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Besizes aber davon bezogenen Einkünfte, eine übereingekommene Aversal-Summe bezahlt werden solle.

Da Desterreich dasjenige, was in der Herrschaft Weingarten von ihm, als zu den Abteien Schussenried und Weisssenau gehörig, epavisirt wurde, in einem besondern Vertrag mit Nassau - Oranien, als damaligem Landesherrn, an solchen abgetreten hatte, so erhielt Würtemberg, als Weingarten in der Folge mit Eigenthum an diese Krone fiel, diese heimgefallenen Güter nicht mehr als solche, sondern als Oranische Domånen, also unter neuem Recht und Titel.

Uebrigens leuchtet von selbst ein, daß in dem vorgelegenen Hallberg: Sternbergischen Rechtsstreit dieses Epavenrecht und Restitution nicht Gegenstand der gerichtlichen Cognition seyn konnte, welche sich vielmehr nur auf die aus der Epavisirung entstandenen Folgen beschränken mußte.

B. Gegen die processualische Behandlung dieses Rechtsstreits klagt der Graf von Hallberg 1) in formeller Hinsicht:

a) daß der Proceß nur in zwei und nicht in drei Instanzen verhandelt worden, ungeachtet die Bundesacte im Art. 12 drei Instanzen erfordere.

Denkschrift S. 14 und S. 48.

Dieß ist allerdings factisch wahr. Der Hallberg - Sternbergische Proceß hatte aber nur zwei Instanzen; die erste bei dem Königlich-Würtembergischen Oberappellations-Tribunal in Tübingen, und bei demselben auch die Revision.

Der Grund hievon ist ganz einfach. Graf von Hallberg hatte seine erste Klage noch bei dem vormaligen Reichshofrath angebracht, und als dieser aufgelöst wurde, gieng der Proceß, wie alle reichsgerichtliche, auf die formirten höchsten Landesgerichte, der befragte also, an das Königlich - Würtembergische Oberappellations-Tribunal zu Lübingen über. Diesem war vorgeschrieben, bei den übernommenen Reichsgerichts- Processen nach den bisherigen Formen des Reichsprocesses fortzuhandeln. Bei dem Reichshofrath hätte Graf von Hallberg auch nur zwei Instanzen gehabt, die gewöhnliche erste Instanz und dann die Revision (Supplication). Eben so wurde er auch bei Würtemberg behandelt.

Diesen Lauf begann der Proceß und im Mai 1813 erfolgte das erste Erkenntniß, das zweite am ersten Juli 1815, als Folge des im ersten nachgelassenen Beweises. Es konnte daher die (kaum bekannte) Bundesacte vom 8. Juni 1815 für diesen Proceß noch nicht Norm seyn, zumal da Würtemberg derselben damals noch nicht in ihrem ganzen Umfange, sondern nur den ersten eilf Artikeln beigetreten war. Nachher wurde von dem Grafen von Hallberg weder verlangt, noch wäre es angegangen, den Proceß aus der gefeßlichen Instanzenordnung herauszureissen, und ihm eine weitere Instanz zu geben. Er mußte also, wie es der Fall

mit vielen Reichsgerichts - Processen war, bei dem Oberappellations Tribunal in Tübing auch als Revisionsgericht erledigt werden, welches im Februar 1817 geschah.

Uebrigens hat Würtemberg für alle Processe, die niederer beginnen, selbst für die t Exemten, längst drei Instanzen.

b) Ein weiterer Vorwurf wird aus der Bildung der Revisions-Instanz abgeleite daß das nämliche Gericht auch in revisorio spreche.

Dieß war aber bei dem Reichshofrath, an dessen Stelle für diesen Proceß das Würter bergische Oberappellations - Tribunal trat, auch nicht anders.

