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Der Antrag der vermittelnden Mächte theilt die sämmtlichen reclamirenden Grafen des Reichs nur in zwei Classen, nämlich in die der dort sogenannten comtes qualifiés pour une assignation en territoire immédiate und derjenigen comtes, qui pourroient ne pas être etc., und verordnet, daß die ausgeseßte Entschädigungsmasse so vertheilt werden soll: que la répartition soit faite dans des propositions relatives à la totalité des pertes des dits comtes qualifiés; die Reichsdeputation hingegen stellt die bekannten fünf Classen auf, und läßt die vier ersteren derselben nach einer gewissen festgesetzten Ordnung zur Theilnehmung an der Entschädigungsmasse zu.

Hierin scheint nun auf den ersten Anblick ein offenbarer Widerspruch zwischen den beiden Absätzen des 24. Paragraphen zu liegen; und da doch nach allen Regeln der Hermeneutik ein solcher nicht angenommen werden darf: so wird die Uebereinstimmung beider erst als Resultat einer genaueren Analyse ihres wahren Sinnes erscheinen.

Die vermittelnden Minister sagen in ihrer Note nicht mit deutlichen und bestimmten Worten, welche Grafen nach ihrer Meinung für comtes qualifiés pour une assignation en territoire zu achten seyen; allein diese Meinung ergiebt sich unwidersprechlich aus dem ganzen Zusammenhange des Paragraphen.

Im Anfange desselben schicken die Vermittler den allgemeinen Sah voraus, daß das noch nicht vergebene unmittelbare Gebiet nicht zureiche, um den ganzen Verlust zu ersehen, welchen die Grafen des deutschen Reichs durch die Abtretung des linken Rheinufers erlitz ten haben, daß es jedoch der Sache angemessen sey, jedem von ihnen eine verhältnißmåstge Besißung zu verschaffen, auf welche dessen bisher gehabter Antheil an einer Reichstagsstimme übergetragen werden könne.

In der Ueberzeugung von der Unzulänglichkeit der angewiesenen Masse zur Entschädigung aller Grafen, und zum Ersaße des ganzen von denselben erlittenen Verlustes, wollten die Vermittler sich begnügen, nur für diejenigen Besizungen, auf welchen ein Stimmrecht gehaftet hatte, wiederum verhältnißmäsige Besizungen, auf welche das Stimmrecht der vers lornen übergetragen werden könnte, zutheilen zu lassen, und für die Entschädigung der übrigen Grafen sollte, so wie für die Entschädigung der ritterschaftlichen Mitglieder, durch andere Mittel gesorgt werden.

Es können also die comtes qualifiés, nach dem Sinne des Antrags der vermittelnden Mächte, keine andern, als diejenigen seyn, welche eine mit einer Reichs- oder Kreisstimme versehene Besitzung hatten, und sie sind nur in Rücksicht dieser Besitzung qualifiés, weil der charakteristische Zug ihrer Qualification ein übertragbares Stimmrecht, mithin eine Eis genschaft ist, welche auf einer gewissen Besißung haftet, und nicht der Person des Besizers inhårirt.

Demnach sind alle andern Grafen und selbst die comtes qualifiés in Rücksicht ihrer nicht reichs- oder kreisständischen Besitzungen, folche Grafen, qui ne sont pas qualifiés pour une assignation en territoire.

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Von dieser Ansicht der Sache scheint nun zwar auf den ersten Anblick das ReichsDeputations - Conclusum sich zu entfernen, und zu wollen, daß in der Entschädigungssache auch auf die persönliche Eigenschaft der Reclamanten Rücksicht genommen werde; denn es redet von Objectiv und Subjectiv qualificirter Reichsgrafen, es erwähnt sogar bloß persön lich charakterisirter Grafen.

Allein dieser Schein verschwindet bei einer genauern Erwägung des Conclusums, und es ergiebt sich auch hier das Resultat, daß bloß auf die Qualität der verlornen Besißung, und nicht auf die Qualität der verlierenden Person Rücksicht zu nehmen sey.

Um in die zweite Classe gesezt zu werden, muß man NB. unmittelbares Gebiet, das zu Reichs- und Kreis-Pråstanden beitrug, verloren haben.

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Eben so ist in der dritten und vierten Classe die Eigenschaft des Gebiets als Maasregel der Qualification aufgestellt, und den in der ersten Classe stehenden Reichsgrafen soll nur ihr Verlust an reichsständischem Gebiet ersetzt werden, und sie erhalten für ihre ritterschaftlichen Besißungen, nach den klaren Worten des Conclusums, keine Entschädigung, welches doch unstreitig geschehen müßte, wenn die Eigenschaft der Person mit in Betracht zu ziehen und nicht die Eigenschaft des Gebiets in der Entschädigungssache entscheidend wåre. Es ist daher klar, daß die Reichsdeputation in dieser Rücksicht mit den vermittelnden Ministern ganz von einerlei Gesichtspunct ausgieng, in dem Conclufum ad

a) der subjectiven Qualification nur deßwegen gedachte, weil sie mit der dort er: wähnten objectiven Qualification, die, selbst nach der Fassung der Worte dieses Absatzes, das wesentliche Moment ausmacht, der Regel nach. immer verbunden ist, und ad

e) sogar ausdrücklich bestimmt, daß die Würde bloß persönlich charakterisirter Grafen kein Titel zu einer Entschädigungs- Forderung für den Verlust von Gütern sey, welchen die hier wesentlich erforderliche Eigenschaft mangelt.

