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124.

Eroberung von Belgrad.

1717.

(Kayserl. Commissions-Dekret. Lünig, Teutsches Reichs-Archiv [1720] IV, 915.)

VOn Jhro Kayserl. Maj., unsers allergnädigsten Herrn wegen lassen Ihre Durchleuchtigste Eminenz, der Hochwürdigst-Durchleuchtigste Fürst und Herr, Herr Christian August, der Heil. Röm. Kirchen Priester, Cardinal, Nationis Germanicae Protector, Ertz-Bischoff zu Gran

der Churfürsten, Fürsten und Ständen des Heil. Röm. Reichs anwesenden fürtrefflichen Räthen, Bottschafften und Gesandten nicht verhalten:

Es hätten die Nachrichten und offentliche Zeitungen von allen Orthen her schon längstens in der Welt kund gemacht, was massen die Ottomannische Pforte in ihren in 3 Theilen der Welt gelegenen grossen Reichen und Gebiethen alle Macht gegen Jhre Kays. Maj. und die Christenheit aufgebothen habe und damit im Anzuge seye, um gegen den im verwichenen Jahr erlittenen Verlust *) seine Rachgierigkeit auszuüben und den Krieg mit allem Gewalt fortzusetzen. Nachdeme nun derselbe mit einem ungemeinen zahlreichen, mit allen Kriegs-Nothdurfften wohlversehenen Kriegs-Heer zu Roß und Fuß von vielerley unglaubigen Barbarischen Nationen das Kayserl., da es vor der Vestung Belgrad in deren Belagerung begriffen ware, umringet und sich mit dreyfachen Verschanzungen gegen dasselbe nechst daran nieder gelassen, mithin dem Kayserl. Lager mit canoniren und bombardiren dermassen hefftig zugesetzet, daß Ihrer Kayserl. Maj. General-Lieutenant, des Herrn Prinzen Eugenii v. Savoyen Durchleucht, gut und nöthig befunden, den Feind in seinem Lager in GOttes Nahmen und unter dessen anhoffenden Beystand anzugreiffen, wie es dan den 16. jüngst verwichenen Monaths Augusti in aller frühe mit solchem, von der unendlichen Güte GOttes Jhro Kayserl. Maj. Waffen verliehenen Glück und Seegen geschehen, daß dieser blutdürftige tyrannische Erz- und Erb-Feind des Christlichen Nahmens nach einem 7 Stund lang gethanen sehr hartnäckigen Widerstand endlich mit seiner grossen Niederlag und Hinterlassung des völligen Lagers, aller Stüde, Bagage, Zelten und der Kriegs-Cantley nicht allein völlig aus dem Feld in die Flucht geschlagen, sondern dadurch auch der Türckische Commendant in gemelter Vestung Belgrad dahin gezwungen worden, dieselbe den 19. berührten Monaths Augusti an Ihre Kays. Maj. mit accord zu übergeben, alles mehrern Inhalts des in Abdruck hieben gelegten Berichts, welcher Jhrer Kayserl. Maj. über solchen Verlauff von hochermeldten Herrn General-Lieutenants Durchleucht zugekommen seye.

Jhre Kayserl. Maj. haben durch Ihre Durchleuchtigste Eminenz diesen nicht allein allerhöchst Deroselben, sondern der ganzen Christenheit

*) in der Schlacht bei Peterwardein.

