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stock of provisions, it is lawful, though an extreme measure, to drive them back, so as to hasten the surrender". Der Anspruch der Diplomaten, die in dem belagerten Paris geblieben waren, ihre Correspondenz mit ihren Regierungen fortzuseßen, wurde richtig durch die Note Bismarc's v. 27. Sept. 1870 zurückgewiesen. } 10) Lieber, on guerilla p. 13. Rev. de Dr. internat. II, p. 667.

Kriegsgefangenschaft.

127. Dem Loose der Kriegsgefangenschaft waren nach altem Völkerrechte alle feindlichen Personen unterworfen, die der Sieger in seine Gewalt bekam. Er konnte mit ihnen nach Belieben verfahren, wenn er sich nicht durch Vertrag zu einer bestimmten Schonung verpflichtet hatte und auch dieser schüßte nicht immer; er konnte sie tödten, mißhandeln oder in Knechtschaft geben 1). Nur bei einzelnen Völkerstämmen finden sich theilweis mildere Grundsäße, obgleich sie nicht immer befolgt wurden. So das Gesez der Amphiktyonen, die in die Tempel Geflüchteten nicht zu tödten 2); oder der angeblich allgemeine Brauch der Hellenen, solche, die sich freiwillig übergaben und um ihr Leben flehten, am Leben zu schonen3), oder, was bei den Römern beobachtet zu sein scheint, das Leben der Belagerten zu schonen, wenn sie sich noch vor dem Berennen der Mauern mit dem Belagerungsgeschütz überlieferten *).

Im Mittelalter trat zwar die Kirche vermittelnd für gewisse Klassen durch Gottesfrieden ein 5), allein es blieb die willkürlichste, ja selbst grausame Behandlung der feindlichen Unterthanen und Kriegsgefangenen in ungchinderter Uebung "); nur die Aussicht auf Lösegeld und ritterlichen Sinn führten zu Schonung, auch seßte die Kirche allmählich jede Sklaverei christlicher Kriegsgefangenen unter christlichen Nationen außer Gebrauch 7).

1) Groot III, 11, 7f. G. Im Altertum war Tod das gewöhnliche Loos der Besiegten (Plut. Isid. et Osirid. c. 73), nach der Schlacht von Salamis wurden die gefangenen Perser den Göttern geopfert, auf die Einnahme einer Stadt folgte regelmäßig die Tötung der Mehrheit der waffenfähigen Besaßung (Herod. VI, 30. Xenoph. Hellen. V. 4). Aehnlich bei den Römern, nach der Einnahme des Samnitischen Lagers wurden alle Feinde getötet (Liv. IX, 4), ebenso nach der Eroberung Karthago's, wo Polybius (X, 15) sagt: „Diese Ausrottung ist bei den Römern herkömmlich, offenbar um Schrecken einzuflößzen.“ Tacitus läßt Germanicus jagen (Ann. II, 21): „Nihil opus captivis, solam internecionem gentis finem belli fore." Die Sklaverei der Gefangenen war ein durch das Interesse eingegebener Fortschritt (1. 239, 1 D. L. 19 de verb. sign.): „Servorum appellatio ex eo fluxit, quod Imperatores nostri captivos vendere, ac per hoc servare nec occidere solent.]

2) Saint-Croix, gouv. fédérat. p. 51.

3) Thucydides III, 55.

1) Caesar, bell. gall. II, 32. Cicero, de offic. I, 12.

5) Vgl. c. 2. X, de treuga.

6) Ward liefert davon an mehreren Stellen die gräßlichsten Beweise. S. auch Pütter, Beiträge S. 47 ff. [G. Nach der Schlacht von Azincourt ließ Heinrich V. alle französischen Gefangenen töten. Es ist jedoch zu bemerken, daß, während im Alterthum alle Gefangenen vor dem Sieger gleich waren und selbst Fürsten Sklaven wurden, das Standesbewußtsein des Mittelalters jedem Gefangenen seine Stellung wahrte, man konnte einen Ritter töten, aber nicht zum Sklaven machen.]

7) Im Abendlande verbot das dritte Lateranische Concil unter Alexander III. Christen zu Sklaven zu machen und zu verkaufen (1179). Auch bei den orientalischen Christen hatte man denselben Grundsaß angenommen, wie Nicephorus Greg. c. 1260 berichtet. Vgl. Pütter, Beitr. 69. 86. [G. Leider machten nicht nur lange nachher die Türken die christlichen Gefangenen zu Sklaven, sondern auch die Holländer verkauften den Spaniern als solche die von den Barbaresken gemachten Gefangenen. 1794 befahl der Convent alle englischen, hannoverschen und spanischen Gefangenen zu töten, dies barbarische Gebot wurde von den französischen Generälen nicht befolgt und bald wieder aufgehoben, aber im Krieg mit der Vendée, Juni 1871 beim Aufstand der Commune wurden Gefangene ohne Weiteres getötet, so damals der Mord der Geiseln.]

