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Bleiben wir nun bei Hylesinus. Fehlt uns die Frassfigur, so braucht es schon viel Uebung, die Art mit Sicherheit festzustellen, denn der Artcharakter ist nicht immer sehr scharf ausgeprägt.

Nun ist die von Fabricius aufgestellte Gattung nach und nach durch Erichson, Wallaston, Latreille, Chapuis und Eichhoff in nicht weniger als zwölf Gattungen aufgelöst worden.

Der Praktiker wird vielleicht, um sicher zu gehen, zu der in vieler Hinsicht vorzüglichen und unentbehrlichen Bostrichenmonographie von Eichhoff Zuflucht nehmen.

Der angehende Forstmann hätte sich bereits in seiner Studienzeit mit der Neuerung vertraut zu machen und statt dem einfachen Namen Hylesinus muss er sich folgende Gattungsbezeichnungen einprägen :

1. Hylastes.

2. Hylurgus.
3. Myelophilus.
4. Kissophagus.
5. Xylechinus.
6. Polygraphus.
7. Dendroctonus.
8. Carphoborus.
9. Phloesinus.

10. Hylesinus.
11. Phloeophthorus.

12. Phloeotribus.

Eine ganz ähnliche Zersplitterung hat die so natürliche Gattung Bostrichus erfahren.

Sind die neuen Genera wirklich zoologisch berechtigt, so hat selbstverständlich auch der Forstmann davon Kenntniss zu nehmen. Sind sie es dagegen nicht, so kann er sie füglich vernachlässigen und beim Alten bleiben.

Fragen wir nun, auf welche äussere Merkmale und innere anatomische Eigenschaften die neuen Gattungen gestützt werden, so sind es geringfügige Kennzeichen des Hautpanzers nach anatomischen Gründen fahnden wir umsonst, denn kein einziger Autor hat die innere Organisation der Borkenkäfer näher untersucht!

Und gerade diese darf in der Zukunft bei den Insekten nicht vernachlässigt werden, denn ihr Chitinpanzer ist so ausserordentlich

bildsam, seine Umbildungsfähigkeit so schrankenlos, dass nur dieser Umstand den ungeheuern und wunderbaren Formenreichthum der ganzen Abtheilung erklärt.

Aehnliches gilt für andere forstlich wichtige Familien. Auf dem Standpunkte von Ratzeburg stehen zu bleiben, geht heute allerdings nicht mehr an. Wir dürfen heute nicht jeden Rüssler als Curculio bezeichen und jeden Bock einfach Cerambyx heissen.

Prionus, Cerambyx im engeren Sinne, Callidium, Clytus, Saperda und Rhagium sind als Gattungen der Cerambyciden familie nicht schwer auseinanderzuhalten.

Zu der heutigen Gattung Cerambyx wird man nur noch C. heros, C. verdo, C. miles, C. alpinus, C. moschatus und C. Kochleri rechnen dürfen, aber mit welchem Rechte (anatomisch genommen) soll nun diese Gattung in vier neue Gattungen (Hammatochaerus, Aromia, Rosalia, Purpuricenus) aufgelöst werden?

Wissenschaftlich genommen ist das doch wohl nur eine Spielerei mit Namen, ein Paradiren mit gelehrten Brocken.

Doch es gibt einen Ausweg, der den Praktiker wie den Spezialisten befriedigen kann.

Jeder, der sich spezieller mit einer Thiergruppe befasst, muss die Wahrnehmung machen, dass innerhalb einer herkömmlichen Gattung die einzelnen Arten sich zu mehreren Formenkreisen gruppiren lassen. Einzelne Arten stehen sich näher als die übrigen.

Aber diese Formenkreise kann man mit gutem Gewissen doch nicht zum Rang einer Gattung erheben. Für solche Fälle hat die zoologische Systematik das vorzügliche Auskunftsmittel zur Hand, zwischen Art und Gattung noch die Untergattung oder das Subgenus einschieben zu dürfen.

Im gegebenen Falle kann ein Genus in beliebig viele Subgenera mit eigenen Namen zerstückelt werden.

