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des Zuwachses, und was noch wichtiger ist, durch stärkere Beschattung ein rascheres Verdrängen der nicht zu begünstigenden Holzarten und der Unkräuter.

In Beständen, welche aus Saaten oder natürlicher Verjüngung hervorgegangen sind, dürfen die Säuberungen nicht auf die Aushiebe der Weichhölzer beschränkt werden. Hier sind gleichzeitig die zu dicht stehenden Partien des Hauptbestandes so zu lichten, dass die kräftigeren Pflanzen sich normal entwickeln können. Durch frühzeitige, mässige Lichtung gedrängt stehender Jungwüchse wird deren Wachsthum und Widerstandsfähigkeit erheblich gesteigert.

Die Säuberungen muss man so lange fortsetzen, als die zur Bildung des bleibenden Bestandes bestimmten Holzarten durch zufällig vorhandene im Wachsthum gehemmt oder beeinträchtigt werden, die späteren fallen daher mit der Lichtung des Hauptbestandes, den sogenannten Reinigungshieben, zusammen.

Bei der Ausführung der Säuberungen kommen verschiedene Verhältnisse in Betracht, welche hier noch berührt werden müssen.

Zunächst frägt es sich, in welcher Jahreszeit sollen die Säuberungen ausgeführt werden. Wir haben bereits erwähnt, dass es am zweckmässigsten wäre, die Säuberungen je dann vorzunehmen, wenn das Unkraut schädlich zu werden anfängt, zugleich aber auch darauf hingewiesen, dass man der Kosten wegen nur ausnahmsweise zweimal in einem Jahr säubern könne. Je nach der Beschaffenheit des wegzunehmenden Materials wird man für die einmalige Säuberung die früheren oder späteren Sommer-, beziehungsweise Herbstmonate wählen, umsomehr, als auch, soweit es ohne Beeinträchtigung des Hauptzweckes möglich ist, die Nutzbarkeit des zu entfernenden Materials in Betracht gezogen werden darf.

Sind nur Gräser und krautartige Pflanzen zu entfernen, so ist deren Wegnahme zur Zeit der Blüthe zu empfehlen. Man vermindert damit die Gefahr weiterer Versamung, stellt die Pflanzen zu einer Zeit frei, in der sie noch im kräftigsten Wachsthum begriffen sind und hat doch nicht zu befürchten, dass Gras und Unkraut im nämlichen Sommer nochmals so weit nachwachse, dass es grössere Pflanzen erheblich schädigen könnte.

Gefährliche Gäste sind die Brombeerstauden. Am wirksamsten tritt man ihrer Vermehrung entgegen, wenn man die jungen Sprossen beim Erscheinen sammt ihren Wurzeln aushackt, ein späteres Ausschneiden der Ranken wird jedoch nur selten zu umgehen sein.

Letztere Arbeit wird gerne im August ausgeführt, weil die Pflanzen um diese Zeit von der plötzlichen Freistellung weniger leiden als zur Zeit der grössten Hitze und die jungen Triebe vor dem Eintritt des Winters noch verholzen können. Unter keinen Umständen darf man den Aushieb verschieben bis Schnee fällt, weil sonst Brombeerstauden und Pflanzen zu Boden gedrückt werden und letztere sich im Frühjahr nur schwer oder gar nicht mehr aufzurichten vermögen. Ob das in neuerer Zeit empfohlene Niedertreten der Brombeerstauden dem Weghauen derselben vorzuziehen sei, muss noch näher geprüft werden, jedenfalls sind die zu schützenden Pflanzen auch beim letzteren Verfahren aus der Umgarnung durch die Brombeerranken zu lösen und zwar vor dem Niedertreten der Letzteren.

Wo Stock- und Wurzelausschläge harter und weicher Laubhölzer verdämmend wirken, kann, wenn man dieselben vor der Anordnung des Aushiebes nicht über den Hauptbestand hinaus wachsen lässt, der Aushieb auf den Herbst und Vorwinter verschoben werden. Man erzielt damit den Vortheil, dass das wegzunehmende Material eher verwerthet werden kann. In der Regel wird jedoch eine derartige Verschiebung nur für die Säuberung stärker herangewachsener Jungwüchse zulässig und vortheilhaft erscheinen; in den jüngeren kann man die Stauden nicht stehen lassen bis sie einen Beachtung verdienenden Werth haben. Wo die auszuschneidenden Stauden werthlos sind, wird der Aushieb am besten im August vollzogen.

