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des Reichs zuließ. (Hårt! hört!) Am 10. verwandelte sich das Unterhaus in ein Komite wegen des Handels von Malta. Hr. Robinson schlug vor, den Handel zwi schen den englisch-westindischen Kolonien und Malta freyzuge ben. Freylich thue dies Englands bisherigem Kolonial-Han= delssystem Abbruch; allein man sey davon schon abgewichen, als man während des leßten Krieges die Ausfuhr aus den westindischen Kolonien nach allen westlich von Finisterre gele genen Håfen unter der Bedingung freygab, Korn als Rück: ladung in die Kolonien einzuführen. Nun aber meine er, auch diese Einschränkung sey aufzuheben, und allen Schiffen, welche Kolonial: Erzeugnisse aus dem brittischen Westindien nach Malta führen, zu erlauben, was immer für eine Rück ladung zu nehmen, und fïe, gleich andern englischen Schiffen, zu bringen wohin sie wollen; nur dürften sie für die Kolonien keine Waaren rückladen, die den englischen Fabriken Abbruch thun könnten. Der Zweck der Maßregel sey: dem frans zösischen und spanischen Handel mit Kolonial Erzeugnissen im mittelländischen Meere den brittischen an die Seite zu stel len. *) Ferner sollten die Gefeße über den levantischen Handel dahin abgeändert werden, daß jene levantische Erzeugnisse, die nur aus den Ländern, wo sie wuchsen, oder aus besonders bezeichneten Häfen ausgeführt werden konnten, künftig auch von Malta ausgeführt werden dürften, und dies sollte auch von gedrehter Seide 2c. gelten. Doch verstünde es sich von selbst, daß der türkischen Handels-Gesellschaft von allen diesen Waaren die gebräuchlichen Abgaben zu entrichten bleiben, weil fie es sey, welche die Kosten der Handelsdiplomatik (Kons fuln, Agenten 2c.) in der Levante und zu-Konstantinopel bes Streitet. Auf Hrn. Forbes Frage: ob jene Handels

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*) Der Zweck ist sehr bescheiden ausgedrückt; Spanier und Franzosen würden vielleicht sagen: unsern Handel zu unters drücken.“

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Erweiterung auch die ostindischen Erzeugnisse begreifen solle? antwortete Hr. Robinson, dies sey nicht seine Absicht, weil es schwer wåre, den Handel nach Ostindien für Malta zu öffnen, ohne ihn nicht auch allen andern Theilen von Europa freyzugeben. Uebrigens wåren über diese zweyte Frage. die Meinungen getheilt, und es würde wohl darüber zu vielen Erörterungen kommen; er habe jezt nur den Punkt im2 Auge, der keinen Anstånden unterliege, nemlich die Freygebung des Handels von Malta nach Westindien. Unter meh's rern auf jenen Vorschlag Bezug habenden Entwürfen war auch der die aus dem mittelländischen Meere nach Westin= dien ausgeführten Weine denselben Abgaben zu unterwerfen, wie die eine von Madeira.

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Am 13. Febr. hielt Hr. Whitbread im Unterhaus eine lange Rede über das Verfahren des Kongresses, die, mit Weglassung der Beywörter abscheulich, schwarz, unmenschlich, schaamlos u. f. w. so lautete:

„Obgleich die sehr ehrenwerthen Herren, welche hier die Negierung vertreten, entschlossen scheinen, ihre Würde, ihre Vers schwiegenheit oder ihre Unwissenheit durch ein hartnäckiges Stillschweigen über die Verhandlungen des Kongresses zu retten; ob gleich der Kanzler der Schazkammer erklärt hat, daß er vor der Rückkehr unsers Unterhändlers (des Lords Castlereagh) keine Frage beantworten wolle, die auf jene Verhandlungen Bezug haz be, so halte ich mich doch für verpflichtet, die Aufmerksamkeit des Hauses auf diesen höchst wichtigen Gegenstand zu lenken, und zu dem Ende das politische Betragen unsers Unterhändlers beym Kons 'gresse hinsichtlich aller Punkte, welche die Ehre dieses Landes und die künftige Ruhe von Europa betreffen, zu durchgehen. Ich nehme keinen Anstand, zu behaupten, daß derselbe in der Anwendung gänzlich von jenen Grundsäßen abgewichen ist, welche die Verbündeten noch vor Kurzem so laut und so stolz verkündiget haben, Der Entwurf mit Sachsen ist eine offenbare Thatsache, und die Aechtheit von Fürst Repnins Proklamation zu Dresden *) kann

*) Siehe die Nummern 35. und 84. im Codex diplomaticus der Europäischen Annalen von 1815.

