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welche weder promovirt haben, noch Lehramtscandidaten sind, noch die pharmaceutische Staatsprüfung bestanden haben. In diesem Falle werden die Bedingungen ziemlich allgemein zusammen zu fassen sein. Wir werden hier jedenfalls ein zurückgelegtes dreijähriges Universitätsstudium und ein Jahr Praxis in einer Untersuchungsanstalt verlangen müssen, und dann wird sich selbstverständlich in diesem Falle eine rigorosere Prüfung anzureihen haben, nicht bloss ein Colloquium in allen bereits vorhin von mir näher bezeichneten Hülfsfächern, sondern auch eine Hauptprüfung in der Chemie und Physik. "Anknüpfend an diese Frage komme ich nochmals zurück zu Satz 2, in welchem es heisst:, die staatlichen Anstalten sind wo möglich mit Universitäten, technischen Hochschulen oder sonstigen höheren technischen Lehranstalten zu vereinigen.' die Möglichkeit der Durchführung dieser Idee könnte ja vielleicht einige Bedenken bei Ihnen erregen. Wir haben im Auge zu behalten, dass derjenige, der sich dem Dienste der Untersuchungsanstalten zuwendet, vor allen Dingen verlangt, dass er an der Universität Gelegenheit hat, die entsprechenden Curse und Vorlesungen zu hören. Wir haben, wie Ihnen wohl bekannt, nicht an allen deutschen Universitäten und auch technischen Hochschulen Vorlesungen, die geeignet sind, den betreffenden Candidaten. die nöthigen Kenntnisse zu verschaffen. Vorlesungen über Untersuchung der Lebensmittel, ja sogar leider über forensische Chemie u. s. w. existiren vielfach an unseren deutschen Universitäten nicht. Es ist aber ein dringendes Bedürfniss, dass diese Vorlesungen gehalten werden, und dass man die entsprechenden Einrichtungen auf unseren Universitäten trifft. Werden an unseren Universitäten Lehrstühle speciell für angewandte Chemie geschaffen, so sind die Inhaber dieser Lehrstühle meiner Ansicht nach am besten qualificirt, die staatliche Untersuchungsanstat aufzunehmen. Ebenso sind die Vorstände der hygienischen Institute geeignet, die Untersuchungsanstalten als Nebenzweig gewissermaassen, jedoch als selbständige Abtheilung aufzunehmen. Nicht minder geeignet zu diesem Zwecke werden die pharmaceutischen Institute, entsprechende Laboratorien an technischen Hochschulen und höheren Gewerbe- oder Realschulen sein. Die Laboratorien der Institute sind also jedenfalls vorhanden, darüber ist kein Zweifel, und es handelt sich bloss darum, ohne grossen Kostenaufwand in einem dieser genannten Institute, sei es in dem chemischen Laboratorium, in einem hygienischen Laboratorium eine selbständige Abtheilung zu schaffen, in der die Assistenten der Untersuchungsanstalten thätig sind, wo aber gleichzeitig noch etwas Raum gelassen wird, um den Studirenden Gelegenheit zu geben, in der Untersuchungsanstalt selbst thätig zu sein. Wir müssen dem Studirenden, der nach dieser Richtung hin sich entwickeln will, Gelegenheit geben, die factischen Verhältnisse kennen zu lernen. Es ist eine ganz andere Sache, meine Herren, wenn wir einen Wein mit Fuchsinzusatz u. s. w. verfälschen oder mit Heidelbeersaft vermischen oder irgend eine andere Verfälschungsmanipulation ähnlicher Art ausführen und dann die Untersuchung vornehmen lassen, als wenn wir irgend eine Handelswaare vor uns haben, an welcher sich auffallende Verhältnisse, Verfälschungen nachweisen lassen. Die Möglichkeit der Durchführung des soeben Entwickelten unterliegt keinerlei Schwierigkeit. Man wird den jungen Studirenden nicht als

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Sachverständigen in einer solchen Anstalt benutzen und aus seinen Untersuchungen das Resultat ohne jede Controle ziehen, man wird ihm nur das Material geben, wenn es vorliegt.

„Es könnte hier jedoch die Frage aufgeworfen werden: das Institut ist da, die specielle Einrichtung ist vorhanden, aber der betreffende Vorstand, dem die Leitung der Anstalt zu seinen Berufspflichten als Lehrer übertragen wird, wird zu sehr mit Arbeiten überbürdet. Die bis jetzt gemachten Erfahrungen beseitigen diese Befürchtung, sobald einmal die Organisation der Anstalt vollendet ist, und das nöthige Personal, vor Allem der stellvertretende Vorstand, vorhanden ist. Die Erfahrung hat bei uns in Bayern gezeigt, dass die Vorstände der Untersuchungsanstalten wohl Beschäftigung haben, aber nicht mit Arbeiten überbürdet sind, dass dieselben sehr leicht die Untersuchungsanstalten zu leiten im Stande sind, wenn die Organisation einmal besteht. Ich wünschte daher, dass die Untersuchungsanstalten, und zwar im Wesentlichen die staatlichen, die meines Erachtens mit Untersuchungen für das Publicum nichts zu schaffen haben sollten, aus dem Grunde mit höheren Lehranstalten vereinigt werden, damit der Studirende Gelegenheit findet, sich in zweckentsprechender Weise für den Dienst in der Untersuchungsanstalt selbst auszubilden.

