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Auf das Apothekergewerbe, das Handelsmäkler- (Sensalen-) Geschäft und den Gewerbebetrieb im Umherziehen, einschließlich des Hausirhandels, finden die vorstehenden Bestimmungen keine Anwendung.

Kaufleute, Fabrikanten und andere Gewerbetreibende, welche sich darüber ausweisen, daß sie in dem Staate, wo sie ihren Wohnsiz haben, die geseßlichen Abgaben für das von ihnen betriebene Geschäft entrichten, sollen, wenn sie persönlich oder durch in ihren Diensten stehende Reisende Ankäufe machen oder Bestellungen, nur unter Mitführung von Mustern, suchen, in dem Gebiete des andern vertragenden Theiles keine weitere Abgabe hiefür zu entrichten verpflichtet sein.

Die Angehörigen des einen der vertragenden Theile, welche das Frachtfuhrgewerbe, die See- oder Flußschifffahrt zwischen Plägen verschiedener Staaten betreiben, sollen für diesen Gewerbebetrieb in dem Gebiete des andern Theiles einer Gewerbesteuer nicht unterworfen werden.

Die in dem Gebiete des einen vertragenden Theiles rechtlich bestehenden Actiengesellschaften, Commanditgesellschaften auf Actien und Versicherungsgesellschaften jeder Art werden in dem Gebiete des anderen Theiles nach Maßgabe der daselbst geltenden gesetzlichen und reglementarischen Bestimmungen zum Geschäftsbetriebe und zur Verfolgung ihrer Rechte vor Gericht zugelassen.

Artikel 20.

In Bezug auf die Bezeichnung der Waaren oder deren Verpackung, sowie bezüglich der Fabriks- oder Handelsmarken, der Muster und Modelle, ferner der Erfindungspatente sollen die Angehörigen des einen der vertragschließenden Theile in dem Gebiete des andern denselben Schuß wie die eigenen Angehörigen genießen. Die Angehörigen eines jeden der vertragschließenden Theile haben jedoch die in dem Gebiete des anderen Theiles durch Geseze oder Verordnungen vorgeschriebenen Bedingungen und Förmlichkeiten zu erfüllen.

Der Schuß von Fabriks- und Handelsmarken wird den Angehörigen des anderen Theiles nur insofern und auf solange gewährt, als dieselben in ihrem Heimatsstaate in der Benütung der Marken geschützt sind.

Artikel 21.

Die vertragenden Theile bewilligen sich gegenseitig das Recht, Consuln in allen denjenigen Häfen und Handelspläßen des anderen Theiles zu ernennen, in denen Consuln irgend eines dritten Staates zugelassen werden.

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Diese Consuln des einen der vertragenden Theile sollen, unter der Bedingung der Gegenseitigkeit, in dem Gebiete des anderen Theiles dieselben Vorrechte, Befugnisse und Befreiungen genießen, deren sich diejenigen irgend eines dritten Staates erfreuen oder erfreuen werden.

Artikel 22.

Jeder der vertragenden Theile wird seine Consuln im Auslande verpflichten, den Angehörigen des anderen Theiles, sofern Leyterer an dem betreffenden Plage durch einen Consul nicht vertreten ist, Schuß und Beistand in derselben Art und gegen nicht höhere Gebühren wie den eigenen Angehörigen zu gewähren.

Artikel 23.

Die vertragenden Theile gestehen sich gegenseitig das Recht zu, an ihre Zollstellen Beamte zu dem Zwecke zu senden, um von der Geschäftsbehandlung derselben in Beziehung auf das Zollwesen und die Gränzbewachung Kenntniß zu erlangen, wozu diesen Beamten alle Gelegenheit bereitwillig zu gewähren ist.

Ueber die Rechnungsführung und Statistik in beiden Zollgebieten wollen die vertragenden Staaten sich gegenseitig alle gewünschten Aufklärungen ertheilen.

Artikel 24.

Der gegenwärtige Handelsvertrag wird sich in Gemäßheit des zwischen der österreichisch-ungarischen Monarchie und dem Fürstenthume Liechtenstein bestehenden Zoll- und Steuereinigungsvertrages auch auf das Leytere erstrecken.

Derselbe wird sich ferner auf das Großherzogthum Luxemburg erstrecken, solange dasselbe zum deutschen Zollgebiete gehört.

Artikel 25.

