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Artikel XII.

Konferenz-
Staaten.

Nr. 10304. Die Mächte verpflichten Sich, diejenigen Maassregeln zu treffen oder Ihren betreffenden gesetzgebenden Körperschaften vorzuschlagen, welche nöthig sind, 2. Juli 1890. um ausser der Beschlagnahnahme und Konfiskation der verbotenen Waffen und Munition eine Bestrafung der Uebertreter der Verbotsbestimmungen der Artikel VIII und IX sowie ihrer Mitschuldigen herbeizuführen, sei es durch Geldstrafe, Freiheitsstrafe, oder beides, entsprechend der Schwere der Uebertretung und der Bedeutung des einzelnen Falles.

Artikel XIII.

Die Signatärmächte, welche in Afrika Besitzungen haben, die sich mit der im Artikel VIII begrenzten Zone berühren, verpflichten Sich, Maassregeln zu treffen, welche erforderlich sind, um die Einfuhr von Feuerwaffen und Munition über Ihre Inlandgrenzen nach den Gebieten der besagten Zone zu verhindern, zum wenigsten die der vervollkommneten Gewehre und Patronen.

Artikel XIV.

Die in den Artikeln VIII bis einschliesslich XIII vereinbarte Regelung soll auf zwölf Jahre in Kraft bleiben. Dieselbe soll, falls keine der kontrahirenden Parteien zwölf Monate vor Ablauf dieses Zeitraums Ihre Absicht gegen das weitere Bestehen derselben bekanntgegeben oder eine Revision beantragt haben sollte, auf zwei weitere Jahre verbindlich bleiben und so fort von je zwei zu zwei Jahren.

Kapitel II.

Karawanenwege und Sklaventransporte zu Lande.

Artikel XV.

Abgesehen von ihrer auf Unterdrückung des Sklavenhandels und Schutz gegen denselben an seinen Ursprungsstätten gerichteten Thätigkeit sollen die Stationen, die Kreuzfahrten und die Stützpunkte, deren Einrichtung im Artikel II vorgesehen ist, sowie alle anderen Stationen, welche gemäss Artikel IV von Einer Jeden Regierung in Ihrem Bereiche errichtet oder anerkannt sind, noch ausserdem, soweit es die Umstände ermöglichen und je nach dem Fortschritt in der Organisation ihrer Verwaltung, die auf ihrem Gebiet von den Sclavenhändlern benutzten Wege überwachen, die auf dem Marsch befindlichen Sklavenzüge anhalten oder dieselben so weit verfolgen, als sie gesetzlich dazu berechtigt sind.

Artikel XVI.

In den Küstengebieten, welche als Durchgangsplätze oder Endpunkte der aus dem Innern kommenden Sklaventransporte bekannt sind, sowie an den Kreuzungspunkten der hauptsächlichsten Karawanenstrassen derjenigen Zone, welche der schon unter der Einwirkung souveräner oder Schutzrechte ausübender Mächte stehenden Küste benachbart ist, sollen innerhalb der Bedingungen und Bestimmungen des Artikels III seitens der Behörden, welchen

die betreffenden Gebiete unterstehen, Stützpunkte errichtet werden, um von dort aus die Sklaventransporte abzufangen und die Sklaven in Freiheit zu

setzen.

Artikel XVII.

An den Seehafenplätzen und in den der Küste benachbarten Gegenden sollen seitens der Ortsbehörden strenge Aufsichtsmaassregeln getroffen werden, um den Verkauf und die Einschiffung der aus dem Innern ausgeführten Sklaven sowie die Bildung von Menschenjäger- und Sklavenhändlerbanden und deren Aufbruch nach dem Innern zu verhindern. || Die an der Küste oder in deren Nähe anlangenden Karawanen sowie diejenigen, welche im Innern einen von der Behörde der betreffenden Territorialmacht besetzten Platz erreichen, sollen bei ihrer Ankunft einer eingehenden Kontrole mit Bezug auf die Zusammensetzung ihres Personals unterworfen werden. Jede Person, von der sich erweist, dass sie eingefangen, gewaltsam entführt oder verstümmelt worden, sei es im Geburtslande oder unterwegs, soll in Freiheit gesetzt werden.

Artikel XVIII.

In den Gebieten Einer Jeden der vertragschliessenden Mächte soll die Verwaltung verpflichtet sein, die befreiten Sklaven zu beschützen, dieselben, wenn möglich, in ihre Heimath zurückzusenden, ihnen Existenzmittel zu beschaffen und besonders für die Erziehung und Unterbringung der verlassenen Kinder Sorge zu tragen.

Artikel XIX.

