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dagegen natürlicher Weise nicht eher in Kraft treten, als bis der fremde Staat nach erhaltener Kenntniß von der Mission dieserhalb die nöthigen Verfügungen zu treffen vermocht und der Abgeordnete selbst dasjenige beobachtet hat, was zu seinem Auftreten bei der fremden Staatsgewalt erforderlich ist; in Beziehung auf die Aeußerlichkeiten des Hoflebens also regelmäßig erst nach geschehener Vorstellung). Erfolgt eine Veränderung in der amtlichen Stellung eines Gesandten, namentlich eine Beförderung in eine höhere Rang= klasse, so wird auch hierüber eine neue Beglaubigung ausgefertigt und hinsichtlich derselben dasjenige beobachtet, was bei dem ersten Auftreten in der neuen Eigenschaft in ceremonieller Weise erforder= lich gewesen sein würde.

1) (G. Diese lassen bei Unterhandlungen meist der Bewegungsfreiheit des Gesandten einen gewissen Spielraum, indem sie einerseits das Ziel bezeichnen, welches man zu erreichen wünscht, andrerseits das Minimum, mit dem man sich eventuell begnügen würde. Da die Instructionen lediglich persönliche Weisungen für den Gesandten sind, kann deren Mittheilung von dem andren unterhandelnden Theile niemals begehrt werden (vgl. Martens-Geffcken, Guide diplomatique I, ch. 4).]

2) [G. Diese ist stets sehr allgemein gehalten und verspricht alles anzuerkennen, was der Gesandte im Namen seines Auftraggebers thut, dabei aber bleibt die Regelung seines Verhaltens durch specielle Instructionen doch vorbehalten. (MartensGeffcken 1. c. § 19.)]

3) [G. ibid. § 18. Die Form derselben richtet sich nach dem Rang des Staatsoberhauptes, welches schreibt und an welches geschrieben wird. Bei dem Ansuchen um eine Audienz zur Ueberreichung derselben wird gewöhnlich dem Minister des Auswärtigen vorgängig Abschrift mitgetheilt. Das Beglaubigungsschreiben enthält eine Art allgemeiner Vollmacht für den Gesandten, stellt aber thatsächlich nur seinen Charakter fest, für jede besondere Unterhandlung über einen Vertrag bedarf er einer speciellen Vollmacht. Da die Beglaubigung von einem Staatsoberhaupt an das andere geht, so erlischt es durch den Tod des einen oder des andern und ebenso durch eine entscheidende Veränderung in dem Charakter derselben oder in der Staatsform. Es ist daher zu erneuern, wenn z. B. ein Regent durch den Tod dessen, den er vertritt, oder der Präsident einer Republik Souverän wird, wie Napoleon III. Bei gewählten Staatsoberhäuptern, wie Präsidenten einer Republik, ist eine Erneuerung nach Ablauf der Amtsperiode und Eintritt des Nachfolgers nicht nöthig, ebenso nicht nach Erwählung eines neuen Papstes.]

4),,Il est certain," sagt Merlin mit Recht in der schon § 201 angeführten Stelle V, 3, 3, que son caractère public ne se développe dans toute son étendue, que lorsqu'il est reconnu et admis par le souverain à qui il remet ses lettres de créance. Mais pour ce qui est de la protection du droit des gens, de la sûreté et de l'inviolabilité de sa personne, il doit en jouir dès qu'il a mis le pied dans le pays où il est envoyé, et qu'il s'est fait reconnaître."

[G. Die folgenden Paragraphen Heffter's 211-220 sind theilweise veraltet, theilweise in Folge der mangelhaften Anordnung nur Wiederholungen des schon vorher, sei es im Tert, sei es in den Noten Ausgeführten. Soweit dies nicht der Fall, werden die darin behandelten Verhältnisse am besten zusammengefaßt in dem folgenden neugebildeten Paragraphen.]

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Sonstige gesandtschaftliche Rechte.

220. [G. Als Folge der Exterritorialität ist der Gesandte von allen persönlichen Lasten des Aufenthaltsstaates frei 1), ebenso von indirecten Staatsabgaben), auf Befreiung von örtlichen Abgaben und Gebühren hat er keinen Anspruch 3). Das sonst be= sonders stipulirte Recht der Religionsübung im Hause des Gesandten oder in einer besondern Kapelle ist jezt mit Ausnahme muselmännischer, heidnischer und einiger südamerikanischer Staaten. durch die allgemein herrschende Cultusfreiheit veraltet 4). Ebenso das früher wohl gewährte Recht des Gesandten, Streitigkeiten oder Vergehen seines Gefolges selbst abzuurtheilen 5). Hinsichtlich der freiwilligen Gerichtsbarkeit hat derselbe das Recht, Testamente von Mitgliedern seines Personals entgegenzunehmen und den Nachlaß Verstorbener zu versiegeln. Für seine Angehörigen wird dem Gesandten in gewissen Staaten die Ermächtigung zur Beurkundung des Personenstandes und zu Eheschließungen ertheilt ®), so fern der Empfangsstaat eine solche durch Vertreter auswärtiger Regierungen überhaupt duldet 7).]

