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Un die Darstellung der vorerwähnten Unterhandlungen reihet sich dann noch die Darstellung der mit dem Churfürsten (später König) von Baiern gepflogenen Unterhandlungen (S. §. XXII. des Repertoriums), welche aus den Verhandlungen mit Oesterreich hervorgegangen sind, sowie jene über die Ansprachen an den Fürstbischof von Basel und an die fürftbischöflichen Landstände. (S. §. XXXI. des Repertoriums.)

S. XVIII.

Verhältnisse der Schweiz zum österreichischen Hause, in
Folge des Regensburgerrezesses.

A. Am 29. August 1803 hat die am 15. Heumonat desselben Jahres durch die Tagsaßung niedergesezte Kommission betreffend diese Verhältnisse einen Bericht erstattet, über welchen die Tagsaßung am 6. Herbstmonat desselben Jahres in Berathung getreten ist. Aus demselben ging vor Allem hervor, daß über die erwähnten Verhältnisse dermalen noch Ungewißheit besteht. Im Allgemeinen nämlich wurde daran erinnert, daß durch den 4ten Artikel eines am 26. Christmonat 1802 zwischen dem deutschen Kaiser und dem ersten Konsul der französischen Republik zu Paris abgeschlossenen Vertrages über die Entschädigungen zu Gunsten des Herzogs von Modena und des Großherzogs von Toskana festgesezt worden, daß alle Rechte auf Eigenthum, sowie andere Rechte, die dem deutschen Kaiser, als Souverän der österreichischen Erbstaaten und als oberstem Reichsoberhaupte, zustehen, demselben vorbehalten bleiben, insofern diese Rechte mit der Vollziehung des Regensburgerdeputationshauptschlussses bestehen können. Durch den Artikel 29 dieses Hauptschlusses aber sollen alle und jede Gerichtsbarkeiten eines Fürsten, Standes oder Mitgliedes des deutschen Reichs, gleich wie alle Lehensherrlichkeit und alle bloßen Ehrenberechtigung künftig in dem Umfang des helvetischen Territoriums aufhören. In der am 27. Aprill 1803 über jenen Hauptschluß ausgestellten kaiserlichen Ratifikationsurkunde wird zudem von einigen Punkten dieses Hauptschlusses geredet, „deren Ermittlung erst noch künftigen Anträgen und Unterhandlungen zu unterliegen habe.“

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Da diese Bestimmungen vornehmlich auch auf die österreichische Herrschaft Räßüns in Graubünden Bezug haben könnten, so hat die Tagsaßung auf den Antrag der Kommission beschlossen : vor Allem die weitern Schritte Oesterreichs abzuwarten, zugleich aber zu erklären, die Eidgenossen= schaft betrachte die verschiedenen Artikel des Regensburgerhauptschlusses, insofern dieselben die Schweiz betreffen, als ein Ganzes und erwarte bestimmt, daß alle diese Artikel (selbst nach dem eigentlichen Sinn der Pariserkonvention vom 26. Christmonat 1802) von sämmtlichen Kontrahenten ohne irgend einen Vorbehalt werden in Erfüllung gebracht werden.

Ferner bemerkte die Kommission, es sey durch den Artikel 29 des mehrerwähnten Rezesses der helvetischen Republik das Bisthum Chur als Ersaß für ihre Verlüfte in Schwaben mit der

Verpflichtung, für den Unterhalt des Fürstbischofs, des Kapitels und ihrer Diener zu sorgen, abgetreten worden. Von den in der Schweiz liegenden Besißungen des Bisthums und des Domkapitels zu Chur könne hier wohl schwerlich die Rede seyn, weil dieselben der Schweiz für ihre Verlüfte in Schwaben keine Entschädigung gewähren und der Schweiz ohnedieß nicht entzogen werden könnten; es müsse sich die Entschädigung demnach auf die außer der Schweiz (in Tyrol und Vorarlberg) gelegenen Besitzungen des Bischofs und des Kapitels zu Chur beziehen.

Bei Abgang maßgebender Aufschlüsse über die fraglichen Verhältnisse hat die Tagsaßung nach dem Antrag der Kommission den Kanton Graubünden eingeladen, dem Bischof und dem Domkapitel zu Chur die einstweilige Verwaltung ihrer in Graubünden liegenden Besitzungen wieder zu übergeben, dabei aber beschlossen, jener Regierung oder noch besser dem Bischof und dem Domkapitel zu überlassen, bei den österreichischen Behörden (in Tyrol und Vorarlberg) Schritte einzuleiten, welche zur Folge haben könnten, daß der Bischof und das Domkapitel zu Chur wieder in den Genuß ihrer auswärtigen Einkünfte eingesetzt würden; alles jedoch unter Verwahrung gegen= seitiger Rechte und Ansprüche.

