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macht kein aufrur under den schafen;
man solte sie mit feuer strafen."
doch ist diß mortgschrei als umbsunst;
es leuchtet her des tages brunst,
und singt die nachtigal so klar,
und ser vil schaf an diser schar
keren wider aus diser wilde
zu irer weid und hirten milde.
etlich melden den tag mit schal
in maß21 recht wie die nachtigal,
gen den 22 die wölf ir zen tun blecken,
jagen sie ein die dorenhecken
und martern sie bis auf das blut
und droen in bei feuers glut,
sie sollen von dem tage schweigen;
so tunt sie in die sunnen zeigen,
der 23 schein niemant verbergen kan.
nun das ir klärer mugt verstan,
wer die lieblich nachtigal sei,
die uns den hellen tag ausschrei:
ist doctor Martinus Luther,
zu Wittenberg augustiner,
der uns aufwecket von der nacht,
darein der monschein2± uns hat bracht. .

2.

Aus den

Epistolae obscurorum virorum.

(Ulrichi Hutteni equitis operum supplementum. Herausg. von E. Böcking, Bd. 1, S. 195. Leipzig 1864.)

Frater Albertus Acuficis Magistro Ortuino Gratio.1

Salutem.

Honorabilis vir, nuper venit huc una littera, a dominatione vestra mihi destinata. Et cum laeticia aperui, quia cognovi sigillum vestrum, et legi et intelligo quod Dominatio vestra cupit scire quomodo tamen homines loquuntur hic de causa fidei inter Vos Theologos et Johannem Reuchlin. Volo vobis scribere, sed non debetis mihi habere pro malo, quia non sunt pro parte vestra. Omnes dicunt quod Theologi faciunt Reuchlin sicut scribae et 23 deren. 24 Menschenlehre.

21 gleichermaßen. 22 denen entgegen, gegen die.

1 Profeffor der Theologie zu Köln, verfaßte mehrere Schriften gegen Reuchlin, wodurch er sich die Feindschaft der Humanisten zuzog. An ihn sind die Briefe, angeblich von Anhängern des scholastischen Systems, gerichtet.

3

Et

pharisaei fecerunt Christo, et quod ipse semper fuit probus vir, et fuit in Concilio duorum Imperatorum. Et sua iuristria2 iuvavit multas civitates et Principes. Et omnes invenerunt eum probum et fidelem. Et quod Theologi invident gloriae ipsius, et voluerunt eum declarare haereticum per devia et nullitates. Quando talia audio, tunc teneo oppositum: Sed scitis bene quod multi canes superlatrant unum. Dixerunt nuper duo Magistri venientes ex Colonia, et unus ex eis est nobilitaris, quod omnes qui agunt contra Reuchlin, sunt communiter Spurii, vel Infames, vel Bufones. Quod fuit mihi magna verecundia. Sed ipsorum unus audacter dixit quod omnes circumstantes audierunt: Domini, ut intelligatis qualis sit ista causa contra Johannem Reuchlin: illa causa habuit principium a Johanne Pfefferkorn; qui est similis re et nomine et omnibus modis huic Johanni Pfefferkorn qui fuit hic cum forcipibus calidis laceratus: quia etiam est Judaeus baptizatus, et etiam propter nequitias quas fecit, dereliquit fidem suam. Et si deberet hic sedere in turri, et spiculator deberet eum interrogare quid fecit, ipse deberet non minus confiteri quam ille alius. Ipse instigavit Theologos Coloniae, et ipsi etiam instigaverunt eum, et voluerunt libros Judaeorum per totam Almaniam comburere. hoc fecerunt propterea quod Judaei deberent venire ad Theologos et praefatum Pfefferkorn cum magna pecunia occulte dicentes: „Permittatis mihi libros meos: ecce hic habetis quadraginta aureos." Et aliqui Judaei dedissent libenter centum, aliqui mille. Tunc venit Reuchlin et impedivit illud propositum, et irati sunt super eum, et scribunt libros et scandalisare volunt eum, et dicunt quod est haereticus. Etiam scribunt aliquos libros in latino, et intitulant eos nomine Johannis Pfefferkorn, cum tamen ipse non scit alphabetum in latino. Sed igitur faciunt, quia sciunt quod nemo respondebit ei, quia nemo cum isto malefactore vult se permaculare. Ergo videtis, quod si essent veri Theologi, aut probi viri, ipsimet facerent facta sua, et non velarent et occularent se cum isto trufatore. Fecerunt etiam alios libros, quorum aliqui sunt intitulati nomine Arnoldi de Tungari, qui inventus est falsarius, ita quod nunquam potest negare et nunquam potest se excusare, quod non est falsarius, quia manifestum est per totam Almaniam, quomodo falsificavit scripta Johannis Reuchlin. Alius scriptor Theologorum est magister Ortuinus, qui est filius presbiteri. Deinde habent alium, de quo bene audivistis, doctorem Vigandum Wirt ordinis praedicatorum, qui similiter est infamis... Sic potestis scire quales sunt inimici Johannis Reuchlin."