Es ist für gründliche und unparteiische Behandlung in der Revision alle Vorsicht g troffen. Der Referent der vorigen Instanz ist von der Revisions-Sizung ausgeschlossen, u für diese werden zwei neue Referenten bestellt. Eben das Oberappellations - Tribunal h mehreremal in seinen Revisions - Erkenntnissen gezeigt, daß es nicht blindlings an seinen frühe Erkenntnissen hange, sondern gern einer berichtigten Ueberzeugung Raum gebe.

2) In materieller Hinsicht, was freilich die Hauptsache ist, meint der Graf von Hallbe viele Klagen zu haben.

a) Daß das Gericht nach dem Grundsaß einer bestehenden Classification und Priorit der Grafen erkannt, und sich dadurch unbefugt die authentische Auslegung eines Reic gesetzes angemaßt habe.

Denkschrift S. 16-21. 42—46.

Die Klage des Grafen von Hallberg gieng auf die Schuldigkeit der Gråflich - Sternber schen Erben, ihm eine jährliche Rente von 6,880 fl. zu bezahlen, und er hatte den Buchstab des §. 24 des Reichsdeputations-Hauptschlusses für sich. Dagegen hatten die Gräflich: Ster bergschen Erben vorgebracht, sie können nach den Verhandlungen und Geist des Reichsgesetz nicht schuldig seyn, diese Rente an den minderberechtigten Grafen von Hallberg zu bezahle da sie zuvor vollständig haben entschädigt werden follen, und sie nur von dem, was ih Entschädigungs: Objecte weiter ertragen, die Rente zu zahlen schuldig seyen, aber durch i Epavifirung und andere unabwendbare Ereignisse, sey der Ertrag derselben so vermindert we den, daß er nicht einmal mehr zu ihrer Entschädigung zureiche.

Es frug sich nun hier zuerst:

a) Was war der Sinn des Reichsdeputations - Hauptschlusses ?

Wenn das Gefeß diesen nicht selbst ausdrückt: so muß er, zumal bei einem Staatsvertra aus der Geschichte und den Verhandlungen erlernt werden.

In vorliegendem Falle waren die Hülfsmittel, die Protokolle der Reichsdeputatio nebst Beilagen, lauter öffentliche Actenstücke. Der Gang und das Resultat der Verhan lungen war – ich muß um des Zusammenhangs willen darauf zurückkommen- Folgendes:

Es war Absicht des Lüneviller Friedens, allen Reichsunmittelbaren ihren Verlust, den sie auf dem linken Rheinufer erlitten, durch Secularisationen auf dem rechten Rheinufer ganz zu ersetzen; dieß auszuführen, war der Beruf einer besondern Reichsdeputation, die unter Aufsicht, Anleitung von Kaiser und Reich, und der kräftigen Mitwirkung der vermits telnden Mächte handelte, wobei also alle Theile, die durch Vertrag selbst neu reguliren konnten, concurrirten.

Die Entschädigungen der größeren deutschen Reichsstände verminderten die Entschädi gungsmasse gar sehr.

Man sahe voraus, daß die zur Entschädigung der Westphälischen Grafen noch übrigen Objecte nicht zureichen konnten, alle Reclamanten, und alle gleich vollständig zu entz schädigen.

Dieß auf der einen, und die im deutschen Reichstags-System liegende dringende Nothwen digkeit, die Reichs- und Kreistags-Stimmen wieder zu begründen, auf der andern Seite, bes stimmte die zur Vollziehung bevollmächtigte Reichsdeputation nach der Qualification der einzelnen Reclamanten fünf Classen anzuordnen, und deren Befriedigung nach Classen zu bestimmen.

