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Jahren 1809 und 1810 wurden in die katholische Kirchensection Geistliche berufen, welche, der Aufklärung huldigend, dem Staat lieber noch mehr Rechte zugewiesen hätten, der geistliche Rath Brunner, der als Verfasser des neuen Gebetbuches für aufgeklärte katholische Christen" im Ruf eines Illuminaten stand *), später aber dann doch nicht abgeneigt war, die Theologen kirchengemäss erziehen zu lassen, und Häberlin, früher Stadtpfarrer in Freiburg, der geradehin gegen Errichtung von Seminarien und Convicten war und später als Gegner des Cölibats auftrat.

Unter diesen Umständen war es der badischen Regierung noch hoch anzurechnen, dass sie ihr Prinzip mit so vieler Mässigung und Milde handhabte.

Indessen im Lande stellte sich unter den Katkoliken doch eine unzufriedene Stimmung ein. Schon die Klosteraufhebung war missliebig aufgenommen worden; ein weiterer Grund zur Unzufriedenheit war, dass man zu bemerken glaubte, dass die katholischen Beamten unter dem Vorwand, es gehe ihnen die wissenschaftliche Befähigung ab, bei höheren Staatsstellen hintan gesetzt wurden. So entstand Misstrauen gegen die badische Regierung, als eine den Katholiken widrige, und es kam, da Unzufriedenheit über Steuererhöhung hinzutrat, um dieselbe Zeit, wo Tirol wider die baierische Herrschaft auftrat, im Oberland zu bedenklichen Gährungen. Damit mag wohl die Drohnote Napoleons vom 12. Februar 1810 zusammenhängen. Dieser hatte die Bitten um Abwendung der Säcularisation, die man an ihn gerichtet, unbeachtet gelassen. Jetzt liess er durch seinen Minister eine Note an den badischen Gesandten ergehen, worin er sein Befremden darüber ausdrückte, „dass sich in der Regierung Badens das System eingeschlichen habe, die Katholiken und die Bewohner der in der letzten Zeit mit Baden vereinigten Länder von allem Antheil an den Geschäften und Staatsämtern auszuschliessen, Mannheim, Freiburg und andere Städte der Einrichtungen zu berauben, die zu deren Wohlstand und Glanz beitragen könnten und dieselben einer zu Carlsruhe herrschenden Koterie zum Opfer zu bringen.“ Der Kaiser, wird darin erklärt, werde es keineswegs gleichgültig mit

*) Gams I, 469. Die katholischen Zustände in Baden. II, Abth. 29,

ansehen, dass man als rechtlose Unterthanen und gleichsam als Heloten die ansehe, welche er selbst dem Grossherzogthum gegeben habe. Er wünsche, dass der Hof von Baden unverzüglich ein entgegengesetztes System annehme, jede Verfolgung und jede ungerechte Zurücksetzung abstelle und dass in dem Ministerium sowie in jeder Abtheilung und jedem Zweig des Staatsdienstes die Katholiken, welche ja mehr als die Hälfte der Einwohnerzahl ausmachten, auch die Hälfte der Aemter erhielten. Auf diese Forderung kam eine spätere Note vom 7. März noch einmal zurück.

Die badische Regierung beeilte sich allerdings, den letzt genannten Forderungen Napoleons zu genügen, entliess auch den dem Kaiser missfällig gewordenen Minister des Innern, Herrn v. Marschall, und setzte an seine Stelle den katholischen Freiherrn von Andlaw. Aber eine eigentliche Aenderung im System trat darum doch nicht ein, das hinderte die protestantische Parthei, die sich mittlerweile gebildet hatte. Die früheren Klagen der Katholiken dauerten fort und gleich das Jahr darauf glaubten sie einen neuen Beweis dafür, dass man bei dem alten System verharre, darin zu finden, dass die Ministerialsection die Gebete vorschrieb, welche bei der Schwangerschaft und dann der Entbindung der Grossherzogin Stephanie gehalten werden sollten. Da zudem im Oberland sich das Gerücht verbreitete, diese Gebete seien von einem Lutheraner gefertigt, verwarfen viele Pfarrer dieselben. Wir gedenken nur noch Preussens.

d. Preussen.

