Page images
PDF
EPUB
[ocr errors]

rechtfertigen, daß sie Englands Wort gebrochen, und Englands Namen auf lange Zeit in Europa verdächtig gemacht haben; verges bens hofften sie, man werde sie über diesen Punkt, wie über mans chen andern, stillschweigen lassen; dies wåre nicht ihnen allein, fondern auch der Ehre des Landes nachtheilig. Ich mache daher den Antrag, daß die Proklamationen des Lords Bentink und Generals Dalrymple, der Briefwechsel der Minister mit ers stern und ihre Instruktionen an ihn, rücksichtlich feines Betragens in Italien und gegen die italienischen Kriegsgefangenen, ́dem Hause vorgelegt werden. Aus leßtern wird man ersehen, daß die Regierung die Freyheit Genua's nicht allein gegen die Angriffe Frankreichs, soudern gegen die der ganzen Welt verbürgt hat.“ (Lauter Beyfall von beyden Seiten des Hauses.) Obrist Wood: Ich trage auf die Tages-Ordnung an. Lord Castles reagh äußerte bey Uebernahme seiner Sendung (nach Wien), daß er einer fürchterlichen Verantwortlichkeit sich unterziehe, aber dabey auf die Billigkeit des englischen Volks zähle; beurtheilen wir also den Verantwortlichen nicht, bevor er sich verantworten konnte. Die Maßregel mit Genua kann nicht als das Werk uns frer Regierung allein angesehen werden; sie steht mit den übrigen. Vorkehrungen des Kongresses zur Befriedigung der Welt in Vers bindung; vom Kongresse muß man nicht zu viel erwarten. (Ges lächter.) Ich verstehe das Gelächter, aber wiederhole: › man kann vom Kongresse für Europa nichts als vorübergehendes Ausruhen von Tyranney und Blutvergießen erwarten. Der Kanzler der Schaßkammer fand den Vorschlag des Herrn Wood unschicklich, `in Erwägung des geschickten, regelmäßigen und parlamentarischen Benehmens des Motionstellers; wieder holte aber übrigens die Einwendung, daß man über den Fall mit Genua nicht sprechen könne, bevor das Ganze der Kongreßvers handlungen dem Hause vorgelegt würde. (,,Das könnte wohl noch drey Jahre anstehen!" rief Hr. Whitbread.) → Hr. J. Macintosh: Die Minister wünschen Aufschub, das has ben sie mit allen Leuten gemein, die ihrem Urtheil entgegen ges hen. Sie entschuldigen sich mit Politik. ... Politik ist oft weiz ter nichts, als ein gütlicher Vergleich zwischen entgegengesetzten Interessen; ein Abwägen zweyer Uebel. Ob Genua's Ausliefes rung politisch oder unpolitisch war, kommt hier gar nicht in Frage, wo es sich um Gerechtigkeit um Rettung der Ehre des englis schen Namens handelt. Hier fragt sich: 1) haben wir eine Unges

[ocr errors]
[ocr errors]

rechtigkeit begangen? 2) haben wir sie gegen ein Volk begangen, dem wir unser Wort verpfändeten? Keine Beschuldigung kommt der gleich, daß dieses Land Theil nehme an jenem Theilungssystes me, das mit Polen anfing, während der französischen Staatss Umwälzung weiter um sich griff, und jeßt wohl seinen Siß, aber nicht seine Natur veränderte! (Hört! hört!) Eine Ungerechtigkeit ist aber begangen worden, weil, nach Battels Grundsäßen, das fiegende Volk dem früher unterdrückten und durch den Sieg ,,befreyten Volke nicht den Herrn verändern, sondern feine alte Freyheit zurückgeben soll." Unser Wort ist aber für Genua's. Freyheit verpfändet worden, ale Oestreich dessen Einverleibung mit Frankreich für hinlänglichen Grund zur Kriegs-Erklärung ans fah (1805 Sept.); als Rußland aus demselben Grunde seine Vers mittlung zwischen England und Frankreich (1805 Nov.) zurücks nahm; im Frieden von Amiens; im Traktat von Chaumont, in welchem bedungen worden, daß bey Abschluß des allgemeinen Fries dens allen Völkern ihre vorigen Rechte und Freyheiten zurückgeges ben werden sollten. (Hört! hört!) ... Der Wiener Kongres hält sich für berechtigt, anders zu entscheiden; hat er aber mehr Recht, über Genua, als über die Grafschaft Middleser zu verfüs gen? Das feste Land hat seine Augen auf unsre Verhandluns ́gen gerichtet; seine Meinung von uns sank, als es uns den Maßs regeln des Kongreffes beypflichten sah; sie steigt, seitdem sich bey. uns eine männliche Opposition dagegen erhebt. Hr. Wels lesley Pole: Man kann weder den Kongreß, ohne eine einzige Urkunde zu haben, auf's Wort hin verdammen (Gelächter), noch die Minister, weil sie die Dokumente nicht theilweise vorlegen wollen. Nur noch einige Tage Gedult, dann sollen alle, nicht nur Genua, sondern auch Sachsen und Polen betreffende Papiere beygebracht werden... Hr. Mackintosh vermengt ganz uns schicklich Gerechtigkeit mit Politik. Hr. Whitbread: Aus gewissen Briefen will man wissen, daß der edle Lord (Castles reagh) seinen Kollegen den Auftrag gegeben habe, jede Eröff nung über die Angelegenheiten des Kontinents zu verweigern; die schwere Bußzeit ist nun vermuthlich zu Ende, weil Hr. Pole die Papiere über Genua, Sachsen und Polen verspricht. Daß man ja diese Erklärung des Münzmeisters, des hohen und (verantworlichen Kron-Ministers, der uns bisher mit kompulsoris scher Gedult im Zaume hielt, nicht vergesse!! (Hört!, hört!) Er behauptet, es sey unschicklich, Politik und Gerechtigkeit zu vers

