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Jagd. Im Jahre 1888 befanden sich in 15 Kantonen 19 Jagdbannbezirke mit 48 Wildhütern, die Fr. 37,819 kosteten, woran der Bund Fr. 12,606 beitrug (Schonreviere für Fische gab es 14). Der Hoch wildstand litt in dem schneereichen Winter 1887/1888 stark durch Futtermangel und Lawinen. In Graubünden soll Steinwild neu angesiedelt werden, wozu der Bund einen Beitrag leisten will. Aechtes Steinwild gibt es dermalen bloss noch in einzelnen piemontesischen Thälern, wo es auf königliche Kosten gehegt wird und seine Ausfuhr streng verboten ist. Indessen kommt sie gegen sehr hohe Bezahlung gleichwohl vor. Die Davoser Kurgäste beabsichtigten ernstlich die Schonung der wenigen noch übrigen Graubündner Bären zu befürworten, und dachten daran, einen Fond für Entschädigung durch sie benachtheiligter Viehbesitzer zusammenlegen. Wie schade, dass der Drache nicht mehr lebt, von dem noch in dem Lenzer Portensbrief des 13. Jahrhunderts urkundlich die Rede war; der wäre noch interessanter.

Im eidgenössischen Forstgebiet wurden 1888 6,289,233 neue Bäume, hauptsächlich Fichten, angepflanzt und Aufforstungen oder Verbauungen im Betrage von Fr. 94,441 ausgeführt. Auch hier verursachten im Winter 1887/1888 die Lawinen grossen Schaden. Vermessen sind 12% der Gesammtwaldungen; seit 1881 wurden für Fr. 496,279 Walddienstbarkeiten losgekauft.

Das Beitreiben der Referendumsbegehren gegen das Gesetz über den eidgenössischen Generalanwalt endete am 27. September mit einem Misserfolg, worauf dieses auf pag. 487 abgedruckte Gesetz in Wirksamkeit trat, und der Bundesrath am 5. Okt. Herrn Ständerath Scherb von Bischofszell den neugeschaffenen Posten übertrug. Das schweizerische Volk hat damit jedenfalls gezeigt, dass es in seinem Hause keinen internationalen Sozialismus will; und dass die Schweiz nicht zur europäischen Centralstation desselben taugt, wird nun auch den Führern dieser grossen Bewegung mehr als bisher klar geworden sein.')

1) Nach Zeitungsberichten soll darüber kurze Zeit vorher u. A. folgende Bekanntmachung des vom Pariser Sozialisten-Kongresse eingesetzten internationalen Exekutiv-Komité's erlassen worden sein: «Das Komité des internationalen Arbeiterkongresses, der dieses Jahr in Paris vom 14. bis 21. Juli stattfand, hat in seiner Abendsitzung vom 21. Juli den Beschluss gefasst, es seien die

neuern

Der Landwirthschaft hatte im vorigen Jahre 1888 ein schöner Frühling eine Fülle von Segen in Aussicht gestellt, der sich dann aber infolge eines regnerischen Sommers und Herbstes nur sehr theilweise verwirklichte. Neben vieler Unzufriedenheit darüber konnte man doch noch in den eigentlichen Bauernkreisen, die sich von den modernen Landwirthen ebenso unterscheiden, wie der alte < Handwerker » vom « Arbeiter », einen starken Anklang an die alte Weltanschauung bemerken, wonach auch der Segen der Natur von dem Verhalten der Menschen abhängt. Diese Einheitlichkeit der natürlichen mit der sittlichen Weltordnung ist dem heutigen Denken der gebildeten Kreise etwas völlig Fremdartiges geworden. Einmal im Jahre bloss, in den Regierungsproklamationen zum eidgenössischen Buss- und Bettage, der im September gefeiert wird, scheint man allgemein diese Bauernsprache zu verstehen; ist dieser Tag aber vorüber, so tritt wieder die regelmässige materialistische Weltgesinnung an ihre Stelle, die im höchsten Falle nicht völlig ermittelbare Naturgesetze annimmt, dasjenige geistige Element aber, was die alten Bauern « Segen» nannten, gänz lich negirt.

