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Nr. 7631. Deutschland

Ungarn.

Art. 9. Innere Abgaben, welche in dem Gebiete des einen der vertragschliessenden Theile, sei es für Rechnung des Staates oder für Rechnung von und Communen und Corporationen, auf der Hervorbringung, der Zubereitung oder Oesterreichdem Verbrauch eines Erzeugnisses gegenwärtig ruhen oder künftig ruhen wer- 23. Mai 1881. den, dürfen Erzeugnisse des anderen Theiles unter keinem Vorwande höher oder in lästigerer Weise treffen, als die gleichnamigen Erzeugnisse des eigenen Landes.

Art. 10. Die vertragschliessenden Theile verpflichten sich, auch ferner zur Verhütung und Bestrafung des Schleichhandels nach oder aus ihren Gebieten durch angemessene Mittel mitzuwirken und die zu diesem Zweck erlassenen Strafgesetze aufrechtzuerhalten, die Rechtshülfe zu gewähren, den Aufsichtsbeamten des anderen Theiles die Verfolgung der Contravenienten in ihr Gebiet zu gestatten, und denselben durch Steuer-, Zoll- und Polizeibeamte sowie durch die Ortsvorstände alle erforderliche Auskunft und Beihülfe zu Theil werden zu lassen. || Das nach Maassgabe dieser allgemeinen Bestimmungen abgeschlossene Zollkartell enthält die Anlage B. || Für Grenzgewässer und für solche Grenzstrecken, wo die Gebiete der vertragschliessenden Theile mit fremden Staaten zusammentreffen, werden die zur gegenseitigen Unterstützung beim Ueberwachungsdienste verabredeten Maassregeln aufrechterhalten.

Art. 11. Jeder der beiden vertragschliessenden Theile wird die Seehandelsschiffe des anderen und deren Ladungen unter denselben Bedingungen und gegen dieselben Abgaben, wie die eigenen Seehandelsschiffe, zulassen. Dieses gilt auch für die Küstenschifffahrt. || Die Staatsangehörigkeit der Schiffe jedes der vertragschliessenden Theile ist nach der Gesetzgebung ihrer Heimath zu beurtheilen. || Zur Nachweisung über die Ladungsfähigkeit der Seehandelsschiffe sollen bei Feststellung von Schifffahrts- und Hafenabgaben die nach der Gesetzgebung ihrer Heimath giltigen Messbriefe genügen, und wird eine Reduction der Schiffsmaasse insolange nicht stattfinden, als die im Jahre 1872 durch Notenwechsel zwischen den vertragschliessenden Theilen getroffenen Vereinbarungen über die gegenseitige Gleichstellung der Messbriefe in Kraft bleiben.

Art. 12. Von Schiffen des einen der vertragschliessenden Theile, welche in Unglücks- oder Nothfällen in die Seehäfen des anderen einlaufen, sollen, wenn nicht der Aufenthalt unnöthig verlängert oder zum Handelsverkehr benutzt wird, Schifffahrts- oder Hafenabgaben nicht erhoben werden. || Von Havarie- und Strandgütern, welche in das Schiff eines der vertragschliessenden Theile verladen waren, soll von dem anderen, unter Vorbehalt des etwaigen Bergelohns, eine Abgabe nur dann erhoben werden, wenn dieselben in den Verbrauch übergehen.

Art. 13. Zur Befahrung aller natürlichen und künstlichen Wasserstrassen in den Gebieten der vertragschliessenden Theile sollen Schiffsführer und Fahrzeuge, welche einem derselben angehören, unter denselben Bedingungen und gegen dieselben Abgaben von Schiff oder Ladung zugelassen werden, wie Schiffsführer und Fahrzeuge des eigenen Landes.

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Art. 14. Die Benutzung der Chausseen und sonstigen Strassen, Canäle, und Schleusen, Fähren, Brücken und Brückenöffnungen, der Häfen und LandungsOesterreich- plätze, der Bezeichnung und Beleuchtung des Fahrwassers, des Lootsenwesens, 23. Mai 1881. der Krahne und Waageanstalten, der Niederlagen, der Anstalten zur Rettung und Bergung von Schiffsgütern und dergleichen mehr, insoweit die Anlagen oder Anstalten für den öffentlichen Verkehr bestimmt sind, soll, gleichviel ob dieselben vom Staate oder von Privatberechtigten verwaltet werden, den Angehörigen des anderen vertragschliessenden Theiles unter gleichen Bedingungen und gegen gleiche Gebühren, wie den Angehörigen des eigenen Staates, gestattet werden. || Gebühren dürfen, vorbehaltlich der beim Seebeleuchtungsund Seelootsenwesen zulässigen abweichenden Bestimmungen, nur bei wirklicher Benutzung solcher Anlagen oder Anstalten erhoben werden. Wegegelder für einen, die Landesgrenze überschreitenden Verkehr dürfen auf Strassen, welche zur Verbindung der Gebiete der vertragschliessenden Theile unter sich oder mit dem Auslande dienen, nach Verhältniss der Streckenlänge nicht höher sein, als für den auf das eigene Staatsgebiet beschränkten Verkehr.