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Wir kommen zu einem weiteren Gegenstande, den ich in Nummer 5 zusammenfasse :

Ein Vertreter der Medicin, am besten ein Medicinalbeamter, ist einer jeden öffentlichen Untersuchungsanstalt als Sachverständiger und Berather zur Seite zu stellen.

Wenn ich mir erlaubt habe, diesen Satz aufzustellen, so glaube ich einem Bedürfniss im Allgemeinen entsprochen zu haben, welches sich wohl in vielen Fällen ergiebt, namentlich dort, wo der Vorsteher der Untersuchungsanstalt keine allgemeine medicinische Bildung besitzt. Ist die Untersuchungsanstalt in den Händen eines Vertreters der Hygiene, so wird es ja nicht nöthig sein, dass ihm ein Berather aus medicinischen Kreisen zur Seite steht. Dagegen scheint es mir aber doch von grösster Wichtigkeit zu sein, dass in solchen Fällen, wo kein medicinischer Sachverständiger direct mit der Untersuchungsanstalt in naher Beziehung steht, eine solche Persönlichkeit beigesellt, gewissermaassen als Berather beigegeben wird. Man könnte mir ja allerdings entgegenhalten: das ist nicht nöthig; bei allen unseren Gerichtsverhandlungen wird ja, wenn auch das Untersuchungsresultat des Chemikers vorliegt, vielfach noch ein medicinischer Sachverständiger zugezogen, wenn es sich um die Frage handelt, ob gesundheitsschädlich oder nicht. Das ist allerdings richtig; trotzdem erscheint es mir aber sehr zweckmässig, wenn ein medicinischer Berather der Anstalt zur Seite steht, da vielfach doch der chemische Sachverständige in die Lage kommt, sich im Allgemeinen zu orientiren. Es ist ja gar nicht nöthig, dass der medicinische Sachverständige zum Personal der Untersuchungsanstalt gehört. Das wünsche ich gar nicht. Es soll nur eine Persönlichkeit vorhanden sein, und zwar am besten ein Medicinalbeamter, der der Untersuchungsanstalt als Berather gewissermaassen zur Seite steht und in dieser Richtung unterstützend eingreifen kann.

"Was die Einrichtung der Untersuchungsanstalten betrifft, so glaube ich über dieses Thema hier keine eingehende Controverse eröffnen zu sollen. Ich habe hier bloss, den Bedürfnissen entsprechend, den Schlusssatz aufgenommen, welcher lautet:

Jede öffentliche Untersuchungsanstalt soll neben den zu chemischen Arbeiten nothwendigen Räumen getrennte Abtheilungen für optische und spectralanalytische Untersuchungen, Gasanalysen, mikroskopische und bacteriologische Arbeiten besitzen.

Wir haben zur Zeit in Deutschland vielfach vortrefflich eingerichtete Untersuchungsanstalten, namentlich städtische, die schon längere Zeit existiren, und die als Muster dienen können, und wir haben ja, glaube ich, über diesen Punkt uns hier in keiner Weise eingehend zu unterhalten, da ich voraussetzen darf, dass diese Frage der inneren Einrichtung der Untersuchungsanstalten eigentlich im Grossen und Ganzen gelöst ist, auch stets von Fall zu Fall zu erörtern ist. Ich möchte nur betonen, dass bei Errichtung der Untersuchungsanstalten von Seiten der Städte und des Staats vor allen Dingen für eine genügende Einrichtung gesorgt werden muss, dass nicht, wie das vielfach geschieht, die Untersuchungsanstalten mit dürftigen Laboratorien in Verbindung gesetzt werden. Das ist nicht die richtige Art des Vorgehens, wie ich mich überhaupt mit den Winkelanstalten, die vielfach errichtet worden sind und noch in oft dürftigster Ausstattung existiren, sei es unter Leitung eines vielbeschäftigten Vertreters der Naturwissenschaften an einer Realschule, eines Apothekers oder sonstigen Sachverständigen, nicht einverstanden erklären kann. Derartige Einrichtungen, die oft nur errichtet werden, damit das Kind den Namen hat, sind zu verwerfen, denn sie können den Anforderungen nicht entsprechen, die wir an die Thätigkeit einer Untersuchungsanstalt zu stellen haben und bringen oft geradezu den Werth der Untersuchungsanstalten in Misscredit. Für das Publicum kann der Apotheker sowie jeder Sachverständige an unseren Mittelschulen berathende, aufklärende Person sein und erfolgreich wirken. Für die Leitung einer öffentlichen Staats- oder städtischen Untersuchungsanstalt wird der Apothekenbesitzer, dessen wissenschaftliche Qualification ausser Zweifel stehen kann, nicht geeignet sein, da die absolute Selbständigkeit und Unabhängigkeit dem Publicum gegenüber fehlt.