Es ist nicht unmöglich, dass eine spätere Zeit wieder einmal auf diesen Faktor des Gedeihens aufmerksam wird und sich dann desselben auch wieder mehr erfreuen kann.

schweizerischen Delegirten mit der Einsetzung des vom Kongress beschlossenen Exekutiv-Komité's zu betrauen. Die schweizerischen Delegirten traten nun am 28. Juli letzthin in Zürich zusammen und fassten gemeinsam mit noch einigen Vertretern schweizerischer Arbeiterorganisationen und in Anwesenheit des Reichstagsabgeordneten August Bebel folgende Beschlüsse: Das fünfgliedrige Exekutiv-Komité soll seinen Sitz in Zürich haben. Diese Stadt ist dazu geeignet, sowohl ihrer geographischen Lage wegen, als auch wegen des hervorragenden Antheils, den sie an der schweizerischen Arbeiterbewegung nimmt. In das Komité sind gewählt die Herren Karl Bürkli, Kantonsrath, O. Lang, K. Manz, Buchbinder. A. Merk. Sekretär beim schweizerischen Arbeitersekretariat, und Eugen Wullschleger, Grossrath und Redaktor des « Basler Arbeiterfreundes». Dem Letzteren wird das Amt eines Sekretärs und Redaktors übertragen. »

Das Verbleiben eines von der Eidgenossenschaft besoldeten Sekretärs des schweizerischen Arbeitersekretariats in diesem Komité dürfte jedenfalls Schwierigkeiten herbeiführen.

IV.

Politische Litteratur.

Wie es im Anfange dieses Jahrhunderts eine bekannte Ansicht gab, « dass unserer Zeit der Beruf zur Gesetzgebung fehle, so liesse sich am Schlusse desselben die Meinung vertheidigen, dass die jetzige Zeit der Litteratur nicht besonders günstig sei, insofern man nämlich unter Litteratur nicht bloss Gedrucktes » » versteht, sondern Produktion, Neuschöpfung, edles Metall aus dem tiefen Schachte des menschlichen Denkens, durch wirkliche eigene Arbeit gewonnen und der Menschheit auf immer zugänglich gemacht, nicht bloss längst vorhanden Gewesenes neu umgeschmolzen, spezifizirt, zu andern Formen verarbeitet. Bei der politischen Litteratur ist der eigentliche Grund dieser Abnahme ganz besonders deutlich zu erkennen, sie folgt eben einfach den Strömungen der Zeit und den Gedanken, oder nicht einmal Gedanken, sondern den Gefühlen und Instinkten der Masse, statt ihnen leitend voranzugehen. Daher sind wir wohl reich an staatswissenschaftlichen Sammelwerken, die mit vielem Fleiss zusammengesetzt sind, aber in allen Ländern sehr arm an politischen Büchern, zu denen nicht bloss Arbeitsleistung, sondern vor allen Dingen eigene, wohlbegründete Ueberzeugung, politischer Charakter gehört, und in letzter Linie: Individualität.) Unsere politische Aera ist auf Kollek

1) Ein Freund des Jahrbuchs schreibt uns darüber noch Folgendes: «Je trouve en général notre science et notre philosophie modernes mortellement ennuyeuses. C'est un amas de faits de statistique, de tableaux, d'où l'on déduit des lois inexorables, et où il est impossible de trouver une seule règle de conduite, un seul principe qui donne du courage au coeur et un peu d'éléva tion aux pensées. Tous ces gens-là passent leur vie dans un cabinet d'anatomie, à chercher pour leurs contemporains des raisons de désespérer de tout. Faut-il donc savoir tant de vilaines choses pour être un honnête homme? Notre grande littérature est autrement saine et réconfortante. Nos grandes revues actuelles me paraissent presque illisibles; on sent bien qu'elles n'inspireront jamais une bonne action.

tivismus mit autoritärer Spitze, ohne politische Freiheit, gerichtet, so lange wohl, bis sie das bittere Wort Niebuhr's wieder an sich selbst erfahren haben wird: «Alles wahrhaft Grosse rührt von Individuen her, die Tyrannei und die Dummheit handeln in Massen.»

Die offizielle oder halboffizielle politische Litteratur wird zunächst bereichert durch eine vom Bundesrath mittelst Abnahme einer Anzahl von Exemplaren unterstützte Sammlung der zur Zeit in Kraft bestehenden Gesetze, Beschlüsse, Verordnungen, Konkordate und Staatsverträge der Eidgenossenschaft, herausgegeben von Dr. Wolf in Basel. Dieselbe führt den Titel: Die schweizerische Bundesgesetzgebung; nach Materien geordnete Sammlung etc. », und wird allgemein als sehr brauchbar bezeichnet. Weniger günstig lautet das öffentliche Urtheil über die eigene Litteratur des Bundes.

