Page images
PDF
EPUB

nung betagter und ungleichartiger Gegenforderungen gestattet. Das justinianische Recht dagegen kannte das besondre Institut der deductio nicht mehr, welches ihm im allgemeinen Kompensationsrecht aufging. Auch im gemeinen Recht hat man die gewöhnlichen Grundsäge über Kompensation und zwar nach Analogie des Falls der Cession angewendet, wobei man das Kompensationsrecht in engen Grenzen hielt. Durch das preußische Recht erfuhr da= gegen das Kompensationsrecht im Konkurse wesentliche Erweiterungen. Ihm schließt sich die Reichskonkursordnung auch hier an.

3

Der Gläubiger hat, worüber man gemeinrechtlich stritt, 5 die Forderung, welche er durch Kompensation befriedigen will, im Konkurse nicht anzumelden. Es steht ihm gewissermaßen ein Absonderungsrecht zu, da er sich aus dem, was er dem Kridar zu leisten hat, befriedigt.7

6

Die Konkurskompensation sezt voraus, daß zwischen dem Gläubiger und dem Gemeinschuldner schon vor der Konkurseröffnung gegenseitige Forderungen bestanden haben.8 Die Forderung des Gemeinschuldners muß auch an sich dem Kompensationszwang unterliegen. Es kann z. B. der bloße Verwahrer einer Sache des Gemeinschuldners auch in dessen Konfurs nicht gegen den Anspruch auf deren Herausgabe kompensiren. Dagegen kommt nichts darauf an, ob die Forderungen zur Zeit der Konkurseröffnung bereits kompensabel waren. Daher ist die Fälligkeit der Forderung oder der Gegenforderung zur Zeit der Konkurseröffnung kein Erforderniß der Kompensation. 10 Auch bedingte Gegenforderungen berechtigen zur Kompensation. Zwar muß die fällige Schuld zur Masse bezahlt werden, aber nur gegen Verpflich

2) Gaj. Inst. IV, §. 66.

3) Dernburg a. a. D. S. 394.

4) Pr. K. O. §. 95. ff. Früher L. R. I, 16 §§. 317-327, A. G. O. I, 50 §§. 156 ff., 288.

5) Vgl. z. B. Gmelin, Konkurs §. 31. Dagegen Dernburg S. 434 n. 1. Bayer, Konkurs §. 33.

6) So schon A. G. O. I, 50 §. 288, dann Pr. K. O. §. 95, R. K. O. §. 46. Eine Anmeldung der Forderung im Konkursverfahren enthält gleichwohl keinen Verzicht auf das Kompensationsrecht. Sie ist eine vorsorgliche Maßregel.

7) Diesen Gesichtspunkt heben insbesondre die Motive zur R, K. O. hervor. 8) Pr. K. O. §. 96 unter 3. R. K. O. §. 47.

[ocr errors]

9) In diesem Sinn sagt Pr. K. O. §. 96: Die Kompensation findet unter Voraussetzung der allgemeinen gesetzlichen Erfordernisse“ statt. Die R. K. O. sezt dies als selbstverständlich voraus.

10) So schon A. G. O. I, 50 §§. 158, 159. Danach dann ausdrücklich Pr. K. O. §. 96 sub 3. 3ft die noch nicht fällige Forderung des Kompensirenden unverzinslich, so ist sie nach Pr. K. O. §. 249 auf ihren Werth zur Zeit der Konkurseröffnung durch Berechnung des Interusuriums zu reduciren. Von gleichen Grundsätzen geht aus R. K. O. §. 47.

tung der Rückzahlung 11 und gegen Sicherstellung für den Fall des Eintritts der Bedingung. Dasselbe ist bei Jlliquidität der Gegenforderung anzunehmen. 12 Endlich kann auch die Ungleichartigkeit der Gegenforderungen kein Hinderniß der Kompensation sein, da im Konkurse sich alle Forderungen in Geldforderungen auflösen, 13 14

Nicht erzwingbar ist Kompensation, wenn sich die Gegenforderungen zur Zeit der Konkurseröffnung noch nicht wenigstens bedingt oder betagt

gegenüberstanden. Sie findet also nicht statt:

a) gegenüber einer von der Masse geltend gemachten Forderung, welche nach der Konkurseröffnung entstand, mit Gegenforderungen an den Kridar, die vor oder nach der Konkurseröffnung entstanden sind. 15

b) Die Kompensationseinrede ist ferner nicht zuständig, wenn der Schuldner des Gemeinschuldners erst nach der Konkurseröffnung eine Forderung an denselben erlangt, sei es aus einem neuen Geschäft mit ihm, sei es durch den Erwerb einer vor der Konkurseröffnung entstandnen Forderung eines andern Gläubigers. 16

c) Während das bisher Ausgeführte die Folge des an die Spike gestellten Princips ist, beruht es auf positiver Bestimmung, daß die Kompen

11) Juristisch rechtfertigen sich diese Sätze durch die Rückziehung der Bedingung. Die Pr. K. O. entschied diese Frage nicht; die Praxis hatte sich für die Bejahung erklärt, vgl. Striethorst, Archiv Bd. 35 S. 302, Bd. 36 S. 129, Bd. 39 S. 138, Bd. 43 S. 147. Ausdrücklich erkennt die R.K.O. §. 47 die Aufrechnung mit bedingten Forderungen an.

