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ftigen Verhältnissen, unfähig, dem nahen Ungewitter die Stirne zu bieten, voll Furcht vor einem gewaltsamen Auss bruch von Seiten des Volks, das in der Noth und dem Elen: de Muth zu den entschlossensten Handlungen schöpfen, und auf die Unterstützung des größten Theils des Adels und der zahllosen Menge von Feinden des Friedensfürsten rechnen konnte, von dem Wunsche hingerissen, sich auf irgend einem Throne der Unabhängigkeit zu erfreuen, bald vertrauend bald mißtrauisch in die Versprechungen des Kaisers, wankte zwischen Entschlüssen. Das gewisseste Mittel, feiner Macht wenigstens Sicherheit zu verschaffen, schien ihm zu seyn, das königliche Haus zu überreden, dem Beyspiel des Portugiesi schen zu folgen, und jenseits der Meere den Ausgang der drohenden Gefahren zu erwarten.

Zu dieser Zeit ereignete sich eine Begebenheit, welche die Quelle der spanischen Staats-Umwälzung geworben. Der Friedensfürst, unermüdet in Verfolgungen gegen den Prin= zen von Asturien, in dem er seinen unerbittlichsten Feind und das Hinderniß seiner Größe sah, unterstüßt in seinen verråtherischen und schändlichen Rånken durch die Königin, war burch seine Spione, die alle Schritte und Handlungen des jungen Prinzen belauschten, von dem Daseyn einiger Papiere, die man gegen den Friedensfürsten geschmiedet hatte, und von dem Briefe, den der Prinz dem Kaiser geschrieben hatte, unterrichtet worden. Eiligst flog er zur Königin, und mit ih rem Beystande überzeugte er den schwachen Karl, daß der Prinz eine Verschwörung gegen den Staat und ihn angezet: telt habe. Der Prinz wurde von seinen königlichen Eltern (im October) vorgeladen. Mit Seelengröße, Muth und Stärke strafte er seinen Anklåger Lügen, gestehend:,,daß er ,,des Friedensfürsten Feind sey, weil er in ihm den Feind sei „nes Vaterlandes und seiner zukünftigen Unterthanen sehe; ,,nie aber habe er gegen das Interesse seiner Eltern, die er zu sehr schäße und ehre, zu handeln gedacht; er wolle sich

,,einer gefeßlichen Kommission unterwerfen, um über seine Aufführung Rechenschaft zu geben.“

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Während seiner Gegenwart, vor seinen königlichen Eltern, wurde durch die Agenten des Friedensfürsten und der Königin in sein Gemach gedrungen, alle Paviere untersucht und unter ihnen zwey’gefunden, welche sogleich, als noch der Prinz sich vor seinen Eltern vertheidigte, dem Könige über: bracht wurden. Das Eine war eine Anklage gegen den Fries densfürsten; das zweyte ein Dekret, in den Worten: Wir Ferdinand c. ernennen den Herzog von Infans tado zum Generaliffim der Armeen zu Lande und Meer ic. Ich der König. Es war mit einem Reichssiegel besiegelt, das Datum aber unausgefüllt. Der junge Prinz erklärte: daß er die Anklage gegen den Friedens fürsten als von ihm aufgeseßt anerkenne, und sie zu dem Behufe gemacht habe, um seinen Eltern die verbrecherische Aufführung Godoy's zu enthüllen; die Errnennung des Infantado sey blos eine Vorsicht-Maßregel, um in dem-Fall, wo sein Vater pldßlich sterben sollte, den Friedensfürsten zu hindern, daß er seine Macht nicht zu Erreichung seiner ehrs geizigen Absichten benuge, und in den ersten Augenblicken der Bestürzung die Regierung an sich ziehe. Er wiederholte, daß er sich der Entscheidung eines Tribunals unterwerfen wollte, und wurde unmittelbar in Verhaft gebracht. Der Friedensfürfi überredete das königliche Paar, daß es für ihre persönliche Sicherheit ünumgånglich nothwendig sey, dem Prin= zen durch eine gefeßliche Kommission Rechenschaft abzufordern. Eine befondere Kommission, zu der der M. v. Caballeros gehörte, wurde ernannt, um Ferdinand zu richten. Der Friedensfürst hoffte, durch seinen Einfluß, sein Ansehen und feine Macht die Richter zur Verdammung des Prinzen zu ge winnen. Der Prinz erschien vor jenem Tribunal, und mit männlichem Anstand erklärte er, daß er nicht als Richter Per: fonen anerkennen könne, welche durch die Gefeße und