128. Nach heutigem Kriegsrechte 1) unterliegen der Kriegsgefangenschaft, wie schon angedeutet ward, nur der Souverän mit den waffentragenden und waffenfähigen Gliedern seiner Familie, sodann alle zur bewaffneten activen Macht gehörigen Personen 2). Ausnahmsweise hat man auch noch in einzelnen Fällen die in Feindesland befindlichen Unterthanen des anderen Staates als Kriegsgefangene behandelt (§ 126 II).

Ihren Anfang nimmt nun die Kriegsgefangenschaft in dem Augenblicke, wo eine feindliche, dem Kriegsrechte unterworfene Person entweder unfähig zu fortgeschtem Widerstande in des anderen Theiles Gewalt geräth und ihres Lebens geschont werden kann, oder wo sie sich freiwillig, sei es mit, sei es ohne Bedingung als friegsgefangen übergiebt.

Weder in dem einen oder anderen Falle kann rechtsgrundsäglich dem Gefangenen noch das Leben genommen werden; denn jede crlaubte Gewalt endigt, wenn der Gegner widerstandslos geworden ist, und berechtigt sind blos etwaige Sicherungsmittel. Wo diese unter den vorwaltenden Umständen nicht zur Hand liegen oder ergriffen werden können, würde die Noth der Selbsterhaltung und der ferner zu verfolgende Kriegszweck eine Zurückweisung der angebotenen Uebergabe und selbst eine Vernichtung des widerstandslosen, jedoch noch widerstandsfähigen gefangenen Feindes entschuldigen. Ist

die Uebergabe auf Treue und Glauben geschehen und angenommen, so fällt auch diese Entschuldigung weg, es müßte denn ein Treubruch des Gefangenen oder eine neue durch sein Dasein verstärkte Gefahr hinzugetreten sein.

Sollte sich ein Gefangener, der sich nicht auf bestimmte Bedingungen ergeben hat, vorher einer Verlegung der Kriegsmanier schuldig gemacht haben, so würde zwar dem Sieger ein Recht der Ahndung innerhalb der Grenzen menschlicher Wiedervergeltung nicht bestritten werden können; verdammungswürdig aber wäre jede Rache an einem Feinde, der nur seine Pflicht als Krieger gethan hat, wie z. B. die Tödtung eines tapferen und ausdauernden Vertheidigers einer Festung, sollte man ihn auch zuvor damit bedroht haben. Die Annalen der Geschichte werden dergleichen unter christlichen Mächten hoffentlich nicht reproduciren.

1) Dunant, proposal for introducing uniformity into the condition of prisoners of war. D. Eichelmann, Die Kriegsgefangenschaft. 1878. Brüsseler Entwurf, Art. 23—34. Verhandlungen des Institut de dr. intern. 1875 u. 77.

[G. Das Altertum schonte die Ehre des besiegten Fürsten nicht, er mußte dem Triumphwagen des Siegers folgen, im Mittelalter, wo der Stand des Gefangenen geachtet wurde, behandelte man ihn doch oft sehr graujam. Heute, wo der Krieg den persönlichen Charakter verloren hat, wird der gefangene Souverän seinem Stande gemäß behandelt, die Behandlung Pius VII. hat Napoleon in St. Helena gebüßt. Der König von Sachsen nach der Schlacht bei Leipzig, Napoleon III. nach Sedan haben alle Rücksichten erfahren, die man ihrem Range schuldete, selbst mit Häuptlingen uncivilisirter Stämme, wie Abd-el-Kader und Schamyl, ist dies geschehen.]