B. Im Widerspruche mit dem Artikel 29. des Reichsdeputationsrezesses, gemäß welchem der helvetischen Republik die Versicherung gegeben worden war, daß bei Säkularisationen innerhalb ihrer Gränzen dieselben ohne Verlust und Nachtheil der im deutschen Reiche gelegenen Zugehörden ihrer geistlichen Stiftungen vor sich gehen sollen, ausschließlich dessen, worüber anders verfügt worden war einer Verpflichtung demnach, die im deutschen Reiche gelegenen Besitzungen schweizerischer Stiftungen selbst auf den Fall der Schweiz nicht zu entziehen, wenn auch diese Stiftungen säkularisirt werden sollten, hat die österreichische Regierung durch ein am 4. Christmonat 1803 erlassenes Edikt nicht nur sämmtliche im österreichischen Schwaben (Landgraffchaft Nellenburg u. s. w.), Tyrol und Vorarlberg gelegenen Besißzungen schweizerischer geistlicher Stiftungen, sondern überhaupt das in den erwähnten Ländern gelegene Eigenthum schweizerischer Korporationen mit Sequester belegt und inkammerirt.

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C. Unter dem 16. Aprill 1804 wurden die Kantone durch den Landammann der Schweiz bei Anlaß der allgemeinen Traktanden in Kenntniß gefeßt von den durch ihn gegen das vorerwähnte Inkammerationsedikt erhobenen Einsprachen und von der bisherigen Erfolglosigkeit der dießfälligen Schritte.

D. Am 9. Heumonat 1804 hat die Tagsaßung sämmtliche auf die vorerwähnte Angelegenheit bezügliche Akten zur Prüfung und Berichterstattung einer Kommission überwiesen.

E. Am 22. Brachmonat 1804 hat die Tagsaßung, auf den Antrag der berichterstattenden Kommission, den Landammann der Schweiz angewiesen, dem k. k. Gesandten in der Schweiz die in den frühern Noten vom 17. Jänner, vom 6. und 22. Hornung und 26. Aprill 1804 bereits entwickelten Gründe zu wiederholen und demselben den bestimmten Antrag zu stellen, auf die Grundlage des Friedens von Lüneville vom 9. Hornung 1801 und nach dem eigentlichen Sinne des Artikels 29 des Reichsdeputationshauptschlusses vom 25. Hornung 1803 den durch das

1803, LXXVII. 8.

1804, XLIX.

Edikt vom 4. Christmonat 1803 gestörten Status quo wieder herzustellen, oder, wenn Oesterreich vorziehe, auf der durch dieses Edikt angeordneten gegenseitigen Schließung des Gebietes zu beharren, eine Unterhandlung anzubahnen, bei welcher eine billige Schäßung der zwischen der Schweiz und Oesterreich gegenseitig auszutauschenden Besißungen und eine vollkommene Entschädigung für denjenigen Theil, welcher weniger erhalten sollte, als erste Grundlage der anzubahnenden Unterhandlung anerkannt würde. Bei diesem Anlaß wären diejenigen Gegenstände von Seite Oester= reichs genau anzugeben, welche von der Schweiz an Oesterreich sollten abgetreten werden, damit 1804, XLIX. nichts der Willkür untergeordneter Behörden überlassen bleibe.

F. Am 30. Heumonat 1804 hat die niedergeseßte Kommission in einem zweiten ausführlichen Bericht einen Generaletat derjenigen Besißungen schweizerischer Korporationen eingegeben, welche durch das österreichische Edikt vom 4. Christmonat 1803 getroffen worden sind, und ihre Ansicht darüber ausgesprochen, was bei der dermaligen Lage der Sache weiters zu thun sey.