die

Verfassung des Staats nicht berechtigt wåren, ihm als Prins zen von Afturien Rechenschaft über seine Handlungen abzufor dern. Gerührt von der einfachen, gemäßigten Sprache, und den unwiderleglichen Gründen des Prinzen erkannte die Kommission selbst, daß sie nicht befugt sey, den Zweck ihrer Ernennung zu erfüllen. Nach der Verfassung des Staats konnte Ferdinand nur durch den Rath von Kastilien ge= richtet werden. Seine Anklage wurde diesem Rath überliefert. Der Friedensfürst, außer sich über den mißlungenen Ausgang dieses Versuchs gegen den Prinzen, betrogen in der Erwartung, die er sich von der Ergebenheit und Gefälligkeit der Mitglieder jener Kommission gemacht hatte, sah mit Schrecken den Sieg seines Feindes, doch tröstete er sich mit der Hoffnung, durch den Rath von Kastilien an das Ziel seiner Wünsche zu gelangen. Seine elende, verdorbene, Seele glaubte, daß die Dürftigkeit, in der die Glieder jenes Staats schmachteten, sie geschmeidig machen würde, den Wünschen des mächtigen Günfilings zu Gefallen zu handeln. Wie schrecklich musste daher die Nachricht für ihn seyn, daß auch dieser Rath, deffen Urtheile nicht verborgen bleiben durften noch konnten, den jungen Prinzen freygesprochen habe. Das Gefühl von Gerechtigkeit und Billigkeit, wel- ' ches die Mitglieder des Raths von Kastilien bey dieser Gele: genheit an den Tag legten, kann nicht als eine gewöhnliche Handlung der Pflicht betrachtet werden. Diese Erklärung der Unschuld des Prinzen von Asturien konnten nur große Seelen geben, in dem Falle, wie die Sachen hier stunden. Welch' schreckliche Verfolgung hatten die rechtschaffenen Richter von der Rache des in seinen Hoffnungen betrogenen Friedensfürften nicht zu erwarten? Man erzählt, daß der größte Theil von ihnen seit mehrern Monaten ihren Sold nicht erhalten, und doch die Bestechungen des Friedensfürsten ausgeschlagen haben, und daß sie sich beym Auseinandergehen umarmten und sich Lebewohl sagten, weil sie von den Verfolgungen des

Friedensfürsten befürchteten, sich nie wieder zu sehen, und mit dem Leben oder der Freyheit ihre muthige Handlung bezahlen? zu müssen.

Diese Begebenheit verursachte die Revolution von Escue rial, an der zwar das Volk keinen thåtigen Antheil nahm, und bey der kein Blut vergossen wurde, die aber keinen gerin gen Einfluß auf die Reihe von Ereignissen hatte, die darauf folgten. Der allgemeine Haß des Volks gegen den Fries. densfürsten wuchs durch seine schändliche Verrätherey gegen den Prinzen von Asturien, den Gegenstand der Liebe und Hoffnungen der Spanier, der durch Handlungen und Gefins › nungen ihre Herzen gewonnen hatte.

Mit Schrecken sah der Friedensfürst den schauerlichen Abgrund, der ihm brohte. Die Stimmung der ganzen Nas”, tion konnte ihm nicht entgehen, um sd mehr, da ein großer Theil derselben seine Gesinnungen nicht verbarg; die Kránkungen, welche er durch Beauharnais, empfinden musste, lieffen ihn auch, ungeachtet aller schmeichelhaften Versiches rungen Mürats, Mißtrauen in den Schuß des Kaisers fassen.

Er bestärkte sich in seinem Entschluß, der nahen Gefahr durch Flucht mit dem königlichen Hause zu entgehen, und traf Maßregeln, seine. Schäße zu retten. Ein Fuhrmann,) bel Nio unter Anderm, follte viele Millionen nach Coronna' bringen; die englische Bank barg einen andern überaus groß sen Theil. Leicht gelang es Godoy'n, die königliche Fa milie zu überreden, nach Amerika zu fliehen, und alle An=! stalten wurden gemacht, um auf's Eiligste Spanien zu verlassen. Deffentlich meldete man, daß der König, um ein milderes Klima zu genießen, sich mit seinem ganzen Hause nach Andalusien begeben wollte; von da dachte man leicht nach: Amerika zu entkommen, und man war auf dem Punkte, den Entwurf auszuführen, als ein neues Ereigniß der Lage der Sachen eine Wendung gab, die aller Scharfsinn der tiefden

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kendsten Politiker nicht voraussehen konnte. Doch bevor wir davon sprechen, mússen wir auf jenes, was das französische Kabinet unter der Zeit that, zurückkommen.

Napoleon hatte noch ein großes Kriegsheer nach Spaz nien marschieren laffen, und ein Theil davon hatte die Gräns zen Svaniens schon überschritten, und die durch den geheimen Vertrag von Fontainebleau ihm eingeräumte Festungen ein: genommen. Doch hiermit begnügte man sich nicht, und die französischen Generale, den Befehlen ihres Herrn gemäß, bemächtigten sich durch Verrath und List mehrerer andern, und festen sich so in den Besiß der Haupt-Vertheidigung: Punkte Spaniens, ohne irgend einen Verlust. Darmagnac: nahm Pampeluna mit Schneeballen ein. Die übrigen Fe ftungen wurden durch ähnliche Mittel, die meisten ohne irs gend einen Widerstand genommen. Der Gouverneur von Barcelona, Erpaleva, wollte allein sich widersehen, und erließ ein Manifest, worin er das treulofe oder unfinnige Bes tragen der spanischen Regierung anklagte; ein Manifest, des. sen in der Folge sich Napoleon als Anklage: Punktes ge gen das königliche Haus bediente, und als Beweisstück von vorgeblichen verrätherischen Planen des spanischen Hofes auf: wies. — Alle diese Umstånde konnten in der Hauptstadt, so' wie in den Provinzen des Königreichs nicht verborgen bleiben, und dienten dazu, die Gährung, die schon im Stillen um sich gegriffen, noch mehr zu beschleunigen. Die Einwohner Mas' drits und der umliegenden Gegenden hatten besonders Antheil an dem Ereigniß von Escurial genommen. Die Geis fter waren erbittert, der Funken fehlte nur, der die brenns baren Stoffe in Flammen sehen sollte.

Hätte sich Beauharnais zu dieser Zeit den gehei: men Gesinnungen des Kaisers gemäß betragen, so würde er aus allen Kräften den Plan der Flucht, den die königliche Familie gefasst hatte, unterstügt haben. Hätte erst einmal die königliche Familie die Halbinsel verlassen, so wåre es

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