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ausdrücklich verbindlich gemacht hatte, die Zahlungen auch nicht im Kriegsfall zu sistiren.]

7) Als civilrechtlicher Saz unbestreitbar. S. Schweikart S. 94 f. 105. 109. [G. 1807 legte Dänemark als Repressalie Beschlag auf alle Schulden seiner Unterthanen an Engländer zu Gunsten des Staatsschaßes, 1814 erflärte Justice Story: "I take it upon me to say, that no jurist of reputation can be found who has denied the right of confiscation of enemies debts (Phillimore III p. 146), und 1861 erklärte eine Acte des Conföderirten Congresses, daß „property of whatever nature except public stocks and securities held by an alien enemy since the 21. May 1861 shall be sequestrated and appropriated", was alle Personen traf, welche in den Staaten wohnten, mit denen die Conföderirten im Kriege waren. Lord Russell aber hat mit Recht dies als den heutigen Anschauungen zuwiderlaufend bezeichnet. Schon früher hat der Court of Common Pleas (Wolffe v. Oxholm) erklärt:,,that according to modern internat. law, the confiscation of private debts is illegal and invalid." Erlaubt man jezt herkömmlich Unterthanen des Feindes bei friedlichem Verhalten im Gebiete zu bleiben und ihre Geschäfte fortzuführen, so sollten um so mehr die Schuldansprüche solcher, die nicht daselbst wohnen, geachtet werden.]

*) Das Gegentheil wird natürlich, wiewohl bald mehr, bald weniger bedingt, von den Publicisten angenommen, welche überhaupt eine Occupation unkörperlicher Dinge vertheidigen.

9) Ein Beispiel solchen Vertrags ist der Handelsvertrag zwischen Großbritannien und Nordamerika von 1794. Vgl. Wheaton IV, 1, 12.

Beuterecht an beweglichen körperlichen Sachen 1).

135. Ein allenthalben anerkanntes Aneignungsrecht findet in Landkriegen bei cigentlicher Kriegsbeute statt. An und für sich ist die Ausübung ein Recht der Staatsgewalt, welche aber darüber die näheren Verfügungen treffen kann 2). Gegenstände derselben sind unbestritten alle beweglichen körperlichen Sachen, welche dem feindlichen Heere oder einzelnen dazu gehörigen Individuen von rechtmäßigen Streitern der Gegenpartei, oder ausnahmsweise denjenigen Staatsangehörigen abgenommen werden, deren Plünderung von dem Befehlshaber der Gegenpartei erlaubt worden ist, z. B. bei Erstürmung einer Festung oder eines anderen hartnäckig vertheidigten Plazes. Nur in ersterer Hinsicht, unter den Kämpfenden, versteht sich das Beuterecht ohne weitere Erlaubniß; die kriegführenden Theile geben gleichsam wechselseitig dem Spiele des Krieges dasjenige Preis, was sie bei ihrem Zusammentreffen bei sich führen; in dem zweiten oder Ausnahmefalle erscheint die Beute als cine Compensation für dasjenige, was man bei einer so besonderen Gelegenheit auf das Spiel zu sehen genöthigt gewesen ist, wobei man die Wiederausgleichung den betroffenen feindlichen Unterthanen mit ihrer eigenen Staatsgewalt überläßt. Daß es großartiger und

edler ist, solche Ausnahmen nicht zu gestatten, da es besonders mit der Wiederausgleichung des den Einzelnen zugefügten Schadens sehr mißlich steht und durch eine solche Gewaltmaßregel gewöhnlich nur Unschuldige betroffen werden, ist in neuester Zeit sogar in der Praxis nur selten verkannt worden. - Sollte außer den obigen Fällen einem feindlichen Unterthan etwas von seiner persönlichen Habe von einem Krieger der Gegenpartei weggenommen werden, so verfällt er der Disciplin seiner Vorgesezten, ohne sich auf das Recht der Kriegsbeute berufen zu können. Noch weniger steht lezteres einem Nichtmilitär zu, welcher sich der Habseligkeiten eines feindlichen Unterthans bemächtigt hat.