1) [G. also von Einquartierung u. s. w. und allen directen Staatssteuern. Das Gesandtschaftsgebäude ist, falls es der Regierung des Absendestaates gehört, nicht steuerfrei, wenn nicht deshalb ein besonderes Abkommen besteht, wie z. B. zwischen Deutschland einerseits, Frankreich und Rußland andrerseits.]

2) (G. also namentlich Zöllen, entweder allgemein, wie z. B. in Frankreich und England, oder indem ein bestimmter Credit gewährt wird, der aber anstandslos erneuert wird. Früher ist dies wohl gemißbraucht, bei Erstürmung der Häuser des panischen und bayrischen Gesandten in den sogen. Gordon Riots 1780 durch den Londoner Pöbel fand man in denselben förmliche Theelager. Nach Art. 17 des Zoll-Vereins-Vertrages v. 8. Juli 1867 sind die für die bei deutschen Regierungen beglaubigten Gesandten bestimmten Gegenstände grundsäßlich zollpflichtig und Rückvergütungen erfolgen dafür nur auf Privat-Staatsrechnung. Für die beim deutschen Reiche beglaubigten Gesandten wird jedoch nach Bundesrathsbeschluß v. 29. April 1872 der Betrag der Zölle auf Rechnung des Reiches gutgeschrieben.]

3) [G. Was in dieser Beziehung gewährt wird, ist guter Wille, in London 3. B. haben die Gesandten alle local taxes zu zahlen, in Berlin und Paris nicht. Alle Gebühren im Unterschied von Steuern, wie Wegegelder, Porto, Stempel u. s. w., haben sie wie jeder Andere zu entrichten.]

4) (G. Es beschränkte sich sonst auf Culte, die im Aufenthaltsort des Gesandten nicht öffentlich geübt wurden. Als Joseph II. durch das Toleranzedict von 1781 den protestantischen Cultus erlaubte, verlangte er die Aufhebung der protestantischen Gesandtschaftskapellen in Wien; auch wurde dies Recht nur unter gewissen Beschränkungen gewährt, z. B. Versagung des Glockengeläutes u. s. w. Die päpstliche Regierung erklärte 1846 dem preußischen Gesandten, daß sie einen Cultus in italienischer Sprache in der Gesandtschaftskapelle nicht dulden könne.

In Konstantinopel stehen zwei der katholischen Kirchen unter dem Schuß des österreichischen Gesandten, die übrigen unter dem Frankreichs. Art. 14 des Vertrags von Kudjuk-Kainardji erlaubte dem russischen Hofe außer der Gesandtschaftskapelle,

in Galata eine griechische Kirche zu bauen, die unter dem Schuß des Gesandten steht. Die katholische Kirche in Peking stand bis jezt unter dem Schuß des französischen Gesandten, der von Frankreich in China beanspruchte Schuß für alle Katholiken ist indeß in keiner Weise vertragsmäßig begründet und neuerlich von China wie vom Papste bestritten, als leßterer einen eigenen Vertreter in Peking ernennen wollte, wozu es freilich noch nicht gekommen ist. Die in Staatsverträgen gesicherte Kultusfreiheit, wie z. B. Art. 4 des Zoll-Vereins-Vertrags mit Japan v. 20. Juli 1869, Art. 7 des Vertrages mit Salvador v. 13. Juni 1870, bezieht sich auf alle deutschen Staatsangehörigen.]

) (G. So ließ z. B. Sully als Botschafter Heinrich's IV. in London einen Edelmann seines Personals wegen Mordes durch eine französische Jury zum Tode verurtheilen. Keine Regierung giebt jezt ihren Vertretern ähnliche Vollmacht. Hat ein Mitglied des Personals ein Vergehen begangen, so beschränkt sich das Recht des Gesandten darauf 1. den Schuldigen zu verhaften, wenn er in der gesandtschaftlichen Wohnung ist, oder, wenn nicht, seine Auslieferung von den Landesbehörden nach= zusuchen, 2. den Thatbestand des Vergehens festzustellen, eventuell mit Hilfe jener Behörden, 3. die Zeugen zu verhören, welche gleichfalls dem Personal angehören, 4. den Schuldigen seiner nationalen Behörde auszuliefern.]

