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Bildung in Mainz oder Göttingen zu holen. Von nachhaltiger Wirkung für die Wissenschaft war es aber doch nicht. Geschrieben wurde sehr wenig, die Professoren an der Universität und den Gymnasien beschränkten sich auf ihre Berufsgeschäfte. Es gab noch zu Ende des Jahrhunderts im ganzen Lande nur zwei Buchdruckereien und deren Thätigkeit wurde fast ausschliesslich von Andachts- und Schulbüchern in Anspruch genommen *).

In seiner kirchlichen Stellung hat der Churfürst Wandlungen durchgemacht. Bis zum Jahr 1778 hatte er freisinnige Minister, unter denen la Roche, der Verfasser der Briefe über das Mönchthum, war und übte Nicolaus von Hontheim den entscheidenden Einfluss auf die kirchlichen Dinge aus. 1769 hatte er die von Hontheim abgefassten Beschwerden über den Römischen Stuhl in Gemeinschaft mit den beiden andern Churfürsten dem Kaiser zugesendet. Dass er in dieser Zeit der Aufklärung Vorschub geleistet hat in der Weise, wie es in den Churfürstenthümern Mainz und Cöln geschah, davon finden sich zwar keine Anzeichen, aber dass die Curie mit seiner Sinnesweise und seinen kirchlichen Massnahmen nicht zufrieden war, ersehen wir aus Pacca's Denkwürdigkeiten. Er war wenigstens kein Beförderer des kirchlichen Aberglaubens. Er beschränkte die Feiertage; er untersagte die Processionen nach weiter entfernten Orten und die Verkleidungen an den Vorabenden von Festen; drang aber auf strenge Sonntagsfeier; schärfte den Geistlichen würdige Haltung ein und sorgte für Zucht in den Frauenklöstern.

Mit dem Jahre 1778 trat ein Umschlag in seiner kirchlichen Stellung ein. Er entzog dem Weihbischof von Hontheim sein Vertrauen und drang jetzt in ihn, den Widerruf, den Pius VI. mit grossem Eifer begehrte, und zwar in der von dem Papst vorgeschriebenen Form, zu leisten.

Dass er diesen Mann, dem er auch jetzt das Zeugniss gibt, „er sei wegen seines ausnehmenden Genies, seiner umfassenden Gelehrsamkelt, seiner unbescholtenen Sitten, seines für die Wiederherstellung der Disciplin und um die Erweiterung der Kirche beseelten Eifers, vor allem geschickt gewesen, ihm in seinem Hirten

Rheinischer Antiquarius I, 2.

amt zu unterstützen", zehn Jahre lang unangefochten in seiner Stellung belassen habe, entschuldigte er jetzt in einem Schreiben an den Papst damit, dass es an Beweisen gefehlt habe, ihn als Verfasser des Febronius zu überführen und dass er besorgt habe, wenn er ihn zu sehr in die Enge triebe, möchte er zu noch bedenklicheren Schritten sich verleiten lassen.

Den Umschlag hatten die Exjesuiten, welche Macht über den Churfürsten gewonnen hatten, bewirkt. Sein vornehmster Rathgeber war jetzt der geistliche Rath Beck, ein Exjesuite; seine früheren Minister entliess er. Derselbe Beck vermochte ihn auch, dem Kaiser Joseph II. in einem langen Schreiben vom 2. Juni 1787 eindringliche Vorstellungen über seine Reformen und seine herbe Stellung gegen Rom zu machen. Das zog ihm freilich nur eine Demüthigung zu: denn der Kaiser erwiderte das Schreiben in einem wenig achtungsvollen, fast höhnischen Brief, der mit den Worten schloss: ich hoffe, wir gehen beide zusammen den kürzesten Weg selig zu werden, wenn wir die Pflichten des Berufs erfüllen, worein uns die Vorsehung gesetzt hat, und wenn wir dem Brod, das wir essen, Ehre machen. Sie essen das Brod der Kirche und protestiren gegen alle Neuerungen, ich das Brod des Staats und vertheidige und erneuere seine ursprünglichen Rechte *).“

Wenige Jahre darauf war der Churfürst wieder zu dem alten Standpunkt zurückgekehrt und nahm durch den Abschluss der Emser Punctation zu dem Römischen Stuhl ohngefähr dieselbe Stellung ein, welche er an dem Kaiser Joseph getadelt hatte. Schon 1783 hatte er die früheren Bestrebungen für Hebung des Volksschulwesens und Beseitigung kirchlicher Uebelstände wieder aufgenommen. Auch eine Art Toleranzedict hatte er in demselben Jahre erlassen, wodurch es den Protestanten ermöglicht wurde, in den beiden Hauptstädten, Trier und Coblenz, sich niederzulassen und ihre Industrie ungehindert auszuüben.

