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contre la République." (Mart. Rec. VI, p. 661.) Jede directe Hilfeleistung aber macht den Verbündeten zum Kriegsgegner des andern Theiles. Rußland wäre vollkommen berechtigt gewesen Oesterreich als solchen zu behandeln, als dasselbe in dem Vertrag mit England und Frankreich am 2. Dec. 1854 Art. 2 sich verband, daß seine Beseßung der Donaufürstenthümer „ne saurait porter préjudice au libre mouvement de troupes anglo-françaises ou ottomanes sur ces mêmes territoires contre les forces militaires ou le territoire de Russie." (Mart. N. Rec. XV, p. 601).]

4) G. Ein Kriegsbündniß schließt oft, aber nicht nothwendig eine Garantie ein.] ") [G. z. B. der Vertrag v. 21. Nov. 1855 zwischen den Westmächten und Schweden- Norwegen, in dem leßteres sich nur verpflichtet, keine Abtretungen an Rußland zu machen, während erstere sich verpflichten,,,de fournir à S. M. des forces navales et militaires suffisantes pour coopèrer avec les forces de S. M. dans le but de résister aux prétentions et aux agressions de la Russie."]

6) Ueber den Fall, wenn man den beiden kriegführenden Hauptpartheien Hilfe versprochen hat, s. Groot II, 15, 13 und dazu Cocceji. Juridische Bestimmungen werden indeß hierbei schwerlich mit Erfolg zu geben sein.

[G. Es kann aber der Betreffende doch den casus foederis nur für einen oder keinen von beiden eingetreten annehmen. Die Pflicht der Hilfeleistung bleibt beschränkt durch die Nothwendigkeit der eigenen Vertheidigung und die Unmöglichkeit das Versprochene zu erfüllen. Aber freilich muß eine solche unzweifelhaft vorliegen: als Rußland 1877 die Türkei angriff, waren England, Frankreich und Lesterreich durch den Vertrag v. 15. April 1856 unstreitig ebenso verbunden, ihr zu Hilfe zu kommen, wie dazu im Stande, aber keine der drei Mächte rührte sich. Guelle irrt, wenn er sagt, daß demzufolge Lesterreich 1870 neutral geblieben ist, es hatte mit der Vertheidigung Deutschland's seit 1866 nichts mehr zu thun und war andrerseits ebenso wenig Verbündeter Frankreich's.]

116. Das Verhältniß unter den Verbündeten selbst, sofern cs nicht genau in anderer Weise durch den Bundesvertrag bestimmt ist, wird sich der Natur der Sache und der Praxis gemäß im Wesentlichen dahin feststellen:

I. Bei allgemeiner Kriegshilfe treten die Grundsätze des Gesellschaftsvertrages (§ 92) in Anwendung, welchen zufolge jeder Theilhaber gleiche Rechte und Verbindlichkeiten mit dem anderen übernimmt, mithin auch zur Erreichung des gemeinschaftlichen Zweckes in gleichem Verhältniß beitragen muß, so weit ihm dazu die nöthigen Mittel zu Gebote stehen, also im Verhältniß derselben. Findet keine Vereinigung statt, so kann correcter Weise kein Verbündeter für sich wider den Willen des anderen eine Kriegsunternehmung ausführen, keiner thun, was dem anderen schädlich ist,1) mithin auch keinen einseitigen Frieden oder Waffenstillstand mit dem Feinde schließen 2), cs wäre denn dem Zwecke des Bündnisses gemäß, oder dieser nicht mehr zu erreichen, oder die Fortschung des Bündnisses eine Unmöglichkeit geworden, oder dasselbe von dem anderen Verbündeten selbst verlegt worden. Keiner der Verbündeten

kann sich endlich auf Kosten des anderen bereichern, sondern es muß vielmehr jeder dem anderen herausgeben, was demselben von Rechtswegen gehört, z. B. auch das dem Feinde wieder abgenommene Eigenthum des Bundesgenossen, wobei ein Postliminium zulässig ist, ihn auch an dem gemeinschaftlichen Gewinn verhältnißmäßigen Theil nehmen lassen 3). Zufällige Schäden, welche das Spiel des Krieges immer mit sich bringt, bleiben zur Last dessen, den sie be= troffen haben; nur was der eine dem anderen durch ein ihm sonst nicht gewöhnliches Verhalten Nachtheiliges zugefügt hat, muß er erstatten.

