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so wie in Betreff der Aufbringung der Kirchenbedürfnisse, wo möglich und irgend zulässig, auf canonischem und privatrechtlichem Weg verfahren wolle.

Es folgten die Verhandlungen über das Verhalten der Kirche gegen die Protestanten, und gegen die neuen Secten. Beschlüsse wurden da nur gefasst in Beziehung auf die letzteren. Die Beschlüsse waren die: da die Taufe der neuen, sich Deutschkatholiken, Rongeaner, Lichtfreunde nennenden, Secten theils offenbar ungültig sei, theils gegen deren Gültigkeit ein gegründeter Zweifel obwalte, so sollten die von solchen Secten Getauften, welche in die katholische Kirche aufgenommen werden wollten, im ersteren Fall unbedingt, im letzteren Fall bedingungsweise aufs Neue getauft werden; dann, dass die von der Kirche abgefallenen Sectirer keinen Anspruch auf das katholische Kirchenvermögen hätten, und dass Simultaneen mit diesen Secten durchaus unzulässig seien.

Endlich wurde auch verhandelt über die Diocesansynoden, deren Zweckmässigkeit anerkannt wurde, über die Volksmissionen welche als nützlich und in gegenwärtiger Zeit höchst wünschenswerth erklärt wurden, um das erschlaffte kirchliche Leben wieder zu erwecken.

Die Erörterung der übrigen Gegenstände, welche noch auf der Tractandenliste standen, wurde auf das künftige Nationalconcil verschoben, und die Versammlung mit der 36. Sitzung am 16. November geschlossen.

Beschlossen war auch noch worden, dass eine Denkschrift veröffentlicht und den Regierungen mitgetheilt werden solle, was denn auch geschah. *)

Die Bischöfe hatten gethan, was ihres Amtes war, sie hatten

*) Die Denkschrift (verfasst von Dr. Moritz Lieber) dd. 14. Nov. 1848, und von 25 Fürstbischöfen, Erzbischöfen und Bischöfen unterzeichnet, im Archiv für kath. Kirchenrecht. XV. S. 108 fg.; und die sämmtlichen Actenstücke in Ginzel, Archiv für Kirchengeschichte und Kirchenrecht. II. Regensburg 1851).

die Lage der Dinge sich vergegenwärtigt, und darnach ihre Stellung genommen. In den Verhandlungen bewahrten sie, soviel wir das aus den Protokollen entnehmen können, eine würdige Haltung. Diese verleugneten sie auch nicht in den Verhandlungen über die Stellung der katholischen Kirche zu den Protestanten und den Secten, und es war immerhin von ihrem Standpunct aus ein Act der Mässigung, dass sie sich dem Protestantismus gegenüber so zurückhaltend verhielten.

Was die Bischöfe da thaten, das erwartete aber auch das katholische Volk von ihnen, denn dieses war gegenüber den Vorgängen in Frankfurt kein müssiger Zuschauer geblieben. Und wie hätte es das auch sein können? Eine der katholischen Kirche feindselige Stimmung sprach sich in Frankfurt laut und offen genug aus. Sie ging zunächst von denen aus, welche überhaupt religionsfeindlich gesinnt waren, und in deren Hass hatte sich die katholische Kirche mit der protestantischen zu theilen. Aber die Angriffe waren auch von dieser Seite mehr noch gegen die katholische als die protestantische Kirche gerichtet, weil die erstere mit grösseren Ansprüchen auftrat, und dem Staat sich unbequemer machte. Eben darum ging auch die Missstimmung gegen die katholische Kirche über die radicalen Kreise hinaus, und dadurch vermehrte sich die Gefahr, welche der katholischen Kirche drohte. Das hatte eine Aufregung in den katholischen Kreisen zur Folge, und diese zu mehren und auf ein bestimmtes Ziel hinzuleiten, dazu fehlte es nicht an Männern.