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nicht länger in Frage geseßt werden. Man wird sich erinnern, daß der Minister sie zur Zeit, als davon die erste Kunde verlautete, in Zweifel zog, und doch ist es jezt gewiß, daß unser edler Unterhåndler durch seine Unterschrift jene Proklamation, welche die Ues bertragung Sachsens an Preußen begründen sollte, bekräftiget hat. Während ich hier meinen Abschen vor dem bloßen Gedanken, daß ein englischer Minister solch einer Maßregel beystimmen könne, ausdrückte, nahm unser Unterhåndler als Genosse Theil daran. Aus diesem Hergange muß man schließen, entweder daß derselbe, ohne dazu ermächtigt zu seyn, so handelte, oder, daß die Negies rung durch die öffentliche Stimme geleitet feine Instruktios nen seitdem abgeändert, und den edeln Lord angewiesen hat, der Vereinigung Sachsens ́mit Preußen zu widersprechen. Mag das Eine oder das Andere der Fall seyn, Sachsen ist um nichts went ger in Preußens Besik gekommen. Ich will darüber eine Erklä rung weder verlangen noch erwarten. Aber die Thatsache selbst liegt vor den Augen dieses Landes und ganz Europa's, das über ihren moralischen Werth und über die Grundsäße ihrer Urheber das Urtheil fällen wird. Wie? gerade Jene, die seit so man, chem Jahre gegen den Mißbrauch der Gewalt an die Meinung der Menschen appellirt; Jene, die so laut Menschlichkeit, Gerech tigkeit und jeden heiligen Grundfak zum Beystand gegen den Kaiser von Frankreich aufgerufen; Jene, die Aller Herzen und Hände gegen die Gewalt, die nicht mehr ist, so thatig aufgeregt, werden nun erfunden, daß sie mit ihren Verfahren die schlimmsteu Handlungen jener Gewalt nicht nur nachahmen, sondern selbst vers dunkeln! Die Art, wie gegen Italien unter der Bekräftigung des Kongresses verfahren wird, ist allenthalben, wo man liest, eben so bekannt, als in dem Lande, wo man darunter leidet. In diesem Lande sind nach glänzenden Versprechungen von Wiederhers stellung der italischen Unabhängigkeit solche Scenen vorgefallen, die das Gefühl eines Jeden empören müssen, der Achtung für Menschheit, Gerechtigkeit und Wahrheit hat. Ja, Italiens Unabhángigkeit stand auf unsern Standarten; sie schallte aus den Proklas mationen unsers Truppenführers, als er jenes Land betrat! In jener v. 14. März 1814 rief Lord Bentink nach seiner Landung in Toscana Italiens Völker auf:,,sich zu waffnen gegen den Herrscher „Frankreichs; das italienische Heer solle mitwirken zur Abschüttes

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lung des fremden Joches, zur Wiederherstellung der Rechte und ,,,Unabhängigkeit des Vaterlandes; diese sey sein einziger Zweck,

