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Am 16., als am Sonntage, wurde die Proklamation über den Einzug des Königs in seine Hauptstadt verkundigt. Abends erfuhr man, daß die Soldaten des 13ten Linienregis ments sich zu den Jägern des Isten begeben und ihre Kaz nonen mit sich fortführen wollten. Schon waren sie im Bez griff, die Pferde des Artilleriezugs vor dieselben zu spannen, als das Volk auf dem Plake zusanimentief, und sich dem Abführen der Kanonen widersekte. Die Nacht vom 16. auf den 17. war sturmisch, aber sie verging ohne Blutvergießen; das Volk lagerte sich auf dem Pflaster vor den Kasernen, und zeigte seinen festen Willen, die Kanonen nicht abführen zu lassen. Am 17. Morgens fingen einzelne Royalisten= Haufen eigenmächtig an, die Nationalgarde zu entwaffnen; auf Befehl des Maire wurden diese Entwaffnungen einge= stellt; bald darauf kam von Beaucaire ein Detaschement der königlichen Armee, darunter etwa 300 Bürger von Nismes, welche zu den Miquelets gehårt hatten; ihnen folgtennzahle reiche Schadren Bewaffneter aus den benachbarten Landge meinden, welche ani meisten von der Bonaparte'schen Garde in frühern Zeiten gelitten hatten. Die Soldaten waren in ihren Kasernen konsignirt worden, aber sie zeigten sich schlags fertig hinter dem Gegitter der Kasernen; das Volk drang fortdauernd auf die Auslieferung der Kanonen; gegen neun Uhr erschien die Kompagnie Marduel, das Gewehr im Arm, vor den Kasernen; kaum hatten sie sich aufgestellt, als die rebellischen Soldaten ihre Gewehre auf sie abfeuerten und sie zum Rückzuge nothigten; sie sammelten sich wieder auf dem Karmeliterplak; gegen Abend hub der Kampf abermals an; von den Kasernen und den benachbarten Häusern schossen die Bonapartisten auf die Freunde des Königs. Weiber, Kinder und andre Unbewaffnete wurden getodtet. Die Nacht trennte die Kämpfenden; man schlug den Soldaten eine Kaz pitulation vor, welche auch angenommen wurde. In Gez folge dieser Kapitulation sollten die Soldaten ihre Gewehre

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und Kanonen ausliefern, und aus der Stadt ziehen. Der Abzug selbst gab zu den schåndlichsten Auftritten Anlaß. Als die Gegitter sich öffneten, und die Soldaten wehrlos auszu= marschiren ansingen, fand es sich, daß zwey Kanonen fehle ten, die in einem Brunnen des Kasernenhofs entdeckt wurden, und daß eine dritte vernagelt war; mehrere Soldaten trieben gleichfalls ihre Verblendung so weit, daß sie in der mißlichen Lage, worin sie sich befanden, noch fortfuhren: Es lebe der Kaiser! zu rufen. Hierdurch gereizt, stürzte der Pd= bel über die Soldaten her, und ermordete sie. Zwey Drit= theile des 63stenLinienregiments und das gesammte 13te Linien. regiment fielen als Opfer ihrer strafbaren Verblendung, und der teuflischen Wuth eines rasenden Haufens! Die Rotte der Mörder ersturmte hierauf die schönsten und reichsten Häuser der Stadt; bis zum 23sten dauerte das Rauben und Mors den; alle Häuser der Protestanten und Bonapartisten sollten geplundert und zerstort werden; dies war die Absicht der Rasenden; allein die Wuth ist blind; nicht die größere oder klei= nere Schuld der Unglücklichen leitete in diesen Tagen des Schreckens die Schritte der wilden Rotte, sondern die Hoffnung eines größern Gewinns, einer reichern Ausbeute. So wurde das Haus eines der eifrigsten Katholiken und Königs= freundes, des Herrn Vincent Mourgues, rein aus= geplündert, während viele Bonapartistische Raubhshlen vers schont blieben. Nichts vermochte den Rasenden, besonders vom Landvolke, Einhalt zu thun; vergebens boten der königliche Kommissar, Graf Réné von Bernis, der Prås fekt, Baron von Calvière, der Befehlshaber des Departements, von Barre, der Polizey-Kommissår, Viz dal, seine Sohne und alle bürgerlichen und militärischen Gewalthaber alle ihre Kräfte auf, um dem Plündern Einhalt zu thun; vergebens wagten sie ihr eignes Leben, um das Vermögen von denen zu retten, die noch vor Kurzem als ihre ergrimmten Feinde ihnen so viel Uebels zugefügt hatten;

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erst am 23sten konnte diesen Schrecknissen und Gråueln ein Ziel gesekt werden. So folgte die Strafe der Verlekung der Kapitulation von Lapalud dem Verbrechen auf dem Fuße; so wurde das unschuldig vergossene Blut der Miquelets ge rochen; so gesellten sich neue Frevel zu den alten; so brachte die blutige Aussaat eine noch blutigere Ernte hervor! so wurden Verfolger Verfolgte, und beyde die unglucklichen Opfer des religiosen und politischen Parteygeistes!