In einer besondern Instruction, welche man als ein vorbereitendes Conclusum oder gez segliche Anordnung ansehen muß, war dieser Subdelegations-Commission vorgeschrieben, die sämmtlichen Grafen nach den ihr angegebenen Bestimmungen in Classen abzutheilen, und solche dann, so weit es reiche, eine Classe nach der andern, zu befriedigen. Dar: nach benahm sich die Commission; die Grafen der ersten und zweiten Classe wurden ganz, alle mit Gebiet, jedoch zum Theil mit einem Activ: Renten - Additament befriedigt; für die der dritten Classe reichte es nur noch nach dem Ratum ihres Verlustes zu 46 fl. vom Hun dert, weßhalb solchen Grafen der früheren Classe, die zuviel bekommen hatten, Passiv-Renten auferlegt wurden, die Grafen der vierten und fünften Classe bekamen gar nichts mehr. Nach diesen Grundsäßen kam die Gräfin von Sternberg in die erste Classe, und wurde für ihren Verlust ganz entschädigt, der Graf von Hallberg, der weder Reichs- noch Kreistags: Stimmrechte anzusprechen hatte, kam in die dritte Classe, und bekam nur 46 fl. vom Hundert seiner Forderung, für eine weitere Forderung in der vierten Classe aber nichts mehr. Sternberg wurz den die Abteien Schusssenried und Weissenau zugetheilt; weil deren Ertrag aber höher berech net war, als dessen Forderung, wurde der Ueberrest mit Renten belegt, und so unter andern auch dem Grafen von Hallberg eine Rente auf Schussenried und Weissenau von 6,880 fl. bestimmt. So entwarf die Subdelegations: Commission die Vertheilung, legte es in ums ständlichem Bericht und Beilagen der Reichsdeputation vor, diese durchgieng in der 42sten Sizung §. 258 alles genau, fand das Ganze mit aller Púnctlichkeit entworfen, und geneh

migte die ganze Arbeit und Austheilung. Sie nahm, ohne alle Abänderung, die Resultate derselben in dem §. 24 des Reichsdeputations: Hauptschlusses auf, welcher vom Kaiser und Reich bestätigt wurde.

Kein Unbefangener wird daher als Geist und Absicht dieses Gesetzes mißkennen können, daß die Reichsdeputation eine Classification und Prioritát unter den Grafen anordnen wollte, und wirklich angeordnet habe.

Die der ersten Classe sollten vorzugsweise befriediget werden, die der folgenden nur, so weit es reiche.

Hätten die Objecte auch für die dritte Classe nicht mehr zugereicht, so würden die in der dritten Classe so gut alle durchgefallen seyn, als die in der vierten,

Nur in der Voraussetzung, daß Sternberg mehr bekomme, als ihm gebühre, werden ihm Renten auferlegt; wenn daher Sternberg keinen Ueberschuß erhalten hätte, so würde dem Grafen Hallberg keine Rente auf diese Abtei angewiesen worden seyn. Dieser Ueberschuß war der Grund und die Bedingung der Rente. Sternberg erhielt die Abteien nicht deßwegen, damit es die Renten bezahle, sondern für seine eigne Entschädigung, und weil es dadurch zuviel Revenuen erhielt, wurde es mit einer Rente belastet.

Es mußte daher

B) damit dieses Rentenrecht und Pflicht in Wirksamkeit treten und anfangen konnte, nothwen: dig vorausgesetzt seyn, daß Sternberg auch in den vollen Besitz und Genuß seiner onerirten Entschädigungs-Objecte komme.

Anders sah es die Reichsdeputation nicht an, und konnte es nicht anders ansehen. Sie glaubte sich zu der freien Disposition über das Ganze berechtigt, und war es auch, sie disponirte nach den Berechnungen über den vollen reinen Ertrag, und hielt alles für erledigt.

Da war es denn freilich ein störender Vorfall, daß das Erzhaus Oesterreich ein Heimfallsrecht auf die Theile dieser Abteien, welche in seinen Staaten lagen, ausübte.

Sternberg gelangte daher nicht zu dem Genusse dieser epavisirten Theile, und nie zu dem vollen Besize des Ganzen, das ihm zugesichert war.