II. Particuläre Kriegshilfe wird ganz zur Disposition der fricgführenden Hauptpartei gestellt, wenn keine besondere Verabredung dieserhalb getroffen ist. Besteht sic in Mannschaften, so hat der Hilfeleistende ihre Ausrüstung zu besorgen, sie auch vollzählig zu erhalten, wie er sie bei eigenen Unternehmungen vollzählig erhalten würde und zu erhalten im Stande ist 1); der Kriegsherr hat dagegen für Unterhalt und Verpflegung zu sorgen; er darf nicht unredlicher Weise die Hilfsmannschaft mit Schonung seiner eigenen Truppenmacht bloßstellen. Ueberhaupt muß derselbe so viel als möglich jeden Schaden von dem Hilfsverbündeten abzuwenden suchen, worin der leztere durch die Erfüllung seiner Bundespflicht gerathen kann, ihm Beistand leisten, wenn der Feind sich auf ihn wirft, vorzüglich auch bei Beendigung des Krieges ihn gegen alle Ansprüche des Feindes sicher stellen und ihn daher in den Friedenszustand einschließen. Zuwiderhandlungen berechtigen den Hilfeleistenden zur Aufhebung des Bündnisses; dagegen aber hat er kein Recht auf die crrungenen Vortheile, mit Ausnahme der Beute, so wie eines beschränkten Postliminiums (§ 188).

1) G. So darf fein Verbündeter ohne Zustimmung des anderen auf eigene Hand Licenzen (§§ 123. 142) ausstellen, die Feindseligkeiten dürfen erst nach Uebereinstimmung beginnen, der Feldzugsplan muß verabredet werden.]

2) Die Geschichte kennt solche Separatfrieden, wie den von Villafranca 1859. 3) [G. Alle Schiffe der Verbündeten, die an einer Unternehmung theilnehmen, haben gleichen Anspruch an den gemachten Prisen (Naval Prize Act v. 1864. App. D. Engl.-franz. Vertrag v. 20. Mai 1854), was bei der Landbeute nicht gesagt werden kann, wo der Begriff der Cooperation enger gefaßt wird, indem nicht blos die Einheit der Unternehmung, sondern des speciellen Commandos Bedingung der Gemeinsamkeit ist. Phillimore III, 221. So ferner für die Einzelheiten des Verfahrens die Convention zwischen England und Frankreich v. 22. Febr. 1860 im Kriege aus China, die Convention zwischen Lesterreich und Preußen v. 6. Juni 1864 über die Prisen im Dänischen Kriege.]

4) Zuweilen ist dem Verbündeten die Wahl bedungen, anstatt Mannschaft, Geld u. dergl. zu liefern. Hierüber entscheidet die Bestimmung des Bündnißvertrages.

117. Sicht man auf das Verhältniß des Feindes zu den Kriegsverbündeten seines Gegners, so kann jenem unmöglich zugemuthet werden, sich eine derartige Verstärkung der Kriegsmacht des lezteren ohne Weiteres gefallen zu lassen und der Verbündeten zu schonen, so fern sie ihm nicht unmittelbar entgegentreten. Es ist unleugbar, daß auch sie an den Feindseligkeiten gegen ihn Theil nehmen, und daher auch unbedenklich, daß er sich ihrer zur ungehinderten Durchschung seiner Kriegszwecke zu entledigen befugt sein muß.