12) Das Recht der Deposition ist in der Regel davon abhängig, daß die Erfordernisse eines Arrestschlags vorhanden sind. L. R. I, 16 §. 360. Durch den Konkurs ist der Arrestgrund festgestellt; die Gegenforderung ist aber zu bescheinigen. Vgl. Striethorst, Archiv Bd. 41 S. 7, Motive zu E. d. R. K. O. zu §. 47.

13) Ausdrücklich anerkannt R. K. O. §. 47.

14) Die Pr. K. O. hob im §. 96 unter Nr. 1 hervor: daß Kompensation_stattfinde, wenn Jemand nach der Konkurseröffnung Gläubiger und Schuldner der Masse geworden ist. Dies ist selbstverständlich. Dieselbe bestimmte weiter im §. 96 unter 2: daß die Kompensation stattfinde, wenn Jemand dem Gemeinschuldner vor der Konkurseröffnung etwas schuldig war und nachher ein Gläubiger der Masse geworden ist. Auch dies ergeben die allgemeinen Grundsätze des Kompensationsrechts, wonach dolo facit, qui petit, quod redditurus est. Dernburg a. a. D. S. 440.

15) Pr. K. O. §. 97 unter 1. R. K. O. §. 48 unter 1. Es wird nicht unterschieden, ob die Gegenforderung im Konkurse zur Hebung kommt. Anders manche gemeinrechtliche Schriftsteller.

16) Pr. K. O. §. 97 unter 2. R. K. O. §. 48 unter 2. Eine Forderung aus einem neuen Geschäft mit dem Gemeinschuldner kann der Masse gegenüber überhaupt nicht geltend gemacht, also auch nicht aufgerechnet werden. Es kann ebensowenig einer Forderung an den Kridar noch nach der Konkurseröffnung durch Cession an einen Schuldner der Masse ein Vorrecht verschafft werden. Dabei wird nicht unterschieden, ob der Schuldner beim Erwerb der Forderung die Konkurseröffnung bereits kannte, wie dies von gemeinrechtlichen Schriftstellern geschah, vgl. Dernburg a. a. D. S. 430. Dagegen R. O. H. G. Bd. Bd. 10 S. 169.

17

sation unzulässig ist, wenn der Schuldner des späteren Kridars bei Erwerb der Gegenforderung schon die Zahlungseinstellung oder den Antrag auf Konkurseröffnung kannte. 1 Diese Beschränkung rechtfertigt sich dadurch, daß erfahrungsmäßig die Forderungen an den künftigen Kridar nach der Zahlungseinstellung oder dem Antrag des Konkurses im Preise sinken und von den Schuldnern des Kridars wohlfeil angekauft werden, um sich so ihrer Schulden durch Kompensation zu entledigen. Sie entspricht den Grundfäßen des Anfechtungsrechts.

Es kann dieses Hinderniß aber nicht Plaz greifen, wenn der Erwerber die Verpflichtung des Erwerbs solcher Forderungen bereits vorher hatte, che er die Zahlungseinstellung oder den Antrag auf Konkurseröffnung kannte.

IV. Die Rechte der Konkursgläubiger an der Masse.

§. 121. Die Konkursgläubiger.

I. Konkursgläubiger ist jeder Gläubiger des Gemeinschuldners, welcher ein Recht auf Befriedigung aus der gemeinsamen Masse hat.1 Zu den Konkursgläubigern zählt auch, — insbesondre bezüglich der denselben aufgelegten Beschränkungen —, wer sein Recht im Konkurse nicht geltend macht, wenn er nur hierzu befugt wäre. Bestimmende Requisite sind die folgenden:

a) Die Forderung gegen den Gemeinschuldner muß eine vermögensrechtliche sein. Ansprüche auf persönliche Leistungen, z. B. gegen einen in Konkurs versunknen Arzt sind keine Konkursforderungen, soweit sie sich nicht in Geldforderungen umsehen. Es wird nicht in Betracht gezogen, ob sich die Forderung auf Vertrag, Delikt, Gesetz gründet. Auch gesetzliche Alimen= tationsansprüche können Konkursforderungen bilden, aber freilich sind diese Ansprüche vielfach davon abhängig, daß der an sich Verpflichtete Vermögen besigt, was im Konkursfall nicht zutrifft."

b) Die Forderung muß bereits bei Eröffnung des Konkurses begründet sein. Es ist nicht nöthig, daß sie nach Eristenz oder Höhe bestimmt war; namentlich sind auch bedingte Forderungen Konkursforderungen. 3

17) R. K. O. §. 48 unter 3. Pr. K. O. §. 97 unter 2.