Diese sind dann sozusagen nicht allgemein verbindlich und doch bezeichnen sie ein in der Natur begründetes oder auch nur gemuthmasstes Verwandtschaftsverhältniss.

Jeder Spezialforscher mag daher für einen gewissen Thierkreis davon in der ausgiebigsten Weise Gebrauch machen.

Aber die angewandten Disziplinen müssen Protest erheben, sobald der Spezialist über die erlaubten Grenzen hinausgeht und verlangt, dass man blosse Subgenera als neue und verbindliche Gattungen anerkenne.

Demnach wäre es vielleicht an der Zeit, eine bessere Orientirung zu haben.

Ich meinerseits will keineswegs bestimmte Weisungen an dieser Stelle ergehen lassen und im Einzelnen Normen aufstellen.

Es geht das über die Aufgabe des Einzelnen hinaus und ist Sache gegenseitiger Uebereinkunft.

Es wäre aber wünschbar, dass möglichst viele Fachgenossen in dieser Frage Stellung nehmen. Allzuschwer dürfte es nicht fallen, eine Einigung über die in angewandten Gebieten zu verwendende Nomenklatur zu erzielen.

Den deutschen Fachgenossen möchten wir namentlich empfehlen, einer Einigung in diesem Sinne Vorschub zu leisten.

Prüfung der Festigkeit und Elastizität der Bauhölzer.

Die Fachexperten der Gruppe 18 (Baumaterialien) der schweizerischen Landesausstellung, an deren Spitze Herr Forstmeister Meister im Sihlwald stund, wünschten in der Ausstellung der Baumaterialien nicht nur die natürlichen und künstlichen Bausteine, hydraulischen Bindemittel etc., sondern auch die Bauhölzer zur Anschauung zu bringen und zwar wie jene, mit Angabe ihrer Elastizitäts- und Festigkeitsverhältnisse. Sie traten daher mit Herrn Professor Tetmajer, Vorstand der eidg. Anstalt zur Prüfung von Baumaterialien, der die Lösung dieser Aufgabe schon früher angeregt hatte, in Unterhandlung. Aus den diessfälligen Verhandlungen, bei denen auch andere Techniker mitwirkten, ging ein Reglement für die Prüfung der schweizerischen Bauhölzer hervor, dem wir folgende, die Auswahl des Holzes betreffenden Bestimmungen entnehmen:

§ 2. Zur Prüfung gelangen: die Fichte, Weisstanne, Föhre, Lärche und Eiche.

§ 3. Zur Erforschung des Einflusses klimatischer und geognostischer Verhältnisse des Standorts sind die Versuche auszudehnen: Auf Nord- und Südhänge, auf Höhenlagen von unter und über 1300 m und auf Molasse-, Kalk-, Thonschiefer- und Granit-, resp. Gneisböden. Von Fichte und Weisstannen sind jeweilen Versuchs

stücke sowohl von südlichen wie nördlichen Lagen einzusenden. Die zu prüfenden Holzsorten sind im Monat Dezember 1882 aus geschlossenen 80-100jährigen Beständen zu entnehmen und sofort nach der Fällung und Zurichtung, in Kisten verpackt, bis spätestens den 15. Januar an die Forstverwaltung der Stadt Zürich abzuliefern.

§ 5. Sämmtliche Versuche sind aus der Stammmitte, d. h. der halben Höhe bis zur Krone gerechnet, zu entnehmen; sie sollen von normaler Qualität und möglichst vollkommen appretirt und genau bezeichnet zum Versandt gebracht werden. Die Bezeichnung muss enthalten: den Namen der Holzart, die Angabe des Alters und der Schlagzeit, den Standort, die Bezeichnung des Bodens und die Firma des Ausstellers.

§ 7. Die Zugfestigkeit soll an prismatischen Stücken von 4 cm Dicke, 10 cm Breite und 50 cm Länge erhoben werden. Aus jedem zu prüfenden Stamme ist ein Stück aus dem Zentrum und je ein Stück im Abstand von 10 cm vom Mittelstück herauszuschneiden.