Art. 15. Auf Eisenbahnen soll sowohl hinsichtlich der Beförderungspreise als der Zeit und Art der Abfertigung kein Unterschied zwischen den Bewohnern der Gebiete der vertragschliessenden Theile gemacht werden. Namentlich sollen die aus den Gebieten des einen Theiles in das Gebiet des anderen Theiles übergehenden oder das letztere transitirenden Transporte weder in Bezug auf die Abfertigung, noch rücksichtlich der Beförderungspreise ungünstiger behandelt werden, als die aus dem Gebiete des betreffenden Theiles abgehenden oder darin verbleibenden Transporte. || Für den Personen- und Güterverkehr, welcher zwischen Eisenbahnstationen, die in den Gebieten des einen vertragschliessenden Theiles gelegen sind, innerhalb dieser Gebiete mittelst ununterbrochener Bahnverbindung stattfindet, sollen die Tarife in der gesetzlichen Landeswährung dieser Gebiete auch in dem Falle aufgestellt werden, wenn die für den Verkehr benützte Bahnverbindung ganz oder theilweise im Betriebe einer Bahnanstalt steht, welche in den Gebieten des anderen Theiles ihren Sitz hat. || Auf Anschlussstrecken und insoweit es sich lediglich um den Verkehr zwischen den zunächst der Grenze gelegenen, beiderseitigen Stationen handelt, soll bei Einhebung der im Personen- und Güterverkehr zu entrichtenden Gebühren auch in dem Falle, wenn der Tarif nicht auf die gesetzliche Landeswährung der Einhebungsstelle lautet, die Annahme der nach den Gesetzen des Landes, in welchem die Einhebungsstelle gelegen ist, zulässigen Zahlungsmittel mit Berücksichtigung des jeweiligen Courswerthes nicht verweigert werden. || Die hier geregelte Annahme von Zahlungsmitteln soll den Vereinbarungen der betheiligten Eisenbahnverwaltungen über die Abrechnung in keiner Weise vorgreifen.

Art. 16. Die vertragschliessenden Theile werden dahin wirken, dass der gegenseitige Eisenbahnverkehr in ihren Gebieten durch Herstellung unmittelbarer Schienenverbindungen zwischen den an einem Orte zusammentreffenden

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Bahnen und durch Ueberführung der Transportmittel von einer Bahn auf die Nr. 7681. andere möglichst erleichtert werde. || Die vertragschliessenden Theile verpflichten und sich, dahin zu wirken, dass durch die beiderseitigen Bahnverwaltungen directe OesterreichExpeditionen oder directe Tarife im Personen- und Güterverkehr, sobald und 23. Mai 1881. insoweit dieselben von beiden Theilen als wünschenswerth bezeichnet werden, zur Einführung gelangen. || Für den directen Verkehr bleibt die Aufstellung einheitlicher Transportbestimmungen, insbesondere in Bezug auf Lieferungsfristen, durch unmittelbares Einvernehmen der beiderseitigen zuständigen obersten Aufsichtsbehörden vorbehalten.

Art. 17. Die vertragschliessenden Theile verpflichten sich, den Eisenbahnverkehr zwischen den beiderseitigen Gebieten gegen Störungen und Behinderungen sicherzustellen. || Eisenbahnwagen, in welchen Pferde, Maulthiere, Esel, Rindvieh, Schafe, Ziegen oder Schweine befördert worden sind, müssen, wenn sie demnächst zum Transport von Vieh der genannten Gattungen aus dem Gebiete des einen Theiles in das des anderen verwendet werden sollen, zuvor einem durch besondere Uebereinkunft festzustellenden Reinigungs- (Desinfections-)Verfahren unterworfen werden, welches geeignet ist, die den Wagen etwa anhaftenden Ansteckungsstoffe vollständig zu tilgen.