Allein, wenn auch der Deputationsschluß, in Rücksicht des Hauptgrundsaßes, daß es bei der Austheilung der Entschädigung auf die Qualität der verlornen Güter und nicht der verlierenden Personen ankomme, mit dem Antrage der vermittelnden Mächte übereinstimmt; so zeigt sich gleichwohl zwischen beiden noch eine Verschiedenheit in der Bestimmung dieser Qualität der verlornen Güter selbst.

Nach dem Antrage der vermittelnden Minister soll nur für ein mit Stimmrecht versehenes Gut, das heißt für ein solches, welches sich in die beiden ersten Classen des Reichs

Deputations-Schlusses qualificirt, Entschädigung statt finden, die Reichsdeputation aber läßt auch noch die gewesenen Besißer unmittelbarer Güter, welchen keine Reichs- oder Kreisstimme inhårirte, an der Entschädigungsmasse Theil nehmen. Indessen findet man bei reifer Erwägung sehr bald, daß diese Verschiedenheit kein Widerspruch, sondern die Vor: schrift des Deputationsschlusses bloß eine weitere Entwickelung des Antrags der vermitteln: den Minister ist, welche dem Geiste desselben vollkommen entspricht.

Der Reichsdeputations: Schluß bestimmt wörtlich, daß erst, wenn die erste Classe in Rücksicht ihres Verlustes an reichsständischem Gebiete ganz befriedigt seyn werde, von einer Entschädigung der zweiten Classe die Rede seyn soll, und dieser Grundsaß läßt sich um so sicherer durch einen analogischen Schluß auch auf die andern Classen anwenden, als der Kurbrandenburgische Subdelegirte, dessen in der 16. Sißung abgelegtes Votum die Grundlage des Reichsdeputations - Schlusses geworden ist, namentlich ausserte:

«daß die Commission auch in Ansehung der letztern vier Classen auf den Grundsatz «zu verweisen seyn werde, daß die vorhergehenden Classen die nachfolgenden, in so weit «der Entschädigungsdistrict zu deren Befriedigung nicht zureiche, ausschliessen sollen». Diesemnach haben daher vor allen die erste und dann erst die zweite Classe eine Ansprache auf Entschädigung, für die beiden leztern kann aber nur dasjenige verwendet werden, was nach vollständiger Entschädigung der beiden privilegirteren Claffen von der Masse übrig bleiben mag.

Diese, welche die comtes qualifiés der vermittelnden Minister in sich begreifen, haben also auch nach dem Schlusse der Reichsdeputation einen entschiedenen Vorzug vor jenen drei legten Classen, in welchen sich lauter solche Grafen befinden, die nach dem Sinn der Note non qualifiés sind, und die Rücksicht, welche die Reichsdeputation auf die dritte und vierte Classe nahm, indem sie ihnen dasjenige anwies, was nach Befriedigung der comtes qualifiés von der Masse übrig seyn möchte, besteht mit dem Antrage der vermittelnden Minister um so besser, als über jenen Ueberschuß nirgends, auf eine andere Weise disponirt ist, und es am natürlichsten war, ihn denjenigen Grafen anzuweisen, welche doch immer in Rücksicht ihrer objectiven Qualification von Besizern bloß ritterschaftlicher Güter einigen Vorzug zu verdienen scheinen.

Allein diese Fürsorge zu ihrem Vortheil ist nur in so fern wirksam, als noch etwas von der Entschädigungsmasse übrig bleibt, und wenn kein solcher Ueberschuß vorhanden ist: so haben sie mit der fünften Classe einerlei Schicksal, und gehören, wie die Grafen jener Classe, zu der Zahl der comtes non qualifiés pour une assignation en territoire immédiate, weß: wegen denn auch in der 14. Sißung der Reichsdeputation der Kurbrandenburgische und Herzoglich- Würtembergische Deputirte keinen Anstand nahmen, in der Entschädigungssache des

Grafen von Goltstein, wegen der Herrschaft Schlenacken, welche nach dem DeputationsSchluß in die dritte Classe gehört, sich dahin zu äussern :

«daß der Graf, wenn er bei der Commission keine Entschädigung erhalte, sich um Aufhebung des Sequesters zu verwenden habe».

Nach allen diesen Betrachtungen ist nur noch die Frage übrig, in welche Classe die ritterschaftlichen und Mediatgúter der qualificirten Grafen gehören?

