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Eben so wenig hat sich die Commission mit Bestimmung der rechtlichen Folgen anderer sey es durch Zufall, oder durch die Schuld der Betheiligten, herbeigeführten Beschädigungen der vertheilten Gegenstände beschäftigt, indem es nicht nöthig war, darüber etwas besonderes vorzusehen, sondern in vorkommenden Fällen, mit gehöriger Berücksichtigung der aus den Entschädigungs › Verhandlungen hervorgehenden Beschaffenheit der factischen Verhältnisse, nach gemeinrechtlichen Grundsäßen entschieden werden konnte und mußte. Was aber diese factischen Verhältnisse betrifft, deren nåhere Erwägung die sichersten Aufschlüsse zur Beant wortung der in dem Vortrage des Herrn Referenten aufgestellten Fragen gewährt; so ist darüber Nachstehendes anzuführen:

In der Instruction, welche die ausserordentliche Reichsdeputation ertheilte, und die Subdelegations Commission als Richtschnur zu befolgen hatte, waren die Grafen, welche auf Entschädigung Anspruch machten, obenangeführtermaßen in fünf verschiedene Classen abges theilt, und ausdrücklich vorgeschrieben, daß, «erst, wenn die erste Classe in Ansehung des « Verlustes ihres reichsständischen Gebiets befriedigt sen, zur zweiten fortgegangen werden « soll, und die Commissarien nach geschehener Absonderung, jedem Grafen, so weit die « Entschädigungs-Objecte reichen, einer Classe nach der andern zus « zutheilen habe.»

Diese so deutliche Vorschrift war nach dem Voto des Kurbrandenburgischen Subdelegirten gefaßt, welches die übrigen Mitglieder sich ausdrücklich zu eigen gemacht hatten, und in welchem wörtlich gesagt wurde: «Unter den gemachten verschiedenen Classen sey zuerst «diejenige zu berücksichtigen, deren Verlust in einem reichsunmittelbaren Gebiete bestehe, das «zu Reichs- und Kreis- Pråstanden beigetragen, und das zugleich eine Stimme auf Reichs«und Kreistagen gehabt. Erst, wenn diese Classe in Ansehung des Verlustes ihres reichsstän«dischen Gebiets, nicht aber ihrer ritterschaftlichen Besißungen, welche davon ganz auszu«fcheiden, befriedigt sen, könne von einer Entschädigung der folgenden Classen die Rede «seyn.

«Aber auch in Ansehung der vier übrigen Classen, werden die Commissarien auf den «Grundsaß zu verweisen seyn, daß die vorhergehenden Classen, die nachfolgenden, in so fern «der Entschädigungs- District zu deren Befriedigung nicht zureicht, ausschliessen sollen! »

Bei dieser, keines Mißverstandes fähigen, Deutlichkeit der Vorschrift, konnte die Subdelegations - Commission wohl über die wahre Absicht der Reichsdeputation keinen Augenblick im Zweifel seyn. Um jedoch sich selbst und andern über ihre Ansicht in dieser Beziehung, und die Gründe derselben, zu jeder Zeit Rechenschaft geben zu können, legte sie dem Commissions: Protokolle sub num. 39 eine schriftliche Analyse des 24. Paragraphen des, Deputa: tionsschlusses bei, in welcher sie ihre Ueberzeugung bestimmt dahin ausspricht: «daß von

«einer Entschädigung der nachfolgenden Classen nicht cher die Rede seyn könne, als bis «die vorhergehenden völlig befriedigt seyen, daß demnach vor allen die erste, und dann erst «Die zweite Classe, eine Ansprache auf Entschädigung haben, für die dritte und vierte aber «nur dasjenige verwendet werden könne, was nach vollständiger Entschädigung der beiden «privilegirten Classen übrig bleiben möge.»>