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Quando audivi talia, tunc dixi: „Domine mi, non debetis talia dicere coram populo, etiam si essent vera, quia scandalisatur per hoc totus Ordo, et homines accipiunt malum exemplum." Respondit

2 minus fastidiens quam hodie Juristerei (Böcking). 3 spic. dicitur qui solet homines occidere vel punire, pyniger (Böcking). ebenfalls Profeffor der Theologie zu Köln, spielt in dieser Angelegenheit eine hervorragende Rolle. zu Frankfurt.

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ille: Etiam vos non debetis ista fecisse contra Reuchlin, quem etiam voluistis scandalisare. Ergo ipse nunc non potest se purgare sine vestro scandalo."

Per deum, Magister Ortuine, ego vellem quod haberet finem ista Causa, quia est nobis multum incommodosa: homines amplius non volunt nobis elemosinam dare; ego ivi septimana proxima pro caseis, et per X dies non plures quam XV collegi, quia dicunt omnes: „Vade ad Johannem Reuchlin, et dic quod det tibi caseos." Dominus deus tribuat bonum finem. Et sic valeatis in domino. Datum Hallis in Saxonia.

3. Aus

Machiavelli, Der Fürft.')

1532.

(Der Fürst des Nicolo Machiavelli. Übers. und eingeleitet v. Dr. Karl Riedel. Darmstadt 1841.) Vom Bürger-Fürstentume.

Ich komme nun zu dem zweiten Falle, da ein Bürgerfürst nicht durch Verbrechen und andere unerträgliche Gewaltthat, sondern durch die Gunst seiner übrigen Mitbürger Fürst seines Vaterlandes wird, was man Bürgerfürstentum heißen kann; dahin zu gelangen, ist nötig, entweder entschiedene persönliche Tüchtigkeit, oder entschiedenes Glück, oder vielmehr eine vom Glück begünstigte Schlauheit. Ich unterscheide, daß man zu diesem Fürstentume entweder durch die Gunst des Volks, oder durch die Gunst der Großen gelangt. . . Sehen z. B. die Großen, daß sie dem Volke nicht widerstehen können, so wenden sie allmählich ihre Achtung einem einzigen aus ihrer Mitte zu und machen ihn zum Fürsten, damit fie unter seinem Namen ihr Mütchen desto besser kühlen können. Auch das Volk lenkt seine Achtung einem einzigen zu, wenn es sieht, daß es den Großen nicht mehr widerstehen kann, und macht ihn zum Fürsten, um durch sein Ansehen geschützt zu werden. Derjenige, welcher zum Fürstentume gelangt mit Hülfe der Großen, erhält sich schwerer als der,

