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eine andere Verpackung der Lumpen und zwar in der Weise einzuführen, dass dieselben in Säcken zu je 50 kg ohne feste Verschnürung zur Anstalt gesandt wurden; sodann bestimmte ich wiederholentlich in der gewöhnlichen (wie ich auf der vorjährigen 13. Versammlung des deutschen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege in Breslau erfuhr, zuerst von Wolffhügel angegebenen) Weise durch Einlegen eines mit einem elektrischen Läutewerk verbundenen auf 100° C. eingestellten Contactthermometers die Zeit, welche der strömende gespannte Dampf im Apparat brauchte, um bis zur Mitte des Sackes vorzudringen, und berechnete an der Hand der hierbei erhaltenen Resultate die Zeitdauer, während welcher diese Säcke der Einwirkung der Dämpfe auszusetzen wären. Dieselbe beträgt, wie meine Versuche ergeben, in unseren Apparaten 55 Minuten, von denen 45 Minuten auf das Eindringen des Dampfes in das Innere des Sackes und das gleichmässige Erhitzen desselben bis auf 100° C. entfallen, und 10 Minuten auf das Einwirken des 100° C. und darüber heissen Dampfes auf die Gewebe behufs Abtödtung etwa vorhandener Krankheitskeime gerechnet sind. Die Gesammtdauer der Desinfection beträgt hiernach incl. Ein- nnd Ausladen ca. 11/2 Stunden.

Zum Schluss lasse ich noch die Beschreibung eines neuen Contactthermometers folgen, das ich in letzter Zeit öfters in Gebrauch gezogen habe; dasselbe zeichnet sich durch Einfachheit der Construction, leichte Handhabung und Billigkeit aus und dürfte für die Zwecke der Praxis wohl zu empfehlen sein.

Dies Contactthermometer besteht aus einer aus zwei Holzstücken zusammengesetzten, federnden Klammer, wie sie häufig in Krankenhäusern als sogenannte „Journalklammer" zum Befestigen der Krankenjournale und Temperaturtabellen an den Kopfstangen der Krankenbetten benutzt wird, von der die durch die Feder zusammengedrückten Theile (Fig. 1, a) der einen Fig. 1.

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Hälfte mit einem gut leitenden, etwas noch über das Holz hinausragenden Metall-(Kupfer)-Ueberzug (c) versehen sind, während die entgegengesetzten aus einander stehenden Theile der anderen Hälfte (b) an den einander zugekehrten Seiten je eine resp. zwei metallene Oesen (d) tragen, die beim Zusammendrücken dieses Theiles, also beim Oeffnen der Klammer, charnierartig in einander greifen, und ausserdem einem kleinen runden Metallstäbchen von ca. 2 mm Durchmesser, welches genau in diese Oesen passt. Das Metallstäbchen ist aus einer Legirung 1) von 8 Theilen Wismuth

1) Ich fand die Mittheilung über die Zusammensetzung dieser Legirung in dem Handbuche für den prakt. Metallarbeiter von H. Schuberth. A. Hartleben's Verlag 1883.

5 Theilen Blei und 3 Theilen Zinn zusammengesetzt und schmilzt bei 100°C. Drückt man nun die beiden Theile der Hälfte (b) so weit zusammen, dass die drei Oesen in eine Ebene zu liegen kommen, befestigt sie in dieser Stellung, indem man das Metallstäbchen durch das von den Oesen gebildete Röhrchen schiebt (Fig. 2), und setzt die so armirte geöffnete Klammer einer TemFig. 2.

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peratur von 100° C. aus, so wird, da bei dieser Temperatur der Schmelzpunkt der Legirung liegt, das Stäbchen schmelzen, die Wirksamkeit der Feder tritt in Kraft, schliesst die Klammer und führt damit den Contact der beiden mit Kupfer überzogenen Flächen der Hälfte a herbei. War an jeder der beiden Kupferflächen an den Stellen e je ein Leitungsdraht einer Batterie befestigt, so erfolgt gleichzeitig mit dem Contact der beiden Flächen das Schliessen der Kette und ein in die Kette eingeschaltetes elektrisches Läutewerk wird zur selben Zeit in Bewegung gesetzt werden.

Würde man dies ,,Klammercontactthermometer" offen zwischen Wäschestücke oder andere Effecten verpacken, so könnte sich ein Stückchen von dem umgebenden Gewebe zwischen die Kupferflächen schieben und hierdurch, trotzdem das Stäbchen geschmolzen ist und die Klammer sich geFig. 3.

Klammer von oben gesehen.

schlossen hat, den Contact und damit das Schliessen der Kette verhindern. Um dem vorzubeugen, hat man nur nöthig, die armirte Klammer in eine vorn und hinten offene Holzkapsel, deren Seitenwandungen mehrfach durchbohrt sind, zu stecken, es wird dann, sobald das Stäbchen geschmolzen ist, die sich schliessende Klammer sofort den Contact herstellen.