Dieses Princip bezeichnete die Subdelegations - Commission auch in ihrem Berichte, welcher der Reichsdeputation vorgelegt worden ist, als die rechtliche Grundlage des Vertheilungsgeschäfts, und in der Deputations-Berathung entgieng diese Ansicht so wenig der Aufmerksamkeit der Versammlung, daß sogar von dem Kurbrandenburgischen Subdelez girten als Motiv seiner Zustimmung zu den Commissionsvorschlägen angeführt wurde, daß alle diejenigen, welche wegen ihrer reichsständischen Eigenschaft auf Entschädigung Anspruch zu machen gehabt håtten, größtentheils ihren Verlust erseßt erhielten; und von denjenigen Reichsgrafen, welche bei der Vertheilung wegen Unzulänglichkeit des Entschädigungs - Objects, keine Indemnisation erhalten, sagt eben dieser Subdelegirte ausdrücklich: « daß sie «auf solche keinen so wahren Anspruch, wie jene Grafen der ersten Classe hätten machen «können, weil sie als bloße Particuliers und Proprietáre zu betrachten seyen»; aus welchen Verhandlungen sich wohl doch sehr deutlich ergiebt, daß die Reichsdeputation, fo wie die Subdelegations - Commission, jede Berücksichtigung des Anspruchs der folgenden Classe an die Entschädigungsmasse, als durch vorherige, vollständige und sichere Befriedis gung der vorhergehenden bedingt, ansah. In diesem Sinne verfuhr dann die Commission bei dem Vertheilungsgeschäft.

Da

Sie nahm vor allen Dingen darauf Bedacht, daß die erste und zweite Classe Besigungen erhielten, auf welche eine Reichs: oder Kreisstimme übertragen werden konnte. jedoch fast alle Entschädigungs- Objecte, mehr oder minder, in Rücksicht auf Landeshoheit und hohe Rechte, beschwerlichen Beschränkungen und Ansprüchen ausgeseßt, mit mancherlei Staatsrechts: Dienstbarkeiten beschwert, auch in ókonomischer Hinsicht von sehr verschiedenem Werthe waren, und durch die Zerstückelung, welche nicht ganz umgangen werden konnte, weil die Zahl der Entschädigungs Objecte zu klein war, um jedem Grafen der ersten Classe ein Ganzes zuzutheilen, noch mehr an diesem Werthe verlieren mußten; so war es wirklich eine sehr schwere Aufgabe, eine nur einigermaßen gelungene Austheilung zu Stande zu bringen.

Man suchte daher, unvermeidliche Nachtheile, bei der Bestimmung eines Looses, durch Vortheile in anderer Beziehung auszugleichen, in welcher Hinsicht z. B. die Abtei Weisse: eines der schlechtesten, mit der Abtei Schussenried, einem der besten EntschädigungsObjecte, als Antheil der Gräfin von Sternberg zusammen geworfen wurden; man belastete

nau,

diejenigen Loose, deren Revenuen-Ertrag den Verlust deßjenigen, dem es zugetheilt war, überstieg, mit Renten, und sah sich genöthigt, selbst Grafen der ersten Classe um einen Theil ihrer Forderung mit solchen zu befriedigen.

Zur Vertheilung unter die Grafen der dritten Classe, blieb somit gar nichts als ein Betrag von 10,600 fl. Renten übrig, mit welchem ihnen aber nur 46 Procent ihrer ganzen Forderung vergütet werden konnten.

In dieser Gemäßheit wurde der Gräfin von Sternberg, welche in erster Classe einen Verlust von 65,000 fl. jährlicher Einkünfte liquidirt hatte, die Abteien Schussenried und Weissenau zugeschieden, und da diese Besißungen 78,900 fl. ertrugen; so wurden auf dieselben 13,900 fl. jährlicher Renten verwiesen, von welchen dem in der dritten Classe locirten Grafen von Hallberg, wegen seiner verlornen Besitzungen Fußgehnheim und Ruchheim, die 6,880 fl. zugetheilt worden sind, welche den Gegenstand seiner dermaligen Reclamation aus machen.

Solchemnach war nur der Ueberschuß der Masse, der nach vollständiger Befriedigung der beiden ersten Classen übrig blieb, das Object, aus welchem die dritte Classe ihre Ent schädigung erhalten konnte, und jede Verminderung gedachten Ueberschusses gieng auf Kosten dieser Entschädigung, weßwegen denn auch ausser allem Zweifel ist, daß Niemand aus der dritten Classe, somit auch nicht dem Grafen von Hallberg, eine Rente auf die Stern bergischen Besitzungen angewiesen worden seyn würde, wenn die Subdelegations: Commission schon vor der Vollendung ihrer Arbeit von der Desterreichischen Epavifirung Kenntniß ge gehabt, oder sich solche als rechtlich ausführbar gedacht hätte.