In denjenigen einzelnen Landestheilen der vertragschließenden Theile, welche von deren Zollgebiet ausgeschlossen sind, findet, solange deren Ausschluß dauert, die Verabredung der Artikel 5 und 6 des gegenwärtigen Vertrages keine Anwendung.

Artikel 26.

Der gegenwärtige Vertrag soll vom 1. Januar 1879 ab in Kraft und an die Stelle des Handels- und Zollvertrages vom 9. März 1868 treten. Derselbe soll bis zum 31. December 1879 in Wirksamkeit bleiben.

Artikel 27.

Die Ratificationen des gegenwärtigen Vertrages sollen sobald als möglich in Berlin ausgewechselt werden.

Zu Urkund dessen haben die beiderseitigen Bevollmächtigten den gegenwärtigen Vertrag unterzeichnet und ihre Siegel beigedrückt.

So geschehen zu Berlin, den 16. December im Jahre Eintausend Achthundert
Acht und siebenzig.

(L. S.) A. Wolkenstein m. p.

(L. S.) B. Bülow m. p.

Boll-Cartell.

Anlage A.

§. 1.

Jeder der vertragenden Theile verpflichtet sich, zur Verhinderung, Entdeckung und Bestrafung von Uebertretungen (§§. 13 und 14) der Zollgeseze des anderen Theiles nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen mitzuwirken.

§. 2.

Jeder der vertragenden Theile wird seinen Angestellten, welche zur Verhinderung oder zur Anzeige von Uebertretungen seiner eigenen Zollgeseze angewiesen sind, die Verpflichtung auflegen, sobald ihnen bekannt wird, daß eine Uebertretung derartiger Geseze des anderen Theiles unternommen werden soll oder stattgefunden hat, dieselbe im ersteren Falle durch alle ihnen geseßlich zustehenden Mittel thunlichst zu verhindern und in beiden Fällen der inländischen Zoll- oder Steuerbehörde (im deutschen Reiche: Hauptzollämter oder Hauptsteuerämter, in Desterreich-Ungarn: Hauptzollämter oder Finanzwachcommissäre) schleunigst anzuzeigen.

§. 3.

Die Zoll- oder Steuerbehörden des einen Theiles sollen über die zu ihrer Kenntniß gelangenden Uebertretungen von Zollgesehen des anderen Theiles den im §. 2 bezeichneten

Zoll- oder Steuerbehörden des letteren sofort Mittheilung machen und denselben dabei über die einschlagenden Thatsachen, soweit sie diese zu ermitteln vermögen, jede sachdienliche Auskunft ertheilen.

§. 4.

Die Einhebungsämter eines jeden der vertragenden Theile sollen den dazu von dem anderen Theile ermächtigten oberen Zoll- oder Steuerbeamten die Einsicht der Register oder Registerabtheilungen, welche den Wagenverkehr aus und nach den Gebieten des lezteren und an der Gränze derselben nachweisen, nebst Belegen auf Begehren jederzeit an der Amtsstelle gestatten.

§. 5.

Die Zoll- und Steuerbeamten an der Gränze zwischen den beiderseitigen Zollgebieten sollen angewiesen werden, sich zur Verhütung und Entdeckung des Schleich handels nach beiden Seiten hin bereitwilligst zu unterstüßen und nicht allein zu jenem Zwecke ihre Wahrnehmungen sich gegenseitig binnen der kürzesten Frist mitzutheilen, sondern auch ein freundnachbarliches Vernehmen zu unterhalten und zur Verständigung über zweckmäßiges Zusammenwirken von Zeit zu Zeit und bei besonderen Veranlassungen sich miteinander zu berathen.

§. 6.

Den Zoll- und Steuerbeamten der vertragenden Theile soll gestattet sein, bei Verfolgung eines Schleichhändlers oder der Gegenstände oder Spuren einer Uebertretung der Zollgesehe ihres Staates sich in das Gebiet des anderen Theiles zu dem Zwecke zu begeben, um bei den dortigen Ortsvorständen oder Behörden die zur Ermittlung des Thatbestandes und des Thäters und die zur Sicherung des Beweises erforderlichen Maßregeln, das Sammeln aller Beweismittel bezüglich der vollbrachten oder versuchten Zollumgehung, sowie den Umständen nach die einstweilige Beschlagnahme der Waaren und die Festhaltung der Thäter zu beantragen.