6) [G. Im deutschen Reiche z. B. kann nach Ges. v. 4. Mai 1870 einem Gesandten für das ganze Gebiet des Staates, wo er beglaubigt ist, die Ermächtigung zur Beurkundung des Personenstandes und zu Eheschließungen nach Maßgabe dieses Gesezes ertheilt werden. Die Befugniß wird nur dem jedesmaligen Amtsträger gegeben. In orientalischen Staaten, in welchen europäischen Mächten die Consulargerichtsbarkeit durch Verträge zugestanden ist, haben auch die Gesandten einzelne concurrirende Befugnisse z. B. nach Art. 13 des Vertrags mit Persien und Deutschland v. 11. Juni 1873. Für Rußland s. v. Martens V. R. II, 85 und Art. 15 des Vertrags mit der Pforte v. 21. Juni 1783.]

[G. Es handelt sich hier eben um eine Ausnahme zu Gunsten der Staatsangehörigen in solchen Staaten, wo eine Civilstandsgesetzgebung nach modernen Begriffen nicht vorhanden ist, und dies sezt voraus, daß der Empfangsstaat stillschweigend oder vertragsmäßig die Ausübung dieses Rechtes gestattet. Schreibt derselbe für die Beurkundung des Personenstandes oder die Eheschließung besondere Formen vor, welche für alle auf seinem Gebiete Verweilenden verbindlich sind, so kann die Befugniß eines Gesandten, diese Acte zu vollziehen, seine Schußbefohlenen hiervon nicht befreien. Der Act ist also dann nichtig, wie dies ein Urtheil des Seinetribunals v. 2. Juli 1872 für eine im englischen Botschaftshotel zwischen einer Französin und einem Engländer geschlossenen Ehe erklärte, ,,comme n'ayant pas été célébré devant l'officier de l'état civil“.]

Familie und Gefolge der Gesandten.

221. Unter die Personen, welche zu der Umgebung eines Gesandten gehören und dadurch ebenfalls bestimmter Rechte und Privilegien, insbesondere der persönlichen Unverlegbarkeit und Exterritorialität mittheilhaftig werden, gehören vorzüglich:

a. Die Gemahlinnen der Gesandten, während ihres Aufent haltes im fremden Staate.

Eigenthümliche Ceremonialrechte sind ihnen außer dem des Botschafters im Allgemeinen nicht zugestanden; man weist ihnen die

selben Ehrenpläge unter den Damen an, welche der Gemahl unter den Männern einnimmt.

b. Kinder und andere Familienglieder der Gesandten, welche sich bei ihnen befinden 1).

c. Die Gesandtschaftssecretäre in ihren verschiedenen, meist zweifachen Rangkategorien, deren Bestimmung wie überhaupt ihre Ernennung von dem absendenden Souverän abhängig ist.

d. Die Attachés oder sonstigen Mitglieder der Gesandtschaft 2).

e. Der Geistliche (Aumônier) und der Arzt der Gesandtschaft, in so fern sie diese Eigenschaft nicht blos nebenbei haben; endlich

f. die Bedienten des Gesandten 3).

In älterer Zeit legte man größeren Werth auf dergleichen Gefolgschaften, als es jezt die öffentliche Meinung thut und die Staatsökonomie gestattet. Unfehlbar kann auch der fremde Staat, an welchen die Mission geschieht, einer übertriebenen Vermehrung des Personales Grenzen sehen, desgleichen genaue Mittheilung über die Personalien aus polizeilichen Rücksichten und im eigenen Interesse der Gesandten verlangen), endlich für den Eintritt von Unterthanen in den Dienst eines Gesandten besondere Bedingungen vorschreiben.

Außer Zweifel liegt jezt, daß alle vorgenannten Personen, sogar wenn sie Unterthanen des fremden Staates wären, in der Exterritorialität des Gesandten selbst mitbegriffen und dadurch insbesondere von der Straf- und bürgerlichen Gerichtsbarkeit des fremden Staates in gleicher Weise eximirt, mithin der Gerichtsbarkeit des absendenden Staates unterworfen sind, so weit diese nicht dem Gesandten selbst delegirt sein sollte 5) (§ 214). Nur bei zahlreich besuchten Congressen hat man sich zuweilen vereinigt, daß die gesandtschaftlichen Diener, welche keine wirklichen Beamten sind, der Ortsobrigkeit untergeben sein sollten ®).

Daß übrigens auch einer jeden dieser Personen, wenn sie den fremden Staat oder dessen Angehörige thatsächlich verlegt, thatsächlich entgegengetreten werden kann und die Exterritorialität sie nicht gegen Maßregeln zur Handhabung der öffentlichen Ordnung schüßen kann, versteht sich von selbst 7).

