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in der Stadt lauffen herauß und holen nach Gefallen hinweg; ich glaube, daß sie wol 8 Tage mit Beuthmachen werden zuzubringen haben.

In der Flucht hat der Feind viel gefangene Oesterreichische Leute, insonderheit Weibsbilder, so nit fort zu bringen gewesen, niedergesäbelt, worunter noch viele, die von denen empfangenen Blessuren fönnen geheilet werden.

Heute früh bin ich in der Stadt gewesen und habe befunden, daß sich solche kaum über fünff Tage mehr hätte halten können. Niemals ist so grosse in kurzer Zeit gefertigte Arbeit mit Menschen- Augen gesehen worden, wie in Zubereitung der Minen gewaltige Stein und Felssen durchbrochen und über Hauffen geworffen worden. Die Kaif. Burg ist von denen Stuck-Kugeln gantz durchlöchert und ruinirt. Ich habe lang mit dem Vezier fechten müssen, als welcher seine ganze Macht auf meinen rechten Flügel angeführet, also daß das Corpo deß lincken Flügels wenig zu thun gehabt, biß sich dasselbe von seiner Stell movirt und mir zu Hülff kommen ist. Allda waren um mich her der Churfürst von Bäyern, Fürst von Waldeck und viele andere Reichs-Fürsten, die mich umhälseten und küsseten. Die Generals-Personen fasseten mich bey den Händen und Füssen; die übrigen Obristen und Officirer samt ihren Regimentern zu Roß und Fuß rieffen mir zu: „Unser braver König!" Heut frühe kame der Churfürst von Sachsen samt dem Herzogen von Lothringen zu mir, mit dem ich gestern nicht habe sprechen können, weil sie auff der äussersten Spitze des lincken Flügels gestanden, welchen ich nebst dem Hn. Hof-Marschall etliche Compagnien Hussaren zugeordnet hatte. Endlich fame der Wienerische Gouverneur, Graf von Stahrenberg, mit vielem Volck hohen und niedrigen Standes mir entgegen. Jedermann hat mich gehertzet, geküsset und ihren Erlöser genennet. Hierauff habe ich zwey Kirchen besucht, da ich ebenmässig nicht wenig Leute angetroffen, die sich bemüheten, mir die Hände, ja Füsse und Kleider zu küssen; die meisten mußten zufrieden seyn, daß sie nur den Rock anrühren können. Auda hörte man schreyen und ruffen: „Ach lasset uns herzu, daß wir die streitbare Hand küssen!" Sie erhebten zusammen ein Jubel-Geschrey; ich habe aber die Teutsche Officirer gebeten, daß solches möchte verwehret werden. Dessen aber ungeachtet hat dennoch ein grosser Hauffen Vivat Rex! überlaut geruffen. . . .

Der eroberten feindlichen Fahnen und Zelten ist ein grosser Hauffen; in Summa: der auf die Flucht gebrachte Feind hat nicht mehr behalten, als das blosse Leben. Dessen erfreue sich nun die Christenheit und dancke Gott dem HErrn, daß er den Unglaubigen nit hat zugelassen, uns Hohn zu sprechen, und zu fragen: Wo ist nun euer Gott?"

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104.

Die Aufhebung des Ediktes von Nantes.

Oktober 1685.*)

(Sander, F., Die Hugenotten u. das Edikt von Nantes. Breslau 1885. S. 285 ff.)

Ludwig, von Gottes Gnaden König von Frankreich und von Navarra, allen Gegenwärtigen und Zukünftigen Gruß! Der König Heinrich der Große, Unser Großvater glorreichen Andenkens, von dem Wunsche ge= leitet, zu verhindern, daß der Friede, den er seinen Unterthanen nach den großen, während der Dauer der inneren und äußeren Kriege von ihnen erlittenen Verluste wieder verschafft hatte, aus Anlaß der vorgeblichen reformierten Religion gestört würde, wie es unter den Regierungen der Könige, seiner Vorgänger, geschehen war, wollte durch sein zu Nantes im Monat April 1598 gegebenes Edikt das Verhalten regeln, welches gegen die von der besagten Religion beobachtet werden sollte, die Orte bestimmen, in denen sie dieselbe sollten ausüben können, außerordentliche Richter einsetzen, um ihnen Recht zu sprechen, und endlich sogar durch besondere Artikel für alles das sorgen, was er für nötig hielt, um die Ruhe in seinem Königreiche zu erhalten, und um die Abneigung zu verringern, die zwischen denen von der einen und von der anderen Religion bestand, damit er besser imstande wäre, seinem festen Vorsage gemäß an der Wiedervereinigung derer mit der Kirche zu arbeiten, die sich so leichtfertig von ihr entfernt hatten.

