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der Katholiken und mehre den Uebermuth der Protestanten, die auf den churfürstlichen Schutz bauend, glaubten, es sei ihnen jetzt Alles erlaubt, und sie könnten jetzt ins Werk setzen, was sie schon längst gegen die katholische Kirche im Sinn hätten.

Man sieht, der Papst macht den Versuch, den Churfürsten zu bestimmen, dass er Baiern als katholisches Land erhalte. Der Versuch misslang vollständig.

Er machte den gleichen bei dem ersten Consul in einem Schreiben vom 4. Juni 1803 und stellte diesem vor, dass wenn nicht unverzüglich die wirksamsten Mittel ergriffen würden, um die katholische Kirche in Deutschland aufrecht zu erhalten, die Kirchen und das Heil der Seelen zu schützen, so sei sehr zu befürchten, dass bei einer so grossen Verwirrung, die bereits die zeitlichen Güter der Kirche verschlungen, auch die geistlichen dasselbe Schicksal erfahren könnten", und er forderte ihn auf, jedes Mittel anzuwenden, um den kirchlichen Angelegenheiten in Deutschland eine feste Gestalt zu geben und die katholische Kirche vor jedem Schaden zu bewahren etc. *)

Der Consul begnügte sich damit, eine Abschrift des Breve an den Geschäftsträger am Reichstag zu schicken mit der Erklärung, er wünsche, dass die neuen Anordnungen auf die Grundsätze der Mässigung und Billigkeit gestellt würden, damit sie nicht in Zukunft ein Gegenstand der Unruhe und des Schmerzes für seine Heiligkeit seien.

2. Concordatsversuche bis zum Jahre 1807.

Es musste die Abschliessung eines Concordats versucht werden. Aber die Frage war, ob ein gemeinsames mit dem Reich, oder ob gesonderte Concordate mit den einzelnen Staaten abgeschlossen werden sollten? Die einzelnen Staaten waren mehr zu letzterem geneigt, der Papst und Dalberg fassten erst ein Reichsconcordat ins Auge und ein solches hatte auch der ehemalige Churfürst von Trier schon in einem Schreiben an den Papst anzuregen gesucht; dann, als die deutschen Regierungen durch s. g.

*) Neueste Geschichte der Kirche Christi II, 220.

Organisationsdecrete die Verhältnisse der Kirche zu ordnen anfingen, in einem Schreiben vom 26. October 1803 an den Churerzkanzler. Wegen der zunehmenden allgemeinen Eingriffe, schrieb er an diesen, wäre zu wünschen, dass zu einer reichs constitutionsmässigen Bestimmung und Beschleunigung eines (allgemeinen) Concordats eine baldige Einleitung geschehe.

Sein Schreiben an den Papst hatte dieser schon zuvor (am 20. August 1803) beantwortet. Es sei auch sein Wunsch, schrieb er, dass, weil das Zeitliche nicht gerettet werden konnte, wenigstens die geistlichen Güter erhalten würden und durch eine neue Eintheilung der Diöcesen und eine feste Gestaltung der kirchlichen Angelegenheiten eine solche Ordnung hergestellt werden könne, wodurch das Geistliche unversehrt erhalten werde." Aber er fügt doch hinzu, der Churfürst werde sicher wissen, wie viel vorher zusammentreffen müsse, dass dieses (die Abschliessung eines Concordats) ohne Gefährde geschehen könne*). Er ging also zögernd an das Werk und so kam es, dass erst im Februar 1804 Unterhandlungen über ein Concordat unter dem Vorsitz des Nuntius della Genga gepflogen wurden. Man brachte aber nichts zu Stande und der Nuntius reiste unverrichteter Sache ab.

"

Zum zweitenmal erschien er in Regensburg am 24. Juni 1806. Er hätte keine üblere Zeit zur Wiederaufnahme der Unterhandlungen wählen können: denn mittlerweile (am 12. Juli 1806) war der Rheinbund geschlossen worden und die Auflösung des deutschen Reiches stand bevor, trat auch bald genug (am 6. August) ein. Mit dem Reich also konnte nicht mehr verhandelt werden**). Dieser Umstand machte den Papst geneigter, mit einzelnen Staaten zum Behuf des Abschlusses eines Concordats in Unterhandlung zu treten.