In Beziehung auf die Person des Erwerbers unterscheidet der allerdings durch kein Völkergesch gebundene, aber gewöhnliche Gebrauch der Staaten einerseits diejenigen Sachen, welche zur Ausrüstung eines Kriegsheeres gehören und zu kriegerischen Operationen dienen, ohne dem einzelnen Krieger einen unmittelbaren Gebrauch oder Nußen zu gewähren; andrerseits solche Sachen, welche einen unmittelbaren Werth für den Einzelnen haben. Lehtere, wie z. B. Geld, einzelne Armaturstücke und Kostbarkeiten, werden regelmäßig dem beutemachenden Krieger oder dem dabei gemeinschaftlich concurrirenden Truppentheil überlassen; erstere hingegen, z. B. schweres Geschütz, ganze Convois, Magazine und dergl., behalten sich die Kriegsherren gewöhnlich selbst vor, allenfalls gegen eine Vergütigung an die Beutemachenden. Jedoch bleibt dieses den eigenen Regulativen jedes Kriegsherrn anheimgestellt. Seltsam war der

frühere Kricgsgebrauch, wonach die Glocken eines eroberten Plazes dem Chef der Belagerungs-Artillerie verfielen, wenigstens dann, wenn sie während der Belagerung in Benutzung geblieben waren.

1) Groot III, 6. Vattel III, 196. Hall, p. 396. v. Martens II § 120. 2) Bello parta cedunt reipublicae; ein Saß von Bynkershoek, in der Britischen Rechtsübung ganz besonders ausgebeutet.

[G. Die Ausführungen dieses Paragraphen dürften doch nach neuerem Recht wesentlich zu modificiren sein. Abgesehen von dem russisch-türkischen Kriege von 1877, an den man überhaupt den völkerrechtlichen Maßstab nicht legen darf (Thiers sagte voraus:,,ce sera la guerre de deux barbares"), hat in Kriegen civilisirter Staaten eine Plünderung überhaupt nicht stattgefunden, die des Chinesischen Sommerpalastes ist scharf getadelt. Art. 17 des Brüsseler Projects sagt: Une ville prise d'assaut ne doit pas être livrée au pillage des troupes victorieuses. Auch davon abgesehen gilt von beweglichen Sachen der Grundsaß, daß nur die öffentliche Habe dem Beuterecht unterliegt, nicht weil sie herrenlos geworden, sondern weil sie der feindlichen Staatsgewalt gehört, deren Wille gebrochen werden soll. Dahin

gehören Kriegskassen, Waffen sowohl der Gefangenen als der Arsenale, Vorräthe, Magazine, Transportmittel. Die von dem Un. St. Supr. Ct. aufgestellte Theorie, daß die Confiscation von Baumwolle füdstaatlicher Privateigentümer berechtigt sei, weil in der Baumwolle die Kraft des Aufstandes liege, war nicht zu rechtfertigen. Einmal konnte die Baumwolle selbst die Conföderirten nicht widerstandsfähiger machen, sondern nur ihr Verkauf nach Europa, den zu hindern Aufgabe der Blokade war. Besonders bedenklich aber war die Behauptung, daß man den Feind jedes Eigentums berauben dürfe, sei es innerhalb oder außerhalb seines Gebietes, was seine Widerstandskraft erhöhe und dessen Wegnahme der confiscirenden Regierung Mittel gebe, den Krieg fortzuführen. (Wheaton ed. Boyd § 346 b.) Damit wäre principiell alles Brivateigentum preisgegeben. Es kann nicht einmal zugegeben werden, wie die Fassung des Art. 6 Al. 2 des Brüsseler Projects anzunehmen scheint, daß zur Beute auch die Waffen- und Munitionsvorräthe Privater gehören, unstreitig können dieselben, wie der Art. sagt, nicht im Besiß des Feindes bleiben, aber nur eine Beschlagnahme, nicht die Wegnahme ist gerechtfertigt. Selbst die Wegnahme des bei Kriegsanfang in den Häfen befindlichen Eigentums ist unzulässig, da dasselbe im Vertrauen auf den bestehenden Frieden in dieselben gekommen ist und ebenso später, wo es nur auf neutralen Schiffen gekommen sein kann, also durch die Pariser Declaration gedeckt wird, wogegen das femdliche Eigentum auf feindlichen Schiffen, das nur das Küstengewässer durchschneidet, unzweifelhaft der Wegnahme unterliegt. Nach dem vorhin Gesagten gehört die Beute nicht den Truppen, welche sie machen, sondern dem Staat. Das jog. Retten und Rollen in der zweiten Hälfte des Französischen Krieges war ein schwerer Mißbrauch, den die besten deutschen Officiere am entschiedensten auch für die Disciplin beklagt haben. Uebrigens sind die Anklagen der Franzosen in diesem Punkte sehr übertrieben gewesen und der sog. „,recueil de documents sur les exactions, vols et cruautés des armées prussiennes en France" ist nur eine Sammlung anonymer Zeitungsartikel, die Napoleonischen Marschälle haben ganz anders in Deutschland und Spanien gehaust. Nach diesen Gesichtspunkten ist auch der folgende Paragraph zu beurtheilen.]