(Nachdem hierauf dargelegt worden ist, daß diese angebliche Absicht des Königs weder während seiner eigenen, noch während der Regierung seines Nachfolgers hatte ausgeführt werden können, fährt der Erlaß folgendermaßen fort:)

Jezt endlich hat Gott in seiner Gnade gefügt, daß Unsere Völker einer vollkommenen Ruhe genießen, und daß Wir Selbst, nicht mehr mit der Sorge beschäftigt, sie gegen Unsere Feinde zu schützen, diese Waffenruhe ausnutzen konnten, die Wir durch Unser Entgegenkommen erleichtert haben, um mit ganzem Fleiße zu erforschen, wie Wir die Absicht der Könige, Unseres besagten Großvaters und Unseres Vaters, in die Wir seit Unserer Thronbesteigung eingetreten sind, zum guten Ende führen könnten. So sehen Wir nun jetzt mit dem gerechten Danke, den Wir Gott schuldig sind, daß Unsere Sorgen das vorgesteckte Ziel erreicht haben, da ja der bessere und größere Teil Unserer Unterthanen von der besagten vorgeblichen reformierten Religion die katholische angenommen hat. Weil denn nun dieserhalb die Ausführung des Edikts von Nantes und alles dessen, was zugunsten der besagten vorgeblichen reformierten Religion angeordnet worden ist, den Nugen verloren hat, so haben Wir geurteilt, daß wir nichts Besseres thun könnten..., als das besagte Edikt von Nantes. . . vollständig aufzuheben.

*) Nach Schott, Die Aufhebung des Ediktes von Nantes, Halle 1885, ist es unrichtig, den 18. Okt. als den Tag der Publikation, wie gewöhnlich geschieht, zu bezeichnen. Obige übersehung schließt sich an den Tert in: Benoît, Histoire de l'Édit de Nantes III, Delft 1695, an.

1. Thun zu wissen, daß Wir aus diesen und anderen hinzukommenden Uns bewegenden Ursachen und aus unserer sicheren Erkenntnis, föniglichen Allgewalt und Macht durch dieses gegenwärtige, beständige und unwiderrufliche Edikt unterdrückt und aufgehoben haben, unterdrücken und aufheben das Edikt des Königs, Unseres besagten Großvaters, gegeben zu Nantes im Monat April 1598, in seiner ganzen Ausdehnung... Und infolgedessen wollen Wir und gefällt es Uns, daß alle Tempel derer von der besagten vorgeblichen reformierten Religign . . . unverzüglich zerstört werden.

2. Verbieten Unseren besagten Unterthanen von der vorgeblichen reformierten Religion, sich noch ferner zu versammeln, um den Gottesdienst nach der besagten Religion an irgend einem Orte oder in einem Privathause, unter welchem Vorwande es auch sein könnte, zu halten. . .

4. Befehlen ernstlich allen Predigern der besagten vorgeblichen reformierten Religion, die sich nicht bekehren und die katholische, apostolische und römische Religion annehmen wollen, vierzehn Tage nach der Veröffentlichung Unseres gegenwärtigen Ediktes Unser Königreich und die Länder Unserer Botmäßigkeit zu verlassen... bei Strafe der Galeeren.

5. Wollen, daß diejenigen der besagten Prediger, welche sich bekehren werden, fortfahren, während ihres Lebens, und ihre Witwen nach ihrem Tode, so lange sie im Witwenstande bleiben, dieselbe Befreiung von Steuern und von Einquartierung zu genießen, die sie während der Ausübung ihres Amtes als Prediger genossen haben; und überdies wollen Wir den besagten Predigern zeitlebens ein Jahrgeld zahlen lassen, das um ein Drittel größer ist, als die Einkünfte, die sie als Prediger bezogen, von welchem Jahrgelde die Hälfte ihre Frauen nach ihrem Tode, so lange diese im Witwenstande bleiben, ebenfalls genießen sollen.