3

1) R. K. O. §. 2, vgl. Pr. K. O. §. 2 Abs. 3. So auch gemeinrechtlich vgl. Fuchs, Konkursverfahren S. 30.

2) Andrer Ansicht ist Bölderndorff S. 95.

3) Wenn der Gemeinschuldner nach Eröffnung des Konkurses wegen Vergehen, die vorher stattfanden, zur Untersuchung gezogen wird, so kann der Fiskus die Kosten der Untersuchung nicht im Konkurse liquidiren, da diese Kosten ihren Grund im Strafverfahren und nur ihre Veranlassung im Vergehen haben. Der Anspruch eines

4

c) Gewisse Forderungen sind ausnahmsweise von dem Recht auf Befriedigung aus der Masse ausgeschloffen. Vor Allem sind dies Schenkungen und sonstige Liberalitäten des Gemeinschuldners, insbesondre auch Zuwendungen auf den Todesfall, ebenso Ansprüche auf Geldstrafen, wohin aber Konventionalstrafen nicht gehören, und auch nicht zuerkannte Bußen, da sie Entschädigung sind. Es können ferner Zinsen, welche nach der Konkurseröffnung verfallen, nicht aus der Masse gefordert werden. Endlich bilden die Kosten, welche den einzelnen Gläubigern durch die Theilnahme am Verfahren erwachsen, die s. g. Liquidationskosten, keine Konkursforderungen.

Zwischen inländischen und ausländischen Forderungen macht das moderne Konkursrecht keinen Unterschied. Unter Zustimmung des Bundesraths kann jedoch durch Anordnung des Reichskanzlers ein Retorsionsrecht gegen auslän= dische Gläubiger und deren Rechtsnachfolger vorgeschrieben werden, vorausgesezt, daß die Bedingungen einer Retorsion vorliegen.6 Ueber den Umfang des Vergeltungsrechts, namentlich über die Frage, inwieweit die Rechtsnachfolger betroffen werden, bestimmt die bezügliche Verordnung.

Absonderungsberechtigte, welchen der Gemeinschuldner persönlich haftet, sind zugleich Konkursgläubiger; sie haben aber Anspruch auf verhältnißmäßige Befriedigung aus der Masse nur für den Betrag, zu welchem sie auf abge= fonderte Befriedigung verzichten oder mit welchem sie bei der letteren ausgefallen find. 7

Indossanten, welcher den Wechsel nach der Konkurseröffnung vom Indossatar zurückerhält, ist kein neuer, es ist der alte, welcher bedingungsweise fortbestand.

4) R. K. O. §. 56. Pr. K. D. §. 84. Befriedigung an legter Stelle fanden in der Praxis des gemeinen Rechts die Geldstrafen nach 1. 17 vgl. aber auch 1. 37 D. de jure fisci 49, 14 und nach 1. un. C. poenis fisc. cred. praef. 10, 7 ebenso, wenn auch ohne jeden gefeßlichen Anhalt alle Liberalitäten. Gleichwohl blieben diese Gläubiger Konkursgläubiger, was namentlich um deswillen wichtig war, weil sie in Folge dessen auch den Beschränkungen der Konkursgläubiger unterworfen waren.

5) R. K. O. §. 56 unter 1. Pr. K. O. §. 12. So auch A. G. O. I, 50 §. 152 und ältere deutsche Praxis wie französisches Recht, Fallimentsgesetz Art. 245. Ursprünglich mag das odium der Zinsen die Bestimmung hervorgerufen haben, sie hat fich aus Nüglichkeitsgründen erhalten, um die Vertheilung zu erleichtern. Grundsägliches Recht liegt in der Norm nicht. Die Beitreibung der Zinsen aus der ihm zustehenden besondern Sicherheit bleibt dem Gläubiger des Gemeinschuldners unverkümmert. Ferner haftet der Gemeinschuldner persönlich für die während des Konkurses laufenden Zinsen.

6) R. K. O. §. 4 Abs. 2, vgl. Pr. K. O. §. 3 Abs. 2.