Art. 18. Die vertragschliessenden Theile werden dort, wo an ihren Grenzen unmittelbare Schienenverbindungen vorhanden sind und ein Uebergang der Transportmittel stattfindet, Waaren, welche in vorschriftsmässig verschliessbaren Wagen eingehen und in denselben Wagen nach einem Orte im Innern befördert werden, an welchem sich ein zur Abfertigung befugtes Zolloder Steueramt befindet, von der Deklaration, Abladung und Revision an der Grenze sowie vom Kolloverschluss freilassen, insofern jene Waaren durch Uebergabe der Ladungsverzeichnisse und Frachtbriefe zum Eingang angemeldet sind. Waaren, welche in vorschriftsmässig verschliessbaren Eisenbahnwagen durch das Gebiet eines der vertragschliessenden Theile aus-, oder nach den Gebieten des anderen ohne Umladung durchgeführt werden, sollen von der Declaration, Abladung und Revision sowie vom Kolloverschluss sowohl im Innern als an den Grenzen freibleiben, insofern dieselben durch Uebergabe der Ladungsverzeichnisse und Frachtbriefe zum Durchgang angemeldet sind. Die Verwirklichung der vorstehenden Bestimmungen ist jedoch dadurch bedingt, dass die betheiligten Eisenbahnverwaltungen für das rechtzeitige Eintreffen der Wagen mit unverletztem Verschlusse am Abfertigungsamte im Innern oder am Ausgangsamte verpflichtet seien. Insoweit von einem der vertragschliessenden Theile mit dritten Staaten in Betreff der Zollabfertigung weitergehende, als die hier aufgeführten Erleichterungen vereinbart worden sind, finden diese Erleichterungen auch bei dem Verkehr mit dem anderen Theile, unter Voraussetzung der Gegenseitigkeit, Anwendung.

Art. 19. Die Angehörigen der vertragschliessenden Theile sollen gegenseitig in Bezug auf den Antritt, den Betrieb und die Abgaben von Handel und Gewerbe den Inländern völlig gleichgestellt sein. Beim Besuche der

Nr. 7631. Märkte und Messen sollen die Angehörigen des anderen Theiles ebenso wie

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und die eigenen Angehörigen behandelt werden. || Auf das Apothekergewerbe, das Oesterreich- Handelsmäkler- (Sensalen-) Geschäft und den Gewerbebetrieb im Umherziehen, Ungarn. 23. März 1881. einschliesslich des Hausirhandels, finden die vorstehenden Bestimmungen keine Anwendung. Kaufleute, Fabrikanten und andere Gewerbetreibende, welche sich darüber ausweisen, dass sie in dem Staate, wo sie ihren Wohnsitz haben, die gesetzlichen Abgaben für das von ihnen betriebene Geschäft entrichten, sollen, wenn sie persönlich oder durch in ihren Diensten stehende Reisende Ankäufe machen, oder Bestellungen, nur unter Mitführung von Mustern, suchen, in dem Gebiete des anderen vertragschliessenden Theiles keine weitere Abgabe hierfür zu entrichten verpflichtet sein. || Die Angehörigen des einen der vertragschliessenden Theile, welche das Frachtfuhrgewerbe, die See- oder Flussschifffahrt zwischen Plätzen verschiedener Staaten betreiben, sollen für diesen Gewerbebetrieb in dem Gebiete des anderen Theiles einer Gewerbesteuer nicht unterworfen werden. Die in dem Gebiete des einen vertragschliessenden Theiles rechtlich bestehenden Actiengesellschaften, Commanditgesellschaften auf Actien und Versicherungsgesellschaften jeder Art werden in dem Gebiete des anderen Theiles nach Maassgabe der daselbst geltenden gesetzlichen und reglementarischen Bestimmungen zum Geschäftsbetriebe und zur Verfolgung ihrer Rechte vor Gericht zugelassen.

Art. 20. In Bezug auf die Bezeichnung der Waaren oder deren Verpackung sowie bezüglich der Fabrik- und Handelsmarken, der Muster und Modelle, ferner der Erfindungspatente sollen die Angehörigen des einen der vertragschliessenden Theile in dem Gebiete des anderen denselben Schutz wie die eigenen Angehörigen geniessen. Die Angehörigen eines jeden der vertragschliessenden Theile haben jedoch die in dem Gebiete des anderen Theiles durch Gesetze oder Verordnungen vorgeschriebenen Bedingungen und Förmlichkeiten zu erfüllen. || Der Schutz von Fabrik- und Handelsmarken wird den Angehörigen des anderen Theiles nur insofern und auf so lange gewährt, als dieselben in ihrem Heimathsstaate in der Benutzung der Marken geschützt sind.