mengen; aber sie sind unzertrennlich, und immer wird eine unges rechte Handlung auch eine unpolitische, ja oft eine thörichte seyn... Das Betragen der Minister läuft, den Instruktionen Lords Bene tink gerade zuwider. Der Lord ward ausgesandt, Italien gegen Bonaparte aufzuwiegeln, die italienischen Kriegsgefangenen zu organisiren, geheime Gesellschaften zu errichten; die Häupter der neuen Freystaaten zu ernennen; Genua's Deputirte warden wirks lich angenommen. Aber diejenigen, welche gegen die Freyheiten Europa's verschworen scheinen, haben Genua seinem bittersten Feinde überliefert. Der genuefische Minister in Wien protestirte, und der Rath von Genua legte seine Würde nieder. Zur Ent schuldigung seßte man in einige Zeitungen ein Bedaurunge-Schreis ben des Lords Castlereagh, worin man ihn von einem Bes vollmächtigten die Auskunft erhalten lässt: les républiques ne sont plus à la mode!.. Doch wartet nur Lords Castlereagh Anz kunft ab, dann sollt ihr Auffchluß über das Ganze haben!“ Um den Herkules nach dem Fuße zu beurtheilen, was mag das für ein Ganzes seyn! Rücksichtlich Polens antwortete man immer, Rußland habe 500,000 Mann daselbst stehen, gleiches kann man doch nicht von Genua sagen? — Hr. B. Bathurst: Könnte durch Zauberkünfte Lord Castlereagh täglich von Wien aus in unsrer Mitte erscheinen, so würde das kein Jota åndern am Laufe der Dinge, und der gesunde Verstand des Hauses würde selbst nicht wollen, daß er vor Abschluß der Geschäfte erzähle, was gestern Kaiser Alexander, heute der König von Preußen oder Fürst Hardenberg zu ihm gesagt. - Mein Freund (Hr. Pole) hat zwar bey Castlereaghs Rückkehr die Vorlegung gewisser Pas piere versprochen, aber ich wollte behaupten, er hat kein Wort von jenen über Sachsen und Polen gesagt. ́(Lautes ́Klatschen von der Oppositionspartey.) Ja, ich behaupte es. (Hört doch! rief Hr. Whitbread.) Meint der ehrenwerthe Herr, daß ich eine Unwahrheit sage? (Hr. Whitbread: Ganz und gar nicht!)

-

Hr. W. Pole: Ich habe wirklich die Mittheilung der Papiere über Genua, Sachsen und Polen versprochen; man muß aber das nicht au pied de la lettre nehmen, als ob jede vertrauliche Depes sche dem Hause vorgelegt werden sollte. Hr. Whitbread: Ich kenne die Minister zu gut, um das, was sie sagen, au pied de la lettre zu nehmen. Hr. Horner ging in einer langen lebhaften Rede nochmals das Betragen der Regierung gegen Gesnua durch, das er vorzüglich auch aus dem Grunde tadelnswerth

fand, weil jene Proklamationen dem englischen Heere die Thore Genua's öffneten, und den ganzen Norden Italiens in seine Hande gaben. Der moralische Einfluß der englischen Verheißungen, nicht die Bajonette (Hört! hört!) hätten die Franzosen in Itas lien bezwungen, und jezt, wo die Vortheile errungen wären, bråche man ohne Scheu sein Wort.“ Er stimmte für Hrn. Lam btons Motion, die aber durch die vorlänfige Frage mit 115 gegen 60 Stimmen beseitigt wurde.

