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An unsere Leser!

Das Organ des schweizerischen Forstvereins erschien im Jahr 1850 zum ersten Mal als „Schweizerisches Forstjournal" unter der Redaktion des hoch verehrten Kasthofer, es tritt daher mit diesem Heft sein 35. Lebensjahr an. Wie bisher, wird es auch im laufenden Jahr Originalaufsätze aus dem Gebiete der Forstwirthschaft und der verwandten Naturwissenschaften und die Verhandlungen des Forstvereins bringen, die Forststatistik zu bereichern suchen durch Auszüge aus den Jahresberichten der Forstverwaltungen, interessante Mittheilungen aus andern Fachzeitschriften auszugsweise aufnehmen, seinen Lesern von den Aenderungen in der Gesetzgebung und im Forstpersonal Kenntniss geben und sie auf die neuen Erscheinungen in der forstlichen Literatur aufmerksam machen.

Um diese Aufgabe in befriedigender Weise lösen zu können, bedarf die Redaktion Unterstützung von Seite der Fachgenossen, um die sie dieselben anmit angelegentlich bittet.

Selbstverständlich kann sodann das Blatt seinen Zweck nur erfüllen, wenn es möglichst viele Leser findet, wir erlauben uns daher, die Freunde desselben zu ersuchen, nach Kräften auf die Erweiterung des Leserkreises hinzuwirken. Es sind auf dem Gebiete des Forstwesens noch so viele Aufgaben zu lösen, dass es höchst wünschenswerth erscheint, Alle, die bei deren Lösung mitwirken sollen, mit denselben bekannt zu machen und den Sinn für die Verbesserung der Forstwirthschaft in möglichst weiten Kreisen wach zu erhalten, beziehungsweise zu wecken.

Die Redaktion.

Schweiz. Zeitschrift f. d. Forstwesen. IX.

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Aufsätze.

Hermann Kern,

Forstinspektor.

Odi profanum vulgus et arceo

Horatius.

Es sind nun reichlich zwanzig Jahre verflossen, seit ich mit dem Manne näher bekannt und befreundet wurde, dessen Andenken diese Blätter ehren möchten. Als ich eines Sommermittags des Jahres 1860 auf dem Ständchen am Zeitglockenthurme in Bern unter einer Schaar Studenten mit weissen und rothen Mützen stand, gingen strammen Schrittes drei Alpigenier von Zürich in Farben vorüber, drei prächtige Gestalten, von denen namentlich die in der Mitte vermöge ihres Ebenmasses und ihrer Schlankheit Aller Blicke auf sich zog, so dass Mehrere von uns zu gleicher Zeit fragten: Wer ist dieser Apoll? Der Sohn des Vize-Kanzlers Kern, Hermann vulgo Rinaldo, ein vorzüglicher Schläger und ein selbstbewusster Mann, der nicht mit sich spassen lässt, belehrte uns der stadtbekannte Karl Dufresne, der spätere Turnlehrer, ein ebenso liebenswürdiger als treuer Freund, aber schon längst entschlafen. Nach wenigen Tagen lernte ich den Apollo persönlich kennen, ein Smollis und wir waren und blieben Freunde, wenn wir auch in spätern Zeiten wegen weiterer Entfernung uns Jahre lang nicht mehr sahen. Im Geiste blieben wir allezeit treu verbunden, so dass die Trauerkunde von dem plötzlichen Hinschiede auch mich, wie alle seine Freunde und Verehrer, auf das Tiefste erschütterte. So schmerzlich mir aber auch der Gedanke ist, in dem bewährten Forstmanne des Oberlandes wieder einen der treuesten Freunde verloren zu haben, ein neuer, unersetzlicher Verlust zu vielen andern, so konnte ich dennoch dem Ansuchen, dem lieben Todten durch diese Zeilen eine Ehrenschuld abzutragen, nicht aus dem Wege gehen.

Es ist nicht ein Lebensbild von Sturm und Drang, von unvermittelten Sprüngen und Dissonanzen, das wir zu zeichnen haben, sondern ein harmonisch sich entwickelnder und harmonisch abschliessender Lebensgang. Wie der Steuermann unverwandten Auges und mit fester Hand am Steuerruder seine Richtung einhält, die zum gewollten Ziele führen muss, ob es sonnenklarer Tag sei oder Sturm und Gewitternacht, so behielt auch unser Freund den Lebensberuf, aus dem er leider so frühe scheiden sollte, in den langen Jahren der Fachstudien und Vorbereitung fest im Auge, in der Ueberzeugung, dass redlichem Streben und rastloser Arbeit auch das Gelingen nicht fehlen werde. Und er hat sich nicht getäuscht, der Mann, welcher nicht nur im kantonalen Forstwesen eine so hervorragende Stellung eingenommen, sondern auch weit über die Grenzen des Kantons, dem er, wenn auch nicht der bürgerlichen Heimat nach, so doch von Herzen angehörte, sich unter seinen Fachgenossen hohe Achtung und Zuneigung errungen hatte.

Hermann Kern wurde am 18. März 1839 im Landhaus zum langen Baum bei Männedorf als der älteste Sohn des Lehrers und Erziehers Jakob Kern-Germann geboren. Nachdem der Knabe kaum in das schulpflichtige Alter getreten war, brachte ihn sein Vater zu Verwandten nach Stuttgart, wo er einen trefflichen Elementarunterricht genoss und wohl auch seine Achtung vor deutschem Wesen und Wissen einsog. Als aber sein Vater nach der Neugestaltung der Eidgenossenschaft durch die Bundesverfassung von 1848 als Staatsschreiber und Vizekanzler nach Bern berufen wurde und im Jahre 1849 die neue Bundesstadt mit dem schönen Gelände am Zürichersee vertauschte, kehrte Hermann in die Schweiz zurück und besuchte von nun an das eines grossen Rufes sich erfreuende Institut Gladbach in Wabern bei Bern und später die Kantonsschule mit gutem Erfolge, so dass er als achtzehnjähriger Jüngling wohlvorbereitet in die Forstschule des Polytechnikums eintreten konnte. Denn das war längst entschieden: ein Forstmann wollte Hermann Kern werden. War es eigene Wahl infolge seiner ganzen Veranlagung und seines ausgebildeten Unabhängigkeits- und Freiheitsgefühls, war es Freundschaft, die ihn zu diesem Berufe bestimmten, das vermögen wir nicht zu sagen, aber dass der Beruf an ihm den rechten Mann gefunden, das hat dieser vollauf dargethan bis zu seinem letzten Athemzuge, den er gleichsam im geliebten Hochgebirgswald verhauchte.

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