Es ergiebt sich gleich auf den ersten Anblick, daß sie in keine der ersten drei Classen ge rechnet werden können, weil in denselben keine andern als reichscollectable Güter seyn dürfen, und der Zweifel kann somit nur darüber entstehen, ob sie in die vierte oder fünfte gesekt werden müssen.

Nun möchte man zwar auf den ersten Anblick dafür halten, daß sie schon um deßwillen nicht zur fünften gehören könnten, weil, nach den Wortlauten des Conclusums, in derselben nur die ritterschaftlichen und mittelbaren Güter der charakterisirten Grafen stehen.

Allein dieser Zweifel fällt weg, wenn man sich aus dem, was oben angeführt worden ist, erinnert, daß es überhaupt in der Materie von der Classification nicht auf die Eigenschaft des Besizers, sondern auf die Eigenschaft des Guts ankommt; denn, wenn jenes Princip richtig ist, so läßt sich nach hermeneutischen Regeln daraus, daß in dem Concluso sub lit. e nur die ritterschaftlichen und mittelbaren Güter charakterisirter Grafen namentlich erwähnt sind, nicht mit Recht die Absicht abnehmen, diejenigen Güter der Reichsgrafen, welche eine ganz gleiche Eigenschaft haben, aus derselben auszuschliessen.

Vielmehr scheint diese völlige Gleichheit der Eigenschaft, und die Betrachtung, daß auch die Reichsgrafen in Rücksicht ihrer ritterschaftlichen und Mediatgüter, nach der Intention der vermittelnden Minister, comtes non qualifiés pour une assignation en territoire immédiate sind, einen hinlänglichen Grund abzugeben, diese Güter in die Classe zu sehen, in welcher die gleichartigen Güter der charakterisirten Grafen stehen.

Nach eben diesen Rücksichten scheint ihnen aber auch die Wohlthat der Aufhebung des Sequesters, welcher die Güter, die in die fünfte Classe kommen sollen, fähig seyn müssen, mit vollem Rechte zu statten zu kommen, und wenn gleich das französische Gouvernement bis jezt noch nicht seine Bereitwilligkeit erklärt hat, ihnen solche wirklich angedeihen zu lassen: so muß man doch bei den vorliegenden Gründen, nach der Billigkeit des gedachten Gouver nements, dieselbe nothwendig erwarten, weßwegen auch der Kursächsische Deputirte in einem in der 7. Sißung abgelegten Voto unter Berufung auf den Lüneviller Frieden diese Erwartung wirklich geäussert hat.

Wie es nun, nach der bisherigen Ausführung, die Natur der ritterschaftlichen und mittelbaren Güter der Reichsgrafen zu gebieten scheint, daß sie in die fünfte.Classe gesezt werden, so ergiebt sich eben dieses Resultat auch noch aus einer gedoppelten Betrachtung.

Einmal würde nåmlich durch eine Versegung in die vierte Classe für ihre Besizer nichts gewonnen werden, indem bei der Unzulänglichkeit der Masse die vierte und fünfte Classe in Rücksicht auf Entschädigung ein ganz gleiches Schicksal zu erwarten haben.

Sodann aber erlaubt der Wortlaut des Deputationsschlusses nicht, mittelbare Güter in die vierte Classe aufzunehmen, so wie der Zusammenhang deßjenigen, was sub lit. d ge sagt wird, mit dem vorhergehenden und nachfolgenden, und die in dem Concluso überhaupt herrschende Ordnung der Abstufung es höchst wahrscheinlich machen, daß nach der Intention der Deputation in der vierten Classe nur unmittelbare, von dem ritterschaftlichen Neru freie Güter stehen sollen, wenn gleich die ritterschaftlichen Güter der Reichsgrafen aus dieser Classe nicht wörtlich ausgeschlossen sind, indem sie doch immer in die Cathegorie der unmittelbaren, nicht zu Reich und Kreis collectablen, Güter gehören.

Aus allem dem bisher Vorgetragenen ergeben sich nun folgende Directiv- Normen in Hinsicht auf die Qualification:

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1) In die beiden ersten Classen gehören reichs- und kreiscollectable, mit Stimmrecht versehene Güter, sammt ihren Dependenzen.

2) In die dritte und vierte sind reichs- und kreiscollectable und reichsunmittelbare, nicht ritterschaftliche Güter, sämmtlich ohne Stimmrecht, zu lociren.

3) In die fünfte Classe müssen reichsritterschaftliche und Mediatgüter, ohne Unterschied der Besizer, gesetzt werden.

4) Die Güter in den drei leßten Classen, machen nach dem Sinne der vermittelnden Mächte und im Falle der Unzulänglichkeit der im §. 24 bestimmten Entschädigunsmasse, auch nach der Absicht der Reichsdeputation, nur eine Cathegorie aus, und haben daher sowohl auf Entschädigungs: Complement, als auf Sequester: Aufhebung ein gleiches Loos zu gewarten.

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