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Volkswirthschafts-Lexikon

der Schweiz.

(Urproduktion, Handel, Industrie, Verkehr etc.)

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Verlag von Schmid, Francke & Co. (vorm. J. Dalp'sche Buchhandlung).

1891.

Schiefer. Die Rohproduktenkarte von Weber & Brosi (Verlag von J. Wurster & Co. in Zürich) verzeichnet ca. zwei Dutzend Ortschaften mit Schieferbrüchen, nämlich 14 im Kt. Wallis (Bovernier, Châtelard, Collonges, Dorénaz, Issert, Mörel, Nendaz, Orsières, Outre-Rhône, Salins, Salvan, Savièse, Sembrancher und Vernayaz); 5 im Kt. Graubünden (Fellars, Schleuis, Seewis, Sils und Tinzen); 2 im Kt. Glarus (Engi und Matt); 1 im Kt. Bern (Frutigen); 1 in Obwalden (Im Schild); 1 im Kt. Uri (Attinghausen).

Auch bei Pfäffers im Kt. St. Gallen findet sich Schiefer in ziemlich mächtigen Schichten. Bei Elm im Kt. Glarus war vor dem Bergsturz die Schiefergewinnung bedeutend. Außer Betrieb ist ferner der frühere Schieferbruch bei Mühlenen im Kt. Bern und derjenige bei Thun, wo vor einigen Dezennien auf Rechnung der Berner Regierung Schiefer von großer Feinheit und Härte unterirdisch gebrochen wurde. In Mühlenen (am Fuße des Niesen) standen um 1830 gegen 100 Schieferbrecher in Arbeit.

Die gesammte Schieferproduktion wurde 1883 auf 5000 Tonnen im Werth Von Fr. 500,000 geschätzt (Locher, Katalog der Baumaterialien an der Landesausstellung 1883).

Der Walliser Schiefer ist hauptsächlich zu Dachbedeckungen, der Schiefer der übrigen Kantone zu Tafeln, Stiften, Möbeln etc. geeignet oder verwendet.

Schon im 16. Jahrhundert verschickten Glarner Kaufleute Schreibtafeln und Griffel von Schiefer in's Ausland. Seitdem blieb immer ein gewisser Export (1888 für Fr. 37,514, Einfuhr Fr. 11,075; ferner Schiefer für Tische, Wandbekleidungen etc. für Fr. 195,085, Einfuhr Fr. 23,993; Dachschiefer für Fr. 19,240, Einfuhr Fr. 164,862). Nach und nach mehrte sich aber auch in der Schweiz die Absatzgelegenheit. Ca. 20 Firmen in 6 Kantonen liegen zur Zeit dem Gewerbe der Schieferausbeutung und -Verarbeitung ob. 1880 waren 77 Tafelmacher, wovon 22 Kt. Bern (Frutigen, Thun etc.), 26 Ragaz und Pfäffers, 19 Kt. Glarus, 10 Kt. Wallis. Unter dem Fabrikgesetz stehen 2 Firmen in Ragaz-Pfäffers und 1 in Thun.

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Schieferkohle. Kohle aus der Quaternärzeit, verwandt mit der älteren Braunkohle der Tertiärformation. Die Ausbeute beider Sorten war in der Ostschweiz ehedem ziemlich beträchtlich, hat aber in neuerer Zeit sehr abgenommen, theils wegen Erschöpfung der Gruben, theils mangels Rentabilität. Die Gesammtproduktion von Schieferkohlen betrug im Jahre 1870 18,068 t, im Jahre 1881 nur noch ca. 2000 t. Hauptfundort war Uznach im Kt. St. Gallen, wo jetzt noch (1889) zwei Gruben à 2-5 Fuß Schichtenlänge im Betriebe stehen und eine jährliche Ausbeute von 1750 t liefern. Außerdem sind in der Rohproduktenkarte von Weber & Brosi als Fundorte verzeichnet: Dürnten und Unterwetzikon im Kt. Zürich, Eschenbach und Mörschwyl im Kt. St. Gallen, Wangen im Kt. Schwyz (überall Tiefbau).

Furrer, Volkswirthschafts-Lexikon der Schweiz.