1) G. Die Familie theilt die Privilegien der Unverleßlichkeit, der Befreiung von der örtlichen Gerichtsbarkeit und Steuern. Eine Folge der Ausnahme von der Gebietshoheit des Aufenthaltsstaates ist, daß die dort geborenen Kinder nicht dessen Unterthanen sind, sondern Angehörige des Absendestaates.]

2) G. Das Personal hat das Recht der Unverleßlichkeit, der Befreiung von der örtlichen Gerichtsbarkeit, persönlichen Lasten und Abgaben, nicht aber von indirecten Steuern. Es war daher nicht zu rechtfertigen, daß Cromwell 1653 den Bruder des portugiesischen Gesandten Don Pantaleon Sa, welcher zu dessen Gefolge gehörte und einen Engländer getötet hatte, durch eine englische Gerichtscommission aburtheilen ließ, weil er kein Gesandter sei.]

3) [G. Mit diesen verhält es sich jedoch anders als mit dem officiellen Personal. Die Landesregierung darf solche allerdings nie hindern, die Aufträge des Gesandten auszuführen, aber hiervon abgesehen ist kem triftiger Grund vorhanden, sie von der Gerichtsbarkeit des Aufenthaltsstaates auszunehmen, so fern sie nicht ein Vergehen in der gesandtschaftlichen Wohnung begangen haben. In diesem Falle wird der Gesandte den Betreffenden, wenn er sein Landsmann ist, zur Aburtheilung nach Hause senden, wenn er ein Fremder ist, der Ortsobrigkeit überliefern. Ist aber das Vergehen außerhalb der Gesandtschaft begangen, oder handelt es sich um Schulden solcher Personen, so ist sicher die Ortsbehörde berechtigt einzuschreiten, bezw. die Auslieferung seitens des Gesandten zu verlangen, wenn auch nie gegen dessen Willen in seine Wohnung einzudringen.] (S. wegen England die Parlamentsacte von 1709. B. de Martens, Causes célèbr. I, 59; wegen Frankreich und mehrer anderer Staaten Merlin; wegen Preußen Allgem. Ger.-Ordn. Th. I, Tit. 2 § 63. 67 ff. Königl. dänische Verordnung v. 8. Oct. 1708 (v. Martens, Erzähl. 1, 353), ferner die nordamerikanische Congreßacte von 1790 (ebend. II, S. 397). Art. 19 des deutschen Gerichts-Verf.-Ges. von 1879 gesteht die Eremtion für alle Diener zu, welche nicht Deutsche sind. Vgl. Ward, Enquiry II, 553 f. Merlin sect. VI, n. 2 sqq. Streitigkeiten, welche hierüber noch im Jahre 1790 am pfälzischen Hose mit dem preußischen Minister bei Gelegenheit eines Falles vor= kamen, obschon zu keinem Resultat gediehen, s. noch in B. de Martens, Nouv. causes célèbr. II, 22f. Dagegen auch wieder einen Fall, wo durch Repressalien die Exterritorialität der Domestiken aufrecht erhalten ward, in desselben Causes célèbr. I, 247.)

[G. Andere Beispiele bei Geffcken 1. c. § 165. Eine eigentümlich privilegirte Stellung haben die Couriere, welche den Verkehr der Gesandten mit ihren Regierungen vermitteln; die mit dem amtlichen Siegel eines oder des anderen Theiles verschlossenen Briefschaften und Sendungen, welche sie überbringen, sind unverleßlich), auch ihr Gepäck ist an den Grenzen jeder Untersuchung entzogen, falls nicht begründeter Verdacht des Mißbrauchs ihres Privilegs vorliegt. Ihre Person ist, sobald sie sich als Couriere ausweisen, unverleßlich, auch kann keine Regierung einem solchen einen Paß weigern, wenn derselbe zum Reisen nöthig ist.]

4) Schon die goldene Bulle Kaiser Carl's IV. sezte den kurfürstlichen Wahlgesandtschaften hierin bestimmte Grenzen. [G. dürfte jezt aber schwerlich noch praktisch sein.]

5) [G. s. Noten 2 u. 3.]

6) Dies geschah am Congreß zu Münster und zu Nymwegen. Wicquefort I, c. 28. Desgleichen bei dem Haager Congreß durch Reglement v. 29. Mai 1697.

7) Eine königl. portug. Verordnung v. 11. December 1748 erklärte sogar die Hausgenossen der Gesandten ihrer Privilegien verlustig und nach den Gesezen strafbar, wenn sie die Justiz beleidigen. v. Martens, Erzählungen I, 339.

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