Ferner möchte ich darauf aufmerksam machen, dass die Oesen nicht aus rundem Draht gearbeitet sein dürfen, sondern aus etwa 3 mm breiten Blechstreifen bestehen müssen, da es sonst vorkommen kann, dass dieselben den Metallstift, sobald er anfängt weich zu werden, vermöge der Schnellkraft der Feder, die auf sie wirkt, durchreissen, bevor noch der Stift vollständig geschmolzen ist; aus diesem Grunde darf auch die Druckkraft der Feder selbst 420 g nicht übersteigen.

Um zu verhindern, dass bei einem unachtsamen Verpacken der Klammer der eine oder der andere Leitungsdraht sich zwischen die Kupferflächen

schiebt, was ja ebenfalls das Schliessen der Kette unmöglich machen würde, habe ich zwischen beide Drähte, etwa 11⁄2 cm von der Klammer entfernt, einen viereckigen Holzblock (ƒ) eingeschaltet, auf dem die Drähte mittelst Wolle oder Seide festgebunden sind.

Die Herstellung der Metallstäbchen ist eine sehr einfache: Man schmilzt zunächst das Wismuth in einem Schmelztiegel (aus Porcellan), setzt, sobald es geschmolzen, Zink und Blei hinzu, rührt das Gemenge tüchtig um, entfernt die an der Oberfläche sich bildende Oxydationsschicht und giesst die Legirung in eine entsprechende Form. Diese letztere besteht aus zwei glatten Platten von hartem Holz, von denen jede auf der einen Fläche eine Anzahl von Halbrinnen besitzt, die so gearbeitet sind, dass beim Zusammenschrauben der Platten je zwei Halbrinnen auf einander treffen und einen Canal von 2.5 mm Weite bilden, in den die Legirung hineingegossen wird. Ein Kilogramm dieser Legirung stellt sich auf ungefähr 22 Mk., so dass, da ein Metallstäbchen aus dieser Masse von 24 mm Länge 1 g wiegt, jedes Stäbchen ca. 2.2 Pfennige kostet. Die Klammern selbst kosten 8 Pfennige das Stück, die Unkosten für das Anbringen der Oesen und des Kupferbleches, das von jedem einigermaassen intelligenten Schlosser besorgt werden kann (ich selbst habe diese Arbeiten von dem Maschinenschlosser unseres Krankenhauses ausführen lassen), dürften sich auf höchstens 4.75 Mk. belaufen, mithin kostet der ganze Apparat, der sehr lange zu gebrauchen ist, und an dem Reparaturen kaum vorkommen können, ca. 5 Mk. 1)

Da es selbstverständlich sehr darauf ankommt, dass die zur Legirung nöthigen Metalle absolut rein und genau in den vorgeschriebenen Gewichtsmengen in der Legirung enthalten sind, so empfiehlt es sich, die Stäbchen von sachverständiger Hand (Apotheker, Chemiker) anfertigen zu lassen; die grösste Sicherheit würde jedenfalls die Anfertigung derselben in wissenschaftlichen Instituten gewähren, von denen sie gegen Ersatz der Unkosten bezogen werden könnten.

Diese Metallstäbchen können schliesslich auch ohne Hinzunahme der Klammer vortheilhaft überall da benutzt werden, wo es sich darum handelt, schnell und ohne Zuhülfenahme von Maximalthermometern zu constatiren, ob in Desinfectionsobjecten eine Temperatur von 100° C. erreicht worden ist oder nicht 2); man hat zu diesem Zweck nur nöthig, ein solches Stäbchen, in ein Stückchen Papier eingehüllt, in dem zu controlirenden Gegenstande zu verpacken und nach beendeter Desinfection nachzusehen, ob dasselbe geschmolzen ist; war dies der Fall, so weiss man bestimmt, dass an der Stelle, an der das Stäbchen lag, die geforderte Temperatur vorhanden gewesen ist.

1) Mit der Anfertigung solcher Klammern hat sich in neuester Zeit auch der Lieferant für chemische und physikalische Apparate etc. Herr Dr. Robert Müncke in Berlin, N. W. Luisenstrasse 58, befasst.

2) Aehnliche Versuche scheint nach einer Mittheilung, die mir von Herrn Director Dr. P. Guttmann gemacht wurde; Herr Kreisphysicus Dr. Freymuth, Oberarzt am Stadtlazareth in Danzig, mit Legirungen, die bei 102.5°, 1070 und 116° C. schmelzen sollen, angestellt zu haben, doch ist mir Genaueres darüber nicht bekannt geworden.

Einige Bemerkungen zu der von dem Königlichen Polizeipräsidium in Berlin unter dem 7. Februar d. J. erlassenen Anweisung zum Desinfectionsverfahren bei Volkskrankheiten.

Von M. Pistor.

Polizeiverordnung, betreffend Desinfection bei ansteckenden

Krankheiten.