6. Wenn etliche der besagten Prediger wünschen, Anwälte zu werden, oder den Doktorgrad in der Rechtskunde zu erwerben, so wollen und gebieten Wir, daß sie von den drei Studienfahren, die durch Unsere Verordnungen vorgeschrieben sind, entbunden werden; und wenn sie die gewöhnlichen Prüfungen abgelegt haben und durch dieselben für fähig befunden sind, sollen sie zu Doktoren ernannt werden, indem sie nur die Hälfte der Sporteln bezahlen, die man zu dem Ende an jeder Universität gewohnt ist zu nehmen.

7. Verbieten die besonderen Schulen der vorgeblichen reformierten Religion zum Unterricht der Kinder und insgemein alles und jedes, was ein Zugeständnis, welcher Art es auch sei, zugunsten der besagten Religion bedeuten könnte.

8. Jnbetreff der Kinder, welche denen von der besagten vorgeblichen reformierten Religion geboren werden, wollen Wir, daß sie fortan durch die Seelsorger der Pfarreien getauft werden. Befehlen den Vätern und Müttern ernstlich, sie zu dem Ende in die Kirchen zu schicken bei Strafe von 500 Livres und mehr, je nach Gelegenheit; und sollen die Kinder nachher in der katholischen, apostolischen und römischen Religion erzogen werden; worüber die Hand zu halten, Wir den Richtern der Ortschaften ganz ausdrücklich und ernstlich befehlen.

9. Und um unserer Milde gegen die von der genannten vorgeb. lichen reformierten Religion vollen Lauf zu lassen, die Unser Königreich, Länder und Herrschaften Unserer Botmäßigkeit vor der Veröffentlichung Unseres gegenwärtigen Ediktes verlassen haben, so wollen und genehmigen Wir, daß falls sie in Zeit von 4 Monaten vom Tage der besagten Veröffentlichung an zurückkehren, alsdann ihnen freistehe und gestattet sei, wieder in den Besitz ihrer Güter einzutreten und derselben grade so zu genießen, als ob sie immer darin verblieben wären; dagegen, daß die Güter derjenigen, die in dieser Zeit von 4 Monaten nicht in Unser Königreich oder Länder und Gebiete Unserer Botmäßigkeit, die sie verlassen hatten, zurückkehren, eingezogen seien und bleiben in Gemäßheit Unserer Verordnung vom 20ten des letzten Augustmonats.

10. Verbieten ganz ausdrücklich und wiederholentlich allen Unseren Unterthanen von der genannten vorgeblichen reformierten Religion, ihnen, ihren Frauen und Kindern, aus Unserem besagten Königreiche, Ländern und Gebieten Unserer Botmäßigkeit auszuwandern, noch ihre Güter und Besitztümer daraus zu entfernen, bei Strafe der Galeeren für die Männer und Einziehung von Leib und Gut für die Frauen.

11. Wollen und befehlen, daß die Erlasse, die gegen die Rückfälligen gegeben sind, nach Form und Inhalt ausgeführt werden.

Im übrigen können die von der genannten vorgeblichen_reformierten Religion bis es Gott gefällt, sie wie die übrigen zu erleuchten, in den Städten und Orten Unseres Königreichs, Ländern und Gebieten Unserer Botmäßigkeit bleiben und dort ihren Handel fortseßen und ihrer Güter genießen, ohne unter dem Vorwande der besagten vorgeblichen reformierten Religion gestört und behelligt werden zu dürfen, unter der Bedingung, wie gesagt, feinen Gottesdienst zu veranstalten, noch unter dem Vorwande von Gebeten oder von Kultushandlungen der besagten Religion, welcher Art sie auch seien, sich zu versammeln, bei den vorher bezeichneten Strafen Leibes und Gutes.

Gegeben zu Fontainebleau im Monat Oktober, im Jahr der Gnade 1685 und Unseres Königtums im 43. Gezeichnet:

Ludwig.

105.

Das Potsdamer Edikt des großen Kurfürsten.1
29. Oktober/8. November 1685.

(Sander, F., Die Hugenotten und das Edikt von Nantes, S. 290 ff. Breslau 1885.)