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Schifffahrt. a. Segelschifffahrt. Durch die Einführung der Dampfmaschine ist wohl da und dort der frühern Hauptart des Wasserverkehrs, der Segelschifffahrt, nicht aber dem Verkehr zu Schiff und Wasser überhaupt Eintrag gethan worden. Im Gegentheil: der Dampf hat auch die Fluthen belebt und auf den größern Seen die Personenbeförderung um ein Bedeutendes gesteigert.

Die Flößerei hingegen mag erheblich eingebüßt haben, denn beim Holztransport ist, wie bei jedem andern Transport, oft die Raschheit der Beförderung wichtiger als die billige Fracht.

Ueber den Umfang der Flößerei liegt dem Lexikon nichts Urkundliches und Statistisches vor, während über die frühere Segelschifffahrt und den Beginn der Dampfschifffahrt einläßliche Mittheilungen in der „Statistik der Schweiz von Max Wirth (Verlag von Orell Füßli & Co., Zürich, 1871) enthalten sind.

Vor der Einführung der Dampfschifffahrt kreuzten den Bodensee 60 Segelschiffe, worunter ca. 15 große Fahrzeuge bis zu 900 q Tragfähigkeit. Ein Theil der Schiffe versah den Dienst auf dem Rhein von Konstanz bis Schaffhausen.

Auf dem Zürchersee fuhren ca. 200 Segelschiffe, davon 35, welche der IV-örtlichen (über die Kantone Zürich, St. Gallen, Schwyz und Glarus verbreiteten) Linth-Schifffahrtsgesellschaft, mit Sitz in Zürich, aufgelöst 1859, gehörten und wöchentlich mehrere Male die Strecke Zürich-Wallenstadt zurücklegten. Die übrigen Schiffe waren theils das Eigenthum kleiner Schiffergesellschaften der größern Uferorte, theils einzelner Privaten. Wohl die meisten Schiffe versahen Botendienste.

Den Vierwaldstättersee belebten eine Menge Ruderboote. Ihre Zahl war auf ca. 140 geschätzt. Die 6 größten trugen Lasten bis zu 600 q, die 8 mittelgroßen Lasten von 50-350 q; etwa 90 kleinere Ruderboote vermittelten den Kleinverkehr und ca. 40 Weidlinge waren zum Vergnügen und persönlichen Gebrauche gehalten. Auch ein „Postschiff", dessen Besatzung aus drei Mann bestand, kursirte zwischen Luzern, Brunnen und Fluelen.

Den Thuner- und den Brienzersee schmückten ca. 15 „Böcke“ für den Lastentransport, 30-35 kleinere Ruderschiffe für die Beförderung von Reisenden und je 1 Postschiff, das täglich eine Fahrt ausführte.

Der Zugersee hatte 8 große Lastschiffe, 8 Transport oder Marktschiffe und etwa 25 kleinere Personenschiffe zu tragen.

Auf dem Neuenburger-, dem Bieler- und dem Murtensee versahen 12-15 Segelschiffe den Dienst der Waarenbeförderung.

Der Genfersee war reich an schweren Barken. Ihre Zahl soll zwischen 80 und 100 variirt haben. Tragkraft 400-900 q.

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Durch die Dampfboote wurde dem Segelschiff der früher schon unbedeutende Personentransport noch vollends geraubt. Dafür stellte sich für viele Jahre eine wesentliche Zunahme des Gütertransportes ein. Seit aber die Dampfschifffahrt ihren Höhepunkt erreicht hat, ist auch die Güterbeförderung durch die Segelschiffe wieder geringfügiger geworden. Es erhellt dies daraus, daß die Zahl der Segelschiffe auf dem Bodensee von 60 auf 30-40, auf dem Zürchersee von ca. 200 auf 70 gesunken ist. Letztere haben eine Gesammttragkraft von 2500 t.