Auf Grund der §§. 143 und 144 des Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1883 (G.-S. S. 195 ff.) und der §§. 5 ff. über die Polizeiverwaltung vom 11. März 1850 (G.-S. S. 265) wird hierdurch nach Zustimmung des Gemeindevorstandes für den Stadtkreis Berlin Folgendes verordnet:

§. 1.

Die Haushaltungsvorstände beziehungsweise deren Stellvertreter (in Anstalten die Leiter, Verwalter, Hausväter etc.) sind verpflichtet, bei Krankheits- wie Sterbefällen an asiatischer Cholera, Pocken, Fleck- und Rückfalltyphus und Diphtherie unbedingt, an Darmtyphus, bösartigem Scharlachfieber und bösartiger Ruhr nach dem Ermessen des Polizei-Präsidiums die von den Kranken benutzten Effecten und Räume, sowie die in letzteren befindlichen Gegenstände nach Maassgabe der erlassenen Vorschriften zu desinficiren.

§. 2.

Für die Desinfection gelten die unter dem 7. Februar 1887 im Einverständniss mit dem Magistrat erlassenen Vorschriften.

Wer diese Desinfectionsvorschriften, sowie die zukünftig zur Ergänzung oder Abänderung derselben erlassenen und veröffentlichten ortspolizeilichen Vorschriften nicht befolgt, hat die Ausführung des vorgeschriebenen Verfahrens durch die Polizeibehörde auf seine Kosten zu gewärtigen, ausserdem aber, sofern nicht im §. 327 des R.-St.-G.-B. eine höhere Strafe vorgesehen ist, eine Geldstrafe bis zu 30 Mark verwirkt.

Berlin, den 7. Februar 1887.

Der Polizeipräsident.

(gez.) Freiherr v. Richthofen.

Anweisung zum Desinfectionsverfahren bei Volkskrankheiten.

Allgemeines.
§. 1.

Die Desinfection hat den Zweck, die Verbreitung ansteckender Volkskrankheiten durch Unschädlichmachung oder Vernichtung der Ansteckungskeime zu verhüten.

§. 2.

Die ansteckenden Volkskrankheiten werden zu diesem Zwecke eingetheilt in solche,

A. welche unbedingt Desinfection erheischen:

1) Asiatische Cholera,

2) Pocken (ächte und modificirte),

3) Fleck- und Rückfalltyphus,

4) Diphtherie,

B. bei welchen auf besondere amtliche Anordnung Desinfection stattfinden muss, anderenfalls dringend empfohlen wird:

5) Darmtyphus,

6) Scharlach,

7) Epidemische Ruhr,

8) Masern,

9) Keuchhusten,

10) Lungenschwindsucht.

§. 3.

Ansteckende Krankheiten werden verbreitet:

durch den Kranken selbst und seine Ausleerungen,

durch Verstorbene,

durch Speisen und Gebrauchsgegenstände (Möbel, Kleider, Wäsche und dergleichen),

durch mit dem Kranken verkehrende Personen,

durch das Krankenzimmer.

Die Desinfection hat alle diese Punkte ins Auge zu fassen.

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1) peinlichste Reinlichkeit für den Kranken selbst, seine lebende und todte Umgebung, das Krankenzimmer und dessen gesammten Inhalt;

2) ausgiebige und häufige Erneuerung der Luft im Krankenzimmer;

3) schleunigste Entfernung und Unschädlichmachung aller Ansteckungsstoffe und werthloser Gegenstände.

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Ausführung der Desinfection.
§. 5.

1) Zur Erhaltung der Reinlichkeit gehört tägliche Reinigung des Kranken, häufiger wenn möglich täglicher Wechsel der Leib- und Bettwäsche, sofortiger Wechsel besudelter Wäsche und tägliche Reinigung des Krankenzimmers durch Aufwischen mit feuchten Tüchern, welche nach Gebrauch sofort eine halbe Stunde in kochendem Wasser gebrüht werden. 2) Lüftung des belegten Krankenzimmers wird durch häufiges und längeres Oeffnen der Fenster und des von innen heizbaren Ofens, bei niedriger Aussentemperatur durch Oeffnen eines verhängten Fensters erzielt.

3) Zur Unschädlichmachung der Ansteckungsstoffe dienen:

a. strömender überhitzter Wasserdampf in den von der Stadt Berlin eingerichteten Desinfectionsanstalten,

b. halbstündiges Kochen in Wasser,

c. eine fünfprocentige Carbolsäurelösung, hergestellt durch sorgfältige Mischung (Umrühren) von 1 Theil sogenannter 100 procentiger Carbolsäure (acidum carbolicum depuratum) mit 18 Theilen Wasser, d. eine 2 procentige Carbolsäurelösung, hergestellt aus 1 Theil derselben Carbolsäure mit 45 Theilen Wasser,

e. Verbrennung werthloser Gegenstände.

§. 6.

Falls der Kranke nicht in ein Krankenhaus gebracht wird, ist ein thunlichst abgesonderter Raum als Krankenzimmer zu wählen und ausser Verkehr zu stellen.

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