Aber wieder wurde er diesem Standpunkt untreu von da an, wo die französische Revolution auch an seinen Staat pochte. Nun sah er das Heil in der Rückkehr zum Alten.

In einer Verordnung vom 1. Dec. 1789 übergab er dem

*) Acta historico ecclesiastica nostri temporis. Th. LXIV.

General-Vikariat im oberen, dem Officialat im unteren Erzstift, die Aufsicht, die Gewalt und die Obhut einer Studiencommission über das geistliche Recht, die Theologie, Kirchengeschichte, Philosophie, über Gymnasien und Landschulen in Rücksicht der Lehre. Diese Commission war zugleich ermächtigt, die Professoren, Lehrer am Seminarium und in den Gymnasien, auch Landschulmeister, welche sich wegen gefährlicher Lehren, auch solcher Aeusserungen ausser den Lehrstunden schuldig machen, alsbald von ihrem Amte zu suspendiren. Sie sollte zugleich darüber wachen, dass in den Buchläden keine irreligiösen noch sonst ärgerliche Bücher verkauft würden.

Im März 1790 wurde das Verbot der Processionen, die über eine Stunde weit gingen, aufgehoben und in demselben Jahr liess der Churfürst erklären, dass er alle die Ansprüche, welche in der Emser Punktation erhoben worden waren, zurücknehme. Er wollte jetzt, wo Einigkeit zwischen dem Haupt und den Gliedern der Kirche ganz besonders nöthig sei, auch den geringsten Anlass zu einem Aergerniss vermeiden und seinem Volk ein Beispiel der Unterwürfigkeit unter die rechtmässige Obrigkeit und der Achtung vor dem verjährten Besitzstand geben.

Im Jahr 1793 endlich wurde der Nuntius Pacca zum Zeichen, dass man ganz in das alte Verhältniss zum heiligen Stuhl zurückkehren wolle, von dem Churfürsten in feierlicher Audienz und mit allen Zeichen seines Ranges empfangen.

d. Salzburg.

Von den Fürstbischöfen Salzburgs gedenken wir nur des letzten, des Hieronymus Grafen von Colloredo (1772-1812). Nachdem einer seiner Vorfahren, der Fürstbischof Leopold, Graf von Firmian, sich durch sein Emigrationsedict von Jahr 1731, welches die Auswanderung von mehr als zwanzigtausend Protestanten anbefahl, berüchtigt gemacht und nachdem dessen zweiter Nachfolger, der Fürstbischof Sigmund Graf von Schrattenbach, eifrig bemüht gewesen war, die weiteren Neigungen zum Protestantismus in seinem Lande darniederzuhalten und demselben den katholischen Glauben wieder lieb zu machen, begegnen wir in dem Fürstbischof Hieronymus einem Mann, der der Aufklärung zugethan war.

Wir kennen ihn schon als einen Anhänger des Febronianismus, denn er war ja einer der Erzbischöfe, welche die Emser Punctation abgeschlossen hatten. Seine kirchliche Richtung lernen wir aus einem Hirtenbrief kennen, den er am 29. Juni 1782 zur zwölfhundertjährigen Feier des Fürstlichen Erzstifts erliess *).

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Wir geben einen Auszug aus demselben. Die katholische Religion, so beginnnt er, hat von jeher für die Zierde des Hauses Gottes die grösste Sorge und Aufmerksamkeit verwendet, aber frühzeitig musste man schon gegen gottesdienstliche Verschwendungen eifern und gewiss ist es, dass, wenn über derlei gottesdienstlichen Aufwand wesentlichere Pflichten des Christenthums zurückgesetzt oder gar versäumt werden, die Oberhirten der Kirche nicht schlummern dürfen, sondern das Uebermässige abstellen und das Wesentliche des Gottesdienstes wieder in vollen Gang zu bringen trachten müssen."