Bei Beantwortung der Frage, wann soll gesäubert werden, darf nie die Rücksicht auf den Werth des auszuschneidenden Materials in erster Linie in Betracht fallen, man säubert des bleibenden Bestandes und nicht der wegzunehmenden Stauden wegen.

Zur Ausführung der Arbeit bedient man sich derjenigen Werkzeuge, welche das Geschäft am besten fördern und Schädigungen der bleibenden Pflanzen ohne besondere Vorsichtsmassregeln verhüten lassen. Zum Ausschneiden von Gras und krautartigen Pflanzen leistet die Sichel bei unvorsichtigen Arbeitern die Zahnsichel - die besten Dienste. In Pflanzungen mit grossem Reihenabstand darf ganz vorsichtigen Arbeitern die Anwendung der Sense gestattet werden. Die Brombeerstauden und andere holzige Sträucher, sowie die Stockund Wurzelausschläge werden am besten mit dem Gertel (Hagmesser) weggehauen. Eine gute Aufsicht ist bei allen diesen Arbeiten unbedingt nothwendig.

Dass auch das Material, welches keine nutzbare Verwendung findet, aus den Jungwüchsen herausgeschafft werden müsse, soweit es in denselben nicht in unschädlicher Weise abgelegt werden kann, versteht sich von selbst. Bei der Ablagerung desselben ist nicht nur darauf zu achten, dass keine Pflanzen Schaden leiden, sondern es ist auch die Feuersgefahr in's Auge zu fassen. Am besten ist es, wenn derartiges Material unter Aufsicht verbrannt wird.

Bei allen Säuberungen sind Missbildungen an den stehenbleibenden Stämmchen zu beseitigen und vorgewachsene so weit aufzuasten, als es zur Erhaltung der unter und neben ihnen stehenden, zur Erziehung eines guten Bestandes nothwendigen Pflanzen und zu ihrer eigenen normalen Ausbildung nothwendig erscheint. Weiter gehende Aufastungen sind sorgfältig zu vermeiden, weil die Wegnahme grüner Zweige nicht nur den Zuwachs schwächt, sondern auch den Eintritt des Bestandesschlusses verzögert und gar oft die Stämmchen dauernd verunstaltet.

Landolt.

Beitrag zur Kenntniss der Gastropacha pityocampa.

Von J. Coa z.

Im Jahrgang 1883 der schweizerischen Zeitschrift für das Forstwesen, S. 117, hat Herr Dr. C. Keller in Zürich einen Aufsatz unter dem Titel zur Kenntniss der Pinien-Prozessionsraupe" veröffentlicht, der für uns Forstleute von ganz besonderem Interesse ist. Ich erlaube mir, über das Auftreten und die Lebensweise dieses Insektes in der Schweiz einige Notizen, sowie ein Schreiben meines Freundes, alt Forstinspektor Davall in Le Crêt bei Vevey mitzutheilen.

In seinem Amtsbericht pro 1870 an das Forstinspektorat des Kantons Graubünden machte Herr Lanicca, damals Kreisförster des Forstkreises Samaden*), auf das Vorkommen eines Insektes in einem Kiefernbestand (Pinus silvestris) in Brusio aufmerksam und glaubte, dasselbe als Gastropacha pityocampa bezeichnen zu sollen, was bei genauerer Bestimmung sich auch bestätigte.

Als damaliger Forstinspektor Graubündens ersuchte ich hierauf Herrn Zala, Gemeindeförster von Brusio, um Zusendung einiger Ge*) Jetzt Stadtförster in Chur.

spinnste mit Raupen, welche Herr J. Kopp, Professor an der Forstschule in Zürich, zu Zuchtversuchen übersandt wurden.

Herr Zala schrieb mir damals (d. 29. April 1871): „Wie Sie sehen, sind zur Zeit die Gespinnste noch voll Raupen, aber eine grosse Anzahl wurden von mir am Boden prozessionirend beobachtet. Wahrscheinlich findet die Verpuppung im Boden statt.

„Das Insekt ist übrigens keine Seltenheit, denn ältere Leute theilten mir mit, dass sie dasselbe mehr oder weniger häufig immer gesehen haben. Es steigt nicht höher als in unsere mittleren Waldregionen hinauf."

Herr Zala liess die Gespinnste im genannten Kiefernwald abschneiden und die Raupen zertreten, so dass im Juli desselben Jahres vom Insekt nur geringe Spuren mehr vorhanden waren.