Fragt man nun: ob Sternberg dem ungeachtet schuldig war, die ihm auferlegten Renten zu entrichten? so ist es klar, daß das Entschädigungs- Object in eine Lage verseßt wurde, unter deren Vorausseßung jenes nie mit dieser Last beschwert worden wäre.

Der Besitz weiterer Einkünfte, als die Sternbergische Entschädigung erforderte, ist nicht nur der historische Grund, sondern auch das rechtliche Fundament, auf welchem jene Rentenauflegung beruhte.

Man mag nun die Verbindlichkeit zur Rentenreichung aus dem Reichsgesetze, oder aus einem Vertrage, der zwischen dem deutschen Reiche und den Entschädigten geschlossen Protok. d. d. Bundesvers. IX. Bd.

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wurde, herleiten: so tritt in diesen beiden Fällen, die so genannte Clausula rebus sic stantibus ein.

Ist die Verbindlichkeit eine geseßliche, so hört, nach den bekannten Regeln, die Kraft des Gesetzes auf, sobald die wesentlichen Umstånde nicht mehr da sind, unter denen und auf deren Grund das Geseß gegeben ward.

Daß aber hier der Besiz eines Revenuen - Ueberschusses eine wesentliche Vorausseßung bei Errichtung des Reichsdeputations: Hauptschlusses gewesen, dieß erhellt auf die anschau: lichste Weise aus den Verhandlungen, welche dem Reichsdeputations-Hauptschluß- vorangiengen. Das Reichsgesetz läßt sich von dem, was ihm vorangieng, und durch das es seine Entstehung erhielt, nicht trennen und isoliren. Das Vorangegangene macht mit dem Geseß nur Ein Ganzes aus, und ist daher eben so anzusehen, als wäre es dem Gesetze selbst einverleibt.

Ganz gleiche Beschaffenheit ist auch alsdann vorhanden, wenn die Rentenverbindlichkeit aus einem Vertrage hergeleitet wird.

Es wäre denn ein gedoppelter Vertrag, einmal zwischen dem deutschen Reich und der Gräfin von Sternberg, sodann zwischen dieser und ihren Rentisten.

Auch hier ist die bekannte Regel, daß, wenn die wesentlichen Umstånde sich ändern, welche beide Theile bei Festsetzung der Verbindlichkeit vorausseßten, leßtere selbst aufhört. Nöthig ist es aber hier, daß beide den Vertrag schliessende Theile gleiche Vorausseßung hatten.

Bei Sternberg ist sie ohnedieß nicht zu bezweifeln, aber auch die Rentisten der dritten Classe wußten es nicht nur, daß sie bloß deßwegen noch etwas erhielten, weil etwas aus der ersten Classe für sie übrig war, ohne sich im mindesten gegen diese Handlungsweise zu verwahren, sondern es läßt sich auch nicht bezweifeln, daß sie bloß unter dieser Vorausseßung das ihnen Gegebene annahmen und auch anerkannten. Fiel daher für die Rentenreicher gerade der Ueber: schuß weg, so konnten sie keine Renten mehr erwarten, weil sie den Reichsdeputations - Hauptschluß so angenommen hatten, wie er nach den vorangegangenen Verhandlungen anzusehen und zu erklären ist.

Nach diesen Grundsäßen kann es gleichgültig seyn, ob der Revenuüen-Ausfall gleich Anfangs vorhanden war, oder spåter erst eintrat; er mußte immer die nämliche Wirkung hervorbringen.

Die Renten gaben dem Rentisten kein Mit-Eigenthumsrecht auf dem belasteten Object, denn für den Begriff des Eigenthums an dem Object fehlen alle Merkmale, die wesent lichen sowohl, als die natürlichen. Nußnießungsrecht sind sie wieder nicht, denn auf den Bezug des Natural- Ertrags hat der Rentist keinen Anspruch, und der Rentengeber kann ihn bezahlen, wovon er will. Eben so wenig sind persönliche Rechte vorhanden. Die

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