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136. Bei näherer Erwägung läßt sich nun eine Appropriation von feindlichen Privatsachen nicht etwa mit der Fiction rechtfertigen, daß dieselben res nullius scien, was sie in der Wirklichkeit nicht sind, und ebenso wenig kann der Mangel einer Rechtspflege im Kriege einer eigenmächtigen Besizergreifung schon den Charakter einer Eigenthumserwerbung wider Jedermann verleihen 1). Nur wenn die Dikäodosie unter christlichen Staaten überhaupt noch etwas Willkürliches wäre und sein dürfte, wie in der alten Welt, ließe sich darauf die Idee der sichersten Eigenthumserwerbung gründen; jezt, wo der Kriegsstand ein nur vorübergehender ist, kann diese Vorstellungsweise nicht stattfinden. Vielmehr wird man folgerichtig mit den heutigen Begriffen einen Eigenthumsübergang bei der Beute überhaupt nicht annehmen dürfen, sondern dem Beutemachenden nur die ungehinderte Befugniß zu allen thatsächlichen, nach den Umständen möglichen Verfügungen über Nußen und Substanz der Sache zuschreiben müssen, ohne daß darüber von ihm oder demjenigen,

welchem er sie überträgt, Rechenschaft zu geben ist, so lange noch der Kriegsstand dauert und der Besizer dem Eigenthümer feindlich gegenübersteht. Der lettere wird dagegen sein Recht an der Sache allezeit wieder verfolgen dürfen, wenn er dieselbe an cinem dritten friedlichen Orte, z. B. in neutralem Gebiete, findet, oder in eigenem Lande außerhalb der feindlichen Gewalt, oder endlich nach wiederhergestelltem Frieden, wenn nicht darin Aufgebung aller Ansprüche für entzogenes Privatcigenthum oder in Betreff von Beutegegenständen insbesondere stipulirt wäre. Kurz, das von jedem Staate garantirte und unter der Gesammtbürgschaft aller Staaten stehende bürgerliche Eigenthum wird nur einstweilen suspendirt; der Besizstand tritt inzwischen an die Stelle des Rechtes, das heute mir, morgen dir des Krieges. Von jedem einzelnen Staate hängt cs demnächst ab, ob und wie weit er während des Krieges oder nach Beendigung desselben dem früheren Eigenthümer einen Rechtsanspruch auf Wiedererlangung des weggenommenen Gutes gegen den Besizer zugestehen wolle, welcher seiner Gerichtsbarkeit unterworfen ist; aber es cristirt durchaus kein alle Staaten verpflichtender Grundsay, eine unter gewissen Umständen gemachte Beute als unwiderrufliches Eigenthum des Beutemachenden und seiner Nachfolger im Besitze gelten zu lassen, wenn nicht Friedens- und andere Verträge dem Besißstande einen solchen Charakter ertheilen.

