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Ueber die Dienstanstellungen und deren Dauer, mit Bezug auf die in Deutschland durch den rheinis schen Bund entstandenen staatsrechtlichen Veränderungen.

Von dem Herrn Finanzrath Emmermann in Fulda.

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Darch die Auflösung des deutschen Reichsverbands, und

die Aufhebung der beiden Reichsgerichte, haben unsere Res genten über ihre Dienerschaft und Unterthanen uneinges schränkte Souverainität erhalten, welche, nur bei den rheis nischen Bundesfürsten durch besonders stipulirte Verbindlich keiten gegen den mächtigen Protektor der Konföderation und deren Glieder vorgeschriebene Gränzen erhalten hat.

Da nun vermöge dieser absoluten Souverainität (Herrs schergewalt) den Fürsten das Recht der Gesetzgebung, der Militairkonskription und der Steuer Ausschreibung zusteht; da vor ihrem Herrscherwort der Unterthan verstummen muß,, indem die Geseße, Gebräuche und Präjudize des aufgelösten. deutschen Reichskörpers und seiner höchsten Tribunale weiter keine verbindende Kraft für sie haben, wenn solche von ih nen entweder ausdrücklich oder stillschweigend nicht anerkannt werden; so entsteht wohl die natürliche Frage: Wie es mit den Staatsdienern künftig gehen, und wie der Dienst: vertrag mit diesen von den Fürsten betrachtet werde?

Ich habe die Anstellungen der Staatsdiener geradezu einen Vertrag genannt, da ich der Sache keinen andery

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Namen zu geben wußte. Wir wollen jeht sehen, ob ich recht oder unrecht hatte; vorher aber über die praktische Wichtigkeit und die Veranlassung dieser kleinen Abhandlung Einiges vorausschicken.

Da durch die Folgen des nun geendigten Kriegs, dessen wundervolle Ereignisse uns mit Staunen, unsere Nachkom: men aber mit Zweifeln gegen die Aechtheit der Geschichte er füllen werden, das deutsche Vaterland eine totale Umwäl zung erleiden wird, wozu bereits ein wichtiger Anfang ge macht worden ist; so werden, nach Wiederherstellung der ge: seßlichen Ordnung, wegen der aller Orten im äussersten Gra: de zerrütteten Finanzen, zuerst und hauptsächlich eingreifende Reformen eintreten müssen. Ohne eine solche Reform, ohne eine strenge und auf alle Theile der Verwaltung sich erstret kende Sparsamkeit, können die durch den Krieg zerrütteten Staaten nie wieder wie Phönixe aus der Asche erwachen; ihr gesunkener Kredit wird sich nie erholen, und der ver: armte Unterthan- wird -allen« Muth, alle Kräfte verlieren, fich emporzuarbeiten, um seinen vorigen Wohlfland wieder. zu gewinnen.

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Da die steigenden politischen Bedürfnisse der Staaten große Summen erfordern; da ihre dermalige Verfassung die Unterhaltung beträchtlicher stehender Heere nöthig macht, welche, weil hier Stipulationen zum Grunde liegen, auf eine geringe, zu Handhabung der Landespolizei hinreichende, Anzahl nicht reduzirt werden dürfen: so werden sich in Hins ficht dieser auf den General Etats (Budjets) obenanstehen: den Ausgaben, merkliche Ersparungen wohl nicht treffen lassen.

Betrachtet man das Volk als einen Weidenstamm, welk cher oft beschnitten werden muß, damit er oft ausschlage; so wird diese verderbliche Marime bald die totale Verar: mung der Unterthanen unvermeidlich herbeiführen, und die wohlhabendsten Staatsbürger an den Bettelstab bringen.

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Ein augenblicklicher und vorübergehender Nothstand kann zwar zuweilen die schlummernde Industrie erwecken, und den Bedrängten zum Fleiß und zur Anstrengung aller seiner Kräfte reizen; aber gewiß wird ein anhaltender Druck, oha ne eine bessere Aussicht vor sich zu haben, die Elastizität der stärksten Springfeder erschlaffen, gewiß allen Erwerbs: fleiß in der Wurzel ersticken,

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Wenn die Väter des Vaterlandes ihren treuen, erprobs ten Ministern und Räthen fernerhin willig Gehör schenken, welches ich so gern glaube, weil ich es wünsche; so wird, dieses zerstörende Prinzip nie bei uns in Anwendung kom men. Man wird also dem Staatsbürger nicht mehr zumus then, als er anhaltend zu leisten im Stande ist; man wird nicht, ohne die dringendste Noth, die Staatsdomänen und Schatullgüter, welche bisher zur Unterhaltung des Staatss bedarfs ihre Beiträge leisteten, veräussern, die Zehnden und Naturaldienste und Abgaben loskäuflich erklären, um nach: Vergeudung aller dieser Hülfsquellen den Staatsbedarf in klingender Münze von den Unterthanen ohne Nachsicht beis treiben zu lassen. Es ist dieses freilich ein weit einfacheres und mit geringern Administrationskosten zu führendes Fiz nanzsystem, als das bisher bei uns übliche, aber in Hinsicht. der Folgen bleibt es für Regenten und Unterthanen gleich verderblich.

