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von Nordamerika zu unterhandeln, und die nothwendigen Maßregeln zu ergreifen, um der Republik Waffen, Truppen, und Munition zu verschaffen, um ihre Freyheit und Unabhängigkeit erkämpfen zu können. Obrigkeiten, Vorsteher der. Provinzen und ihrer Gemeinden, feyerlich verpflichte ich mich, das Schwert, das ihr mir anvertraut habt, nie der Scheide wieder zu geben, bis ich die Ungerechtigkeiten geråcht, welche. unsre Feinde gegen uns begingen, bis ich die National-Freyheit innerhalb der Gränzen des ganzen Venezuela wieder gegründet habe. Nie werde ich den wichtigen Posten, an den ihr mich stelltet, verlassen, bis ich euer Zutrauen und eure Wünsche vollkommen erfüllt habe. Die Republik Venezuela foll in der Folge durch ihre eigne Konstitution beherrscht wers den, welche für diesen Augenblick außer Kraft gefeht ist, und stets werde ich bereit seyn, meine Ruhe und mein Leben ihrer Erhaltung und Vertheidigung aufzuopfern.“

Hauptquartier Macaray den 21. May 1812.

Miranda.

So sah Amerika das erste Beyspiel der Erschaffung einer. Diktatur, die, wie in Rom, zur Rettung der Republik aus drohenden Gefahren errichtet ward. Auch schien Miranda, anfangs nicht diese Hoffnungen zu täuschen, ein großer Theil des spanischen Guyana ward wieder erobert, und noch, im, fiegreichen Gefechte am 25. May, in dem ein ansehnliches feindliches Korps abgeschnitten und zur Uebergabe seiner Waffen genöthigt ward, belagerte er das eben so reice als feste Venezuela, welches sich jedoch diesmal hartnäckiger vere theidigte, als in den vorhergehenden Jahren. Bald darauf. erließ er jedoch, veranlasst durch den hartnäckigen Widerstand der Infulaner von St. Margarita, folgende Proklamation, welche die Energie seiner Maßregeln zu erkennen gibt:;

,,Einwohner, Bürger, Freunde! Ein Theil der Eina. wohner der Republik Carraccas, worunter sich vorzüglich viele Insulaner befinden, hat sich von übelgesinnten Personen ver

leiten lassen, sich von seinen Brüdern zu trennen. Nieder gerissen hat er der Freyheit heilige Eichenkronen, die seinen Tempel umkränzten, seine Hånde den Fesseln des Despotis: mus dargeboten. Aufgebracht über diesen Sklavensinn hat das Vaterland einige hundert seiner treuen Söhne zusammens berufen, ihnen hat es die Vollziehung seiner Rache übertras gen, eine Rache, die in der Befreyung und Beglückung der Schuldigen besteht. Schon haben viele Bürger dem Rüfe des Vaterlandes gehorcht; andre aber wollen ruhige Zuschauer des Ruhms, den ihre Brüder erwerben, oder des Unglücks eines Kriegs seyn, der den schrecklichen Charakter des Bür: gerkriegs angenommen hat Bürger, diese Gleichgültig:

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keit ist ein Verbrechen; sie trägt das Gepråge unsers alten Systems: ewig müssen wir sie verbannen aus einem Men: schenverein","der geschworen hat, frey zu leben oder zu ster? ben. Keiner, Keiner von allen darf einem Andern überlassen, fein Leben, sein Eigenthum und die Freyheit zu vertheidigen, zu deren Erringung er selbst beytrug. Greife, Weiber und Kinder nimmt die Natur von dieser Pflicht aus, das Gefer Niemanden. Eilt denn, Bürger jedes Standes und Alters, euch bewaffnet bey den Heeren der Republik einzufinden ; fchafft euch Waffen, wenn ihr sie nicht besißt. Vertraut der Vorsorge der Regierung, euch unter diesen verhängnißvollen Umständen zu leiten, verachtet die Vorurtheile, die Fanatismus und Unwiffenheit euch entgegens stellen; vergest für einen Augenblick eure friedliche Heis math, um sie für euer ganzes übriges Leben zu retten. Bür: ger, ich rede zu euch mit der Herzlichkeit, die euer Vertrauen mir einflößt. Bey meiner Geburt athmete ich die Luft von Carraccas, von fernen Zonen ellte ich zu eurer Rettung herbey; Manche von euch führte ich zum Siege, und glaube, euch zu dieser kurzen Aufóferung eurer Ruhe auffordern zu dürfen. Republikaner, lasst uns hinziehen nach Coro, Maracaibo und Guyana; lafst uns die Höhlen jener Banditen

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118 Ueberf. d. Hauptbegeb. d. Revol, im span. Amerika.

zerstören, die das erste Vaterland von Amerika's Freyheits Söhnen mit Knechtschaft bedrohen; dann wollen wir der Ruhe genießen, dann uns Alle als Brüder umarmen; dann mögen Gatten, Eltern und Kinder sich den heiligen Freuden der Nas tur und der Liebe weihen, die des Vaterlandes Noth auf einen Augenblick unterbricht; es ruft euch, Bürger, und seine Stimme tönt mächtiger zu euren Herzen, als die gezwungene Aushebung, welche das Geseß gebietet. Hört, und befolgt fie; greift zu den Waffen, eilt zu den Grånzen, eure Frey, heit zu erobern, und kehrt nicht zur Heimath zurück, bis sie auf ewig und unerschütterlich gegründet ist.“

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Hauptquartier Makaray den 28. May 1812.