Wir, Friedrich Wilhelm 2c. Thun kund und geben Männiglichen hiemit zu wissen, nachdem die harten Verfolgungen und rigoureusen proceduren, womit man eine zeithero in dem Königreich Franckreich

1 Nach Mylius, Corpus constitutionum Marchicarum II. Berlin und Halle 1737. Ebendas. Bd. 6 der französ. Tert, auch bei Weiß, Histoire des réfugiés protestants de France II, 405 ff. Paris 1853.

wider Unsere der Evangelisch-Reformirten Religion zu gethane GlaubensGenossen verfahren, viel Familien veranlasset, ihren Stab zu verseßen und aus selbigem Königreich hinweg in andere Lande sich zu begeben, daß Wir dannenher aus gerechten Mitleiden, welches wir mit solchen Unsern wegen des heiligen Evangelii und dessen reiner Lehre angefochtenen und bedrengeten Glaubens-Genoffen billig haben müssen, bewogen werden, vermittels dieses von Uns eigenhändig unterschriebenen Edicts denenselben eine sichere und freye retraite in alle unsere Lande und Provincien in Gnaden zu offeriren und ihnen dabeneben kund zu thun, was für Gerechtigkeiten, Freiheiten und Praerogativen Wir ihnen zu concediren gnädigst gesonnen seyn, umb dadurch die grosse Noth und Trübsal, womit es dem Allerhöchsten nach seinem allein weisen unerforschlichem Rath ge= fallen, einen so ansehnlichen Theil seiner Kirche heimzusuchen, auf einige Weise zu subliviren und erträglicher zu machen.

(Nachdem in Punkt 1 und 2 bekannt gegeben ist, an wen sich die Flüchtlinge in Amsterdam, in Frankfurt a. M., oder in Köln a. Rh. zu wenden haben, um Unterstütung auf ihrer Reise nach den Gebieten des Kurfürften zu erlangen, bestimmt das Edikt ferner:)

3. ... Und gleichwie Wir dafür halten, daß in gedachter Unserer Chur-Marc Brandenburg die Städte Stendal, Werben, Rathenow, Brandenburg und Franckfurt und in dem Herzogthum Magdeburg die Städte Magdeburg, Halle und Calbe, wie auch in Preussen die Stadt Königsberg so wol deshalb, weil daselbst sehr wolfeil zu leben, als auch wegen der sich allda befindenden facilität zur Nahrung und Gewerb vor sie am bequemsten seyn werden, Als haben Wir die Anstalt machen lassen, befehlen auch hiemit und Krafft dieses, so bald einige von erwehnten Evangelisch reformirten Französischen Leuten daselbst ankommen werden, daß alsdann dieselbe wohl auffgenommen und zu allen dem, so zu ihrem etablissement nöthig, ihnen aller Mügligkeit nach verholffen werden soll. Wobei Wir gleich wol ihrer freyen Wahl anheim geben, auch sonsten ausser oberwehnten Städten alle und jede Orte in unsern Provincien zu ihrem etablissement zu erwählen, welche sie in Ansehung ihrer profession und Handthierung vor sich am bequemsten erachten werden.

4. Diejenigen Mobilien, auch Kauffmanns und andere Waaren, welche sie bey ihrer Ankunfft mit sich bringen werden, sollen von allen Aufflagen, Zoll, Licenten und andern dergleichen Imposten, fie mögen Nahmen haben wie sie wollen, gänzlich befreyet seyn und damit in keinerley Weise beleget werden.

6. In denjenigen Städten und andern Orten, woselbst sich einige wüste Plätze und Stellen befinden, wollen wir gleicher gestalt die Ver= sehung thun, daß dieselbe samt allen dazu gehörigen Gärten, Wiesen, Ackern und Weiden gedachten Unsern Evangelisch-Reformirten GlaubensGenossen Französischer Nation nicht allein erb. und eigenthümlich eingeräumet, sondern auch daß dieselbe von allen oneribus und Beschwerden, welche sonst darauff gehafftet, gänglich liberiret und loß gemacht werden. sollen, gestalt Wir denn auch diejenigen materialien, deren gedachte Leute zu Bebauung dieser Pläße bedürffen werden, ihnen ohn entgeltlich an

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