Am 6. März erschien Lord Castlereagh zum ersten Male seit seiner Rückkehr von Wien im Unterhause. Sogleich erhob sich Hr. Whitbread, und fragte, ob Se. Herr lichkeit Willens sey, einen Tag anzusehen, an welchem er dem Hause von dem Resultate seiner beendigten Sendung Kenntniß ertheilen werde, oder ob es wahrscheinlich sey, daß er von dem Prinzen Regenter bald beauftragt werden würde, dem Hause über diesen Gegenstand Bericht abzustatten?

Lord Castlereagh: Noch habe ich von Sr. königlichen Hoheit keinen Auftrag erhalten, dem Hause über die Wiener Unters handlungen eine Mittheilung zu machen, aber ich werde nicht uns terlassen, wenn die Zeit dazu eingetreten seyn wird, dem Hause davon Anzeige zu machen, so wie von den Vorschlägen, die ich demselben noch zu thun haben möchte. Wünscht der geehrte Herr aber vorher Nachricht über einen besondern Punkt zu erhalten, so möge er einige Fragen thun. Ich dachte jedoch, es wäre besser, er wartete eine schickliche Gelegenheit zu einer mehr regelmäßigen Motion um Aufklärung über so wichtige Angelegenheiten ab; auf diese Art könnte man sie dem Hause im Zusammenhange und unter einer Uebersicht vorlegen, während ich jeßt auf unzusammenhangende Fragen doch nur unzusammenhangende Antworten geben kann. Denn der geehrte Herr wird gewiß einsehen, daß unter den gegenwärtigen Umständen die Erläuterungen, die ich geben kann, in mancher Hinsicht sehr beschränkt seyn müssen; er soll bes denken, daß die Kongreßangelegenheiten noch nicht beendigt sind, obgleich sehr viel in denselben gethan ist. Mit großem Vergnús gen gebe ich dem Hause die Versicherung, daß, welche verschiedne Meinungen über die noch nicht berüchtigten Punkte sich auch erhes ben möchten, dasjenige, was vollendet sey, die allgemeine Zuz stimmung aller großen europäischen Mächte erhalten habe. Außers

dem kann ich mit Vergnügen dem Hause anzeigen, daß über alle die Punkte, deren Entscheidung dieses Land interessiren kann, alle großen Mächte sich geneigt erklärt hätten, ihre Genehmigung zu ertheilen, um den Geist des Friedens und der Freundschaft zu beż wahren, den zu befestigen ihr Hauptzweck sey. Alle großen Punkte, an denen Großbritannien ein besonderes Interesse nimmt, sind zu meiner vollkommenen Zufriedenheit, und mit allgemeiner Zus stimmung der unterhandelnden Theile beendigt, und ich hoffe, daß man in der Folge einsehen wird, daß sie es auch zur Zufries denheit des Parlaments sind. Ich kann mich aber über diese Punkte nicht erklären, noch können sie dem Parlamente vorgelegt werden, weil sie von den Mächten noch nicht genehmigt sind. Hr. Whitbread: Nach dem, was der edle Lord so eben sagte, sollte ich nicht denken, daß er derselbe Mann sey, der so lange Zeit in Wien gewesen; er spricht gerade, wie seine Kollegen während seiner Abwesenheit. Ich würde es lieber gesehen haben, wenn Se. Herrlichkeit von selbst sich umständlich über die Kongreß-Ans gelegenheiten ausgelassen håtte, anstatt daß er erwartet, daß man Fragen an ihn thue oder Motionen mache, um Erläuteruns gen darüber zu erhalten; wenn der edle Lord bey seiner Weige rung beharrt, so sehe ich mich genöthigt, eine solche Motion zu machen.

Am 16. März erschien Lord Castlereagh wieder im Unterhause, nachdem Hr. Whitbread aus Rücksicht auf des Lords Unpåglichkeit eine Motion wegen Englands äußerer Verhältnisse zeither verschoben hatte. Nun fragte er den Lord, ob ihm der nächste Montag dafür gelegen wäre, oder ob vielleicht in der Zwischenzeit irgend eine Mittheilung von Seite des Prinzen Regenten an das Parlament gelangen werde, wodurch seine Motion unnüß würde. Uebrigens könne er nicht umhin, zu erklären, daß er für seine Person zu keiner Maßregel stimmen werde, die zum Zweck håtte, Großbritannien in Frankreichs innere Angelegenheiten zu mi schen, so weit deren Gegenstand kein unmittelbares Interesse für Großbritannien habe. Lord Castlereagh erwiederte, er kenne den Inhalt von Hrn. Whitbreads Motion nicht, wünsche sie aber keineswegs verschoben zu sehen. Er wisse,

« PreviousContinue »