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1862 Personen, welche es ihnen beliebt zu beschäftigen, höheren Lohn oder Vergütung zu bezahlen, als denselben in gleichen Fällen von den einheimischen Unterthanen oder Bürgern bezahlt wird. Es soll ihnen freistehen, zu kaufen von wem, und zu verkaufen an wen sie wollen, und in beiden Fällen soll dem Käufer und Verkäufer volle Freiheit gelassen werden, den Preis der beziehentlich nach den Besitzungen oder Gebieten der vertragenden Theile eingeführten oder von da ausgeführten Handelsartikel, Güter oder Waaren des erlaubten Verkehrs zu behandeln und festzusetzen, wie sie es für gut befinden mögen, indem sie sich jedoch stets den Gesetzen und feststehenden Gebräuchen besagter Gebiete unterwerfen.

ART. IX. Die Unterthanen und Bürger eines jeden der vertragenden Theile in den Gebieten des anderen sollen für ihre Person und ihr Eigenthum denselben vollen Schutz erhalten und geniessen, welcher den einheimischen Unterthanen und Bürgeru zu Theil wird, und sie sollen zur Verfolgung und Vertheidigung ihrer Rechte freien Zutritt zu den Gerichtshöfen der, resp. Länder haben, und es soll ihnen freistehen, sich in allen Fällen, nach ihrem Belieben der Advocaten, Anwälte oder gesetzlichen Agenten jeder Art zu bedienen, und sie sollen in dieser Hinsicht dieselben Rechte und Privilegien wie die einheimischen Unterthanen und Bürger geniessen. ART. X. In Allem, was sich auf die Hafenpolizei, das Beladen und Löschen der Schiffe, die Lagerung und Sicherheit der Waaren, Güter und Effecten, die Erbfolge in bewegliches Eigenthum durch Testament oder anderweit und die Verfügung über bewegliches Vermögen jeder Art und Benennung durch Verkauf, Schenkung, Tausch, Testament oder auf irgend andere Art bezieht, sowie in Bezug auf die Verwaltung der Rechtspflege sollen die Unterthanen und Bürger eines jeden der hohen vertragenden Theile in den Besitzungen und Gebieten des anderen dieselben Privilegien, Freiheiten und Rechte wie die einheimischen Unterthanen und Bürger geniessen, und sie sollen in keinem Falle mit anderen oder höheren Auflagen oder Abgaben belastet werden, als diejenigen, welche jetzt oder künftig von einheimischen Unterthanen oder Bürgern erhoben werden, wobei sie jedoch den örtlichen Gesetzen und Verordnungen solcher Gebiete und Besitzungen unterworfen bleiben.

ART. XI. Falls ein Unterthan oder Bürger des einen der vertragenden Theile in den Besitzungen oder Gebieten des anderen ohne letzten Willen oder Testament versterben und keine nach den Gesetzen des Landes, in welchem der Todesfall stattgefunden hat, gesetzlich zur Erbfolge berechtigte

Person sich gemeldet haben sollte, soll der General-Consul, 1862 Consul oder Vice-Consul der Nation, welcher der Verstorbene angehörte, soweit die Gesetze des Landes dies gestatten, der gesetzliche Vertreter seiner bei der Erbschaft etwa betheiligten Landsleute sein; und der Consul soll in solcher Vertretung, soweit die Gesetze des Landes dies gestatten, alle Rechte ausüben, welche die gesetzlich zur Erbschaft berechtigte Person ausüben könnte, ausgenommen das Recht, Gelder oder Effecten anzunehmen, wozu immer eine besondere Ermächtigung erforderlich sein soll; diese Gelder oder Effecten sollen mittlerweile nach dem Einvernehmen des Consuls und der örtlichen Behörden in die Hände einer dritten Person niedergelegt werden. Besteht der Nachlass in Grundstücken, so sollen die Rechte der Betheiligten nach Massgabe der hinsichtlich der Fremden in jedem Lande geltenden Gesetze geregelt werden. ART. XII. Die in der Republik Chili wohnhaften Unterthanen eines zum Zollverein gehörigen Staates und die in einem zum Zollverein gehörigen Staate wohnhaften Bürger der Republik Chili sollen von allem zwangsweisen Militärdienst zur See oder zu Lande und von allen Zwangsanlehen oder militärischen Anforderungen oder Requisitionen befreit sein, und sie sollen unter keinem Vorwande gewzungen werden, andere oder höhere gewöhnliche Abgaben, Requisitionen oder Taxen zu bezahlen, als diejenigen, welche jetzt oder künftig von einheimischen Unterthanen oder Bürgern bezahlt werden. Die differentielle Abgabe, sogenannte Patent-Abgabe, welche die ausländischen Kaufleute in Chili zu bezahlen haben, wird durch die vorhergehende Bestimmung nicht aufgehoben. Die Unterthanen der Zollvereins-Staaten sollen in dieser Beziehung gleich den Unterthanen der meist begünstigten Nation behandelt werden.