Da diese Gründe so einleuchtend sind, daß die Schäde lichkeit derselben sogar von llnmündigen erkannt werden kann; so ist es auch zu erwarten, daß auf diese Art unsere Finans zen keine Umwälzung erleiden werden. Alle in Anwendung zu bringende Ersparungen werden sich daher nur auf die Hofhaltungen der Fürsten und auf die innere Administration der Länder beschränken, wobei zugleich in Rücksicht des Er: trags und der Verbesserung der Domänengüter fast allev Ors ten große Kulturplane zu realisiren seyn möchten. Bei dies sen so nothwendigen und unvermeidlichen Reformen wird,

wie es bereits hier und da geschehen ist, zur Sprache kom men: Wie viel Staatsdiener man brauche,' üm alle Zweige der öffentlichen Autorität verwalten zu lassen, und wie viel man diesen geben müsse, um subsistiren zu können?

Da die Beantwortung jener Frage (von der zweiten schweige ich ganz, da sie hier ausser meinem Planë liegt) in den meisten deutschen Staaten dahin ausfallen dürfte, daß man die zahlreiche Dienerschaft nicht ganz nöthig habe, daß ein Theil derselben entbehrt, und das Land dennoch gut res giert und verwaltet werden könne; so ist vor allen Dingen zu entscheiden, welches Schicksal die entbehrlichen · Diener treffen soll? *)

Hier, wo von keinen republikanischen und despotischen Staaten, sondern nur von Deurschlands edlen Fürsten die Rede ist, welche in der Erfüllung ihrer Regentenpflichten, in der Beglückung ihrer Beherrschten ihre wahre Größe sus chen, läßt es sich mit Zuversicht erwarten, daß Recht und Billigkeit bei Auflösung dieses Problems Gehör finden wer den, und von der Großmuth Seiner Majestät des Kaisers Napoleon kann man es gewiß hoffen, daß Er zu einem fols chhen allgemein geltenden Geseze Seine höchste Zustimmung ertheilen werde.

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Der 3yste Artikel der Rheinischen Konföderations: Afte enthält zwar die Bestimmung: »Daß die bei den Landess »behörden angestellten Individuen derjenigen Fürstenthümer, »Graf: und Herrschaften, welche unter die Hoheit eines der » konföderirten Staaten kommen, und welche der Souverain

*) Aus dem in Zeitungen bekannt gemachten Entwurfe der Konstitution des Königreichs Westphalen geht schon deutlich hervor, daß wenigstens ein Drittheil der in diesem Staate jeht angestellten Dienerschaft gleich nach Realifirung der neuen Verfassung als entbehrlich und mit der Konstitution unverträglich ganz auffer Aktivität gefeßt werden muß. Wie soll es diesen and ihren Familien ergehen?

»in ihren Stellen beizubehalten nicht nothwendig erachtete, »eine Pension genießen sollen, welche die Gesetze und Regus »lative des Landes den Staatsdienern des nämlichen Grades »zusichern.« Da aber, gegen den Sinn dieses Artikels, während dieser Zeit Abdankungen geschehen sind, so sollte man fast glauben, daß die Regenten diese Vorschrift, da sie nur eines Falles erwähnt, nicht als ein Fundamentalgesetz betrachten, auf dessen Erfüllung von dem gekränkten Theile bei den gewöhnlichen höhern Gerichten Klage erhoben, wers den könne.

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Bekanntlich existirte vor der Auflösung des deutschen Reichs kein allgemein gültiges geschriebenes Geseß über die Rechte und Verbindlichkeiten in Hinsicht der Staatsdienste. Man hatte nur eine schwankende Gerichts:Observanz und vers schiedene Präjudize der Reichstribunale, wornach der öffent liche Dienst als eine vertragsmäßige Verbindlichkeit von bei den Theilen angesehen wurde, Es ist also schwer zu glauz

ben, daß diese selbst streitige Observanz mit glücklichem Erz folge überall gegen willkührliche. Abseßungen wird geltend gemacht werden können.

Es wäre daher sehr zu wünschen, und von dem Edels muthe der Fürsten läßt es sich auch erwarten, daß dieser für alle öffentliche Fonctionairs unglückliche Zustand der Unges wißheit durch deutliche Fundamentalgeseke bald vernichtet, und so deren Eristenz dauernd gesichert werde.

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Aus dem Zwecke des bürgerlichen Vereins fließt es, daß in jedem zivilisirten Staate nicht durch Willkühr, weder des Souverains noch der Unterthanen, sondern aus Nothwens digkeit Aemter existiren, welche als ewig und als wesentlich in der Verfassung begründet sind. *) Es ist aber willkührs

*) Die Allgewalt der unumschränkten Autorität reicht nicht hin, in eis nem ausgebreiteten Kreise. Gutes zu wirken, ohne Gehülfen und Unterge. bene von Kopf. Je höher die Stelle, je weiter der Wirkungskreis, desto fühlbarer wird dieses Bedürfniß. A. Wil. Rehberg über die Staatsvers waltung deutscher Länder und die Dienerschaft des Regenten, 1807. S. 106,

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