Francesco Miranda,

Bis hierher sind die Nachrichten von der Revolution in den vereinigten Provinzen von Venezuela einigermaßen vollståndig und zusammenhängend, aber von nun an werden sie sehr zerstreut, unsicher und selbst widersprechend, entweder weil die englischen Blåtter (unsre Hauptquelle, seitdem wir durch den Krieg die nordamerikanischen entbehrten) nach der Unterjochung der neuen Républik durch die Spanier nicht mehr die Zeitung von Carraccas benußen konnten, und sich auf Schiffer-Nachrichten beschränkten, oder weil alle nordamerikas sche und europäische Zeitungen über dem nähern und wichtigen Interesse des eignen Schicksals und des großen europäischen Freyheit-Krieges jeden entferntern Gegenstand außer Acht lieffen. Indem wir also vorläufig hier diese Schilderung abbrechen, um den Blick auf die Begebenheiten in den übrigen Theilen des spanischen Amerika's zu richten, bemerken wir nur vorläufig, daß die königliche Partey, unterstüßt durch ihre Anhänger in Carraccas und ansehnliche Verstärkungen europåis scher Truppen aus Porto-Rico, und Cuba den General Miz randa, der Valencia belagerte, zurückschlug, und zu einem Vergleich nöthigte, zufolge deffen die Hauptstadt in ihre Hans de fiel, daß: Miranda mit Mühe dem Unwillen feiner Mit

bürger entronnen, in Cadir eine Freyståtte gefunden haben foll, und daß die Spanier nach vergeblichen Versuchen, die Infurrektion bald durch Grausamkeiten und häufige Hinrich tungen, bald durch mildere Verfügungen der Cortez zu Guns ften der Kolonien zu stillen, gegen die im Innern des Landes versammelten Patrioten einen zweyjährigen blutigen Bürgerkrieg führten, bis nach den leßten Nachrichten Ferdinands VII. willkürliche und despotische Handlungen alle Parteyen im spanischen Amerika gegen ihn vereinigten, und auch die Unabhängigkeit der Staaten von Venezuela zur Folge hatten. (Die Fortseßung folgt.)

. V...

Der Marschall Soult.

Unter den französischen, Generalen, die während den lesz ten fünf und zwanzig Jahren eine vorzügliche Rolle gespielt und noch in den jüngsten Zeiten die öffentliche Aufmerksamkeit gefesselt haben, verdient der Marschall Soult, Herzog von Dalmatien, besonders erwähnt zu werden, um so mehr, da auch im gegenwärtigen Augenblick fein Betragen vor und seit der Rückkehr Bonaparte's, durch die bekannte Ordonnanz des Königs von Frankreich vom 24. Juli 1815 dem Urtheil der beyden gefeßgebenden Behörden, der Pairs und Repräsentanten: Kammer, unterworfen ist, und seine, wenigstens temporåre, Verbannung aus seinem Vaterland, entschieden zu seyn scheint. In jeder Hinsicht gehört Soult in die Reihe der ausgezeichnetsten Heerführer des neuern Frankreichs. Sein militärischer Scharfblick, seine ausgebrei teten Kenntnisse in allen Zweigen der Kriegs: Wissenschaft,

die er sich erst in spåtern Jahren durch Selbststudium erwarb nachdem er sich schon lange zuvor auf den Schlachtfeldern als praktischer Militår ausgezeichnet hatte; seine persönliche Tapferkeit und seine Gewandtheit in Leitung der Zügel einer auss gedehnten Administration schienen ihn zu den wichtigen Stel en, die er bis in die lehten Zeiten ruhmvoll bekleidete, vors züglich berufen zu haben, und welches auch, nach Beendigung der politischen Stürme seines Vaterlandes; sein Wirkung: Freis feyn mag, so verdient er dennoch durch das, was er bise her gewesen ist, von seinen Zeitgenossen für die Nachwelt herf vorgehoben zu werden.

Wie beynahe alle französische Heerführer, die sich während der Revolution-Kriege durch eigenes Verdienst emporgeschwungen haben, war auch der jezige Marshall Soult (geboren zu St. Amans in Languedoc im Jahr 1769) von niederer Herkunft; er nahm schon in seinem sechzehnten Jahre (1785) aus Vortiebe zum Militärstande Dienste im Regiment König Infanterie. Bis zur Revolution blieb er gemet ner Soldat, erklärte sich aber sogleich beym Ausbruch derselben mit Enthusiasmus für die Grundsäße dieser Staats-Umwälzung. Da er alle taktische Handgriffe vollkommen kannte, und sein Enthusiasmus ihn bey den Anhängern des neuen Syr stems vorzüglich beliebt machte, so ernannte man ihn beym Ausbruch des Revolution Kriegs (1792) zum Instruktor von mehrern Bataillonen freywillig marscirender Nationalgarden des oberrheinischen Departements. Diese begleitete er in's Feld zur Rhein-Armee, und schon im folgenden Jahr wurde er jum Hauptmann in einem dieser Bataillone erwählt, das das mats bey der Mosel-Armee stund. In den Feldzugen dieses Heerhaufens von 1793 und im Anfang von 1794, der nacheinander unter der Afführung von Houchard, dann von Hoche, und endlich von Moreau aus Rocroi (der nicht mit dem nachmals so berühmt gewordenen Oberfeldherrn glei chen Namens verwechselt werden muß) stund, und in das all

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