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Die Unterthanen der zum Zollverein gehörigen Staaten, welche nach Massgabe der gegenwärtig bestehenden Gesetze der Republik Chili, und so lange solche bestehen, Grundstücke welcher Art es sei, erwerben und besitzen, sollen in Bezug auf das gedachte Eigenthum dieselben Rechte wie die Bürger der Republik Chili in gleichen Fällen geniessen und denselben Lasten und Auflagen wie Grundstücke besitzende Chilenische Bürger unterworfen sein.

ART. XIII. Es soll jedem der beiden vertragschliessenden Theile freistehen, zum Schutze des Handels Consuln, welche in den Besitzungen und Gebieten des anderen residiren, zu bestellen; bevor aber ein Consul seine Stelle verwalten kann, soll er in der üblichen Form Seitens der Regierung des Staates, in welchem er zu fungiren hat, angenommen und

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1862 zugelassen sein; und jedem der vertragenden Theile soll es freistehen, von der Residenz der Consuln solche besondere Orte auszuschliessen, welche demselben beliebt auszunehmen, vorausgesetzt, dass diese Ausschliessung sich allgemein auf die Consular-Agenten aller Länder erstreckt. Die consularischen Agenten eines jeden der beiden hohen vertragschliessenden Theile in den Besitzungen oder Gebieten des anderen sollen alle Vorrechte, Befreiungen und Immunitäten geniessen, welche jetzt oder künftig daselbst den im gleichen Range stehenden Agenten der meist begünstigten Nation bewilligt werden.

ART. XIV. Es ist vereinbart und festgesetzt worden, dass die hohen vertragschliessenden Theile die mit ihren Gesetzen verträgliche Hülfe zur Festnahme und Auslieferung der zum militärischen Seedienst oder zur Handelsmarine eines jeden dieser vertragschliessenden Theile gehörenden Deserteure gewähren werden, wenn der Consul des betreffenden Theils zu dem Zwecke sich verwendet und durch die Register, die Musterrolle des Schiffes oder ähnliche Urkunden nachgewiesen, dass die gedachten Deserteure zur Mannschaft des genannten Schiffes gehört haben, und dass sie von Schiffen in den Häfen, an den Küsten oder in den Gewässern des Landes, von dessen Behörden sie reclamirt worden, entlaufen sind.

Was die Festhaltung von Deserteuren in den LandesGefängnissen und die Zeit anbelangt, während welcher sie unter Einwirkung der Ortsobrigkeiten verbleiben müssen, so soll von dem Augenblicke an, wo sie ergriffen worden sind, um festgehalten und zur Verfügung des reclamirenden Consuls gestellt und den Schiffen ihrer Nation zurückgegeben zu werden, das von den resp. Gesetzen eines jeden Landes vorgeschriebene Verfahren beobachtet werden.

Es ist ferner verabredet, dass jede Begünstigung oder Erleichterung, welche einer der vertragenden Theile in Betreff der Wiederergreifung von Deserteuren einem anderen Staate gewährt hat oder künftig gewähren sollte, auch dem anderen vertragenden Theile ebenso gewährt sein soll, als wäre solche Begünstigung oder Erleichterung ausdrücklich durch den gegenwärtigen Vertrag festgesetzt.

ART. XV. Zur grösseren Sicherheit des Handels zwischen den Unterthanen und Bürgern der beiden hohen vertragenden Theile kommt man überein, dass, wenn unglücklicher Weise zu irgend einer Zeit ein Bruch oder eine Unterbrechung der freundschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden vertragenden Theilen eintreten sollte, den Unterthanen oder Bürgern eines jeden von ihnen in den Gebieten des anderen, wenn sie an den Küsten wohnen, sechs Monate, und wenn sie im

Innern wohnen, ein volles Jahr Zeit gelassen werden soll, 1862 ihre Geschäfte abzuwickeln und über ihr Eigenthum zu verfügen, und es soll ihnen sicheres Geleit gegeben werden, um sich in dem von ihnen gewählten Hafen einzuschiffen, oder das Land auf dem von ihnen gewählten Landwege zu verlassen. Den Unterthanen und Bürgern der beiden vertragenden Theile, welche in den Besitzungen und Gebieten des anderen zur Ausübung irgend eines Gewerbes oder anderen Beschäftigung oder Erwerbs etablirt sind, soll es gestattet sein, zu bleiben und ihr Gewerbe oder ihre Beschäftigung ungeachtet der Unterbrechung des freundschaftlichen Einvernehmens zwischen beiden Ländern im ungestörten Genuss ihrer persönlichen Freiheit und ihres Eigenthums fortzusetzen, so lange sie sich friedlich verhalten und den Gesetzen gehorchen, und ihre Güter und Effecten, gleichviel, ob solche sich in ihrem eigenen Gewahrsam befinden oder anderen Personen oder dem Staate anvertraut sind, sollen nicht der Beschlagnahme oder Sequestration oder irgend anderen Lasten oder Anforderungen als denjenigen unterliegen, welche gleichen Effecten und dem gleichen Eigenthum der einheimischen Unterthanen oder Bürger angésonnen werden. In gleichem Falle sollen Schuldforderungen zwischen Privatpersonen, öffentliche Fonds und Gesellschaftsactien niemals confiscirt, sequestrirt oder mit Beschlag belegt werden.