2) [G. Dies ist zu eng gefaßt, alle in Bezug auf den Krieg wirksam handelnden Personen, Minister, Diplomaten, Beamte, Couriere u. s. w., unterliegen der Kriegsgefangenschaft. Amerik. Kriegsartikel: ,,who promote directly the objects of war (39). Die Englischen Kronjuristen haben das Recht der Deutschen Kriegsleitung anerkannt, die 1870 bei Ballonfahrten Gefaßten als Gefangene zu behandeln, da sie die deutschen Linien ohne Erlaubniß überschritten und voraussichtlich um dem deutschen Heere zu schaden. Lord Granville lehnte es daher ab, für den so gefangenen Schneider Worth eine Entschädigung zu verlangen. Das Personal der Hospitäler und Ambulanzen ist durch) Art. 2 der Genfer Convention befriedet, so fern es sich nicht an Feindseligkeiten betheiligt. Diese Bestimmung ist 1870 wiederholt von den Franzosen verlegt, sie haben Ambulanzen angegriffen, Aerzte gefangen genommen, und der Schweizer Dr. Burkhart erzählt, daß er am 30. Nov. einen französischen Militärarzt getroffen, der zugab, daß er mehrere preußische Gefangene erschossen. Schwierig kann die Frage bei Aufständen oder in Bürgerkriegen werden, es ist indeß in allen civilisirten Staaten Regel, alle Gefangenen, die einem organisirten Heere und nicht blos bewaffneten Haufen angehören, als Kriegsgefangene zu behandeln. Das Gleiche ist der Fall hinsichtlich solcher Geiseln, die eine versprochene Leistung sicher stellen sollen; nicht zu billigen aber war es 1870, daß man deutscherseits zwangsweise angesehene feindliche Bürger als Geiseln für die Sicherheit der Eisenbahnzüge gegen die Angriffe der Franctireurs nahm. Man ließ dadurch Unschuldige leiden, ohne eine Gewähr gegen den Fanatismus zu erhalten. Der Prätect des Elsaß verfuhr rationeller und zugleich wirksamer, indem er die Gemeinden, welche solche Angriffe duldeten, mit starken Requifitionen bedrohte.]

129. Das Wesen der heutigen Kriegsgefangenschaft besteht lediglich in einer thatsächlichen Beschränkung der natürlichen Freiheit, um die Rückkehr in den feindlichen Staat und eine fernere Theilnahme an den Kriegsunternehmungen zu verhindern 1). Mitglieder der souveränen Familie werden zwar bewacht, jedoch rücksichtsvoll behandelt, vorzüglich auch, wenn sie ihre Treue verpfänden, von drückenden persönlichen Belästigungen befreit. Ebenso gestattet man gefangenen Officieren auf ihr Ehrenwort größere Freiheiten ); Unterofficiere und Gemeine werden unter engerer Aufsicht gehalten und zu angemessenen Arbeiten gebraucht, um einen Theil des Unterhaltes abzuverdienen, welchen der Staat, in dessen Gewalt sie sich befinden, wenn auch mit Vorbehalt der Erstattung oder Ausgleichung, ihnen verabreichen muß 3). Unbedenklich ist der Gefangene während der Dauer der Gefangenschaft der Gerichtsbarkeit des auswärtigen Staates unterworfen, insbesondere der Strafgerichtsbarkeit wegen der daselbst von ihm begangenen Verbrechen. Eine willkürliche Behandlung durch Mißhandlung und Gewaltthätigkeit anderer Art liegt außer den Grenzen der Nothwendigkeit im Kriege *); nur wenn die Gefangenen selbst die gesezten Beschränkungen überschreiten oder den auswärtigen Staat auf gefährliche Weise be= drohen, finden Zuchtmittel und strengere Reactionen gegen sie An= wendung 5); nicht aber sollten an ihnen wegen der von ihnen selbst nicht verschuldeten Thatsachen Repressalien an ihrer Person ge= braucht werden, obgleich dies sonst als Kriegsraison in Ermangelung anderer Mittel behauptet, ausgeführt, oder wenigstens gedroht worden ist. Zwang zum Eintritt in feindliche Militärverhältnisse ist unerlaubt.

Geendet wird die Kriegsgefangenschaft:

mit dem Frieden;

durch freiwillige Unterwerfung unter den sie annehmenden feindlichen Staat;

durch bedingte oder unbedingte Loslassung;

durch Selbstranzionirung.

Geräth ein Selbstranzionirter von Neuem in Feindesgewalt, so wird dies ungeahndet gelassen; denn der Gefangene hat nur dem natürlichen Triebe zur Freiheit oder zum Vaterlande Folge gegeben. Aber der Bruch des Ehrenwortes oder einer gestellten Bedingung der Lossagung, z. B. nicht mehr gegen den anderen Staat dienen

zu wollen, berechtigt zu einer entsprechenden Ahndung durch eine schlimmere als die sonst übliche Behandlung ®).