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,,dafür verpfånde er Großbritanniens Redlichkeit, wovon die Ber weise in dessen Betragen gegen Portugal, Spanien, Sizilien und Holland vor Augen lågen." Wie ward diese pomphafte Verkündung ausgeführt, wie des gegebene Wort gehalten? In einer andern Proklamation, die Lord Bentink nach Genua's Besißnahme im April 1814 erließ, versprach er unter andern Dingen Genua seine alte Verfassung. Was geschah? Der ste Jan. 1815. war der Tag, wo Genua seine Freyheit wieder erhalten sollte. Einige Tage vorher (den 28. Dec.) wurden die Genueser von Lord Dalrymple (der zu Genua befehligte) benachrichtigt: „ein vom ,,Kongreß gesendeter Bote habe die Erklärung gebracht, daß sie „nicht unabhängig seyn sollten, daß alle zu Paris gemachten Erklás „rungen hohl unb oberflächlich, und sie selbst die Opfër des neuen ,,Spoliationsystems wären!" Kein Vorwand, kein Schatten von Vorwand ward zur Rechtfertigung dieses Verfahrens angeführt! Wahrlich, anders war das Betragen Frankreichs, dessen Grunds säße man sich zum Vorbilde genommen zu haben scheint! Wenn Frankreich sich eines Staates bemächtigte, so ersann es wenigstens einen Grund, um sein Betragen zu bemánteln; es erzählte den Völkern, die es überzog, daß ihre Regierungen verderbt wären, daß sie unter dem Joch der Tyranney seufzten, und daß es mit Bruderliebe komme, sie zu befreyen. Zu seinem Betragen gegen Genua war zwar gewiß Bruderliebe nicht die Veranlassung; doch scheint es mir, daß sie nicht als unvereinbarlich mit demselben ges dacht werden konnte. General Dalrymple hingegen gab sich nicht die Mühe, die Genueser bereden zu wollen, daß ihre Regies rung schlecht sey, und daß sie unglücklich unter ihr wären. Im Ges gentheil, er erhob derselben Vortrefflichkeit, lobte das rechtliche Betragen der Einwohner, und fügte dann diesem Eingange die Nachricht hinzu: daß sie über alles das der Krone von Sardinien wären zugeschrieben worden. Gab es je ein gefühlloseres Bench: men? Und auf wessen Befehl handelte General Dalrymple so? auf den Sr. königlichen Hoheit des Prinzen Regenten! Zu sehen wünschte ich diese abscheuwerthe Vollmacht; wissen möchte ich, in welchen Worten fie abgefasst fey; wissen, wer dem Prinzen Res genten zur Erlassung des Befehls, einen alten und freyen Staat feiner Unabhängigkeit zu berauben, gerathen, und wer diesen Befehl unterzeichnet habe! Mögen nach diesen Aufklärungen — die Minister immer, wenn es ihnen gefällt, in ihrem furchtbaren Etillschweigen verharren; mögen sie ruhig die Ankunft Lord Casts

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lereagh's abwarten, und mag auch das Haus gezwungen seyn, eben darauf zu warten, um zu erfahren, ob erwähnte Urkunde im auswärtigen Departement vorhanden sey: so wage ich dennoch zu behaupten, daß alle Mächte der Welt kein gefeßliches Recht haben, Genua unter die Herrschaft von Sardinien zu sehen! Ich hoffe, die Völker der Erde werden ihre Rechte gegen einen Bund von Mächten vertheidigen, wie sie es mit Erfolg gegen jene einzige ges than, die auf Alleinherrschaft zielte. Ich bin erstaunt, das Wort Bürgschaft (Garantie) in einer Proklamation zu finden, welche die größte Verlegung aller Bürgschaft ist! Nun, sind meine Angaben wahr oder falsch? Wollen die Minister sie läugnen? Wollen sie die ausgefertigten Befehle vorzeigen, oder sie in Still, fchweigen eingraben und nicht wagen, folche Verhandlung zu vers theidigen? Lafft sie gewähren! Ihre ist die Schande, und viels leicht thun sie recht, wenn sie sich nicht zu vertheidizen suchen; Stillschweigen ist ihre einzige Hülle. Was war die Folge jenes Betragens in Italien? Die Genueser empfingen die Nachricht von ihrer Entwürdigung auf eine Art, die nach der Meinung Jes ner, welche den italienischen Charakter genau kennen, am besten ihre Gefühle bezeichnet. Keine Ausrufung, keine Drohung, kein Zeichen des Unwillens entschlüpfte ihnen; sie hörten ihr Loos mit Stillschweigen – mit einem Stillschweigen, das laut zeigte, daß sie auf Gelegenheit warten, sich zu rächen! . . . . ich wünsche aufrichtig, sie möchten dessen fähig seyn. — Oestreichs Betragen in Italien war ungewöhnlich. Es nahm bedingungsweise vom Laude Besih, in Folge eines mit dem Vicekönig abgeschlossenen Vertrags. Alle Italiener sprechen den Namen des Lehtern mit Enthusiasmus als eines Mannes aus, dessen Charakter, voll Ehre und Treue, sich von den Umständen nicht beherrschen ließ. Nicht er, glauben fie, habe sein Versprechen gebrochen, wohl aber die Mächte, mit denen er unterhandelte, das ihrige. General Bellegarde nahm, dem Vertrag zufolge, Besiß von Italien im Namen der Verbündeten, nicht in Oestreichs Namen. Dennoch warf Lehtes res in alle Festungen seine Besaßungen, und begehrte mit einem Heere nach Turin zu ziehen. Sardinien, dem wir Genua zu bes schüßen aufgetragen hatten, konnte diesem Begehren nicht widerstes hen. Dem Pariser Traktat zufolge war Oestreich nur berechtigt, dasjenige Land in Besiß zu nehmen, das ihm vor der leßten Ums wälzung Europa's gehörte, dennoch beseßte es Venedig, Lucca und jenen Theil vom Mailändischen, der ihm vor jener Epoche nicht

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