur ihm gegenüber die Löschung des Patents an= gedroht und schließlich ausgesprochen hat, so entbehrt ein solches Verfahren der rechtlichen Begründung. Es muß deshalb nach Lage der Sache dabei bewenden, daß die Gebühr vorschriftsmäßig gezahlt ist, woraus sich zugleich ergibt, daß eine Rückerstattung des Geldes gegenwärtig nicht in Frage kommt.

Die Anmeldeabteilung I verhandelte nunmehr mit der Patentinhaberin, die mit einem Verzicht auf das Patent antwortete.

Hierauf wurde die Löschung in der Patentrolle verfügt und der Beschwerdeführer davon verständigt.

Dieser verwahrte sich gegen die Löschung, behauptete, daß die Hälfte des Eigentums- und Ver= fügungsrechtes an dem Patent auf ihn übertragen worden sei, und verlangte die Eintragung dieses Rechtsüberganges in die Patentrolle, sowie ferner die Rückzahlung der von ihm unter Vorbehalt ge= zahlten Gebühr.

Die gegen den ablehnenden Beschluß erhobene Beschwerde wurde am 15. November 1899 zurückgewiesen.

Gründe.

Die Jahresgebühren können nicht bloß von dem in die Patentrolle eingetragenen Patentinhaber, sondern von jedem Dritten mit Rechtswirksamkeit gezahlt werden. Nach der Entscheidung der Beschwerdeabteilung I vom 18. Januar 1899 ist die Zahlung der 11. Jahresgebühr in vorschriftsmäßiger Weise erfolgt. Da es sich hierbei um Zahlung einer bereits fälligen Gebühr handelte, so ist ein Rückerstattungsanspruch dem Patentamte gegenüber ausgeschlossen (§ 8 des Patentgesezes vom 7. April 1891).

Die Löschung eines Patents kann der in die Rolle eingetragene Patentinhaber beantragen. Eingetragen als Inhaber des Patents 46731 war E. G., die Tochter des Technikers . G. in S. Da diese unter dem 28./29. April d. Js. die

Löschung des Patents in der Patentrolle beantragt hat, so hat die Anmeldeabteilung I gemäß § 19 in Verbindung mit § 9 des Patentgesezes die Löschung zu Recht verfügt.

Die Berichtigung der Rolleneintragung in Betreff der Person des Patentinhabers stand nicht in Frage. Sie ist nach § 19 Absaß 2 des Patentgeseßes nur vorzunehmen, wenn die Änderung in der Person des Patentinhabers in beweisender, d. h. gericht lich oder notariell beglaubigter — Form dem Patent= amt nachgewiesen, oder wenn ein rechtskräftiges Urteil vorgelegt wird, das den bisherigen Patent inhaber verurteilt, in die Umschreibung auf den Namen eines Anderen zu willigen.

[merged small][ocr errors][merged small][merged small]

Die Anmeldeabteilung hat die Anmeldung zurückgewiesen, weil das beanspruchte Signalisier verfahren in seinen wesentlichen Merkmalen bekannt sei. Es kann dahingestellt bleiben, ob in dieser Hinsicht die entgegengehaltenen Literaturstellen genügen. In erster Linie ist zu prüfen, ob die An= meldung eine gewerblich verwertbare Erfindung im Sinne des § 1 des Patentgesezes zum Gegenstand hat, und diese Frage muß verneint werden.

Das Verfahren der Anmelder besteht nach ihren eigenen Angaben darin, daß man das Signalbuch in eine bestimmte Anzahl Unterabteilungen teilt und behufs Bezeichnung eines Signales letteres mittelst einer der Zahl der Unterabteilungen entsprechenden

Anzahl optischer Signale in die Ferne mitteilt. Auf die technischen Mittel des Telegraphierens kommt es also nicht an, sondern auf die von der Technik unabhängigen Begriffe, die durch Zeichen angedeutet werden, und auf die Zahl und Reihenfolge von Zeichen, die die Übermittlung von Säßen oder Worten auf schnelle und einfache Weise ermöglicht. Ein solches System kann durch den Patentschuß nicht zu gunsten desjenigen, der es sich ausgedacht hat, mit Beschlag belegt werden, weil es dem rein. geistigen Gebiete angehört. Seinen äußeren Niederschlag findet es ausschließlich in der Einrichtung des Signalbuches, in der Anordnung von Gruppen, in denen Zahlen und Zeichen und Worte nach gewissen Gesichtspunkten aufgeführt werden. Insofern mag eine literarische Leistung vorliegen, die auf demselben Gebiete liegt, wie die Schaffung von Adreßbüchern. Im Übrigen fehlt es an einer mechanischen oder chemischen Bearbeitung oder Verarbeitung von Rohstoffen, und eine solche muß immer vorhanden sein, wenn der Begriff der gewerblich verwertbaren Erfindung gegeben sein soll. Wenn die Anmelder hervorheben, auch der Schreiber und der Kaufmann übten ein Gewerbe aus, so ist das insofern richtig, als bei diesen ein gewerbsmäßiges Thun vorliegt. Gegen die obige Auffassung der gewerblichen Produktion aber spricht das nicht.

Wenn daher der vermeintlichen Erfindung der Patentschutz versagt wird, so entspricht das der Auffassung, die das Patentamt in ständiger Übung in ähnlichen Fällen befolgt hat; es sei hier nur auf die Entscheidung der Beschwerdeabteilung II vom 8. Februar 1896 (Blatt für Patent-, Muster- und Zeichenwesen 1896 S. 60), vom 26. Februar 1898 (ebenda 1898 S. 121) und vom 21. November 1898 (ebenda S. 251) verwiesen.

Die Anmeldung ist hiernach mit Recht zurückgewiesen worden.

5. Patentamt, 30. September 1899. Der Antrag auf Gebührenstundung muß innerhalb der gesetzlichen Zahlungsfrist gestellt sein. Für den Nachweis der Bedürftigkeit darf eine Frist über die Zahlungsfrist hinaus gestellt und weiter verlängert werden. Geht dieser Nachweis zwar nach Ablauf der gestellten Frist, aber vor Beschlußzfassung über den Stundungsantrag ein, so ist er zu beachten.

Gründe.

Nach den Akten hat der Beschwerdeführer den. Stundungsantrag rechtzeitig gestellt. Dagegen ist der Bedürftigkeitsnachweis am Tage nach dem Ablauf der für seine Beibringung gesezten Frist,

« PreviousContinue »