Wie nämlich Herr J. Bär-Schweizer, Präsident des Bodensee-Segelschiffverbandes, dem Lexikon schreibt, unterhält dieser Verband auf dem Bodensee gegenwärtig (Mitte 1889) 22 Segelschiffe; außerdem sind noch 8 solche, deren Besitzer nicht zum Verband gehören, und mehrere kleinere Segelschiffe von geringerer Bedeutung. Die Verbandsschiffe haben eine Tragkraft von 25-80 t

(durchschnittlich 49 t); sie sind zusammen um Fr. 48,500 versichert und ihre Anschaffungskosten betragen je Fr. 5000-7000. Sie sind ganz aus Eichenholz gebaut, tragen einen Mast von 20-24 m Höhe und Raa-Segel von starker Leinwand und großer Quadratfläche. Keine Hülfssegel. Der Verband hat den Zweck, den Mitgliedern bei Schadenfällen Unterstützung zu bieten und einheitliche Tarife zur Geltung zu bringen.

b. Dampfschifffahrt. Dieselbe nahm ihren Anfang in der ersten Hälfte der 30er Jahre.

Zwar wurde schon 1817 in Konstanz, auf Anregung des Fabrikbesitzers Macaire, ein hölzernes Dampfboot für den Bodensee konstruirt; es kam aber nie zur Verwendung, weil die aus England bezogene Maschine den Dienst versagte. Erstes schweizerisches Dampfboot war der Wilhelm Tell", 1823 für den Genfersee gebaut. Die Maschine hatte nur 12 Pferdekräfte. Ein Jahr später folgte für den nämlichen See der Winkelried" mit 30 Pf.

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Ebenfalls 1824 begann die Dampfschifffahrt auf dem Bodensee, doch nicht von schweizerischer, sondern von deutscher Seite. Es war einerseits eine Gesellschaft von Friedrichshafen, welche ein Dampfboot aus Tannenholz („Wilhelm") mit einer Maschine von 20 Pf., und anderseits Freiherr von Cotta in Stuttgart, welcher ein tannenes Boot à 18 Pf. herstellen ließ. Dieses letztere Boot befuhr auch den Rhein bis Schaffhausen.

1826 kam der Neuenburgersee an die Reihe, 1834 der Zürchersee, 1835 der Thunersee, 1837 der Vierwaldstättersee und der Wallensee, 1839 der Brienzersee, 1852 der Zugersee, 1856 der Luganersee, 1888 der Hallwylersee, 1889 der Joux-See.

Bis 1850 vermehrte sich die Zahl der Dampfboote bloß auf ca. 25, bis 1860 aber auf ca. 55, bis 1870 auf ca. 75, bis 1889 auf 109, ohne die Boote auf dem Langensee.

Hievon sind ca. 80 das Eigenthum schweizerischer Gesellschaften.

Ueber den Schifffahrtsbetrieb auf dem Bodensee und dem Zürchersee gab die Direktion der schweiz. Nordostbahn dem Lexikon sub 29. Juli 1889 folgenden Bericht:

Bodensee:

„Die 6 Dampfboote der Nordostbahn auf dem Bodensee haben Maschinen von zusammen 425 Pf. und eine Tragkraft von 180 t oder 2550 Personen. Die Nordostbahn besitzt auf dem Bodensee gemeinschaftlich mit Bayern eine große Trajekt-Dampffähre, welche 2 Maschinen mit je 100 Pf. und eine Tragfähigkeit von mindestens 300 t besitzt. Dieselbe verkehrt ausschließlich zwischen Lindau und Romanshorn.

An Schleppbooten besitzt die Nordostbahn: 2 eiserne Trajektkähne mit je 180 t Tragkraft; 4 eiserne Schleppkähne mit zusammen 370 t Tragkraft; gemeinschaftlich mit Bayern 1 eisernen Schleppkahn von 150 t Tragkraft.

Außer der Nordostbahn besitzen auf dem Bodensee Passagierboote: Die badischen Staatsbahnen 8 Raddampfer; die württembergischen Staatsbahnen 8 Raddampfer, darunter 1 Salonschiff im Bau; die bayerischen Staatsbahnen 6 Raddampfer; die österreichischen Staatsbahnen 4 Raddampfer, nebst 2 kleinen Schraubendampfern für Gütertransporte und Manipulationen im Hafen."

Zürchersee:

„Die Zahl der im Besitze der Nordostbahn befindlichen Dampfboote auf dem Zürchersee ist 12, nämlich 1 Salondampfer, 7 Personen-Raddampfer, 1 Rad

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