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Grafen würden zugesichert werden; doch unbeschadet der Rechte, welche Sachsen über ihre Besßungen ausübt.

Das Herzogthum Warsch a u, mit Ausnah: me der nachher benannten Landestheile, ward unter dem Titel Königreich Polen, mit Rußland vereinigt, dessen Beherrscher davon den Titel Czar, König von Polen, annahm. Dieses neue russische Königreich oder Czaarstwa, hat eine Bevölkerung von mehr als dritthalb Millionen, die, nach der Beschaf fenheit des Landes, eines starken Zuwachses fähig ist. Die Vermehrung, welche Rußlands Streitkraft da: durch erhält, ist bedeutend, nicht blos im Verhältniß zu der Pforte.

Zugleich ward festgefeßt, daß die Polen insges fammt, Unterthanen von Rußland, Oestreich und Preussen, eine Repräsentation und nationale Einrichtungen erhalten sollen, geordnet nach der: jenigen Art von politischer Existenz, welche diejenige Regierung, der sie angehören, ihnen zu bewilligen für nüßlich und angemessen halten wird.

Kaiser Alexander machte, als König von Pos len, den Anfang hiczu. Noch auf dem Congreß errich tete er, unter dem Datum vom 13. (25.) Mai 1815, in 57 Artikeln gewisse Grundlagen der Constitu tion des Königreichs Polen, welche der neuen interimistischen Regierung des Landes zu unabänder licher Richtschnur und Befolgung dienen sollten. Auf diese Grundlagen ward die neue polnische Consti. tution, bestehend aus 165 Artikeln, errichtet, welche der Kaiser zu Warschan am 27. Nov. 1815, auf dem in franzöfifcher Sprache verfaßten Original, unter: zeichnete. Diese VerfassungsUrkunde athmet den Geist der Weisheit, der Duldung, der Achtung für die Würde

des Menschen, und eines, allen Classen von Unters thanen in gleichem Grad gewidmeten Wohlwollens. Der Kaiser erklärte darin, so wie vorher schon in den er: wähnten Grundlagen (Art. 57), gemäß dem ersten Artikel der CongreßHauptActe, daß das Königreich für immer und unauflöslich mit dem russischen Reich (nach dem Recht einer gleichen RealUnion) vereinigt feyn soll, sowohl in seiner Person, als in derjenigen aller feiner Nachfolger und Nachkommen. Diese neue polnische Constitution, ward bei der nächsten Feier des Geburtstages ihres Urhebers (24. Dec. 1815), zu Warschau öffentlich bekannt gemacht.

Ein Theil des Herzogthums Warschau, ward Preussen zurückgegeben, unter dem Titel Großherzogs thum Posen. Dieser Theil begreift in sich, Preussens polnische Erwerbungen von 1772, die Stadt Thorn mit einem für dieselbe neu bestimmten Gebiet, das bisherige Departement Posen, mit Ausnahme eines Theils des powißischen und peyserischen Kreises, und den bis an den Fluß Proszna gelegenen Theil des kali, schen Departements, mit Ausschluß der Stadt und des Kreises dieses Namens. Die Grenzen dieses Groß: herzogthums, sind in der SchlußActe des Congresses (Art. 21) genau bestimmt.

Die Salzwerke und das Gebiet von Wieliczk a fielen an Oestreich. Rußland gab dieser Macht die polnischen Provinzen, Theile von OftGallizien, zurück, welche es durch den wiener Frieden 1809 erhalten hatte.

Cracau ward für eine freie, unabhängige und streng neutrale Stadt erklärt, mit einer Verfassungs: urkunde, Akademie, Bisthum und Domcapitel; Alles unter dem Schuß von Rußland, Oestreich und Preussen.

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Für Podgorze bewilligte Oestreich die Vorrechte einer freien Handelsstadt, wie Brody. Vollständige und allgemeine Amnestie ward allen und jeden Polen zugesichert *).

Von dem Königreich Sachsen kamen mehr als zwei Fünftheile der Volksmenge **), und mehr als . die Hälfte des Flächeninhaltes an Preussen, unter Garantie von Oestreich, Rußland, England und Frank reich. Dieser preussische Theil Sachsens, deffen Grenzen in der Schluß Acte des Congresses, Art. 15, bestimmt find, begreift in sich: die Niederlausit, einen Theil der Oberlausit, den Kurkreis mit Barby und Gom mern, einen Theil des meißner und des leipziger Kreises, den größten Theil der Stifte Merseburg und Naumburg Zeiß, das sächsische Mansfeld, den thüringischen Kreis, das Fürstenthum Querfurt, den neustädter Kreis, den königlich : sächsischen Antheil an Henneberg, und die vogtländischen Enclaven in dem reussischen Ge biet, nämlich Blankenburg, Sparenberg, Blinten:

*) Acte du congrès de Vienne, du 9. juin 1815, art. 1-14.