abermahl verliehenen Sieg der Chur-Fürsten und Ständen fürtrefflichen Räthen, Bottschafften und Gesanten nach Dero für dieselbe tragenden allergnädigsten Achtung mittheilen wollen, allergnädigst nicht zweifflende, Chur, Fürsten und Stände des H. Röm. Reichs. . . . würden diese glückliche Begebenheit gern vernehmen und samt Ihro Kays. Maj. dem HErrn der Heerscharen für diesen seinen der Christenheit verliehenen mildväterlichen gewaltigen Schuß und Sieg aus inbrünstigem Gemüth und Herzen dancken, denselben auch sowohl um fernern Seegen mit bitten, als Ihre Kayserl. Maj. zu dessen höchsten Ehre, der Christenheit zu Lieb und deren künfftiger Sicherheit zu Dämpffung eines solch Friedbrüchig, treulofen, unruhig und unversöhnlichen Chriftl. Erb-Feindes in Betrachtung der von mehr allerhöchstgedacht Ihrer Kayserl. Maj. gegen denselben zu diesem Feldzug gemachten grossen und die Kräffte Dero Erblanden weit übersteigenden Krieges-Veranstaltung und anderen nothwendigen Ausgaben mit einer weitern baldigen erklecklichen Geld-Hülffe gern unter die Arme greiffen, so Ihre Kayserl. Maj. gegen alle sambt und sonders bey allen Gelegenheiten mit allergnädigstem Dand erkenen würden. Signatum Regenspurg, den 3. Sept. im Jahr 1717. Cardinal von Sachsen.

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125.

Prinz Eugen vor Belgrad.

1717.

(Jungbrunnen. Die schönsten deutschen Volkslieder. Gesammelt von Georg Scherer. Berlin 1875. 3. Aufl.)

1. Prinz Eugenius, der edle Ritter, Wollt' dem Kaiser wiedrum kriegen Stadt und Festung Belgerad.

Er ließ schlagen eine Brucken,

Daß man funnt hinüber rucken

Mit der Armee wol für die Stadt.

2. Als die Brucken nun war geschlagen,

Daß man kunnt mit Stuck und Wagen
Frei passiern den Donaufluß:

Bei Semlin schlug man das Lager,
Alle Türken zu verjagen

Jhn'n zum Spott und zum Verdruß.

3. Am einundzwanzigsten August so eben
Kam ein Spion bei Sturm und Regen,
Schwur's dem Prinzen und zeigt's ihm an,
Daß die Türken futragieren,

So viel als man kunnt verspüren,
An die dreimalhunderttausend Mann.

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126.

Friede zu Stockholm zwischen Schweden und Preußen.

21. Jan. 1720.

(Nach Ghillany, Europäische Chronik von 1492 bis Ende April 1865 2c. Bd. I, S. 236. Leipzig 1865.)

Artikel 3. ,,Gleichwie Ihre Königl. Majestät in Schweden.. vermöge des mit Seiner Königl. Majestät von Großbritannien unterm 18. (29.) Augusti 1719 errichteten, eingangs berührten und beiderseits ratificierten Präliminar-Traktats und dessen Separat-Artikuls bereits versprochen haben, für sich, dero Erben und Nachkommen die Stadt Stettin samt dem Distrikt zwischen der Oder und der Beene mit denen Inseln Wollin und Usedom an Se. Königl. Majestät in Preußen, dero Königliches Haus, auch dero Erben und Successoren ohne Ausnahme auf ewig und mit eben dem Rechte zu cedieren . . . : also hat es auch dabei sein Bewenden, und cedieren und übertragen Sie kraft dieses nochmalen für Sich, das Reich Schweden und Ihre Successoren und Nachkommen Sr. Königl. Maj. in Preußen, dero Königl. Hause, auch Erben, Nachkommen und Successoren, keine davon ausbeschieden, in perpetuum die Stadt Stettin mit dem dazugelegten ganzen Distrikt Landes zwischen dem Oder- und Peenestrom nebst denen Inseln Wollin und Usedom samt denen Ausflüssen der Swine und Dievenow, dem frischen Haff und Oder, bis sie in die Peene fließet und ihren Namen verlieret, welcher Peene-Strom die Grenze sein und beiden angrenzenden hohen Teilen gemeinschaftlich verbleiben soll, pleno jure mit allen denen Rechten und Zubehörungen. . . . Ihre Königl. Maj. und die Krone Schweden renuncieren auch völlig auf alle bisher in denen locis cessis gehabten Rechte, Gerechtigkeiten und dem juri territoriali et superioritatis hiermit aufs bündigste und auf ewig; entbinden gleichfalls hiemit die Unterthanen, Eingesessenen und Angehörigen mehrbesagter, Sr. Königl. Maj. in Preußen anjeßo cedierten Örter aller derer Pflichten und Verbindungen, womit sie Ihrer Königl. Majestät und dem Reiche Schweden verbunden gewesen, und verweisen sie damit an Se. Maj. in Preußen und Dero obmitbeschriebene als ihre nunmehrigen rechtmäßigen, ohnstreitigen Landes- und Ober-Herren."