So giebt es denn auch kein allgemeines völkerrechtliches Gesez, mit welchem Zeitpunkte das Eigenthum auf den Beutemachenden übergeht, weil die Statuirung des Eigenthums selbst nur auf der Autorität der Einzelstaaten beruht 2). In älterer Zeit galt dem Römischen Völkerrechte gemäß für die meisten Europäischen Völker als Zeitpunkt der vollendeten Kriegsappropriation kein anderer als der der vollendeten ausschließlichen Besißergreifung selbst, welche nicht mehr durch den bisherigen Eigenthümer oder seine Hilfsgenossen verhindert wird, mithin sobald das erbeutete Gut in Sicherheit gegen eine unmittelbare Wiedernahme gebracht ist, und die leztere nur durch eine völlig neue Kraftanstrengung oder durch unabhängige Zufälligkeiten bewirkt werden mag. Die Beute ist dagegen noch nicht gemacht, so lange dieselbe Action wirklich fortdauert (dum fervet opus) und cin ohne Unterbrechung fortgesetter Kampf das Verlorene wiedergeben könnte 3). Denselben Zeitpunkt haben auch noch manche neuere Codificationen beibehalten 4).

Wegen der Schwierigkeit seiner Feststellung hat man auch wohl cine vierundzwanzigstündige Dauer des Besizes als maßgebend und entscheidend für den Eigenthumsübergang wie bei der Secbcute angewendet und empfohlen; allein es läßt sich schlechterdings nicht behaupten, daß dieser, ohnehin auch nicht alle Schwierigkeiten beseitigende Termin ein gemeiner Völkergrundsaß geworden sei. In Ländern des Französischen Civilrechtes entscheidet der auf kriegerische Zustände vorzüglich passende Grundsatz: En fait de meubles la possession vaut titre 5).

1) Vgl. darüber auch Pando, p. 389.

2) Vgl. Cocceji zu Groot III, 6, 3 a. E.

) [G. Von dem Gesichtspunkt, daß nur die öffentliche Habe dem Beuterecht unterliegt, kann man sagen, daß dieselbe sofort nach Wegnahme Eigenthum des Siegers wird. Allerdings kann sie vom Feinde wieder genommen werden, wie die eigene Habe genommen werden.]

4) So das Allg. Landrecht für die Preuß. Staaten I, 9 § 201:,,Die Beute ist erst alsdann für erobert zu achten, wenn sie von den Truppen, welche sie gemacht haben, bis in ihr Lager, Nachtquartier oder sonst in völlige Sicherheit ge= bracht worden. § 202: So lange der Feind noch verfolgt wird, bleibt dem vorigen Eigentümer der abgenommenen Sachen sein Recht darauf vorbehalten.“

5) Code civil Art. 2279.

Appropriation im Seekriege.

137. Dehnt sich der Krieg auch auf die Sce aus, so sind nicht allein die Schiffe der feindlichen Staatsgewalten gegenseitig dem Rechte der Eroberung und Ancignung unterworfen, sondern man legt sich auch eine unbedingte Appropriationsbefugniß gegen feindliche Privatschiffe und Güter bei 1), wovon man nur etwa die Fahrzeuge und Geräthschaften der Fischer an den Küsten menschenfreundlich ausnimmt 2), desgleichen schiffbrüchige und verschlagene Güter 3).

Der bisher noch nicht aufgehobene Grundsay war und ist: alles feindliche Gut zur Sce, (? Pariser Dacl.) es gehöre dem Staate oder dem Einzelnen, ist gute Prise der sich desselben bemächtigenden Gegenpartei, dafern nicht etwa Licenzen erlangt sind, oder Rechte der Neutralen in Betracht kommen, auf deren Darstellung weiterhin einzugehen ist. Das Prisenrecht beginnt mit dem Ausbruche der Feindselig✩ keiten, sogar gegen solche Schiffe, die hiervon noch nicht unterrichtet sein konnten, oder mit Ablauf der etwa vergönnten Indultfrist.

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