Den 15. Dezember 1871 schrieb mir Herr Zala: „Ueber das Leben der Gastropacha pityocampa in hiesiger Gegend kann ich Ihnen nur so viel mittheilen, dass die noch vorhandenen Nester derselben gegen Ende Mai leer waren und dass während der Sommermonate nichts zu beobachten war; dagegen krochen Ende September und Anfangs Oktober die jungen Raupen vom Boden auf die Bäume. Sie waren sehr klein, bauten neue Nester und nährten sich bei Sonnenschein von den Kiefernnadeln. An Menge hat das Insekt im Vergleich zum vorigen Jahr bedeutend abgenommen.“

Die erwähnte Sendung der Gespinnste mit Raupen von Brusio nach Zürich gelangte zunächst an das Bureau des Kantons - Forstinspektors in Chur, wo die Kiste in meiner Abwesenheit geöffnet wurde und sogleich begannen die Raupen zu prozessioniren und zwar in einfacher Reihe, eine Raupe nach der anderen. Wurden Raupen aus der Reihe herausgeschoben, so schloss sich die Lücke rasch wieder und die Raupen ausser der Reihe warteten bis die Prozession vorüber war und schlossen sich dann an.

In Zürich wurde von Herrn Conservator Widmer ein Züchtungsversuch gemacht, doch erhielt ich niemals einen Bericht über den Erfolg desselben; dagegen vernahm ich, dass Herr W. durch die giftigen Haare der Raupe dermassen an Entzündungen litt, dass er einige Zeit das Bett hüten musste.

Den 3. Dezember 1872 bemerkte ich Nester der Gastropacha pityocampa ob Bramois bei Sitten in nordwestlicher Lage, etwa 530 m ü. M., an der gemeinen Kiefer und einige Raupen selbst auf Lärchen, den 4. Dezember ob Brieg an der Simplonstrasse, 1045 m ü. M., und

den 3. Juli desselben Jahres bei Vex. Hier sollen die Raupen den 20. April ihre Prozession begonnen haben, an einem kalten Morgen des 27. April aber zu Grunde gegangen sein.

In einem Garten von Montreux sah ich auf meiner Rückreise aus dem Wallis die grossen, weissen Gespinnste der Gastropacha pityocampa an einem Exemplar von Pinus Laricio var. austriaca und später auch in andern Gärten am Genfersee bis gegen Genf hin.

Den 25. Juni 1875 und seither alljährlich, fand ich die Gespinnste in Menge in einer Kiefernwaldung der Rhoneebene unweit unter Sitten.

In einem Garten von Locarno traf ich solche im März 1879, nachdem ich 1869 schon eine Kiefernwaldung in der mittleren Leventina damit behangen gesehen.

Als ich den 21. April d. J. die Waldungen ob Locarno besuchte, kam ich im Monte dei Borghesi (Roncaccio) an einen etwa zwanzigjährigen Kiefernbestand, in dessen Geäst die grossen, sackförmigen Gespinnste der Gastropacha pityocampa massenhaft vorhanden waren, der Bestand sah von der Raupe arg zugerichtet aus und war fast sämmtlicher Nadeln entblösst.

Um mich über das Insekt näher zu erkundigen, begann ich mit einem Bauer, der in einem Acker in der Nähe des Waldes arbeitete, ein Gespräch und als ich ihn frug, was das für Nester auf den Kiefern seien, brach er sofort in einen Fluch aus: „Maladetti bigatti“ (verdammte Raupen) und hob zugleich an einem seiner Beine die Hosen bis über's Knie auf, um mir eine starke Entzündung der Wade zu zeigen.

Bei trockner, warmer Witterung, erzählte er mir hierauf, dürfe man im Walde nicht arbeiten, weil zu dieser Zeit die Entzündungen eintreten. Er hatte ferner beobachtet, dass die Raupen im Februar am Tage prozessioniren und zwar eine nach der anderen und Abends sich in kleine Vertiefungen des Bodens zusammenthun, „come un biss“ (wie eine Schlange). In solchen Vertiefungen fanden wir denn auch verschiedene Puppen.

Schliesslich meint der Bauer, man sollte den Bestand abholzen, denn die Kiefer passe nicht in diesen schwachgründigen Boden. Dabei zeigte er auf die flachstreichenden, zu Tage tretenden Wurzelstränge. Ich freute mich über die Beobachtungen des Bauern und seine richtigen Schlüsse.

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