Nach dem Antrag der Kommission hat die Tagfahung diejenigen Kantone, auf deren Gebiet Besitzungen liegen, welche der österreichischen Regierung oder österreichischen Korporationen zustehen, — weil die österreichische Regierung in der Anwendung von Repressalien durch die Schweiz eine etwelche Rechtfertigung ihres Benehmens, vorzüglich aber die Erschaffung solcher faktischen Zustände sehen würde, die für das österreichische Aerar günstig wären, angewiesen, ohne besondere Autorisation des Landammanns der Schweiz sich keine Verfügungen hinsichtlich jener Besißzungen zu erlauben. Der Landammann der Schweiz wurde dabei beauftragt, sowohl von sich aus durch weitere Reklamationen, als durch Dazwischenkunft eidgenössischer Kommissarien, welchen Abgeordnete der zumeist betheiligten Kantone beigegeben werden könnten, bei Anlaß allfällig eingeleiteter Unterhandlungen die Rechte der Kantone und ihrer Korporationen auf ihr wohlerworbenes, unbezweifeltes Eigenthum, und die gerechten Ansprüche der schweizerischen Eidgenossenschaft auf eine den allgemein angenommenen völkerrechtlichen Grundsäßen angemessene Behandlung von Seite Sr. k. k. Majestät, auseinander zu sehen. Besonders ist dem Herrn Landammann empfohlen worden, dafür zu sorgen, daß das Eigenthum der Kirchen- und Armenanstalten, sowie dasjenige der Gemeinden, welches alles als Privateigenthum angesehen werden müsse und worüber 1904, XLIX. selbst die Kantonsregierungen zu disponiren kein Recht haben, auf keinen Fall gefährdet werde. G. Während der Dauer der ordentlichen Tagsaßung von 1804 konnte auf die am 22. Brachmonat 1804 dem Landammann der Schweiz aufgetragene, von demselben erst am 18. August aberlassene Zuschrift (Siehe Litt. E. des gegenwärtigen Abschnittes) von Seite des k. k. Gesandten keine Erwiederung erfolgen.

H. Am 10. Brachmonat 1805 wurde der Tagsaßung über die bis anhin erfolglosen Bemühungen der durch den Landamman der Schweiz ernannten eidgenössischen Kommissarien (Herr von Mulinen, Schultheiß des Kantons Bern, und Herr Stockar von Neuforn, Seckelmeister des Kantons Schaffhausen) Bericht erstattet. Vom Anfang des Wintermonats bis zum 7. Christmonat 1804 batten dieselben mit dem österreichischen Gesandten in der Schweiz Konferenzen

bestanden. Am 16. Jänner 1805 wurden diese Konferenzen wieder fortgeseßt bis dieselben Anfangs März des nämlichen Jahres wieder eingestellt werden mußten. An den lettern Konferenzen hatten Abgeordnete der betheiligten Kantone Antheil genommen. Am 13. Aprill 1805 hat der Landammann der Schweiz, in Uebereinstimmung mit den eidgenössischen Kommissarien und den Abgeordneten der meist betheiligten Kantone, dem österreichischen Hofe neue Ausgleichungsvorschläge übergeben. Eine einläßliche Erwiederung auf diese Vorschläge war bis jetzt noch ausgeblieben. Bei einer solchen Lage der Dinge hat die Tagsaßung die vorliegende Angelegenheit einer Kommission zu weiterer Begutachtung überwiesen.

J. Am 28. Brachmonat 1805 hat der Landammann der Schweiz der Tagsaßung Kenntniß gegeben von einer so eben erhaltenen Note des österreichischen Gesandten, die Anzeige enthaltend, daß er bevollmächtigt worden sey, die Gesinnungen seiner Regierung über die am 13. Aprill 1805 eingegebenen Ausgleichungsvorschläge darzulegen.

K. Am 1. Heumonat 1805 hat die Tagsaßung auf den Bericht der niedergesetzten Kommission das in der vorliegenden Angelegenheit von dem Landammann der Schweiz und den eidgenössischen Kommissarien bisher bethätigte Verfahren gebilligt und verdankt und dem erstern die Vollmacht ertheilt, unter seiner Leitung durch die eidgenössischen Kommissarien auf die Grundlage der mehrerwähnten Note vom 13. Aprill 1805 und insofern es erforderlich seyn wird, im Einverständniß mit den zunächst betheiligten Kantonen, die Unterhandlung mit der k. k. österreichischen Gesandtschaft fortzusehen. Sobald die Unterhandlung mit dem österreichischen Gesandten auf den Punkt gebracht seyn wird, daß ein Vertrag abgeschlossen werden könne, so soll auf die Grundlage eines solchen Vertrages eine Uebereinkunft unter den betheiligten Kantonen, betreffend die Vollziehung dieses Vertrages, eingeleitet werden und der abgeschlossene Vertrag wie die erzielte Uebereinkunft sollen sodann gleichzeitig den Kantonen zur Ratifikation mitgetheilt werden.