Da Preussen von früher schon im Besitz katholischer Territorien war, in Schlesien, Westpreussen und Posen, so war für die Behandlung der neu erworbenen katholischen Besitzungen ein Anhaltspunkt schon gegeben. Der Hauptsache nach nahm Preussen zu ihnen dieselbe Stellung ein wie zu jenen. Es sprach sich das Reformations - Recht und das Oberaufsichts- Recht in kirchlichen Dingen zu, gab aber das katholische Bekenntniss unbeschränkt frei und stellte die katholische Confession vollständig gleich mit den protestantischen Confessionen. Ein Mann, der als guter

*) Mejer, die Propaganda II, 355.

Katholik gilt, der geheime Rath Schmedding, lange Zeit Referent für die katholischen Angelegenheiten im geistlichen Ministerium, gibt in einem Bericht vom August 1811, ergangen auf eine Anfrage des Hannoverschen Ministeriums, der preussischen Regierung ein gutes Zeugniss. Er bemerkt zwar, dass das preussische Landrecht, indem es den König als Quelle alles Rechts, auch des religiösen, betrachte, in directem Widerspruch mit dem Katholicismus stehe, der von dem Grundsatz der göttlichen Stiftung der Kirche ausgehe, erkennt aber an, dass die preussische Regierung mit viel Schonung zu Werk gegangen sei. Sie habe die mere spiritualia ganz frei gegeben und nur neue constitutive Anordnungen und neue Stiftungen der Genehmigung des Staats unterstellt; Recurs an den päpstlichen Stuhl nur in spiritualibus zugelassen und unter Aufsicht des Staats; das Placet habe sie für alle Erlasse ausländischer geistlicher Oberen in Anspruch genommen, wenn diese aber ihr Amt einem inländischen Stellvertreter übertrugen, habe die Regierung von dem Placet abgesehen. Rücksichtlich der Stellenbesetzung endlich habe die Regierung in der älteren Praxis überall mit demjenigen Einfluss sich begnügt, welchen ehedem die katholischen Souveraine z. B. Oesterreich in Schlesien geübt haben*).

Früh scheint Preussen es ungern gesehen zu haben, dass ausländische geistliche Obere in die Kirchenangelegenheiten des Landes sich mischten, was freilich nicht ganz zu vermeiden war, da katholische Diöcesen Preussens unter fremdländischen Bischöfen standen, doch hat der Papst dem meist abzuhelfen gewusst. Noch weniger war dem Könige von Preussen ein Nuntius, oder apostolischer General-Vicar für Preussen genehm und schon im J. 1800 hatte er dem damaligen Residenten in Rom, Herrn v. Humboldt, in einer geheimen Instruction darauf bezügliche Weisungen gegeben.

Mit den Säcularisationen der Klöster und Stifte verfuhr Preussen langsam und im allgemeinen schonend.

Das Schul- und Erziehungswesen nahm der Staat in seine Aufsicht.

*) Mejer. II, 355 sq.