Zunächst wurde Baiern ins Auge gefasst. Der noch in Regensburg weilende Nuntius della Genga begab sich zu diesem Endzweck am 8. Juli 1806 nach München. Dort wurde ihm das

* Gams I, 377, 379, 381.

**) Das Nähere über die Verhandlungen bei O. Mejer, zur Geschichte der römisch deutschen Frage. Beabsichtigtes Reichsconcordat p. 201–230.

Versprechen gegeben, es sollten demnächst in Regensburg Verhandlungen über ein Concordat eröffnet werden. Er kehrte also dahin zurück. Die Verhandlungen wurden wirklich eröffnet, aber es kam keine Einigung zu Stand und der Nuntius ging gegen Ende des Jahres 1807 unverrichteter Sache von Regensburg fort.

Jetzt versuchte er sein Heil in Würtemberg. Noch während seines Aufenthaltes in Regensburg war päpstlicher Seits das Verlangen ausgesprochen worden, mit Würtemberg in Unterhandlungen zu treten und Würtembergischer Seits hatte man sich dazu bereit erklärt, nur hatte der König verlangt, dass die Verhandlungen in Stuttgart geführt werden sollten. Dahin ging denn der Nuntius, nachdem er inne geworden, dass mit Baiern nichts auszurichten sei. Am 25. September 1807 langte er daselbst an. Mam kam ihm mit gutem Willen entgegen. Nun erklärte zwar der Nuntius gleich in der ersten Conferenz, dass der Papst nicht wohl mit einem protestantischen Fürsten ein Concordat in der gewöhnlichen Form abschliessen könne und schlug vor, die Form einer Convention zwischen dem päpstlichen Stuhl und dem Könige zu wählen. Der König, meinte er, sollte ein die Verhältnisse seiner katholischen Unterthanen zur Römischen Kirche bestimmendes Gesetz erlassen und der Papst werde dann den Bischöfen die erforderlichen Instructionen ertheilen. In Stuttgart aber war man das zufrieden und schon im October hatte man eine Convention zu Stande gebracht, die dem Könige vorgelegt wurde. Diese Convention sollte der Nuntius am 1. November unterzeichnen, dann sollte sie durch einen Bevollmächtigten nach Rom gesendet werden, um die Ratification des Papstes einzuholen.

Da, nachdem man zum Ziel gekommen zu sein glaubte, erklärte der Nuntius plötzlich, er hätte von Rom Befehle erhalten, welche ihn verbänden, seine Vollmacht als erloschen zu betrachten und sich ohne Zeitverlust nach Paris zu begeben.

Man war in Stuttgart über diese Erklärung auf's Aeusserste betroffen, der König war entrüstet. Nachdem der Nuntius durch nichts sich hatte zur Unterschrift der Convention bewegen und von der Reise nach Paris abhalten lassen, liess der König in einer Note ihm erklären, er sehe von diesem Augenblick an alle Unterhandlungen mit Rom als dergestalt abgebrochen an, dass er sie

nicht mehr anknüpfen lassen werde und dass er nunmehr ohne andere Rechte und Interessen als diejenigen, welche er als König, Souverain und Vater seiner Unterthanen zu berücksichtigen habe, zu Rathe zu ziehen, solche Massregeln treffen werde, welche er für das Wohl seiner katholischen Unterthanen für nothwendig und angemessen finde.

Zugleich setzte der König die am Würtembergischen Hof accreditirten auswärtigen Mächte durch ein Circular, dem die Note an den Nuntius beilag, von diesen Vorgängen in Kenntniss *).

In Stuttgart hatte man damals das Benehmen des Nuntius und des Papstes sich schlechterdings nicht zu erklären gewusst. Später klärte sich die Sache auf.

Napoleon war darüber unzufrieden, dass die Rheinbundstaaten einzeln Concordate mit Rom abschliessen wollten.