Schon bevor die Bischöfe zusammengetreten, war allerlei geschehen, um die Katholiken zu gemeinsamem Ziel zusammen zu binden. Es wurden in den verschiedenen Ländern des katholischen Deutschlands Unterschriften zu Adressen an das Frankfurter Parlament gesammelt, die begehrten, dass, wenn der Staat einmal den Grundsatz ausspreche, dass künftig in Ausübung aller politischen Rechte und bei seinen Anstellungen das Glaubensbekenntniss nicht mehr in Betracht komme, er sich auch des Eingreifens in das innere Leben und der Bevormundung der bestehenden christlichen Confessionen begebe. Solche Adressen liefen in Menge in Frankfurt ein. Einzelne, wie z. B. die Münchner (vom 20. Juni 1848), formulirten ziemlich genau, was sie als zur Frei

heit und Unabhängigkeit ihres Glaubens und ihrer Kirche gehörig rechneten. *)

Von besonderer Bedeutung wurden aber die Volksvereine, welche in den verschiedenen Ländern Deutschlands unter verschiedenen Namen sich bildeten. Der Piusverein, der Ende März sich in Cöln bildete; der Verein für religiöse Freiheit, der im April in Limburg zusammentrat; der katholische Volksverein in Rheinpreussen (Juni); der Münchner Verein für constitutionelle Monarchie und religiöse Freiheit (Mai); der katholische Centralverein in Breslau für religiöse und kirchliche Freiheit (Juni); der Bonifaciusverein in Wiesbaden, der sich als Zweigverein des katholischen Vereins Deutschlands, mit dem Vorort Mainz, constituirte. Alle diese Vereine hatten den gleichen Endzweck, „,durch die unbedingteste Durchführung des Princips der Freiheit und Selbständigkeit der Religion und Kirche die höchsten Interessen des Christen in diesen Zeiten der Umwälzung und Neugestaltung aller Verhältnisse sicher zu stellen." Bemerkenswerth ist aber, dass in den Statuten des PiusVereins bereits der erste Paragraph dahin lautete:,,der Zweck des Vereins ist, die socialen und politischen Fragen vom katholischen Standpunkt aus zu behandeln": denn das trat dann im weiteren Verlauf der deutschen Bewegung so verletzend heraus, dass die katholische Parthei das Interesse der katholischen Kirche in allen Fragen als das Massgebende betrachtete. Auch wird schon im Februar 1849 von einem in Kemberg (Nassau) gehaltenen Vortrag berichtet, in welchem die Vortrefflichkeit des Jesuitenordens gepriesen wurde.

Alle diese Vereine, die genau gegliedert waren, ihren Vorort und ihre Zweigvereine hatten, zählten bald ihre Mitglieder zu Tausenden, und wurden eine Macht, deren sich die Führer fleissig bedienten. **)

In diesen Kreisen hatte man es nicht anders erwartet, als dass

*) Die Münchner katholische Adresse an die deutsche Reichsversammlung. Histor.-politische Blätter Bd. XXII (1848 II.) S. 63.

**) Berichte über die Bildung der Vereine in Darmst. Allg. Kirchenztg. 1848 und 1849.

die katholische Kirche in ihren berufenen Führern das Interesse der katholischen Kirche vertreten werde, und wusste man ihnen Dank, dass sie es thaten.

Das Ereigniss, auf das die Bischöfe sich vorbereitet hatten, trat nun freilich nicht ein, die Beschlüsse der Frankfurter Reichsversammlung kamen nicht zur Ausführung, das ganze Werk der Neugestaltung Deutschlands entglitt vielmehr den Händen des Frankfurter Parlaments. Dasselbe wurde aufgelöst, und an die bestehenden Regierungen kam die Aufgabe, eine neue Ordnung der Dinge herbeizuführen.