1) [G. Im Mittelalter hing das Loos der Gefangenen von dem ab, dem sie sich ergaben, später behielten sich die Fürsten vor, über vornehme Gefangene zu entscheiden, Gustav Adolf überließ noch die von untergeordnetem Rang denen, welche fie gefangen nahmen, und verbot nur, ohne Erlaubniß des vorgesezten Generals fie gegen Lösegeld freizugeben. Jezt sind aber Kriegsgefangene Staatsgefangene, der Soldat, dem sie sich ergeben, muß sie also seinem Vorgeseßten zuführen. Aber Kriegsgefangene sind, wie Bluntschli sagt (601), Sicherheitsgefangene, nicht Strafgefangene. (Amerikan. Kriegsartikel 49), sie sollen nur unschädlich gemacht werden. ,,Tout ce qui leur appartient personnellement, les armes exceptées, reste leur propriété.“ Art. 23 des Brüsseler Entwurfs. Seltsam inconsequent dagegen will Art. 72 der Amerikan. Kriegsartikel,,large sums of money" ausnehmen.]

2) (G. Entweder der Bewegung oder Entlassung gegen Verpflichtung, nicht wieder im gegenwärtigen Kriege gegen den gefangennehmenden Staat dienen zu wollen. Die Parole, die stets durch schriftlichen Revers gegeben wird, kann aber weder von der einen noch von der anderen Seite verlangt werden. Gewährung und Leistung sind frei. Die Entlassung mit der Erklärung, daß sie frei auf Parole sind, ist unwirksam und legt ihnen keine Verpflichtung auf. Ebenso kann ihre Regierung verweigern, ihre Parole zu bestätigen, in dem Falle sind sie verbunden, in die Gefangenschaft zurückzukehren und sind nur frei, wenn der Feind verweigert sie anzunehmen und damit sie von der Parole entbindet. Man läßt nur Officiere auf Parole frei, nicht weil einfache Soldaten unfähig sind die Gebote der militärischen Ehre zu beobachten, sondern weil sie nicht beurtheilen können, wie weit ihre Parole die Interessen ihres Landes beeinflussen kann, ihre Officiere müssen sie daher vertreten. Die Parole verpflichtet, sich jeder militärischen Thätigkeit während der Dauer des Krieges zu enthalten, nicht blos des Felddienstes, wie z. B. Calvo (§ 1861) meint, fie dürfen ebenso wenig an den Befestigungen arbeiten und Refruten ausbilden, der auf Parole Entlassene ist verpflichtet während des Krieges sich neutral zu halten. Unpraktisch und unausführbar ist der Art. 5 der Genser Zusaß-Artikel, welcher die Entlassung der gefangenen und verwundeten Soldaten nach ihrer Heilung verfügen will gegen das Versprechen, während der Dauer des Krieges die Waffen nicht mehr zu führen. Sie könnten entfernte Festungen beseßen und die dort bisher befindlichen Truppen zur Action frei machen.]

3) [G. Art. 25 des Brüsseler Entwurfs, der noch bestimmter gefaßt sein könnte. Bluntschli (608) und Calvo (§ 1858) haben sicher nicht Recht, wenn sie sagen, Gefangene könnten verwendet werden, um an weit entlegenen Befestigungen zu arbeiten da dies keine Theilnahme an den Feindseligkeiten sei, solche Arbeiten sollen immer, den betr. Staat stärken und man kann die Gefangenen nicht nöthigen, dabei mitzuwirken. - Der Staat unterhält die Gefangenen wie seine Soldaten von gleichem Rang, aber zahlt ihnen keinen Sold.]

4) (G. Art. 24 des Vertrages zwischen Preußzen und den Ver. Staaten von 1799 gab ausführliche Vorschriften über gute Behandlung der Gefangenen, die nicht in Gefängnisse gebracht oder gefesselt werden sollten: les simples soldats seront distribués dans des cantonnements assez vastes pour prendre l'air et l'exercice et ils seront logés dans des barraques aussi spatieuses et aussi commodes que le sont celles des troupes de la puissance, au pouvoir de laquelle se trouvent les prisonniers". Ebenso Art. 22, 2 des Vertrags von GuadelupeHidalgo zwischen den Ver. Staaten und Mexico v. 2. Febr. 1848. Dagegen wurden 1812 die französischen Gefangenen nach Sibirien transportiert, 1870 die wenigen deutschen theilweise sehr übel von Frankreich behandelt (Circular v. 9. Jan. 1871), Art 25 des Brüsseler Entwurfs.]

*) [G. Bloßzer Fluchtversuch Einzelner, die nicht ihr Wort verpfändet, kann

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