Während diese Befugniß nun von Allen zugegeben wird, in so fern die Kriegshilfe erst nach Eintritt eines Kriegszustandes oder mit Hinsicht auf einen bestimmt bevorstehenden Kriegszustand übernommen wird, so meint man andrerseits sie bestreiten zu dürfen, wenn eine Macht der anderen schon im Voraus für die von ihr zu führenden Kriege, es sei überhaupt oder wegen eines gewissen Gegenstandes, eine particuläre Kriegshilfe ganz allgemein ohne Designation eines bestimmten Feindes zugesagt hat, ja selbst eine allgemeine Kriegshilfe für einen zu führenden Verteidigungskrieg 1). Dem ungeachtet kann der Gegner hierdurch nicht verpflichtet sein, solchen Hilfsmächten Neutralität zuzugestehen und sie nur da feindselig zu behandeln, wo sie ihm unmittelbar gegenübertreten, wenn ihm nicht die Politik ein solches Verfahren anräth; vielmehr darf er jede ihm nachtheilige Liga zu sprengen suchen; er darf dem Verbündeten daher die Wahl stellen, entweder von der ihm feindseligen Kriegshilfe abzustehen, oder den Krieg selbst ganz und gar anzunehmen 2). Gerechtfertigt ist die Stellung einer solchen Alternative freilich erst dann, wenn der Verbündete des Gegners sich anschickt, die versprochene Kriegshilfe zu leisten; so lange dieses zweifelhaft ist, steht nur das schon früher (§§ 30 u. 45) erwähnte Fragerecht zu; wird aber die Antwort unter bedenklichen Umständen verweigert oder verzögert, so ist der Bedrohte unfehlbar befugt, sogar das Prävenire zu spielen 3).

1) [G. Bynkershoek jagt mit Recht: „Non hostes appello qui neutrarum partium sunt, nec ex foedere his illisve quicquam debeant; si quid debeant, foederati sunt, non simpliciter amici." Indeß das bloße Bestehen emes Bündnißvertrages eines dritten Staates mit einem Kriegsgegner berechtigt den andern noch nicht, denselben als feindlich zu behandeln, da letterer den casus foederis in Abrede stellen kann. Es kommt auf das thatsächliche Verhalten an, auch steht es in dem Belieben jedes Kriegführenden, ob er den Verbündeten seines Feindes als

Feind behandeln will. Rußland, welches dazu gegen Oesterreich nach dessen, § 115 Nr. 3 erwähnten Vertrag mit den Westmächten vollkommen berechtigt war, that dies doch nicht, um die Zahl seiner Gegner nicht zu vermehren.]

2) Beispiel: das Verfahren Rußland's gegen Preußen im Anfang des Jahres 1813 in Beziehung auf die Französische Allianz.

3) So verfuhr Friedrich II. von Preußen gegen Kursachsen bei Ausbrnch des Siebenjährigen Krieges.

Das Kriegsfeld.

118. Sein natürliches Feld findet der Krieg zu Lande in den Staatsgebieten der feindlichen Parteien; der Seekrieg in den feindlichen Territorialgewässern wie auf der offenen Sce. Neutrales Gebiet darf nur im Falle der Noth und ohne Feindseligkeit betreten werden; 1) das nähere Verhalten dabei zeichnet das Recht der Neutralität vor. Das Verhältniß einer Hilfsmacht, auch wenn ihr sonst Neutralität zugestanden ist, schließt wenigstens den Feind von der Verfolgung der gestellten Hilfstruppen in ihr eigenes Gebiet nicht aus; ist sie völlig in den Kriegsstand eingetreten, so theilt sie das Loos der kriegenden Hauptpartheien.- Beschränkungen des Kriegsfeldes oder sogenannte Lokalisirungen des Krieges können nur durch Conventionen oder Politik herbeigeführt werden. Die Geschichte liefert Beispiele von blos particulären Kriegsoperationen gegen einen bestimmten Theil eines Gebietes, anstatt eines sonst die Regel bildenden allgemeinen Kriegszustandes der feindlichen Territorien, und zwar vorzüglich bei Interventionen im Interesse des Europäischen Friedens 2).