Wie unvollkommen diesen das gelang, ist bekannt. Und so sehr waren die Regierungen mit der Frage, wie sie ihr gegenseitiges Verhältniss ordnen wollten, und wem unter den Staaten die Hegemonie in Deutschland zufallen sollte, beschäftigt, dass die Aufgaben, welche sich das Frankfurter Parlament in oberster Linie gestellt hatte, ganz in den Hintergrund traten. Es blieb jeder einzelnen Regierung überlassen, wie viel sie thun wolle, und wie viel sie von den Versprechungen, welche sie etwa in dieser Sturm- und Drangperiode gemacht, erfüllen wolle.

Vergeblich war aber darum die Würzburger Bischofsversammlung doch nicht gewesen. Die Bischöfe hatten sich über das Ziel, dem sie zustreben müssten, verständigt, und dieses Ziel behielten sie unverrückt im Auge. Die katholische Parthei war die einzige, welche in der Zeit des Frankfurter Parlaments ein festes Programm gewonnen hatte, und an diesem Programm hielt sie auch nach Auflösung des Parlamentes fest.

Fest war man entschlossen, an dem, was man bis dahin von Rechten besass, was etwa die Concordate der kath. Kirche zugewiesen hatten, sich nicht mehr genügen zu lassen, und das, was man als sein Recht erkannt zu haben glaubte, jetzt zu erstreiten. Man hatte die Regierungen schwach gesehen, daraus zog man die Lehre, dass man den Kampf mit ihnen nicht zu scheuen brauche.

Das ist die Veränderung, welche in der Stellung der katholischen Kirche vom Jahr 1849 an vorgegangen ist. Das Signal zu Kämpfen ist damit gegeben, um die Freiheit und Unabhängigkeit der Kirche zu erringen, die man sich im Jahre 1848 als Ziel gesetzt hat.

Solche Kämpfe haben jetzt in allen den Ländern statt, in welchen man sich ihren Ansprüchen widersetzt, und sie gestalten sich nur verschieden je nach der Stärke oder Schwäche der Regierungen und je nach dem Muth und der Energie der betreffenden Bischöfe.

II.

Die Kirche und die einzelnen Staaten.

Wir beginnen mit den Staaten in welchen es zu Conflicten gekommen ist, um dann diejenigen Staaten anzureihen, in welchen durch die Haltung des Staats solche vermieden wurden.

In die erste Reihe gehören die Staaten der oberrheinischen Kirchenprovinz.

1. Die Staaten der oberrheinischen Kirchen provinz. *) Es lag nahe, dass die Bischöfe dieser Kirchenprovinz Aber es ge

zu gemeinsamen Schritten sich zusammenthaten. schah das erst im Jahr 1851, nachdem zuvor schon die einzelnen Bischöfe dieser Kirchenprovinz in ihren Diöcesen den Kampf gegen die Regierungen in dieser oder jener Weise aufgenommen hatten. Dass es nicht früher geschah, hat nach den Einen seinen Grund darin, dass der oberrheinische Episcopat, so lange die Regierungen nicht wieder befestigt waren, seine Forderungen zurückhalten wollte. Wahrscheinlicher aber liegt der Grund darin, dass sich um diese Zeit erst der Mann eingestellt hatte, der die oberrheinischen Bischöfe zusammen zu binden verstand, das ist der Bischof Wilhelm von Ketteler in Mainz. Dieser, früher Probst in Berlin, hatte am 25. Juli 1850 den Bischofsstuhl des hl. Bonifacius bestiegen, und alsbald erwies er sich als die Seele des oberrheinischen Episcopats. Am Tag seiner Consecration fasste man den Entschluss,

Brück, die oberrhein. Kirchenprovinz. § 19 und 20.

Friedberg, die Gränzen zwischen Staat und Kirche und die Garantieen gegen deren Verletzung 1872. 4. Die Staaten der oberrh. Kirchenprovinz. Warnkönig, über den Conflict des Episcopats der oberrheinischen Kirchenprovinz mit den Landesregierungen in derselben. Erlangen 1853.

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