Die im Artikel V vorgesehenen Strafbestimmungen sollen auf alle bei Ausübung des Sklaventransports und des Sklavenhandels zu Lande begangenen Verbrechen und Vergehen in Anwendung kommen, sobald deren Begehung festgestellt ist. Jede Person, welche sich eine Bestrafung wegen einer in der gegenwärtigen Generalakte vorgesehenen Uebertretung zugezogen hat, soll zur Stellung einer Kaution verpflichtet werden, bevor sie wieder zu Handelsunternehmungen in den Ländern, wo der Sklavenhandel herrscht, zugelassen werden darf.

Kapitel III.

Unterdrückung des Sklavenhandels zur See.

§ 1. Allgemeine Bestimmungen.

Artikel XX.

Die Signatärmächte halten es für zweckmässig, gemeinsam Bestimmungen zu erlassen, um die Unterdrückung des Sklavenhandels innerhalb derjenigen Meereszone, wo er noch besteht, in wirksamerer Weise zu sichern.

Artikel XXI.

Diese Zone wird begrenzt auf der einen Seite von den Küsten des Indischen Ozeans (einschliesslich derjenigen des Persischen Meerbusens und des Rothen Meeres), von Beludschistan bis zum Kap von Tangalane (Quilimane), und anderer

Nr. 10304. Konferenz

Staaten. 2. Juli 1890.

Konferenz

Nr. 10304. seits von einer konventionellen Linie, welche zunächst dem Meridian von TanStaaten. galane bis zu dessen Schnittpunkt mit dem 26. Grad südlicher Breite folgt, 2. Juli 1892. sich hierauf mit diesem Parallelkreise vereinigt und dann östlich um die Insel Madagaskar führt, zwanzig Meilen von deren Ost- und Nordküste entfernt, bis sie den Meridian des Kaps Amber erreicht. Von diesem Punkt aus wird die Grenze der Zone durch eine in schräger Richtung nach der Küste von Beludschistan zurückführende Linie bestimmt, welche in einer Entfernung von 20 Meilen vom Kap Ras-el-Had vorbeiführt.

Artikel XXII.

Diejenigen Signatärmächte der gegenwärtigen Generalakte, zwischen welchen besondere Abmachungen behufs Unterdrückung des Sklavenhandels bestehen, sind übereingekommen, die Klauseln dieser Abmachungen, welche das Recht des Besuchs, der Durchsuchung und Beschlagnahme (,,droit de visite, de recherche et de saisie") von Schiffen auf See betreffen, auf die obgedachte Zone einzuschränken.

Artikel XXIII.

Dieselben Mächte sind gleichfalls darüber einig, dass das vorerwähnte Recht auf Schiffe von weniger als 500 Tonnen Gehalt zu beschränken ist. || Diese Bestimmung soll einer Revision unterzogen werden, sobald die Erfahrung eine solche nothwendig erscheinen lässt.

Artikel XXIV.

Alle anderen Bestimmungen der zwischen den besagten Mächten behufs Unterdrückung des Sklavenhandels vereinbarten Abmachungen bleiben in Kraft, soweit sie durch die gegenwärtige Generalakte nicht verändert werden.

Artikel XXV.

Die Signatärmächte verpflichten Sich, wirksame Maassregeln zu treffen, um die missbräuchliche Führung Ihrer Flagge sowie den Sklaventransport auf denjenigen Schiffen zu verhindern, welche berechtigt sind, ihre Flagge zu führen.

Artikel XXVI.

Die Signatärmächte verpflichten Sich, alle diejenigen Maassregeln zu treffen, welche erforderlich sind, um den pünktlichen Austausch der zur Ermittelung der den Sklavenhandel betreibenden Personen geeigneten Auskünfte zu erleichtern.

Artikel XXVII.

Mindestens ein Internationales Bureau soll errichtet werden; dasselbe soll seinen Sitz in Sansibar haben. Die hohen vertragschliessenden Theile verpflichten Sich, alle im Artikel XLI bezeichneten Dokumente sowie Auskünfte jeder Art, welche geeignet sind, zur Unterdrückung des Sklavenhandels beizutragen, an dasselbe gelangen zu lassen.

Artikel XXVIII.

Konferenz

Ein jeder Sklave, welcher sich an Bord eines unter der Flagge einer der Nr. 10804. Signatärmächte fahrenden Kriegsschiffes begeben hat, soll unverzüglich und Staaten. ohne Vorbehalt die Freiheit erhalten; er kann aber hierdurch nicht dem zu- 2.7Juli 1890. ständigen Richter entzogen werden, falls er ein Verbrechen oder Vergehen im Sinne des gemeinen Rechts begangen hat.

Artikel XXIX.