Anträgen dieser Art sollen die Ortsvorstände und Behörden jedes der vertragenden Theile in derselben Weise genügen, wie ihnen dies bei vermutheten oder entdeckten Uebertretungen der Zollgeseze des eigenen Staates zusteht und obliegt. Auch können die Zollund Steuerbeamten des einen Theiles durch Requisition ihrer vorgesezten Behörde von Seiten der zuständigen Behörde des anderen Theiles aufgefordert werden, entweder vor lezterer selbst oder vor der competenten Behörde ihres eigenen Landes die auf die Zollumgehung bezüglichen Umstände auszusagen.

§. 7.

Keiner der vertragenden Theile wird in seinem Gebiete Vereinigungen zum Zwecke des Schleichhandels nach dem Gebiete des anderen Theiles dulden oder Verträgen zur Sicherung gegen die möglichen Nachtheile schleichhändlerischer Unternehmungen Giltigkeit zugestehen.

§. 8.

Jeder der vertragenden Theile ist verpflichtet, zu verhindern, daß Vorräthe von Waaren, welche als zum Schleichhandel nach dem Gebiete des anderen Theiles bestimmt anzusehen sind, in der Nähe der Gränze des letteren angehäuft oder ohne genügende Sicherung gegen den zu besorgenden Mißbrauch niedergelegt werden.

Innerhalb des Gränzbezirkes sollen Niederlagen fremder unverzollter Waaren in der Regel nur an solchen Orten, wo sich ein Zollamt befindet, gestattet und in diesem Falle unter Verschluß und Controle der Zollbehörde gestellt werden.

Sollte in einzelnen Fällen der amtliche Verschluß nicht anwendbar sein, so sollen statt desselben anderweite möglichst sichernde Controlmaßregeln angeordnet werden. Vorräthe von fremden verzollten und von inländischen Waaren innerhalb des Gränzbezirkes sollen das Bedürfniß des erlaubten, d. h. nach dem örtlichen Verbrauche im eigenen Lande bemessenen Verkehres nicht überschreiten. Entsteht Verdacht, daß sich Vorräthe von Waaren der lezgedachten Art über das bezeichnete Bedürfniß und zum Zwecke des Schleichhandels gebildet hätten, so sollen dergleichen Niederlagen, insoweit es geseßlich zulässig ist, unter specielle, zur Verhinderung des Schleichhandels geeignete Controle der Zollbehörde gestellt werden.

§. 9.

Jeder der vertragenden Theile ist verpflichtet:

a) Waaren, deren Ein- oder Durchfuhr in dem Gebiete des anderen Theiles verboten ist, nach demselben nur beim Nachweise dortiger besonderer Erlaubniß zoll- oder steueramtlich abzufertigen;

b) Waaren, welche in dem Gebiete des anderen Theiles eingangsabgabenpflichtig und dahin bestimmt sind, nach demselben

1. nur in der Richtung nach einem dortigen mit ausreichenden Befugnissen versehenen Eingangsamte,

2. von den Ausgangsämtern oder Legitimationsstellen nur zu solchen Tageszeiten, daß sie jenseits der Gränze zu dort erlaubter Zeit eintreffen können, und

3. unter Verhinderung jedes vermeidlichen Aufenthaltes zwischen dem Ausgangsamte oder der Legitimationsstelle und der Gränze

zoll- oder steueramtlich abzufertigen, oder mit Ausweisen zu versehen.

§. 10.

Auch wird jeder der beiden Theile die Erledigung der für die Wiederausfuhr unverabgabter Waaren ihm geleisteten Sicherheiten, sowie die für Ausfuhren gebührenden Abgabenerlasse oder Erstattungen erst dann eintreten lassen, wenn ihm durch eine vom Eingangsamte auszustellende, die Registerpost und das Datum der Abfertigung enthaltende Bescheinigung nachgewiesen wird, daß die nach dem vorbezeichneten Nachbarlande ausgeführte Waare in dem lehteren angemeldet worden ist.

§. 11.

Vor Ausführung der im §. 9 unter b) und im §. 10 enthaltenen Bestimmungen werden die vertragenden Theile über die erforderliche Anzahl und die Befugnisse der zum Waarenübergange an der gemeinschaftlichen Gränze bestimmten Anmelde- und Erhebungsstellen, über die denselben, soweit sie zu einander unmittelbar in Beziehung stehen, übereinstimmend vorzuschreibenden Abfertigungsstunden und über nach Bedürfniß anzuordnende amtliche Begleitungen der ausgeführten Waaren bis zur jenseitigen Anmeldestelle, sowie über besondere Maßregeln für den Eisenbahnverkehr sich bereitwilligst verständigen.