Von Seite der katholischen Behörden fand er wenig Widerstand, zum Theil standen diese auf dem Standpunkt der Aufklärung. So muss es wenigstens in Münster gewesen sein, wo man früher, als es von der baierischen Regierung in Würzburg geschah, vorübergehend den Gedanken fasste, in Münster eine grosse Universität zu errichten, mit Münster die drei kleinen Universitäten Duisburg, Paderborn und Erfurt zu vereinigen und „Protestanten und Katholiken in den Lehrgegenständen so zu vereinigen, dass die Candidaten wechselweise ihre Collegien hörten, Protestanten bei katholischen Professoren und umgekehrt, nur hätte jede Parthei ihren besonderen Professor für Dogmatik, Exegese und Kirchengeschichte." Man wendete sich wirklich an Oberthür, dass er Lehrer schicken solle, und er schickte einen, einen gewissen Wecklein. Wess Geistes Kind dieser war, ersieht man aus einem Brief desselben an Oberthür. Er schreibt (am 22. Jan. 1808): Ew. Hochwürden wirken aus der Ferne mehr auf Münster, als ich mit meiner Gegenwart. Sind Sie indessen gleichwohl Johannes, der den Weg bahnt, so kann ich doch das Glück haben, ein Jesus (!) zu werden, wenigstens mache ich mir Hoffnung, dass, wenn einmal die verstopften Ohren von aussen her geöffnet sind, endlich auch meine Stimme im Hörsaal werde vernommen werden *).“ Graf Spiegel, der nachmalige Erzbischof von Cöln, war damals Mitglied der Universitäts-Commission.

5. Die mit den einzelnen Staaten abgeshlossenen Concordate.

Wir haben im vorhergehenden Abschnitt gesehen, dass die deutschen Regierungen die durch den Reichsdeputations-Hauptschluss geschaffenen Zustände als zu Recht bestehende ansahen; welche Auffassung sie von dem Verhältniss des Staats zur Kirche hatten und welche Rechte über die Kirche sie daraus ableiteten. Vergegenwärtigen wir uns nun auch die Stellung, welche die Curie zu diesen Zuständen einnahm und welches ihre Auffassung von dem Verhältniss von Kirche und Staat war.

*) Schwab, Franz Berg p. 350.

Game I, 563,

Daraus erklärt sich die Natur der Concordate, welche jetzt zum Abschluss kamen.

Noch in Wien, gleich nach Feststellung der Bundesacte, hatte der Legat Consalvi Protest gegen alle Vorgänge vom Jahr 1803 an eingelegt und denselben den Ministern der Mächte, welche den Pariser Frieden unterzeichnet hatten, notificirt: beides am 14. Juni 1815*). Der Legat spricht darin seine Unzufriedenheit über den Gang der geistlichen wie der weltlichen Angelegenheiten aus. In Betreff der geistlichen hegt er noch die Hoffnung, dass sie inBälde nach der Vorschrift der Kirchengesetze werden geordnet werden können. Was aber die weltlichen Angelegenheiten anlangt, so klagt der Legat, dass der Congress Mehreres theils festgesetzt, theils habe bestehen lassen, was das Gemüth Seiner Heiligkeit mit grossem Schmerz ergreifen werde: denn es seien die weltlichen Fürstenthümer, deren man in Deutschland die Kirche beraubt habe, nicht wieder hergestellt worden, ja man habe solche sogar weltlichen Fürsten, katholischen und akatholischen, zugetheilt. Man habe die Güter und Einkünfte der Geistlichkeit, sowohl der weltgeistlichen als auch der regulären, beiderlei Geschlechts, welche Eigenthum der Kirche seien, theils ihren neuen Besitzern, ohne irgend eine Sanction der rechtmässigen Behörde, gelassen, theils habe man gestattet, dass solche dem Gebrauch, zu dem sie verordnet waren, entzogen und entwendet blieben. Endlich sei auch das heilige Römische Reich, das mit Recht für einen Mittelpunkt der politischen Einheit gehalten und durch die Heiligkeit der Religion sei consecrirt worden, keineswegs wieder aufgerichtet worden.

„Da sonach, schliesst die Urkunde, der heilige Vater vermöge der ihm obliegenden Sorge für die Heerde Gottes und alle Kirchen und kraft des bei seiner Erhebung zu der päpstlichen Würde geleisteten Eides dergleichen den weltlichen Verhältnissen der deutschen Kirchen zugefügte Beschädigung nicht nur nicht mit Stillschweigen übergehen darf, damit es nicht das Ansehen gewinne, als billige er dieselbe durch Nachsicht (connivendo), sondern auch verpflichtet ist, nach dem Beispiel seiner Vorfahren,

*) Klüber, Acten des Wiener Congresses. 6, 442,

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