Noch bevor der Nuntius nach Stuttgart abgegangen war, hatte in des Kaisers Auftrag der Minister Champagny eine Note (21. Septbr. 1807) an den Cardinal Caprara erlassen, in welcher gesagt war: „als Beschützer des Rheinbundes müsse der Kaiser Sorge tragen für das Interesse der Religion dieses grossen Landes. Dazu sei ihm die zeitliche Macht verliehen worden und wenn die Verblendung oder die Unwissenheit einiger treuloser Räthe den Römischen Hof bestimme, das Interesse der Katholiken in Deutschland den Protestanten aufzuopfern, so sollte der Kaiser, der sich erinnert, dass die Religion nicht untergehen könne, und dessen sich Gott als eines Werkzeugs zur Wiederherstellung derselben in Frankreich bedient habe, sich etwa nicht als den betrachten, der denselben Beruf in Beziehung auf Deutschland zu erfüllen habe? Sei er etwa nicht mit einem Priesteramte bekleidet, das ihm die Pflicht auflege, die Katholiken an den Ufern der Weichsel, der Oder oder des Rheins gegen den Einfluss der Protestanten zu vertheidigen, dieser Secte, welche, hervorgegangen aus den Missbräuchen des Römischen Hofs, ihre Macht täglich durch die Fehltritte desselben wachsen sieht *)."

*) Die Actenstücke in Winkopp, d. rhein Bund. B. VI. p. 102. Das Nähere bei O. Mejer, die Würtemberg. Concordatsverhandlung 1807 p. 259-280. **) Gams p. 423.

Mit solchen Vorwänden, die gleich sehr verletzend für die Protestanten wie für die deutschen Fürsten und den Papst waren, beschönigte Napoleon das Verlangen, dass unter seinen Augen in Paris ein Gesammtconcordat mit den Rheinbundstaaten abgeschlossen werde.

Diesem Verlangen gehorsam hatte also der Papst den Nuntius della Genga angewiesen, nach Paris zu gehen und hatte er gleichzeitig die mit anderen Staaten eingeleiteten Unterhandlungen abbrechen lassen. Und so unterwürfig war er unter den Willen des Kaisers, dass er ihm schreiben liess, er sei überzeugt, dass das Concordat weit schneller und mit grösserem Vortheil für die Religion zu Paris unter den Auspicien des Kaisers als in Deutschland selbst zu Stand kommen werde. Nur das begehrte er, dass ihm das abgeschlossene Concordat vor der Unterzeichnung zugesendet würde. In Wahrheit aber that der Papst eben, was er thun musste, und legte er die Angelegenheit ungern in die Hände des Kaisers. Der Gedanke, unter der Obhut des Kaisers, als des Protectors des Rheinbundes, ein Gesammtconcordat mit den Rheinbundstaaten abzuschliessen, war schon damals, als der Abschluss eines solchen mit dem deutschen Reich unmöglich geworden war, nahe gelegen, damals aber hatte, wie Consalvi berichtet*), gerade die Abneiguug, mit Napoleon zu verhandeln, den Papst bestimmt, Unterhandlungen mit den einzelnen Staaten vorzuziehen.

Wäre es des Papstes aufrichtige Meinung gewesen, dass unter den Auspicien des Kaisers weit schneller als in Deutschland ein Concordat werde zu Stande kommen, so hätte er sich auch sehr getäuscht. Zu wiederholtenmalen nahm zwar Napoleon einen Anlauf zu einem solchen Concordat, aber es kam der Sturz Napoleons heran und es lag noch keines vor**).

Noch einmal tauchte die Frage auf, ob sich nicht ein Gesammtconcordat erzielen lasse. Damals, als auf dem Wiener Congress die Verfassung des deutschen Bundes entworfen wurde.

*) Memoires de Consalvi 208 bei O. Mejer p. 233.

**) Die Geschichte dieser Anläufe bei O. Mejer. (Napoleonische Zeit im Rheinbunde. p. 307-399,

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