In diesem Fall befindet sich der Erzbischof.

Er hat vielfältig bemerkt, dass in dem Erzstift ein beinahe allgemeiner Wetteifer im Schwunge geht, welche Gemeinde die andere in der Höhe, Grösse und Menge der Kirchenfahnen, in in der Anzahl und Grösse der Glocken, in der Menge und Kostbarkeiten der Altäre, der Kirchenornate und der Gemälde an den Kirchengewändern und Gewölben, in der Zahl der brennenden Wachskerzen und überhaupt in kirchlicher Pracht und Aufwand übertreffe. Es geht daraus hervor, dass ein grosser Theil des christlichen Volks darauf zu viel Werth legt und darüber das Bessere versäumt. Das Bessere seien die Werke der Menschenliebe und Wohlthätigkeit: diese seien dem kirchlichen Aufwand weit vorzuziehen.

Darum befahl der Erzbischof, dass in allen Kirchen alles, was die Stille der Seele stören, die Gedanken zerstreuen und die Aufmerksamkeit auf göttliche Wahrheiten schwächen kann, entfernt werde; dass bei künftigen Kirchengeräthanschaffungen nur die blosse Nothdurft und Unentbehrlichkeit zur einzigen Norm genommen, übrigens aber das Vermögen und die Einkünfte der Gotteshäuser als ein Erbtheil der Armen, als ein Nothpfennig der

Er findet sich abgedruckt in Schlözers Staatsanzeigen II. H. V. p. 56.

Unglücklichen, als ein Zufluchtsmittel gegen allerlei menschliche Bedürfnisse mit Sparsamkeit zusammengehalten und vermehrt werden sollten, damit in jedem Decanat eine Kasse angelegt werden könne, die mit der strengsten Gewissenhaftigkeit als ein unverletzliches Eigenthum der gottgefälligen Nächstenliebe angesehen werden und lediglich dahin dienen solle, dass dem kranken, alten und entkräfteten, unverschuldet armen oder unglücklichen Landmann Unterstützung in der Nähe, den verlassenen Waisen Erziehung, der Landesjugend Unterricht und anderen eben so gemeinnützigen Anstalten eine Grundlage verschafft werden könne.

Der Hirtenbrief legt weiter der Geistlichkeit an des Herz, dass sie bemüht sein solle, in die Vorstellungen des gemeinen Mannes von Gott mehr Wahrheit, mehr Licht, mehr Vollständigkeit, Würde und Anständigkeit zu bringen. Richtige Begriffe von Gott und von dem Verhältnisse, in welchem wir gegen ihn und unsere Mitgeschöpfe stehen, und beide in allem seinem Thun und Lassen als Richtschuur vor unseren Augen haben, sind doch einmal die erste Grundlage, ohne welche keine gute Religionstheorie, kein practisches Christenthum, keine ächte Tugend und Frömmigkeit bestehen können. Es sei unglaublich, welche rohe, jüdische und heidnische Begriffe von der Gottheit unter dem unwissenden Völklein hier und dort noch herrschend seien. Scepticismus und Indifferentismus, Religionsspötterei und freche, ruchlose Lasterhaftigkeit, Aberglauben und Fanatismus, Intolerantismus und Verfolgungsgeist und practische Gottesverleugnung fänden nirgends bequemeren Boden als da, wo das allervollkommenste Wesen ein unbekannter Gott sei, wo das Volk mit tausend Nebendingen zerstreut sei, in der Unwissenheit und in dem Wahne, als wenn Beobachtung recht vieler äusserlicher Gebräuche die vorzüglichste Heiligkeit und die Versäumung derselben das grösste Verbrechen wäre, unterhalten und an seine höchst wichtigen Verhältnisse gegen seinen Schöpfer und Mitgeschöpfe, an die Pflichten der Mässigung und Nächstenliebe, an seine grosse Bestimmung für die Zukunft nur nachlässig und obenhin oder gar nicht erinnert werde.

Indem der Geistlichkeit dann eingeschärft wird, ihren gottesdienstlichen Vortrag so einzurichten, dass ihn der Aufgeklärte mit

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