„Ich gehe nun über zum Wirkungskreise der Untersuchungsanstalten, der gerade mit Bezugnahme auf die Gebrauchsgegenstände wohl eine bestimmte Begrenzung erfahren muss, und erlaube mir in dieser Richtung den Schlusssatz 7. aufzustellen, der lautet:

Der Wirkungskreis der Untersuchungsanstalten soll sich nur auf das Gebiet der Nahrungs- und Genussmittel, sowie Gebrauchsgegenstände erstrecken, welch letztere einschliessen: gefärbte Gegenstände aus Holz, Metall, Kautschuk, Papier, Spielwaaren überhaupt, Buntpapiere, Beizen, Leder, Haus- und Küchengeräthe, Umhüllungs-, Verpackungs-Aufbewahrungsmaterialien, Oblaten, Petroleum und Beleuchtungsmateralien, Textilfabrikate, Seifen und Kosmetika, Geheimmittel, Zündmaterialien, Wasser.

„Meine Herren, das Gesetz wendet den Ausdruck,Gebrauchsgegenstände an. Darunter lässt sich vieles verstehen. Es tritt an uns die Frage heran: wollen wir nur jene Gegenstände hineinziehen, welche wirklich in den Rahmen des Gesetzes gehören, oder wollen wir etwas weiter gehen? An die Untersuchungsanstalten treten, wie die Erfahrung gezeigt hat, die verschiedensten Fragen heran. Ein städtisches Untersuchungsamt wird vielfach nicht bloss zu Gutachten über Nahrungs- und Genussmittel sowie Gebrauchsgegenstände, sondern auch zu solchen über technische Fragen in Anspruch genommen und mit vollem Recht. Aber trotzdem, meine Herren, wünschte ich nicht, dass das, was ich Untersuchungsanstalt nenne, ein technisches Auskunftsbureau für das grosse Publicum, für Fabrikanten u. s. w. werden soll. Das muss vollkommen getrennt werden. Unsere Untersuchungsanstalten können nicht in diesem Sinne technische Auskunftsbureaus sein, wie sie in der That zahlreich existiren und mit Erfolg unter Leitung der tüchtigsten Sachverständigen vielfach als Privatinstitute thätig

Die Gebrauchsgegenstände schliessen allerdings eine Menge technischer Gegenstände ein; ich meine aber, dass der Vorstand der Untersuchungsanstalt nicht dieser Seite besondere Aufmerksamkeit zuwenden soll. Seine erste Aufgabe muss es immer sein, als Vorstand dieser Anstalt in erster Linie ausschliesslich den Nahrungs- und Genussmitteln und den Gebrauchsgegenständen in einer gewissen Begrenzung seine Aufmerksamkeit zuzuwenden. Ich habe mir erlaubt, eine Reihe von Gegenständen zusammenzufassen, allerdings in dem Bewusstsein, dass ich nicht alles in diesen Rahmen in detaillirter Fassung eingeschlossen habe, und ich darf vielleicht gerade an dieser Stelle die betreffenden Materialien einmal bezeichnen, da es mir wichtig erscheint, den Ausdruck „Gebrauchsgegenstände" in irgend einer Weise präcisirt zu wissen. Ich möchte in den Wirkungskreis der Untersuchungsanstalten mit dem Namen Gebrauchsgegenstände eingeschlossen wissen: Gefärbte Gegenstände aus Holz, Metall, Kautschuk, Papier, Spielwaaren überhaupt. Also ich habe eigentlich hier im Grossen und Ganzen zunächst die Spielwaaren im Auge, mit Berücksichtigung der verschiedenen Farben, die eben bezüglich ihrer Gesundheitsschädlichkeit ja stets näher in Berücksichtigung gezogen werden müssen. Die Buntpapiere reihen sich an, die ja allerdings mit den Spielwaaren mehr oder weniger in Zusammenhang stehen, dann gehören hierher die Anstrichfarben, die Beizen, Leder, Haus- und Küchengeräthe, Umhüllungs-, Verpackungs-, Aufbewahrungsmaterialien. Oblaten sind auch wohl zu nennen, Petroleum- und Beleuchtungsmaterialien, selbstverständlich Leuchtgas mit eingeschlossen. Begreiflicher Weise müssen auch die Textilfabrikate hier mit aufgeführt werden, unter allen Verhältnissen Seifen und Kosmetika, Geheimmittel, Zündmaterialien, endlich das Wasser als Nahrungsmittel, wie zu technischen Zwecken. Vielleicht dürfen wir hier noch der Conservirungs- und Desinfectionsmaterialien gedenken, die ich bis jetzt nicht aufgenommen habe, die aber jedenfalls in unseren Untersuchungsanstalten vielfach Gegenstand näherer Untersuchung und Prüfung sind.