Art. 21. Die vertragschliessenden Theile bewilligen sich gegenseitig das Recht, Consuln in allen denjenigen Häfen und Handelsplätzen des anderen Theiles zu ernennen, in denen Consuln irgend eines dritten Staates zugelassen werden. || Diese Consuln des einen der vertragschliessenden Theile sollen, unter der Bedingung der Gegenseitigkeit, in dem Gebiete des anderen Theiles dieselben Vorrechte, Befugnisse und Befreiungen geniessen, deren sich diejenigen irgend eines dritten Staates erfreuen oder erfreuen werden.

Art. 22. Jeder der vertragschliessenden Theile wird seine Consuln im Auslande verpflichten, den Angehörigen des anderen Theiles, sofern letzterer an dem betreffenden Platze durch einen Consul nicht vertreten ist, Schutz und Beistand in derselben Art und gegen nicht höhere Gebühren wie den eigenen Angehörigen zu gewähren.

Art. 23. Die vertragschliessenden Theile gestehen sich gegenseitig das

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Recht zu, an ihre Zollstellen Beamte zu dem Zwecke zu senden, um von der Nr. 7631. Geschäftsbehandlung derselben in Beziehung auf das Zollwesen und die Grenz- und bewachung Kenntniss zu erlangen, wozu diesen Beamten alle Gelegenheit be- OesterreichUngarn. reitwillig zu gewähren ist. || Ueber die Rechnungsführung und Statistik in 23. März 1881. beiden Zollgebieten werden gegenseitig alle gewünschten Aufklärungen ertheilt werden.

Art. 24. Der gegenwärtige Handelsvertrag erstreckt sich auch auf die mit den Gebieten der vertragschliessenden Theile gegenwärtig oder künftig zollgeeinten Länder oder Landestheile.

Art. 25. Der gegenwärtige Vertrag soll vom 1. Juli 1881 ab in Kraft treten. Derselbe soll bis zum 31. December 1887 in Wirksamkeit bleiben. Jedoch behält sich jeder der vertragschliessenden Theile das Recht vor, vom 1. Januar 1883 ab den Vertrag mit der Wirkung zu kündigen, dass derselbe ein Jahr nach erfolgter Kündigung ausser Kraft tritt.

Art. 26. Die Ratifikationen des gegenwärtigen Vertrages sollen sobald als möglich, spätestens aber am 30. Juni 1881 in Berlin ausgewechselt werden. Zu Urkund dessen haben die beiderseitigen Bevollmächtigten den gegenwärtigen Vertrag unterzeichnet und ihre Siegel beigedrückt.

So geschehen zu Berlin, den 23. Mai 1881. Karl Heinrich v. Boetticher.

Anlage A.

Graf A. Wolkenstein.

Erleichterungen im Grenzverkehr.

1. Auf Landgütern oder Grundbesitzungen, welche von der Zollgrenze der beiderseitigen Gebietstheile durchschnitten sind, dürfen das dazugehörige Wirthschaftsvieh und Wirthschaftsgeräth, die Aussaat zum dortigen Feldbau, dann die auf denselben gewonnenen Erzeugnisse des Ackerbaues und der Viehzucht bei der Beförderung von den Orten ihrer Hervorbringung nach den zu ihrer Verwahrung bestimmten Gebäuden und Räumen von einem Zollgebiete auf das andere an den durch die Verwendung oder Bestimmung im Wirthschaftsbetriebe angezeigten natürlichen Uebergangspunkten zollfrei gebracht werden.

2. Die Grenzbewohner, welche im jenseitigen Grenzbezirke eigene oder gepachtete Aecker und Wiesen zu bestellen, oder dort, jedoch in der Nähe ihres Wohnortes, sonst eine Feldarbeit zu verrichten haben, geniessen Zollfreiheit in Betreff der Aussaat zum Anbau der erwähnten Grundstücke und der von denselben weggeführten Fechsung an Feldfrüchten und Getreide in Garben, dann in Betreff des Arbeitsviehes und der Arbeitsgeräthschaften für die landwirthschaftlichen Verrichtungen. || Nach Maassgabe der örtlichen Verhältnisse und der zu verrichtenden Arbeiten kann der Grenzübertritt auch auf Nebenwegen unter Beobachtung der diesfalls zu bestimmenden Vorsichtsmaassregeln dann geschehen, wenn die Rückkehr noch an demselben Tage erfolgt.

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