7) R. K. D. §§. 57, 141. Die Frage der Theilnahme der Absonderungsberech tigten am Konkurse, d. h. nach der jezigen Konkursverfassung aller, die ein Vorrecht bezüglich einzelner Theile der Masse haben, ist eine wichtige und schwer lösende. Nach der Pr. K. O. §§. 39, 247, 248 fonnte der Absonderungsberechtigte sein Absonderungsrecht in Anspruch nehmen und seine Forderung außerdem als Konkursgläubiger in vollem Betrag liquidiren. Die Realgläubiger an Grundstücken erhielten auch die hiernach berechnete Konkursdividende ausbezahlt. Bei der Vertheilung der Grundstücks

II. Zur Theilnahme einer Konkursforderung beim Verfahren, insbesondre bei Vertheilungen, ist deren Anmeldung beim Konkursgericht erfordert und ihr Erwachsen in Rechtskraft nöthig. Auch bereits rechtshängige, und selbst die vor der Konkurseröffnung rechtskräftig gewordnen Forderungen sind anzumelden. 8

Die angemeldeten Forderungen werden in s. g. Prüfungsterminen erör tert, welche durch das Konkursgericht abzuhalten und zu welchen sämmtliche Gläubiger zu laden sind. Das Prüfungsverfahren ist keine Proceßverhandlung, sondern ein Ermittlungsverfahren zur Feststellung der Forderungen. Die angemeldete Forderung und das beanspruchte Vorrecht gilt als festgestellt, wenn gegen sie im Prüfungstermin ein Widerspruch weder vom Verwalter noch von einem anwesenden Konkursgläubiger erhoben oder wenn derselbe beseitigt wird." Die Feststellung hat die Wirkung eines rechtskräftigen Urtheils. Im Streitfall ist im Proceßwege rechtskräftige Entscheidung zu suchen. 10

Zur Anbringung der Anmeldungen, welche schriftlich oder zu Protokoll des Gerichtsschreibers geschehen müssen, 11 ist bei der Konkurseröffnung eine Anmeldefrist, zu ihrer Erörterung ein allgemeiner Prüfungstermin anzu= zusehen.12 Auch nachher sind nichtangemeldete Forderungen nicht präkludirt,

masse jedoch wurden die Realgläubiger zwar mit ihrer ganzen Forderung angesezt es wurde ihnen aber der aus der Konkursmasse gezahlte Betrag ganz abgezogen, wenn fie aus dem Grundstück voll befriedigt wurden, verhältnißmäßiger Abzug geschah, wenn fie in der Grundstücksmasse theilweise aussielen. Das Abgezogne wurde der Konkursmasse überwiesen. Faustpfandgläubiger waren weniger begünstigt.

8) Die Exekution kann durch Pfändung ein Pfandrecht und Absonderungsrecht erzeugt haben, auch dann ist die Betheiligung an der Gemeinmasse von der Anmeldung abhängig. Wer, ohne ein Pfandrecht erworben zu haben, die Subhastation eines Immobile betreibt, kann das Verfahren nach der Konkurseröffnung über den Subhastaten nicht weiter fortsetzen und ist allein auf seine Anmeldung zur Masse verwiesen.

9) R. K. O. §. 132. Der Widerspruch des Gemeinschuldners hat bezüglich des Konkursverfahrens keine Bedeutung, vgl. aber oben §. 115 S. 278.

10) R. K. O. §. 134. Die Gläubiger, deren Forderungen oder deren Vorrecht bestritten ist, haben ihre Rechte durch Klage beim Proceßrichter geltend zu machen. So lange die Anstellung eines solchen Processes nicht nachgewiesen ist, werden ihre Ansprüche bei Vertheilungen nicht berücksichtigt. Erfolgt dieser Nachweis, so werden die eventuell auszuzahlenden Beträge als Specialmassen gerichtlich deponirt.

11) R. K. O. §. 127. Die Höhe, der Grund, das etwa beanspruchte Vorrecht der Forderung sind anzugeben, urkundliche Beweisstücke oder Abschriften derselben beizubringen. Zur Aufnahme in die Tabelle des Gerichtsschreibers, welche die Grundlage des weiteren Verfahrens bildet, genügt Angabe der Höhe und des Grunds der Forderung.

12) Die R. K. O. §. 126 ff. kennt nur einen allgemeinen Prüfungstermin. Nach dem code de comm. und der Pr. K. O. §§. 166, 167 wurde ein zweiter allgemeiner Prüfungstermin anberaumt, wenn das Bestehen ausländischer Gläubiger oder im ersten Termin noch nicht angemeldeter Forderungen anzunehmen war.

« PreviousContinue »