Bei dieser Gelegenheit kommen wir aber zu einer Unterfrage, die allerdings nicht streng in dem Rahmen meines Referates liegt, die sich aber doch auf die Ausdehnung, auf den Wirkungskreis der Untersuchungs

anstalten bezieht. Sie haben vielleicht vermisst, dass ich nicht die forensischen, die sogenannten gerichtlich-chemischen Untersuchungen mit in den Wirkungskreis hineingezogen habe, also die Leichenuntersuchungen, Vergiftungsfragen u. s. w. Sie sind absichtlich von mir weggelassen worden, allerdings muss ich sagen, aus mehr oder weniger egoistischen Gründen. Mir hat nämlich die Organisation vorgeschwebt, die wir bei uns in Bayern haben, wo bekanntlich für das ganze Königreich drei Chemiker angestellt sind, die für sämmtliche Provinzen in gerichtlichen Fällen die Untersuchung durchzuführen haben. Wir haben drei Medicinalcomites, welche ihren Sitz an den drei Landesuniversitäten haben, und einem jeden Medicinalcomite ist ein Chemiker beigegeben, der ausschliesslich diese chemischen Untersuchungen von gerichtlichen Fällen, also die forensischen Arbeiten, durchzuführen hat. Soviel mir bekannt ich kann mich ja auch irren existirt diese Organisation allerdings nur in Bayern, während wir in anderen Ländern andere Einrichtungen haben.

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Ich muss

offen gestehen, dass ich mich in dieser Frage für nicht ganz competent halte. Ob es richtig ist, die rein forensischen Untersuchungen mit den Untersuchungsanstalten zu vereinigen, weiss ich selbst nicht. Ich für meine Person wünsche nicht, dass die rein forensischen Fragen in der Untersuchungsanstalt zur Ausführung gelangen und halte die Einrichtungen in meinem engeren Vaterlande für sehr zweckmässig.

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Wir kommen nun zu dem letzten Satze meiner Schlusssätze, zur Frage der Einführung einheitlicher allgemein gültiger Bestimmungen über die Ausübung der Controle auf dem Gebiete der Nahrungs- und Genussmittel, sowie der Gebrauchsgegenstände in Betreff der Probeentnahme, der Betheiligung der Untersuchungsanstalten bei der Ausübung der Lebensmittelpolizei überhaupt und endlich, was ja immer noch das dringendste Bedürfniss ist, wenn auch bereits noch so viel auf diesem Gebiete gearbeitet worden ist, der Feststellung einheitlicher Untersuchungs- und Beurtheilungsnormen. Dass hier ein Bedürfniss vorliegt, wird Jedermann zugeben müssen, der die Thätigkeit der Untersuchungsanstalten auf dem Gebiete der Lebensmittelcontrole kennt. Welche Ungeschicklichkeiten bisher allein bei der Probeentnahme von Lebensmitteln geschehen sind, ist gar nicht zu schildern, und es ist auch ganz begreiflich, dass der Kaufmann, derjenige, der die Lebensmittel verkauft und für die Reinheit eintreten muss, sich bei den Behörden über die Ungeschicklichkeit, über die Art und Weise, wie die Probeentnahme stattfindet, beschwert. Wenn es factisch vorkommt, dass jetzt noch in grösseren Städten die Lebensmittel gekauft und die Proben von Seiten des Vertreters der Polizei in der Weise entnommen werden, dass der Polizeianwalt oder wie die betreffenden Persönlichkeiten sich nennen, Kinder in Kaufläden schickt, um die Proben zu entnehmen und sie dann der Untersuchungsanstalt in einem Korbe offen hinträgt, wenn derartige Ungeschicklichkeiten immer noch vorkommen, so ist ja durch diese einfache Thatsache das dringende Bedürfniss unbedingt festgestellt. Es wäre sehr wünschenswerth, dass hier eine Einheit erzielt wird, dass nicht bloss wieder jedes Land für sich seine ganz speciellen Bestimmungen erlässt, sondern dass in dieser Richtung wirklich einmal durchgreifend eine Organisation für das

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