§. 12.

Jeder der vertragenden Theile hat die in den §§. 13 und 14 erwähnten Uebertretungen der Zollgeseze des anderen Theiles nicht allein seinen Angehörigen, sondern auch allen denjenigen, welche in seinem Gebiet einen vorübergehenden Wohnsiz haben oder auch nur augenblicklich sich befinden, unter Androhung der zu jenen Paragraphen bezeichneten Strafen zu verbieten. Beide vertragende Theile verpflichten sich wechselseitig, die dem anderen vertragenden Theile angehörigen Unterthanen, welche den Verdacht des Schleichhandels wider sich erregt haben, innerhalb ihrer Gebiete überwachen zu lassen.

§. 13.

Uebertretungen von Ein-, Aus- und Durchfuhrverboten des anderen Theiles und Zoll- oder Steuerdefrauden, das heißt solche Handlungen oder gesezwidrige Unterlassungen, durch welche dem lehteren eine ihm geseßlich gebührende Ein- oder Ausgangsabgabe entzogen wird oder bei unentdecktem Gelingen entzogen werden würde, sind von jedem der vertragenden Theile nach seiner Wahl entweder mit Confiscation des Gegenstandes der Uebertretung, eventuell Erlegung des vollen Werthes, und daneben mit angemessener Geldstrafe oder mit denselben Geld- oder Vermögensstrafen zu bedrohen, welchen gleichartige oder ähnliche Uebertretungen seiner eigenen Abgabengesehe unterliegen.

Im letteren Falle ist der Strafbetrag, soweit derselbe geseßlich nach dem entzogenen Abgabenbetrage sich richtet, nach dem Tarife des Staates zu bemessen, dessen Abgabengesetz übertreten worden ist.

§. 14.

Für solche Uebertretungen der Zollgeseze des anderen Theiles, durch welche erweislich ein Ein-, Aus- oder Durchfuhrverbot nicht verlegt oder eine Abgabe widerrechtlich nicht entzogen werden konnte oder sollte, sind genügende, in bestimmten Gränzen vom strafrichterlichen Ermessen abhängige Geldstrafen anzudrohen.

§. 15.

Freiheits- oder Arbeitsstrafen (vorbehaltlich der nach seinen eigenen Abgabengesezen eintretenden Abbüßung unvollstreckbarer Geldstrafen durch Haft oder Arbeit), sowie Ehrenstrafen, die Entziehung von Gewerbsberechtigungen oder, als Strafschärfung, die Bekanntmachung erfolgter Verurtheilungen anzudrohen, ist auf Grund dieses Cartells keiner der vertragenden Theile verpflichtet.

§. 16.

Dagegen darf durch die nach den §§. 12-15 zu erlassenden Strafbestimmungen die gesetzmäßige Bestrafung der bei Verlegung der Zollgeseße des anderen Theiles etwa vorkommenden sonstigen Uebertretungen, Vergehen und Verbrechen, als: Beleidigungen, rechtswidrige Widerseßlichkeit, Drohungen oder Gewaltthätigkeiten, Fälschungen, Bestechungen oder Erpressungen u. dgl., nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden.

§. 17.

Uebertretungen der Zollgesete des anderen Theiles hat auf Antrag einer zuständigen. Behörde desselben jeder der vertragenden Theile von denselben Gerichten und in denselben Formen, wie Uebertretungen seiner eigenen derartigen Geseze, untersuchen und gesezmäßig bestrafen zu lassen,

1. wenn der Angeschuldigte entweder ein Angehöriger des Staates ist, welcher ihn zur Untersuchung und Strafe ziehen soll, oder

2. wenn jener nicht allein zur Zeit der Uebertretung in dem Gebiete dieses Staates einen wenn auch nur vorübergehenden Wohnsiz hatte oder die Uebertretung von diesem Gebiete aus beging, sondern auch bei oder nach dem Eingange des Antrages auf Untersuchung sich in demselben Staate betreffen läßt;

in dem unter 2. erwähnten Falle jedoch nur dann, wenn der Angeschuldigte nicht Angehöriger des Staates ist, dessen Geseze Gegenstand der angeschuldigten Uebertretung sind.

§. 18.

Zu den im §. 17 bezeichneten Untersuchungen sollen das Gericht, von dessen Bezirke aus die Uebertretung begangen ist, und das Gericht, in dessen Bezirke der Angeschuldigte

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