Art. 4. Dagegen soll Schweden (für den kleinen Rest der Besigungen, welche es in Deutschland behält) sein Siß- und Stimmrecht auf den deutschen Reichs- und Kreistagen behalten.

Art. 17. Der König von Preußen macht sich verbindlich, dem Zar Peter in seinem fortgesetzten Kriege gegen Schweden in keiner Weise Hülfe zu leisten.2

1 An Hannover wurden durch den Frieden zu Stockholm am 9. Nov. 1719 die Herzogtümer Bremen und Verden abgetreten. 2 Der Friede zwischen Schweden und Rußland wurde am 10. Sept. 1721 zu Nystädt geschlossen. Livland, Esth= land, Ingermannland, ein Teil von Karelien und Finnland wurden an Rußland gegen Zahlung von 2 Mill. Silberrubel abgetreten.

Art. 18.

Preußen zahlt an Schweden in drei Terminen, deren letter auf den 1. Dez. 1720 gesetzt ist, 2 Millionen Reichsthaler in Silber.

Art. 19. Wenn Schweden auch noch die auf dem anderen OderUfer gelegenen Städte Damm und Golnau mit allen Zugehörungen an Preußen abtreten will, so will sich die Krone Preußen sehr eifrig dafür verwenden, daß die noch übrigen Feinde Schwedens sich zu einem billigen Frieden verstehen.

127.

Das preußische Militär unter Friedrich Wilhelm I.

(Graf Secendorf, der österr. Gesandte am preuß. Hofe, an Prinz Eugen. Leipzig, 25. April 1723.- - Arneth, Prinz Eugen v. Savoyen, III, 55144. Wien 1858/59, 2. Ausg. 1864.)

Gewiß ist, daß man von Trouppen an Schönheit, proprietet und Ordnung in der Welt dergleichen nicht sehen kann; und obwohl in exerciren, handgriffen, marchiren und dergleichen viel gezwungenes und affectirtes mit unterlauft, so sind doch so viel nüzliche und ordentliche sachen, die zum handwerk selbst gehören, mit dabey, daß man überhaupt sagen muß, daß nicht das Geringste bey der Armée und den Truppen abgehet. . . . Ihre zahl ist gegen 70000 Mann und kein Regiment, das nicht über 100 Mann complet; das zeughaus ist mit Belagerungs- und Feldartillerie überflüssig versehen, daß nichts, als die Pferde mangeln, selbe zu bespannen; und ist ein solcher Vorrath von Pulver, Kugeln und Bomben vorhanden, als wenn ein würklicher Krieg in der Nähe, wie man dann in Berlin und ganz Brandenburgischen so viel mouvements siehet, als in Wien gewesen, wie man im letzten Türken-Krieg begriffen war.

Dieses alles nun dirigiret der König einzig und allein und arbeitet anbey in publicis, privat, haußhaltung und domainen affairen mit solchen ernst, daß auch kein Thaler ausgegeben wird, so von ihm nicht unterzeichnet.

Wer es nicht sieht, kann es nicht glauben, daß Ein Mensch in der Welt, von waß Verstand Er auch ist, so viel differente sachen in ein tag expediren und selbst thun könte, als man bey diesen König täglich expediren sieht; dazu Er den morgen früh von 3 Uhr bis gegen 10 Uhr verwendet, dann aber mit militar exercitien den Rest des Tages in Berlin zubringt.

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