ART. XVI. Die Unterthanen oder Bürger eines jeden der beiden vertragenden Theile, welche in den Gebieten des anderen sich wohnhaft aufhalten, sollen wegen ihrer Religion nicht belästigt, verfolgt oder beunruhigt werden, vielmehr sollen sie darin volle und unbehinderte Gewissensfreiheit haben, und sie sollen um dieser Ursache willen nicht minder für ihre Personen und ihr Eigenthum denselben Schutz geniessen, welcher einheimischen Unterthanen und Bürgern zu Theil wird.

Hinsichtlich der Befugniss zur Benutzung der für ihre Glaubensgenossen bereits vorhandenen, sowie zur Anlegung, Unterhaltung und Benutzung eigener Begräbnissplätze sollen den Unterthanen und Bürgern eines jeden der vertragenden Theile, welche sich in den Gebieten des anderen aufhalten, die nämlichen Freiheiten und Rechte zustehen und der nämliche Schutz gewährt werden, wie den Unterthanen und Bürgern der am meisten begünstigten Nation.

ART. XVII. Wenn ein Kriegsschiff oder Handelsschiff des einen der vertragenden Theile an den Küsten des anderen Schiffbruch leiden sollte, so soll solches Schiff oder dessen Theile und alle Ausrüstungen und Zubehörungen und alle

1862 geborgenen Güter und Waaren oder deren Erlös, wenn sie verkauft werden, den Eigenthümern auf ihr oder ihrer bevollmächtigten Agenten Verlangen getreulich zurückgegeben werden; und wenn die Eigenthümer oder deren Agenten nicht an Ort und Stelle sind, sollen die gedachten Güter und Waaren oder deren Erlös, sowie die an Bord des gestrandeten Schiffes gefundenen Papiere, soweit die Gesetze des Landes dies gestatten, dem Consul des betreffenden Zollvereins-Staates oder resp. dem Chilenischen Consul, in dessen Bezirk der Schiffbruch stattgefunden hat, ausgeliefert werden; und der Consul, die Eigenthümer oder Agenten sollen nur diejenigen zur Erhaltung des Eigenthums aufgewendeten Kosten, sowie den Bergelohn zahlen, welche in gleichem Falle des Schiffsbruchs eines einheimischen Schiffes zu entrichten gewesen sein würden. Die geborgenen Güter und Waaren sollen keinen Zollabgaben unterliegen, wenn sie der gesetzlichen Behandlung unterworfen werden, sofern sie nicht in den Verbrauch übergehen, in welchem Falle sie mit denjenigen belastet werden, welche die Zollgesetze der betreffenden Länder auferlegen.

ART. XVIII. Wenn im Kriegsfall und zum Schutze ernstlich bedrohter Staats-Interessen ein Embargo oder die allgemeine Schliessung der Häfen von Seiten eines der vertragenden Theile unerlässlich werden sollte, ist verabredet, dass, falls das Embargo oder die Schliessung der Häfen nicht über sechs Tage dauert, die durch diese Massregel betroffenen Handelsschiffe keine Entschädigung für Liegetage oder für die durch dieselbe veranlasste Benachtheiligung ihrer Interessen fordern sollen; wenn aber der Aufenthalt oder die Schliessung mehr als sechs, jedoch nicht über zwölf Tage dauern sollte, soll die Regierung, welche das Embargo oder die Schliessung der Häfen angeordnet haben sollte, verpflichtet sein, den Führern der zurückgehaltenen Schiffe als gänzliche Entschädigung den Betrag der Ausgaben für Lohn und Unterhalt ihrer Mannschaften und Passagiere während der Zeit ihres Aufenthaltes vom siebenten Tage ab zu erstatten; und wenn ganz besonders schwierige Umstände die Verlängerung des Embargo oder der Schliessung über die Dauer von zwölf Tagen hinaus erfordern sollten, soll das diese Massregel anordnende Gouvernement verpflichtet sein, die zurückgehaltenen Schiffe für die in Folge des Embargo oder der Schliessung der Häfen durch die zwangsweise Zurückhaltung erlittenen Verluste und Nachtheile zu entschädigen.

Ingleichen ist verabredet, dass, falls das Eigenthum eines Unterthanen oder Bürgers eines der vertragenden Theile, der sich in den Gebieten des anderen aufhält, von den gesetzlichen

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