§ 8. Zur Ermittlung der Druckfestigkeit sind von sämmtlichen Holzsorten zwei Würfel von 10 cm Kantenlänge vom reifen Holz zu beiden Seiten des Marks und einer aus der Stammmitte, ferner 4 prismatische Stäbe von 10/10 cm Querschnitt und je einer Länge von 50, 100, 150 und 200 cm zu liefern. Die letzten Stücke sind, wie die Würfel, vom reifen Holz seitlich des Markes herauszuarbeiten. Alle diese Stücke sind an dem gleichen Stamme auszuschneiden und zwar unterhalb und oberhalb der im § 7 bezeichneten Versuchsstücke.

§ 9. Für die Ermittlung der Biegungsfestigkeit sind von jeder Holzart drei prismatische Versuchsstücke quadratischen Querschnitts von 10 cm Seitenlänge und 160 cm Prismenlänge einzusenden. Fragliche Versuchsobjekte sind aus den gleichen Partien des Stammes wie die ersten im § 8 bezeichneten zu entnehmen.

§ 10. Für Ausstellungszwecke ist von jedem Stamm ein scheibenförmiger Querschnitt von 4 cm Dicke mit Rinde und einer sauber abgehobelten Seite zu liefern.

Das nach dieser Instruktion verlangte Untersuchungsmaterial wurde in höchst verdankenswerther Weise von den Forstverwaltungen der Kantone Aargau, Bern, Graubünden, St. Gallen und der Stadt Zürich geliefert.

Es bestund aus

9 Serien Weisstannen, wovon 6 unter und 3 über 1300 m Meeres

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höhe ;

Rothtannen, wovon 6 unter und 5 über 1300 m Meereshöhe;
Föhren von unter 1300 m Meereshöhe;

Lärchen, wovon 2 unter und 3 über 1300 m Meereshöhe;
Eichen, gewachsen, unter 1300 m Meereshöhe;

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Als das Material da war, tauchte die schwierige Frage auf: Wer soll die Kosten der Untersuchung zahlen? Herr Tetmajer veranschlagte dieselben bei Anrechnung der halben Normaltaxe auf rund 1500 Fr. Einem von der Konferenz der Forstschule an das Handels- und Landwirthschaftsdepartement, Abtheilung Forstwesen gerichteten Gesuch, um Uebernahme dieser Kosten, hat dasselbe unter der Bedingung gütigst entsprochen, dass das Originalprotokoll über die Ausführung der Versuche und ein Theil des Untersuchungsmaterials der Forstschule übergeben werde.

Die Versuche erstreckten sich auf die Zugfestigkeit, die Druckfestigkeit, die Knickungsfestigkeit, die Scheerfestigkeit, die Biegungsfestigkeit, die scheinbare Dichte und den Feuchtigkeitsgrad. Im Ganzen wurden 660 Versuche gemacht. Zur Anstellung der Versuche diente die Werder'sche Universalfestigkeitsmaschine, ausgerüstet mit den Bauschinger'schen Messwerkzeugen.

Die Zugfestigkeit wurde an 52 cm langen und 7 cm breiten Stäben ermittelt, die in der Mitte auf eine Länge von 6-6,5 cm so verjüngt waren, dass der Querschnitt nur 3-4 cm breit und 0,5-0,7 cm dick war. Für die Druckproben dienten Würfel von 10 cm Kantenlänge und für die Knickungsproben Prismen von 10/10 cm Stärke und 50 cm Länge. Zur Prüfung der Scheerfestigkeit verwendete man Scheiben von 10 X 10 cm Querschnitt und 4,5-5,5 cm Dicke, zur Feststellung der Biegungsfestigkeit wurden 150 cm lange Prismen mit einem Querschnitt von 10 und 10 cm benutzt.

Aus dem Diagramm der Biegungsfestigkeit leitete Tetmajer die Arbeitskapazität der Biegungsfestigkeit ab, die er als den besten Massstab für die Beurtheilung der Werthverhältnisse der Bauhölzer betrachtet, weil sie neben der Festigkeit des Holzes auch die Zähigkeit desselben repräsentirt. Das Diagramm, dessen Flächeninhalt die Arbeitskapazität repräsentirt, erhält man, wenn man zum

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