1 „Der Fürst, bereits 1513 geschrieben, wurde 1532 zu Rom gedruckt cum gratia et privilegio des Papstes Klemens VII. und anderer Herrscher. Es ist bekannt, daß Karl V. das Buch aufmerksam las, daß Sirtus V. mit seiner päpstlichen Hand einen Auszug daraus machte, daß Mustapha III. es ins Türkische übersehen ließ, daß Katharina von Medici daraus ihr Handwerk lernte, daß Heinrich III. und Heinrich IV. es bei sich trugen, als sie von den schwarzen Nihilisten ermordet wurden." (Marc Monnier, Litteraturgesch. der Renaissance von Dante bis Luther. Deutsche Ausg., Nördlingen 1888, S. 281.) Bei Abfassung seines Buches ist Machiavelli von dem Grundgedanken geleitet worden, daß nur durch die kräftige That eines Fürsten Italien von der Zersplitterung geheilt und zu einem einheitlichen nationalen Staate gestaltet werden könne. Ihm schwebte als Ideal der moderne Staat vor, während sich Dante Italien nur als Glied der großen, unter einem Kaiser stehenden Weltmonarchie denken konnte. In dem leßten Kapitel wendet sich Machiavelli in hinreißender Beredsamkeit mit der Ermahnung an Lorenzo de Medici, das Werk der Befreiung Italiens von den Barbaren und der Einigung des zerrissenen Vaterlandes in seine Hand zu nehmen.

welcher es mit der Hülfe des Volkes gewann, denn der Fürst hat es mit vielen zu thun, welche sich ihm gleich dünken; er kann daher nicht mit ihnen umgehen und ihnen befehlen, wie er will. Aber der vermöge der Volksgunst zum Fürstentume gelangte, ist alleiniger Herr, und er hat es mit niemand oder nur wenigen zu thun, die nicht bereit wären, zu gehorchen. Überdieß kann man nicht mit Ehren den Großen es recht machen und ohne Unbilde gegen die andern, wohl aber dem Volke, denn die Gesinnung des Volkes ist viel ehrenhafter, als die der Großen; diese wollen unterdrücken, und jenes will nur nicht unterdrückt sein. Hiezu kommt noch, daß ein dem Volke feindlich gesinnter Fürst sich niemals für sicher halten kann, da es ihrer zu viel sind; vor den Großen kann er sich wohl sicher halten, da sie nur wenige sind. . . Ein Fürst jedoch, der durch die Gunst des Volkes es geworden, muß sich dasselbe befreundet erhalten, was ihm leicht sein wird, da dasselbe von ihm nur begehrt, nicht unterdrückt zu werden. Und ein Fürst, der gegen den Willen des Volkes mit der Gunst der Großen es ward, darf um jeden Preis sich bestreben, das Volk für sich zu gewinnen, was ihm leicht werden wird, wenn er es unter seinen Schuß nimmt. Empfangen die Menschen Gutes aus der Hand derer, von denen sie sich Schlimmes versahen, so machen sie sich ihrem Wohlthäter nur desto verbindlicher; es umfängt ihn das untergebene Volk mit größerem Wohlwollen, als wenn er durch dessen eigene Gunst zum Fürstentume gelangt wäre. Das Volk kann ein Fürst auf vielerlei Weise gewinnen, verschieden nach den Umständen, weshalb man keine bestimmten Regeln angeben kann, und ich die weitere Betrachtung fallen lasse. Ich wiederhole nur, daß ein Fürst notwendig das Volk zum Freunde haben muß, außerdem hat er bei widrigem Geschide keinen Anhaltpunkt. Und komme mir keiner, meine Meinung zu bestreiten, mit jenem alltäglichen Sprüchwort: Wer auf das Volk baut, der hat auf Kot gebaut. Letzteres ist wahr, wenn ein gewöhnlicher Bürger auf das Volk sich verläßt und sich glauben macht, das Volk werde ihn befreien, wenn er von Feinden oder von obrigkeitlichen Behörden unterdrückt ist. In diesem Falle könnte man sich oft täuschen, wie es in Rom Gracchus und in Florenz Giorgio Scali ergieng. Ist es aber der Fürst, der auf das Volk baut, der befehlen kann und ein beherzter Mann ist und im Unglück den Mut nicht verliert, auch sonstige Vorsorge trifft und mit seinem Geist und seinen Einrichtungen beständig das Ganze belebt, der wird sich im Volke nicht getäuscht finden, und es mag ihn bedünken, einen tüchtigen Grund auf ihm gebaut zu haben. Diese Fürstentümer gehen gewöhnlich zu scheitern, wenn man von bürgerlicher Verfassung zu absoluter überzugehen im Begriff steht. Solche Fürsten regieren entweder selbst, oder mittels ihrer Behörden. Im letzteren Falle ist ihre Staatsgewalt größerer Schwäche und größerer Gefahr ausgesetzt, denn sie sind durchaus vom Willen jener Bürger abhängig, welche den Behörden vorstehen. . . Es muß daher ein kluger Fürst sich eine solche Stellung zu geben trachten, vermöge deren seine Bürger zu jeder Zeit und unter allen Verhältnissen der Staatsgewalt in seinen Händen bedürfen, und sie werden ihm folglich stets ergeben sein.