Eben so klar leuchtet aus der ganzen Behandlungsweise hervor, wie unrichtig es ist, wenn in der Hallbergischen Beschwerdeschrift behauptet wird, daß die Entschädigungs-Objecte der ersten Classe deßwegen zugetheilt worden seyen, damit die dritte auf derselben sichere Renten erhalten könnte, und daß die Rentenempfänger Miteigenthümer der Besïzungen geworden seyen, auf welchen ihre Renten fundirt wurden.

Beide Vorstellungen sind mit dem Geiste des Entschädigungsgeschäfts in offenbarem Widerspruche. Die Rentengeber empfingen keineswegs Besigungen, um Renten zu geben, sondern es wurden ihnen Renten auferlegt, weil man, um unstatthafte Zerstückelungen der Realitäten zu vermeiden, genöthigt war, ihnen mehr an Besizungen zuzutheilen als sie für ihren liquidirten Verlust zu fordern hatten.

Eben so wenig wurde auch daran gedacht, den Rentenempfängern ein Miteigenthumsrecht an der Besitzung des Rentengebers zuzutheilen.

Eine solche Anordnung hätte nothwendig in den gegebenen Bestimmungen ausgedrückt werden müssen, aber es erscheint davon weder in den der Reichsdeputation übergebenen Protok. d. d. Bundesvers. IX. Bd.

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Vorschlägen, noch in den sonstigen Verhandlungen der Subdelegations: Commission, eine Spur, vielmehr heißt es in dem der Reichsdeputation vorgelegten Bericht: man habe bei der Rentenanweisung Rücksicht darauf genommen, daß sie, gegen die damit belastete Be sißung, in einem Verhältniß stehe, welches den Empfängern hinlängliche Sicherheit (wo ist hier die Rede von Miteigenthumsrecht?) gewähre, und in den, dem Vertheilungsplan beigefügten allgemeinen Bestimmungen, ist ausdrücklich vorgesehen, daß die Rentenempfänger an den Sustentationskosten der Geistlichkeit des Hauptorts, auf welchen die Rente radicirt sey, Theil nehmen sollten, welches offenbar keiner eigenen Bestimmung bedurft, sondern sich von selbst verstanden hätte, wenn sie zu Miteigenthümern der Besigung selbst hätten gemacht werden wollen.

Auch hat, so wenig bei der Besißergreifung der Entschädigungs- Objecte, als nachher, irgend einer der Rentenempfänger verlangt, sich in den Mitbesiß zu seßen, oder an der Benutzung und Verwaltung jener Objecte Theil zu nehmen.

So standen die rechtlichen Verhältnisse in dem Zeitpunct der Vollendung des Entschádigungsgeschäfts. Der Rentengeber war schuldig, dem auf ihn verwiesenen Renten empfänger der dritten Classe den zugeschiedenen Belauf seines Ertragsüberschusses, nach vollem Abzug seiner eigenen Entschädigung, abzutragen, und für die Befriedigung dieser Forderung sollte die mit der Rente beschwerte Besißung dem Empfänger die erforderliche Sicherheit gewähren. Aber weiter als auf jenen Ueberschuß gieng der Anspruch des Leztern nicht, mit solchem mußte daher auch dieser sich vermindern, oder gar verschwinden.

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Man kann hiernach der Aeusserung in der Abstimmung des Desterreichischen Herrn Bundestagsgefandten, daß sämmtlichen, zur Entschädigung Berufenen, auf das ihnen bestimmt zugewiesene Entschädigungs- Object eine gleiche Berechtigung zustehen müsse, nur in so fern beipflichten, als man sich nicht die dem Rentengeber zugetheilte Besitzung selbst, sondern bloß den Ueberschuß an Revenúen, den sie ihm nach Abzug seiner eigenen vollen Entschádigung abwirft, als das dem Rentenempfänger dritter Classe zugewiesene EntschädigungsObject, denkt. Auf dieses hat derselbe allerdings dieselbe Berechtigung, wie der Rentengeber auf die ihm zugetheilte Besizung. Daraus folgt dann aber von selbst, daß jede Schmålerung jenes Ueberschusses jenen Rentenempfänger trifft, und daß die Sicherheit, die er für seine Renten anzusprechen befugt ist, ihm nicht weiter Gewähr leistet, als so weit gedachter Ueberschuß zur Berichtigung der Rente hinreicht.