<< Der bundesräthliche Geschäftsbericht», so urtheilt eine schweizerische Zeitung, < wächst mit jedem Jahresringe, den die eidgenössische Büreaukratie ansetzt, an Umfang. Im Jahre 1850 zählte derselbe in der That bloss 250 Seiten, im Jahre 1874 sodann 526 Seiten, und für das Jahr 1888 ist er nunmehr 747 Seiten stark. In ungefähr 40 Jahren hat sich der Umfang also etwa verdreifacht. Der Bericht der ständeräthlichen Kommission drückt daher auch mit Recht den Wunsch aus, der Geschäftsbericht möchte in Zukunft in etwas gedrängterer Form abgefasst werden. Es ist aber eben viel schwerer, einen kurzen Bericht zu schreiben, als einen langen. Einen solchen kann jeder Sekretär aus den Jahresakten seines speziellen Faches zusammenstellen. der andere aber bedarf eines staatsmännischen Ueberblickes über das Ganze der Verwaltung und eines tiefern Verständnisses für das Wesentliche und Unwesentliche darunter. Unzweifelhaft ist aber, dass nicht bloss der Geschäftsbericht, sondern auch das ganze Bundesblatt einer Reform bedarf, wenn sie überhaupt noch gelesen werden sollen. (Vgl. darüber schon Jahrbuch 1886, pag. 513.)

Von Sammlungen, die begonnen, oder fortgesetzt werden, sind folgende zu erwähnen:

Die helvetische Aktensammlung von Dr. Strickler, dieselbe wird in diesem Jahre noch ihren dritten Band voilenden und bis zum März 1799, der « Diktaturzeit », reichen.

welche mit der Uebersiedlung des helvetischen Direktoriums von Luzern nach Bern begann und bis zur Schlacht von Zürich (September 1799) dauerte. Wäre dieselbe zu Ungunsten Frankreichs ausgefallen, so würde die Intervention der Oesterreicher statt 1813 schon 1799 stattgefunden haben. Es war ein relatives Glück, dass wenigstens die Mediationszeit dieser Restauration noch voranging.

Rott, Ed.: Inventaire sommaire des documents relatifs à l'histoire de Suisse, conservés dans les archives et bibliothèques de Paris. IIIme partie.

Die fontes rerum Bernensium von Dr. Blösch, Band IV, 13001317. Es folgen nun noch zwei Bände bis 1353 (Eintritt Berns in die Eidgenossenschaft).

Vergleiche hiezu eine Schrift von Staatsschreiber Berger: Uebersicht über den Inhalt des Berner Staatsarchivs.

Folletête, Casimir, avocat: Les origines du Jura bernois. Recueil de pièces et documents relatifs à l'histoire de la réunion de l'ancien évêché de Bâle au canton de Berne. Toggenburger Chronik: Urkundliche Nachrichten sämmtlicher katholischen und evangelischen Kirchgemeinden der Landschaft Toggenburg. Aus archivischen Quellen gesammelt von A. Rüdliger und H. G. Sulzberger. Bearbeitet von Pfr. Fr. Rothenflue.

Mann und Rascher: Schweizerische Bundesgesetze mit Erläuterungen.

Von dem schweizerischen Idiotikon sind die Hefte 13 und 14 über deutsch-schweizerische Mundarten, umfassend den Buchstaben G und den Anfang des Buchstabens H, zur Publikation gelangt. Der geschäftsleitende Ausschuss des Unternehmens beklagt sich über einen beständigen Rückgang seiner Hülfsmittel, welcher bei längerem Andauern das Weitererscheinen des Werkes gefährden würde.

Professor Bühler in Chur befürwortete bei der Jahresversammlung des rhäto-romanischen Vereins die Abfassung eines romanischen Idiotikon's, wofür ein Komite bestellt wurde. Das romanische Jahrbuch wird fortgesetzt.

Von Professor Hubers «System und Geschichte des schweizerischen Privatrechts » ist der dritte Band erschienen.

Eine gleiche Arbeit über das schweizerische Strafrecht soll nun von Herrn Professor Stooss in Bern ausgeführt

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