L. Durch den Artikel 8 des am 26. Christmonat 1805 zu Preßburg abgeschlossenen Friedensvertrags zwischen dem römisch-deutschen (österreichischen) Kaiser und dem Kaiser der Franzosen bat Oesterreich abgetreten:

1. An den König von Baiern unter anderem die Grafschaft Tyrol, die sieben Herrschaften vor dem Arlberg mit ihren Enklaven, die Grafschaft Hohenems, die Grafschaft Königseck - Rothenfels, die Herrschaften Tettnang und Argen und die Stadt Lindau mit ihrem Gebiet.

2. Dem König von Württemberg unter anderem die Landgraffchaft Nellenburg, die Landvogtei Altdorf, mit dem, was von derselben abhängt (mit Ausnahme der Stadt Konstanz), und einen Theil des Breisgau's.

3. Dem Churfürsten von Baden das Breisgau und was davon abhängt (mit Ausnahme desjenigen Theiles, welcher an Württemberg abgetreten worden ist), die Stadt Konstanz, die Kommende Meinau.

1805, XXXVIII.

1805, XXXVIII.

1805, XXXVIII.

4. Dagegen wurde die Würde eines Großmeisters des deutschen Ordens mit dem Besit der Güter dieses Ordens in einer Linie des österreichischen Hauses als erblich erklärt.

Alle diese Abtretungen sind mit allen denjenigen Rechten erfolgt, mit welchen der deutsche und österreichische Kaiser oder Prinzen seines Hauses die abgetretenen Fürstenthümer, Herrschaften, Domänen und Gebiete besessen hatten.

Da weitaus der größte Theil des von Seite Oesterreichs am 4. Christmonat 1803 inkammerirten schweizerischen Eigenthums in denjenigen Gebietstheilen gelegen ist, welche nach dem Friedensschlusse zu Preßburg an Baiern, Württemberg und Baden abgetreten werden mußten, so find folgegemäß auch Veränderungen in denjenigen Schritten eingetreten, welche schweizerischer Seits für Wiedererlangung des durch das österreichische Edikt vom 4. Christmonat 1803 inkammerirten Eigenthums unternommen worden, wie aus der nachstehenden Angabe des nähern vernommen werden kann.

M. Am 14. Brachmonat 1806 wurde der Tagsaßung über diejenigen Verhandlungen, betreffend die durch das österreichische Edikt vom 4. Christmonat 1803 erfolgten Inkammerationen, welche seit dem Schluß der Tagsaßung von 1805 statt gefunden hatten, Bericht erstattet:

Zwischen den schweizerischen Kommissarien und der österreichischen Gesandtschaft in der Schweiz seyen wiederholte Konferenzen gepflogen worden. Durch den im Spätjahr 1805 zwischen Oesterreich und Frankreich ausgebrochenen Krieg wären die dießfälligen Unterhandlungen aber in's Stocken gerathen. Der Landamman der Schweiz habe dahin gewirkt, daß durch den abzuschließenden Friedensvertrag das österreichische Edikt vom 4. Christmonat 1803, betreffend die Inkammerationen, sowie dessen Folgen, aufgehoben würden; durch den zu Preßburg abgeschlossenen Frieden sey der dießfalls gehegten Erwartung aber nicht entsprochen worden. Aus den seitdem statt gefundenen Verwendungen gehe hervor, daß Frankreich, von der vorliegenden Angelegenheit vollkommen unterrichtet, zu Unterstüßung der schweizerischen Interessen aufgerufen, nur geringen Antheil an einer glücklichen Lösung der obwaltenden Verwicklungen nehme; daß dagegen Oesterreich die dem Spital in der Insel zu Bern gehörigen Kapitalien herausgegeben, und zu Gunsten anderer schweizerischer Wohlthätigkeitsanstalten eine gleiche mildernde Rücksicht versprochen habe; daß die Könige von Baiern und Württemberg, an welche bei Uebernahme der Königswürde besondere Abgeordnete gesendet worden waren, (nach München Herr von Wattenwyl, Schultheiß des Kantons Bern, nach Stuttgart Herr Stockar von Neuforn, Seckelmeister des Kantons Schaffhausen), auf das Begehren, es möchte in den neu erworbenen Gebietstheilen das österreichische Inkammerationsedikt vom 4. Christmonat 1803 aufgehoben werden, wohl die Zusicherung guter Nachbarschaft ertheilt, über die vorwaltende Sache aber noch Mangel an hinlänglicher Kenntniß des Gegenstandes vorgeschüßt haben, während dagegen der Churfürst von Baden unter dem 24. Jänner 1806 bestimmt erklärt habe, jedes rechtliche Verhältniß und jedes Eigenthum der Schweiz und ihrer Angehörigen so lange beobachten zu wollen, als die Schweiz selbst den churbadischen Staaten hierin mit billiger Reziprozität begegnen werde.

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