Im August wurde die Ruhe im Gard abermals gestört. Kaum hatte der neu ernannte Pråfekt, Marquis d'ArbaudGoucques, seine Verrichtungen angetreten, als im Norden, im Osten und im Westen des Departements einzelne Insura rektionen ausbrachen. Ausreisser, Föderirte, flüchtige Bonapartisten aus den benachbarten Departementen sammelten sich unter den Fahnen von Gilly, von Blanc Pascal, und andern ehr- und treulosen Offizieren, die ihren König verrathen hatten; man bemerkte ihre verbrecherische Nähe an den frechen Lugen, womit das Departement in Kurzem überz schwemmt ward, als wenn die Destreicher nur dar= um einruckten, damit sie Napoleon II. als Kaiz ser der Franzosen ausrufen könnten, wie er bereits in allen benachbarten Departementen ausgerufen worden wäre. Die protestantischen Ge= meinden der Vaunage und der Gardonnenque nahmen diese neuen lågenhaften Sagen mit Enthusiasmus auf, und Viele von ihnen stießen zu der rebellischen Horde. Am 24. August wurden zwey Schwadronen des Regiments der königlichen Jåger unter dem Oberbefehl des Herrn Marquis von Cal vière-Vézenobre nach Alais in Garnison gesandt. Als sie in der Gemeinde von Boucoiran gegen sieben Uhr Abends ankamen, so konnte diese Gemeinde uicht alle beherbergen, und man war gendthigt, einen Theil des Korps nach Nars ziehen zu lassen, um daselbst einquartiert zu werden. In der Nacht wurde der Befehlshaber der Truppen in Nars bez

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Ueber die lekten Unruhen in Nismes.

nachrichtigt, daß sich ein großer Haufen Bewaffneter in der Nähe der Gemeinde zeigte, und daß derselbe verdächtige Absichten zu haben schiene. Der Befehlshaber ließ seine Jåger aufsiken, fandte Patrouillen aus, worauf alles stille wurde. Einige Stunden später entdeckte man einen Haufen Bewaff= neter mitten in den Straßen des Orts. Der Befehlshaber schickte einen Offizier mit einem Detaschement auf Kundschaft aus, der alte Maire zeigte den Weg. Als das Detasches ment bey dem bewaffneten Haufen anlangte, so wurde es mit einem Kugelregen empfangen, der Maire wurde getöd tet, und der Offizier schwer verwundet. Sogleich fingen die Einwohner an, aus ihren Fenstern auf die Jäger zu schießen, worauf sich diese der Person des Adjunkten bemächtigten, und außerhalb dem Orte bivouacquirten. Den andern Morgen wurz de die Sache nach Nismes berichtet, worauf sogleich 600 Tyro: ler Scharfschußen und 200 Jåger zu Pferd auszogen, und Nachmittags gegen zwey Uhr bey Nars ankamen; sie fanden die Rebellen in Schlachtordnung, welche auch sogleich auf sie feuerten; allein in Kurzem waren die Rebellen in die Flucht getrieben; sie verloren mehr als 60 Todte und Verwundete; die Gefangenen wurden nach Nismes geführt, und auf Bez fehl des istreichischen Befehlshabers, Grafen von Stah: remberg, erschossen. Protestantische Geistliche begleiteten sie nach dem Gerichtsplah,

In der Nacht vom 25. auf den 26. wurden neuerdings französische und istreichische Truppen gegen die Rebellen ab= geschickt, welche sich wieder gesammelt hatten. Zu derselben Zeit erließ der Präfekt eine Proklamation, in Gefolge derer alle Einwohner von Nars und den benachbarten Distrikten, die sich in Empörung-Zustand gesekt hatten, entwaffnet, und alle diejenigen, welche irgend ein Zeichen der Rebellion an sich tragen, oder sich für den Usurpator erklären wurden, sogleich verhaftet, und den Gerichtshofen übergeben werden sollten. Diese kräftigen Maßregeln wirkten; bey Ankunft der Trup=

pen waren die Rebellen zerstreut, die Ruhe hergestellt, und die Empórung gedämpft. Die Urheber aller Uebel wurden theils seitdem verhaftet, theils irren sie fluchtig und unståt umher, wie Cain.

W.

III.

:

Die Isländische Revolution im Jahr 1809

und

die neueste Geschichte dieser Jusel.

(Aus Journal of a tour in Iceland in the summer of 1809 by William Jackson Hooker F. L. S. and fellow of the Werne rian Society of Edinburg - not published. Yarmouth 1811 mit Kupfern.)

Wenn auch die hier geschilderte Revolution so sehr von allen andern großen Staats-Umwälzungen unsrer Zeit verz schieden war, daß bey derselben nur 12 Männer gebraucht wurden, kein Leben verloren, kein Tropfen Blut vergossen, keine Kanone abgefeuert, kein Säbel geschwungen ward, so verdient sie doch wegen der Sonderbarkeit der Unternehmungen selber, welche zu den manchen abenteuerlichen Auftritten der neuesten Zeit gehört, um so mehr genauere Erwåh= nung und Berichtigung der Nachrichten, welche in offentlichen Blättern über dieselbe enthalten waren, da der Schauplak derselben eben so sehr durch seine physische Beschaffenheit, als durch seine historische und poetische Wichtigkeit, bekanntlich ime mer in hohem Grade die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Eine solche ausfuhrliche Darstellung mit allen Aktenstücken und Belegen ist in dem gedachten Werk enthal ten, welches mit Benukung der Manuscripte des berühmten

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