Mehr war der dritten Classe von der Reichsdeputation nicht zugedacht, sondern der ersten und zweiten Classe allerdings ein Vorzugsrecht eingeräumt. Mag es seyn, daß alle Reichsgrafen, die einen Verlust erlitten hatten, nach dem Wortlaute des 7. Artikels des Lüneviller Friedens gleich zu behandeln gewesen seyn möchten, die Regensburger Verhand

lungen von 1802 und 1803 haben darüber offenbar eine andere Bestimmung gegeben, und für die Entschädigung der mit Reichs; und Kreisstandschaft versehenen Reichsgrafen sicherer, als für die Entschädigung der übrigen sorgen wollen, als welchen in dem 24. Para graphen des Deputationsschlusses, so weit sie bei dieser Masse leer ausgiengen, noch andere Entschädigungsmittel ausgeseßt sind, die aber freilich in der Folge das gehoffte Resultat nicht gewährt haben.

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Und dieses ursprüngliche Rechtsverhältniß besteht noch jezt; denn es mangelt an einem befriedigenden Rechtsgrunde, nur eine Abänderung desselben anzunehmen. Die Absicht bei dem Entschädigungsgeschäfte gieng unstreitig dahin: eine bleibende Ordnung der Dinge fest: zusetzen, und so muß denn auch nothwendig den Normen, aus welchen die getroffenen Anordnungen hervorgegangen, und welche dabei sanctionirt sind, eine fortwährende Wirksam keit beigelegt werden. Dieser Grundsah bedarf keines weiteren Beweises; er rechtfertigt sich von selbst, aus der Natur der Sache und durch die Betrachtung, daß in der entgegengeseßten Voraussetzung jede Bestimmung des Deputationsschlusses angefochten werden könnte, und eine völlige Ungewißheit der dadurch zugeschiedenen Rechte und auferlegten Verbindlichkeiten entstehen müßte.

Nach allen diesen Betrachtungen sollte es doch wohl klar seyn, daß, so viel die in dem Vortrage des Herrn Referenten aufgestellte erste Frage:

ob die Befriedigungen der Reichsgrafen, rücksichtlich ihrer Entschädigungsforderungen, ohne Priorität verstanden, oder auch noch jeßt, nach geschehener Ausmittlung, als classenweise angeordnet, anzusehen 'sey?

betrifft, nach dem wahren Sinne und Geiste des 24. Paragraphen des Deputationsschlusses, der erste Theil der Frage verneinend, der zweite aber bejahend beantwortet werden muß.

Es bedarf dabei kaum einer Bemerkung, sondern leuchtet sehr leicht von selbst ein, wie wenig bedeutend die in jenem Vortrage gegen diese Ansicht angeführte Einwendung ist, daß in dem 24. Paragraphen des Deputations- Hauptschlusses, bei der Aussprechung der ausgemittelten Entschädigungs- Objecte, von einer Classification oder Priorität der zu entschädigenden Grafen keine Erwähnung geschehen; denn eine solche Erwähnung würde in dem Gesetz, welches nur Resultate, keine Entscheidungsgründe, geben sollte, sehr am unrechten Orte gewesen seyn, wohl aber sprach das Geseß, ohne solche ausdrückliche Erwähnung, das Princip der Prioritát aus, indem es eine, ganz darauf gegründete, Massenvertheilung sanctionirte.

Bei so bewandten Umständen hat eine Beantwortung der zweiten Frage des Vortrags: ob die von Hallbergische Rente auf die Abteien Schussenried und Weissenau, oder nur auf erstere radicirt zu verstehen sey, kein practisches Interesse für den besagten Rentenempfänger,

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