4.

Einige Artikel Joh. Tehels.

(Luther, Wider Hans Worst. Neudrude deutscher Litteraturwerke des 16. u. 17. Jahrh. Nr. 28, S.50.)

Als nu viel Volcks von Wittemberg lieff dem Ablas nach gen Jütterbock und Zerbest 2c., Und ich (so war mich mein Herr Christus erlöset hat) nichts wuste, was das Ablas were, wie es denn kein mensch nicht wuste, fieng ich seuberlich an zu predigen, man köndte wol bessers thun, das gewisser were, weder Ablas lösen. Solche predigt hatte ich auch zuvor gethan hie auffm Schlosse wider das Ablas, Und bei Herzog Friderich damit schlechte gnade verdienet, Denn er sein Stifft auch seer lieb hatte.

Nu das ich zur rechten ursachen des Lutherischen Lermens kome, lies ich alles also gehen, wie es gieng. In des kömpt fur mich, Wie der Dezel hette geprediget greulich schreckliche Artickel, der ich dis mal etliche wil nennen, Nemlich:

1. Das Rote Ablas-Creuß mit des Bapsts wapen, in den Kirchen auffgericht, were eben so krefftig, als das Creus Christi.

2. Jtem, Wenn S. Peter ist hie were, hette er nicht gröffer Gnade, noch gewalt, weder Er hette.

3. Jtem, Er wolte im Himel mit S. Peter nicht beuten,2 Denn er hette mit Ablas mehr Seelen erlöset, weder S. Peter mit seinem Predigen. 4. Jtem, Wenn einer Gelt in den Kasten legt fur eine Seele im Fegfeuer, so bald der Pfennig auff den boden fiel und flünge, so füre die Seele heraus gen Himel.

5. Jtem, die Ablasgnade were eben die Gnade, dadurch der Mensch mit Gott verfünet wird.

6. Jtem, Es were nicht not, Reu noch Leide oder Busse fur die Sünde zu haben, wenn einer das Ablas oder die Ablas-Brieve kauffet (ich solt sagen, löset); und verkaufft auch künftige Sünde. 3

5.

Luthers Thesen gegen den Ablaß. '

1517.

(Luthers Werke, Jena 1615. T. 1, fol. 2 ff.)

1. Da unser Meister und Herr Jhesus Christus spricht: Thut busse 2c., wil er, das das gannge leben seiner Gleubigen auff Erden eine stete oder unauffhörliche Busse sol sein.

1 als. 2 3 tauschen. Friedrich Myconius, Superintendent zu Gotha, ein Zeitgenoffe Luthers, berichtet in seiner Historia Reformationis, cap. III. von Tezel: Gab Brieff u. Siegel, daß auch die Sünd vergeben sollten seyn, die einer noch willens wäre zu thun. Der Pabst hätte mehr Macht, denn alle Apostel, alle Engel u. Heiligen, auch Maria die Jungfrau selb. Denn diese wären alle noch unter Christo; aber der Pabst wär Christo gleich."

1 Das lat. Original ist in der Wittenberger Ausg. der Werke Luthers (1545) zu finden, Tom. I, fol 52.

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