**) Von 2,038,049 Einwohnern, welche, nach den Bevöl kerungslisten von 1812, das Königreich Sachsen ent: hielt, blieben bei diesem, 1,182,744 Einwohner, und kamen an Preussen 855,305, oder, wenn man die schwarzs burgischen Aemter Kelbra und Heringen hinzurechnet, 864,404. Schwarzburg behauptet jedoch, durch seinen Beitritt zu dem rheinischen Bund die Souverainität über diese Aemter erlangt zu haben; indeß hat Preussen davon Besitz genommen. Diese Aemter, mit 9,099 Einwohnern, find in obige Gesammtzahl der Bevölkerung von 1812 nicht eingerechnet. So verlor Sachsen von den sieben Kreisen der alten Erblande, Kelbra und. Heringen unges rechnet, 414,669, und von den Nebenländern 440,636 Einwohner.

dorf und Gefäll; dieses leßte ein wichtiger Grenzort, weil durch ihn die Haupthandels; und Heerstrasse aus dem Preussischen nach Sachsen zieht, insbesondere nach Leipzig.

Oestreich verzichtete auf seine böhmische Lehn herrlichkeit über den preussischen Theil der beiden Laus fißen, nur mit Vorbehalt des Rückfalls im Fall der Erlöschung des brandenburgischen Hauses. Auch vers zichtete Destreich auf die böhmischen, von dem preus fischen Theil der Oberlausiß eingeschlossenen Bezirke.Preussen und Sachsen verzichteten wechselseitig auf jedes Recht oder jeden Anspruch, welchen sie auf serhalb ihrer jcht bestimmten Grenzen ausgeübt, oder auszuüben hätten. - Preussen versprach Aus: wanderungs und Abzugsgeldfreiheit der Unterthanen in den abgetretenen Bezirken, so wie Behandlung des Eigenthums und der Interessen derselben nach libera len Grundsäßen, besonders in Hinsicht auf die, wel: che in den beiderseitigen Ländern Güter besigen, auf den leipziger Handel, und auf alle andere Gegenstände dieser Art. Den geistlichen Corporationen und den Anstalten für öffentlichen Unterricht wurden Eigen: thum und Einkünfte, und deren Selbstverwaltung gesichert, auch zugesagt, daß sie deßhalb zu keinen ans dern Staatslasten angehalten werden sollen, als sols chen, wozu andere Güter oder Einkünfte derfelben Art in dem Laude verpflichtet sind. - Endlich ward all: gemeine Amnestie den Einwohnern und auswärtigen Besißern inländischen Grundeigenthums oder Einkom: mens zugesichert, in Ansehung jeder politischen oder militärischen Theilnahme an den Ereignissen seit An: fang des durch den pariser Frieden geendigten Kriegs.*)

*) Acte du congrès de Vienne, art. 15–22.

Preussen feste feine künftigen Territorial: Verhältnisse, ausser den oben genannten Verträ gen über Polen und Sachsen, noch durch verschiedene andere Verträge fest; mit Hannover, durch Vers träge vom 14. Febr. und 29. Mai; mit Nassau und mit dem König der Niederlande, namentlich wes gen Abtretung seiner nassau : oranischen Besißungen in Teutschland, durch zwei Verträge vom 31. Mai; mit Sachsen Weimar, durch einen Vertrag vom 1. Junius; mit Destreich, in Beziehung auf Territo rialBezirke am Rhein und Main, welche in östreichi. schen Best übergehen sollten, durch einen Vertrag vom 12. Junius. Den Eintausch Schwedisch Poms merns und der Jusel Rügen, gegen Abtretung des von Hannover erhaltenen Theils des Herzogthums Lauenburg an Dänemark, und eine Summe Geldes, brachte Preussen zu Stande, durch Verträge mit Dänemark vom 4. und mit Schweden vom 7. Junius.*)

Die Abtretung des Herzogthums Lauenburg von Hannover an Preussen, veranlaßte eine Rechts: verwahrung von Seite des herzoglichen Gesammts hauses Anhalt. Dieses Haus behauptet, daß ihm die Nachfolge in jenem Herzogthum gebührt habe, als im Jahr 1689 der Herzog Julius Franz zu Sach: fenkauenburg, der mit ihm von einem gemeinschafts

*) Fast alle obengenannten Verträge erhielten in der Haupts oder Schluß Acte des Congresses, vom 9. Jun. 1815, Bestätigung. Die meisten wurden dies ser Acte als Beilagen angehängt, und für ergäns zende Theile derselben erklärt (Art. 118). Der preuss sisch dänische Vertrag vom 4. Jun. ist abgedruckt in den Acten des wiener Congresses, Bd. V, S.50.

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