Ein jeder wider seinen Willen an Bord eines einheimischen Schiffes zurückgehaltene Sklave soll das Recht haben, seine Freiheit zu beanspruchen. || Derselbe soll von jedem Beamten einer der Signatärmächte, welchem die gegenwärtige Generalakte das Recht verleiht, den Personalbestand am Bord der besagten Schiffe zu kontroliren, für frei erklärt werden können, ohne dass eine solche Befreiung ihn dem zuständigen Richter entziehen kann, wenn Verbrechen oder Vergehen im Sinne des gemeinen Rechts begangen hat.

§ II. Regulativ,

er ein

betreffend die Führung der Flagge und die Ueberwachung durch die Kreuzerschiffe.

1) Vorschriften für die Verleihung des Flaggenrechtes an einheimische Schiffe, für die Musterrollen und für die Listen der schwarzen Passagiere.

Artikel XXX.

Die Signatǎrmächte verpflichten Sich, innerhalb der im Artikel XXI angegebenen Zone die zum Führen Ihrer Flagge berechtigten einheimischen Schiffe sowie die von denselben vermittelten Handelsunternehmungen streng zu überwachen.

Artikel XXXI.

Die Bezeichnung ,,einheimisches Schiff" findet auf solche Schiffe Anwendung, welche eine der beiden folgenden Bedingungen erfüllen:

1) Sie müssen eine einheimische Bauart und Takelung zeigen.

2) Von der Besatzung müssen der Kapitän und die Mehrzahl der Matrosen Eingeborene eines der vom Indischen Ozean, vom Rothen Meer oder vom Persischen Meerbusen bespülten Länder sein.

Artikel XXXII.

Das Recht, die Flagge einer der genannten Mächte zu führen, soll den einheimischen Schiffen künftig nur verliehen werden, wenn sie gleichzeitig den folgenden drei Bedingungen entsprechen:

1) Die Rheder oder Schiffseigner (armateurs ou propriétaires) müssen Unterthanen oder Schutzbefohlene derjenigen Macht sein, deren Flagge sie führen wollen.

Nr. 10304.

2) Sie sind gehalten, nachzuweisen, dass sie im Bereich der Behörde, an Konferenz- welche ihr diesbezügliches Gesuch gerichtet ist, Grundeigenthum besitzen, oder

Staaten.

2. Juli 1890. eine baare Kaution zu stellen zur Sicherheit für die etwa von ihnen verwirkten Geldstrafen.

3) Die besagten Rheder oder Schiffseigner sowie der Kapitän des betreffenden Schiffes müssen den Nachweis erbringen, dass sie sich eines guten Rufes erfreuen und insbesondere noch niemals sich wegen Sklavenhandels eine Verurtheilung zugezogen haben.

Artikel XXXIII.

Die bewilligte Berechtigung muss jedes Jahr erneuert werden. Dieselbe soll jederzeit von derjenigen Macht, deren Flagge das Schiff führt, zeitweilig aufgehoben oder zurückgezogen werden können.

Artikel XXXIV.

Die Berechtigungsurkunde soll die zum Erweis der Identität des betreffenden Schiffes erforderlichen Angaben enthalten. Der Kapitän hat dieselbe in Gewahrsam zu nehmen. Der Name des einheimischen Schiffes sowie dessen Tonnengehalt sollen am Heck in eingelegten und bemalten lateinischen Buchstaben angegeben sein; der oder die Anfangsbuchstaben seines Heimathshafens nebst der Registernummer des Nummernverzeichnisses dieses Hafens sollen in schwarzer Farbe auf die Segel gedruckt werden.

Artikel XXXV.

In dem Abgangshafen soll dem Kapitän des betreffenden Schiffes seitens der Behörde derjenigen Macht, deren Flagge es führt, eine Musterrolle ausgeantwortet werden. Dieselbe soll bei jeder neuen Ausreise des Schiffes oder spätestens nach Verlauf eines Jahres und in Gemässheit folgender Bestimmungen erneuert werden:

1) Die Musterrolle muss bei der Abfahrt von der Behörde, die sie ausgeantwortet hat, geprüft sein;

2) kein Schwarzer soll auf einem Schiffe als Matrose eingestellt werden können, ohne dass zuvor von der Behörde derjenigen Macht, deren Flagge das Schiff führt, oder, in Ermangelung dieser, von der betreffenden Territorialbehörde ein Verhör mit ihm vorgenommen worden ist, um festzustellen, dass er ein freies Vertragsverhältniss eingeht;

3) diese Behörde soll darauf achten, dass die Zahl der Matrosen oder Schiffsjungen zum Tonnengehalt und zum Takelwerk der Schiffe nicht ausser Verhältniss stehe;

4) Die Behörde, welche die betreffenden Personen vor ihrer Abfahrt in Verhör genommen, soll dieselben in die Musterrolle eintragen, wo sie in der Weise aufzuführen sind, dass neben dem Namen eines Jeden eine allgemeine Beschreibung seiner Person vermerkt wird;

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