1) [G. Den befriedeten neutralen Küstengewässern gleichgestellt sind gewisse vertragsmäßig neutralisirte Wassergebiete, wovon bei der Neutralität § 145.]

2) Wir erinnern an die Intervention Frankreich's, Großbritannien's und Rußland's in den Griechischen Angelegenheiten: Nouv. Recueil t. XII, 1 sqq.; an den particulären Feldzug Frankreich's gegen Antwerpen 1832, auf Grund der Verträge mit Großbritannien v. 22. Oct. 1832, und mit Belgien v. 10. Nov. d. J. Ebendas. XIII, 29. 57: an die Intervention in den orientalischen Angelegenheiten: an S. Jean d'Acre. Im Siebenjährigen Kriege war von einer während des Waffenstillstandes_fortzuseßenden Belagerung der Festung Neiße die Rede. Flassan, Dipl. franç. V, 146. S. auch noch Halleck XIV, 26.

Kriegsrecht im objectiven Sinne. Kriegsmanier. Kriegsraison. 119. Auch der Krieg hat seine bestimmten Rechte und Formen. Dieses ist das cigentliche ius belli im objectiven Sinne. Schon

die Alten hatten ein solches 1); aber es seßte der ungebundenen Willkür nur wenige Schranken. Erst im Mittelalter streiften sich manche Härten ab, theils durch den Einfluß des Christenthums, theils auch durch den Geist des Ritterthums 2). Die lezten Jahrhunderte haben nach manchen Schwankungen die Menschlichkeit, das Bewußtsein der Gattung, als Regulativ angenommen. Civilisirte Völker erkennen in dem Kriege nur einen Nothstand, ein unvermeidliches Uebel, welches nicht weiter ausgedehnt werden darf, als die Noth es erfordert; wo nicht der Mensch gegen den Menschen zu seiner Vernichtung und so gegen sich selbst, sondern Staat gegen Staat mit den einem jeden zu Gebote stehenden Kräften und Mitteln kämpft und seinen Willen durch Angriff und Vertheidigung durchzusehen sucht 3).

Daher ist auch sein oberster Grundsay, geheiligt eben so sehr durch Vernunft und Menschenliebe, wie durch den eigenen Nußen: füge deinen Feinden selbst im Kriege nicht mehr Uebel zu, als es für die Durchsehung des Zweckes unvermeidlich ist; während das alte Kriegsrecht den Grundsay befolgte: füge dem Feinde so viel Uebel zu, als du kannst und nüglich findest. Die von der Sitte im Einzelnen bestimmte rechte Weise des Krieges ist die sog. Kriegsmanier, auf deren gleichmäßige Beobachtung jeder bei dem anderen rechnet; sie zeichnet die erlaubten Mittel und äußersten Grenzen vor; sie verbannt und ächtet mit dem Fluche der Geschichte jede Unmenschlichkeit und Barbarei 4). Ihre Ueberschreitung berechtigt den Gegner zu Repressalien und jede dritte Nation zu Vorstellungen, ja zum Abbruch weiterer Verbindung mit der fehlenden. Nur außerordentliche Umstände, nämlich entweder die äußerste Noth oder die Erhaltung der Gleichheit des Kampfes und der Regel selbst, können als sog. Kriegsraison zu Ueberschreitungen der gewöhnlichen Sitte berechtigen "). Regellos ist daher schon an sich jeder Krieg gegen Horden und Banden, welche kein Gesez der Menschlichkeit über sich anerkennen. Strenger endlich und ver= nichtender als der Landkrieg ist der Seekrieg "); die Marimen desselben haben sich bei dem Mangel eines gehörigen Gleichgewichtes der Seemächte noch bei Weitem nicht zu einer gleichen Parallele mit denen des Landkrieges erhoben ); zur Hälfte behielt er selbst noch im gegenwärtigen Jahrhundert den Charakter eines Raubkrieges. Daß sich außerdem überhaupt noch manche Lücken und Mängel hin

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